Schmieder, Heinrich Eduard - Der Einzug Jesu in Jerusalem.

Schmieder, Heinrich Eduard - Der Einzug Jesu in Jerusalem.

Palmsonntag. Wenn die Kirchenglocken am Palmsonntag läuten, wenn wir Frühlingslüfte nach dem langen Winter atmen und die stille Woche mit der Einsegnung unserer Kinder und dem Hosianna beginnt, wenn die sprossenden Weiden am Bache im Tal mit ihren samtenen Knospen hier im Norden unserem erweckten Gemüt die Palmzweige Jerusalems vergegenwärtigen, wenn wir so erregt des Einzugs Christi in die heilige Stadt, in welcher ihn die Feindschaft der Welt ans Kreuz geschlagen, eingedenk sind, da zieht ein Wehen des Geistes von Oben still durch die Gemeinden Zions mit Kräften der Erinnerung und der Weissagung, die durch Worte menschlicher Auslegung schwer zu deuten, aber leicht zu stören und zu verscheuchen sind. Jesu Christe, du Herr aller Herren und König aller Könige, heilige meine Lippen, dass mein Mund deinen Ruhm verkündige und dir ein würdiges Hosianna anstimme!

In Bethanien am südöstlichen Abhang des Ölbergs, auf dessen entgegengesetzter Seite Jerusalem lag, saß am Sabbat, als der Tag sich geneigt hatte, Jesus bei einem Abendmahl, mit ihm Lazarus, den er vor einigen Wochen von den Toten erweckt und aus dem Grab gerufen hatte. Martha diente und Marie, der Martha und des Lazarus Schwester, salbte mit köstlicher Nardensalbe die Füße Jesu und trocknete sie mit ihren Haaren. Judas Ischarioth wollte darin eine Verschwendung sehr, weil er Jesum, seinen Meister, nicht liebte, sondern das Geld. Der Herr entschuldigte die betroffene Jüngerin. „Lasst sie mit Frieden“, sagte Er: „sie hat getan, was sie gekonnt“, und deutete die Salbung auf sein nahes Begräbnis. Dem Toten würde man ja die Ehre gönnen, die man dem Lebenden nicht gönnte. Die Salbe mochte wohl von der Bestattung des nun wieder lebenden Lazarus übrig geblieben sein und acht Tage darauf lag Jesus der Totenerwecker wirklich im Grab.

Am anderen Morgen bereitete sich Jesus zum Einzug in Jerusalem und sandte Zwei seiner Jünger, Petrus und Johannes, zu der nahen Meierei Bethphage. „Dort werdet ihr ein Eselsfüllen und eine Eselin angebunden finden,“ sprach Er: „die löst ab und bringt sie zu mir, und so euch jemand etwas wird sagen, so sprecht nur: der Herr bedarf ihrer! so wird Er sie euch lassen.“ Das wusste Er und hatte es ihm Niemand gesagt: denn Er schaute Alles im Geist voraus und wurde nie überrascht, sondern es kam so, wie Er es gesehen.

Indessen hatte sich Bethanien mit Menschen gefüllt, die von Jerusalem herüber gekommen waren, um Jesum, von dessen Ankunft sie gehört, und auch um Lazarum zu sehen: denn das Gerücht von dessen Tod und Wiederbelebung hatte sich verbreitet. Ob auch der hohe Rat den Bann ausgesprochen hatte über jeden, der Jesu nachfolgte, die neuste größte Wundertat zog doch viele Bewunderer an und unter den auf zwei Millionen geschätzten Israeliten, die zum Passahfest in der heiligen Stadt zusammenströmten, waren wenigstens Hunderte, die den großen Propheten sehen wollten, der Taten getan, wie kein Anderer, und Worte redete, wie sie nie sonst gehört waren. Diese erregte Menge umgab Jesum, als seine Jünger mit ihren Kleidern das Eselsfüllen bedeckten, das Jesus bestieg. Es war eine festliche Stunde der Freude und Hoffnung in dieser hoffnungslosen Zeit, als dieser heilbringende Davidssohn den Ölberg hinauf und herabritt. Die Begleiter hieben Palmenzweige von den Bäumen, schwenkten sie und streuten sie auf den Weg: Einige breiteten ihre Kleider vor ihm aus, damit die Füße seines Lasttiers dieselben berührten, und der Geist Gottes gab den entzückten Gemütern das rechte Wort aus dem 118. Psalm, der, mehr als das Volk begriff, die ganze Bedeutung dieser Stunde aussprach. „Gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn! Hosianna!“ (Heil ihm!) erscholl es und dieser Zuruf wiederholte sich fort und fort. Man hörte auch Stimmen, die ihn als Davids Sohn, als König, begrüßten. Jesus ließ dies Alles geschehen: denn es war die Wahrheit, der Kern seiner göttlichen Sendung, welchen die Menge nach einem richtigen Eindruck, wenn auch mit unzureichendem Verständnis, aussprach. Hier war des Volkes Stimme wirklich einmal der Nachhall der Stimme Gottes und die Stunde war gekommen, wo Gottes Stimme so durch des Volkes Mund offenbar werden sollte. Damals ward erfüllt der Gottesspruch bei Sacharia (9,9): „Du Tochter Zion, freue dich sehr, und jauchze, du Tochter Jerusalem; siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und Heilvoller, arm, und reitet auf einem Esel, auf einem jungen Füllen der Eselin.“ Aber seine Apostel selbst wussten dies damals noch nicht, sondern erkannten es erst später.

Jesus hat als Davids Sohn den Weg Davids zur königlichen Herrlichkeit gehen müssen. David war in niedrigem Stande von Gott erwählt und von Samuel gesalbt worden: von dieser Zeit an war er der Gesalbte des Herrn, was der Name Christus bedeutet; aber es währte noch lange, ehe er tatsächlich in sein Königreich eingesetzt wurde. Er musste erst durch Heldentaten als Zeichen seiner Würdigkeit das Vertrauen Israels erwerben und von Saul, den Gott verworfen hatte, viel leiden. Von der Zeit an, wo das Volk, seinen Sieg über Goliath rühmend, ausrief: „Saul hat tausend erschlagen, aber David zehntausend!“ ward Saul ihm gram und wollte ihn töten. David musste als der Gesalbte in der Verbannung leben, und auch nach Sauls Tod war er sieben Jahre nur König über Juda, obgleich ihm durch Gottes Ratschluss von Anfang an das Reich über ganz Israel bestimmt war. An Jesus, dessen Name Heil bedeutet und der das Heil der Welt ist, erfüllt sich Gleiches, nur in unendlich größerem Maßstab. Schon bei seiner Empfängnis sprach der Engel Gabriel zu Maria: „Du wirst einen Sohn gebären, des Namen sollst du Jesus heißen: der wird groß und ein Sohn des Höchsten genannt werden und Gott der Herr wird ihm den Stuhl seines Vaters Davids geben, und er wird ein König sein über das Haus Jakobs ewiglich und seines Königreichs wird kein Ende sein.“ Und bei der Taufe empfing er das Zeugnis Gottes: „Das ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe,“ und der heilige Geist kam über ihn und blieb in ihm. So war Er gesalbt mit dem heiligen Geist, war Christus und Erbe des Reichs, das über alle Völker zu ihrem Heil sich erstrecken sollte. Aber er nannte sich noch nicht König, nicht einmal Christus, den Erben des künftigen Reichs, wiewohl er es war. Erst sollte er durch Taten und Zeichen, wie sie kein Anderer getan, das Vertrauen seines Volks und auch der Heiden erwerben und vom Fürsten dieser Welt, den Gott verworfen hatte, viel leiden. In der Auferweckung des Lazarus hatte er dem Tod, als dem ärgsten Goliath, einen herrlichen Sieg abgewonnen und es brach nun der Ruf des Hosianna hervor: das Volk, das ihm nachfolgte und aus Jerusalem entgegen kam, jauchzte ihm als seinem rechten König und Heiland zu. Aber dies war gerade das Zeichen, dass nun der böse Saul, der Fürst dieser Welt und des Todes, allen Neid und alle Macht der Finsternis gegen ihn aufstachelte und ihm Leib, Leben und Ehre für immer zu nehmen trachtete. Sein Kreuzestod ward beschlossen und er sollte als ein Fluch der Welt hinausgestoßen werden, wie David ein Verbannter gewesen war. Aber Fluch und Tod wendete der, welcher das Heil ist, zum Heil, und der Gekreuzigte wurde nach seiner Auferstehung in sein Reich als König eingesetzt, erst in einem engen Kreis, in den Erwählten aus dem Volk Israel, dann auch unter einer Auswahl aus den Heiden, und sein Reich ist noch in der Gestalt des Kreuzes und der Niedrigkeit ein halb verborgenes Reich und wird es bleiben, bis alle seine Feinde gelegt sind zum Schemel seiner Füße. Zuletzt am Tage des Gerichts, wenn alle Toten erweckt sind und aller Herzen Rat vor ihm offenbar geworden, dann wird der König und sein Reich in göttlicher Herrlichkeit erscheinen. Das wusste Jesus, der Sohn Davids, als er auf dem Eselsfüllen in Jerusalem einritt und die königliche Begrüßung annahm. Darum verbot er den Hosiannaruf nicht, auch als noch spät im Tempel die Kinder den Nachhall hören ließen, und sagte den Feinden, die es nicht dulden wollten: „Aus dem Mund der Unmündigen und Säuglinge hat der Herr sich eine Macht zugerichtet gegen seine Feinde!“ und schon früher: „wenn diese schwiegen, so würden die Steine schreien.“

Aus eingeborner göttlicher Erkenntnis war Jesus von Kindheit auf inne geworden, dass Er Gottes Sohn, das Heil der Welt und der Erbe des Himmelreichs, war, und kannte den Weg, den Er gehen sollte und den seine Volksgemeinde der Wiedergeborenen ihm nachgehen muss, durch das Kreuz zur Herrlichkeit. Er verstand darum auch die Schrift, die Geschichte Davids und des ganzen alten Bundes, in wiefern sie nicht nur Geschichte, sondern auch Vorbild der Zukunft und oft unter anderen Namen Vorbild dessen war, das an ihm und durch ihn geschehen sollte. Diese Deutung ist von der bloßen Auslegung des Geschehenen sehr verschieden, war aber für ihn und ist für uns die Hauptsache, um die ganze Schrift als Leitstern für die Zukunft zu verstehen. Jesus griff im heiligen Geist mit göttlich sicherer Wahl bis ins Einzelnste heraus, was in jeder entscheidenden Stunde in Ihm erfüllt werden musste, bestimmte es noch genauer, als es geschrieben war, und sagte es voraus. Was Er aber so als den Willen des Vaters erkannte, das wollte er auch unbedingt sowohl tun als leiden, und in solchem Gehorsam bereitete er selbst den Einzug in Jerusalem vor, bei welchem er als der künftige König des heiligen Volks gepriesen wurde. Dies Ereignis war für ihn sehr gering im Vergleich mit seiner zukünftigen Herrlichkeit, aber hochwichtig als Vorbild und als Bezeichnung eines bedeutenden Wendepunktes auf seinem Heilandsweg. Darum wies er bei seiner letzten Strafrede an die blinden Führer des Volks auf jenen königlichen Empfang als ein Zeichen der Zukunft zurück, indem er sprach: „Siehe, euer Haus (der Tempel) soll euch wüste gelassen werden. Denn ich sage euch: Ihr werdet mich von jetzt an nicht sehen, bis ihr sprecht: Gelobet sei, der da kommt im Namen des Herrn.“

So zog denn der Herr der Herrlichkeit, auf einem Eselsfüllen reitend, unter dem jubelnden Zuruf der Jünger und einer Volksmenge, die doch nicht recht wusste, was sie tat, gedankenvoll über den Ölberg hin, bis sich der Anblick Jerusalems vor ihm eröffnete. „Und als Er nahe hinzukam, sah er die Stadt an und weinte über sie“, und sprach: „Wenn du doch erkenntest, noch an diesem deinem Tage, was zu deinem Frieden dient! Aber nun ist es vor deinen Augen verborgen. Denn es werden Tage über dich kommen, da deine Feinde werden Bollwerke um dich aufwerfen und dich umzingeln und von allen Orten ängstigen; und werden dich und deine Kinder in dir zu Boden stoßen, und keinen Stein an dir auf dem anderen lassen: darum dass du nicht erkannt hast die Zeit darinnen du heimgesucht bist.“ Und daran schließt sich ein anderes Wort, das er an Einem der folgenden Tage sprach: „Jerusalem, Jerusalem, die du tötest die Propheten, und steinigst, die zu dir gesandt sind: wie oft habe ich deine Kinder versammeln wollen, wie eine Henne versammelt ihre Küchlein unter ihre Flügel, und ihr habt nicht gewollt!“

In naher Beziehung zu dem Einzug Christi in Jerusalem erzählt der Evangelist Johannes ein anderes Ereignis, das äußerlich angesehen weit geringer war, aber für uns nicht minder wichtig ist durch die Bedeutung, die Jesus darin fand und die er mittelst der Aussprüche, welche er daran knüpfte, noch erhöhte. Hatte ihm das Hosianna der kleinen Schar aus Israel schon als ein Zeichen gegolten, dass seine Stunde gekommen sei und er für die Erkenntnis seiner Sendung nun genug vorbereitet habe, so trat ihm zu gleicher Zeit, ja vielleicht noch an demselben Tag, ein andres Zeichen entgegen, welches kund tat, wie auch unter den Griechen die Aufmerksamkeit bereits für ihn erwacht sei. Johannes sagt: „Es waren etliche Griechen unter Denen, die hinaufgekommen waren, dass sie anbeteten auf das Fest,“ Griechen von Geburt, die nicht zu den Juden übergetreten waren, sondern nur mit Israel den Gott Himmels und der Erden verehrten: diese wünschten Jesum aus der Nähe zu sehen und baten deshalb Einen seiner Jünger, ihnen den Zutritt zu verschaffen. Dieser Wunsch gab Veranlassung zu den denkwürdigen Worten Jesu: „Die Zeit ist gekommen, dass des Menschen Sohn verklärt werde. Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Es sei denn, dass das Weizenkorn in die Erde falle und ersterbe, so bleibt es allein; wo es aber erstirbt, so bringt es viele Früchte.“ In der beginnenden Ausbreitung seines Namens sah Er also das Zeichen, dass er nun dem Tod nicht mehr ausweichen solle, wie Er bisher getan, dass aber der Tod die Bedingung und das Mittel der Vervielfältigung seines Lebens in neuen Kreaturen, in einem Geschlecht von Wiedergeborenen, auf dem ganzen Kreis des Erdbodens sein würde. Und Er sprach weiter: „Wer seine Seele lieb hat, der wird sie verderben, und wer seine Seele in dieser Welt hasst (also nicht nach ihrer Lust und Neigung tut), der wird sie behüten zum ewigen Leben.“ Dann fährt er fort: „Wer mir dienen will, der folge mir nach, und wo ich bin, da soll mein Diener auch sein, und wer mir dienen wird, den wird mein Vater ehren.“

Kaum hatte Jesus dies gesagt, so traten die Schatten des bitteren Todes vor seine Seele und er rief: „Jetzt ist meine Seele betrübt.“ Er kämpfte einen Kampf, der noch zweimal später wiederkehrte, zuerst bei dem letzten Abendmahle, wie der Verräter den letzten Bissen Brot aus seiner Hand empfangen hatte, wo die Betrübnis nicht eher wich, als bis Judas Ischarioth voll Satansgrimm sich aus seinen Augen weggehoben hatte, um das finstere Werk des Verrats zu vollenden, und sodann in Gethsemane. Jeder dieser trüben Augenblicke endete bald mit einem herrlichen Sieg und mit Erneuerung des festen Entschlusses, Alles zur Ehre des Vaters standhaft zu dulden. Bei dieser ersten Anfechtung sprach er zu sich selbst: „Was soll ich sagen? Vater, hilf mir aus dieser Stunde?“ „Doch nein!“ Dass der Vater zu rechter Zeit hilft, das versteht sich von selbst, das will er eben zeigen, nämlich durch die nachfolgende Auferstehung. „Darum eben bin ich in diese Stunde kommen.“ Jetzt steht es klar vor seiner Seele, nicht um Durchhilfe auf dem schweren Leidensweg will Er bitten, sondern nur, dass das Ziel erreicht, des Vaters Herrlichkeit dadurch offenbart werde. „Vater, verkläre deinen Namen!“ das ist seine Bitte. Nun aber geschieht, allerdings nicht zum ersten Male, das Wunderbare, dass eine den Ohren vernehmliche Stimme vom Himmel herab erscholl, welche die Zuhörer nicht verstanden noch sich zu deuten wussten. Die neueren Forscher möchten gern erklären, wie Gott eine solche Stimme veranstalten könne. Jesus aber und auch sein Jünger Johannes verhält sich gegen dies Wie ganz gleichgültig und achtet nur auf das Wer und Was. Der Vater spricht zum Sohn und antwortet ihm: „Ich habe meinen Namen verklärt (durch dich) und will ihn abermals verklären“ (durch dich, durch deinen Gehorsam, und an dir, durch deine Verherrlichung). So deutet Jesus dem lauschenden Volk, das nicht weiß, ob es einen Donner oder eines Engels Stimme gehört hat, des Vaters Antwort und fügt hinzu: „Diese Stimme ist nicht um meinetwillen geschehen, sondern um euretwillen.“ Die nur einen Donner zu hören meinten, sollten wissen, dass für sie die Gottes-Stimme auch den Donner des Gerichts bedeutet, welches durch seinen sühnenden Tod vollzogen wird. „Jetzt - sagt Er weiter - geht das Gericht über die Welt; nun wird der Fürst dieser Welt ausgestoßen werden, und ich, wenn ich erhöht werde von der Erde (durch das Kreuz zum Himmel), so will ich sie Alle zu mir ziehen.“ Durch das Kreuz wird Jesus das Heil der Welt, entscheidet das Gericht über den unrechtmäßigen Machthaber, den Fürsten der Welt, und gründet sein Königreich im Herzen der Menschheit.

Nun verstehen wir Jesu Einzug in Jerusalem, wie Jesus selbst ihn verstand, im Zusammenhang mit der großen Entscheidung, zu welcher damit der erste Schritt geschah. Wird Er zum Osterfest erscheinen? hatte man gefragt. Schwerlich! war die Antwort. Denn vor drei Monaten zum Fest der Tempelweihe machte man Anstalten Ihn zu steinigen, als Er bestimmt aussprach, Er sei der Christus; suchte man Ihn zu ergreifen und gefangen zu setzen, als Er den Wütenden kühn erklärte und rechtfertigte, dass Er Gottes Sohn sein. Zwar hat Er vor einigen Wochen sich nach Bethanien gewagt, hat den Lazarus von den Toten erweckt: aber eilig hat Er sich dann wieder nach Beröa zurückgezogen, in das Land jenseits des Jordans, wo Er mit wenigen Jüngern verborgen lebt. Zwar unter dem Volk sind Viele für Ihn, die seine mächtigen Taten gesehen, seine herrlichen Worte gehört haben, die ihm ihre Heilung von Blindheit, Taubheit und anderen sonst unheilbaren Gebrechen verdanken: aber es sind meistens geringe arme Leute, ohne Macht, ohne Mut, ohne Einfluss, und Er selbst, zwar immer furchtlos, hat doch nie Miene gemacht, seine Verbindungen oder auch seine Wundermacht zu einem großen Schlag oder auch nur zu seiner Rettung zu gebrauchen. Aber siehe da! Er kommt und hält zum ersten Mal absichtlich einen feierlichen Einzug, lässt sich von einer jubelnden Volksmenge als den von Gott gesandten längst verheißenen Retter, als Davids Sohn, als den Gesalbten, als König begrüßen. Er duldet, Er verteidigt diese Huldigungen, als Ihm gebührend. Jetzt muss Er entweder kühn mit Gebrauch aller seiner Wundermacht sein Reich, dass er das Himmelreich nennt, aufrichten, oder untergehen mit Schanden, kläglich sterben oder vergessen werden.

Er aber kommt, dies Entweder-Oder zu vernichten. Er kommt, um zu sterben und durch den Tod zu siegen, durch Gerechtigkeit die Macht der Sünde, durch seine Auferstehung den Tod und die Todesfurcht zu überwinden und so das Reich Gottes, das Reich der Wahrheit und des ewigen Lebens, mitten in der sündebeladenen Welt zur Rettung der Verlorenen durch den Glauben an seinen Namen aufzurichten. Mit diesem Vorsatz zieht er in Jerusalem ein und feiert in armer Gestalt, aber in Siegesgewissheit voraus die Herrlichkeit, in welcher Er in der Wiedergeburt, wenn Alles durch Ihn neu geworden ist, von seinen Erlösten empfangen werden soll. Das bedeuten Ihm jene Palmenzweige und jene Hosiannarufe. Jetzt reitet Er auf einem Eselsfüllen in die heilige Stadt ein, die zu einem Sodom geworden ist, das die letzte Gnaden-Heimsuchung zu verschmähen in Begriff steht; einst wird er daher fahren auf der lichten Wolke und Himmel und Erde erneuern zur heiligen Wohnung Gottes, zu einem ewigen Jerusalem, in welches kein Unreines eingeht.

Auf diesen großen Palmentag soll sich die Gemeine der Gläubigen rüsten in Glauben und Hoffnung, und mit Geduld in guten Werken unter allem Kreuz Ihn preisen.

Dein Zion streut Dir Palmen und grüne Zweige hin, Und ich will Dir mit Psalmen ermuntern meinen Sinn; Mein Herze soll Dir grünen in stetem Lob und Preis Und Deinem Namen dienen, so gut es kann und weiß.

Amen.

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autoren/s/schmieder/schmieder-der_einzug_jesu_in_jerusalem.txt · Zuletzt geändert: von aj
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