Schlatter, Adolf - Andachten - März

Schlatter, Adolf - Andachten - März

1. März

Jesus antwortete: „Ich bin dazu geboren und in die Welt gekommen, dass ich für die Wahr-heit zeugen soll. Wer aus der Wahrheit ist, hört meine Stimme.“ Spricht Pilatus zu ihm: „Was ist Wahrheit?“
Johannes 18,37.38

Nur, was umstritten ist, wird durch Zeugnis festgestellt. Was offenkundig ist, bedarf nicht der Zeu-gen. Braucht denn die Wahrheit einen Zeugen? Leuchtet sie nicht als Sonne in unser aller Auge hinein und macht sie nicht jeden von uns zu ihrem Mund? Die Welt, die Jesus zum Kreuz verurteil-te, machte sichtbar, wie weit sie von der Wahrheit entfernt war. Die Priester, diese Reinen, die nicht ins Schloss des Pilatus hineingehen konnten, damit sie nicht unrein wurden, die sich vor Gottes Ma-jestät tief beugen und darum gewiss wissen, dass Gott unter den Menschen keinen Sohn hat, die für Gottes Ehre mit glühendem Eifer streiten und die Gotteslästerung dessen nicht ertragen, der sich auf dem Weg zum Kreuz den König Israels hieß, die es nicht hören können, wenn Pilatus Jesus den König der Juden nennt, weil sie kaisertreu durch und durch so keinen König ertragen als den Kaiser, sie sind der Wahrheit feind. Alles, was sie sagen und tun, ist hohler Schein. Das Volk, das jetzt ver-gisst, wie es über die Priester denkt und wie es früher über Jesus dachte, und als scheinbar einträch-tige Streiterschar für Gottes Gesetz und Ehre kämpft, hat ebensowenig als die Priester in der Wahr-heit den Stern, dem es folgt. Und der Römer mit seiner königlichen Gebärde, mit der er sich als den Besitzer der Macht darstellt, während ein Wink des Tiberius bewirkt, dass er im Elend verschwin-det, mit seinem feierlichen Zeremoniell der Rechtsprechung, während ihm jede innerliche Bindung an die Gerechtigkeit fehlt, der keine Marter spart, um das Verbrechen zu ahnden, wahrlich ein Has-ser des Bösen im Grund seiner Seele, der den Juden verhöhnt und ihn gleichzeitig fürchtet und vor Jesus bangt und ihn gleichzeitig kreuzigt, er zeigte nicht erst durch seine Frage, dass er fern von der Wahrheit war. Und mitten in dieser schauspielernden Schar, in der alles Lüge ist, steht der Zeuge für die Wahrheit, der ans Licht bringt, dass Gott der Wirkliche ist, jetzt, da die Menschen gegen ihn wüten und toben, dass Gott der Gerechte ist, jetzt, da die Sünde vollendet wird, dass Gott die Gnade ist, jetzt, da er in der Verlassenheit von Gott steht, dass Gott der Lebendige ist und das Leben gibt, jetzt, da ihm Gott das Kreuz auferlegt. Dafür zeugte er nicht nur mit seinem Wort, sondern mit sei-nem Blut. Darum ist das Kreuz Jesu der Ort, von dem aus die Wahrheit in die Welt hinein strahlt.

Wenn wir es lernten, Vater, Dich in Wahrheit anzubeten, wenn wir es lernten, im Licht zu wan-deln, wenn wir es lernten, vom Geist der Wahrheit uns strafen und leiten zu lassen, welch ein unbe-schreiblich großer Segen wäre das. Rette uns, deine Schar, in der Gnade des Kreuzes, das Du uns geschenkt hast, von allem, was Schein und Falschheit ist. Amen.

2. März

Wisset ihr nicht, dass alle, die wir in Jesus Christi getauft sind, die sind in seinen Tod ge-tauft?
Römer 6,3

Entsteht nicht banges Zagen an der großen Verheißung, die in die Taufe eingefasst ist? Am Anfang meines Lebens steht das göttliche Wort: deine Sünden sind dir vergeben. Sie kommen aber erst noch in jedem Kindlein, das wir taufen, und die Dunkelheit, in der ein solches Kindlein sein Leben beginnt, ist oft mit Händen zu greifen. Die ganze Last der Vererbung liegt auf ihm, nicht nur, was seine ihm am nächsten stehenden Ahnen angerichtet haben, sondern die berghohe Masse der Erb-schuld, die unser Volk auf sich hat, alles, was die früheren Generationen an den Kommenden ge-sündigt haben, sondern die berghohe Masse der Erbschuld, die unser Volk auf sich hat, alles, was die früheren Generationen an den Kommenden gesündigt haben, und in all dem wirkt allgewaltig jener Zwang, der aus dem Natürlichen das Sündliche entstehen lässt. Dennoch taufen wir und ver-künden beim Beginn eines jeden Lebens: deine Sünden sind dir vergeben; sei versöhnt mit Gott. Woher nehme ich den Mut, an meine Taufe und an die Taufe meines Volkes zu glauben? Wir sind auf Jesu Tod getauft. Die Taufe hat ihren Grund nicht nur in einem Wort, das nur Verheißung wäre, sondern stellt mich auf eine Geschichte und diese Geschichte ist die von Golgatha. Dort erhalte ich nicht nur einen Unterricht über Gottes Gesinnung, der mir eine Güte beschriebe, die nicht sichtbar wird, weil sie in dieser Welt noch nicht zum Wirken kommt. Dort hat Gottes gnädige Gerechtigkeit ihr Werk vollbracht und ist dadurch offenbar geworden, jene Gerechtigkeit, die der Sünde dadurch das Ende bereitet, dass sie sie verzeiht. Die Taufe, die wir allen geben, spricht aus: Christus ist für alle gestorben. Sie bezeugt: Jesus hat auch mir und uns allen sein Blut geschenkt; wir alle stehen unter dem, der für uns zur Sünde gemacht wurde, damit Gottes heilsame Gerechtigkeit uns die Ge-rechtigkeit des Glaubens gebe. Weil es ein Lamm Gottes gibt, das die Sünde der Welt trug, darum gibt es eine Taufe für die Welt. Unsere Taufhandlung hat deshalb denselben Schluss wie die Tauf-predigt der Apostel. Das Ziel ihrer Taufpredigt war die Begründung des Glaubens. Unser Taufen setzt neben die menschliche Sündhaftigkeit Gottes Vergeben. Wie kann der, der vor Gott schuldig geworden ist, die Vergebung besitzen? Dadurch, dass er der göttlichen Gnade glaubt.

Ich merke bei jedem Verkehr mit den Menschen, wie gering und schwächlich mein Glaube ist. Ich kann es nicht festhalten, dass sie in Deiner Vergebung leben, sondern sehe nur, was die Natur aus ihnen macht und sie selbst in ihrer Verkehrtheit anrichten. Ich muss und will das sehen mit ganz klarem Blick; denn vor Dir besteht keine Lüge und gilt kein Schein. Ich soll aber auch deine Gnade sehen, die uns die Vergebung bereitet hat. Mehre mit meinen Glauben so, wie Du ihn uns vermehrst und stärkst, so nämlich, dass wir mit beleuchteten Augen in die Herrlichkeit Deiner Gnade schauen. Amen.

3. März

Jesus antwortete Petrus: „Werde ich dich nicht waschen, so hast du kein Teil mit mir.“
Johannes 13,8

Petrus wollte nicht, dass sich Jesus vor ihm und für ihn erniedrigte. War ihm denn noch eine Wa-schung nötig? Die Antwort Jesu stellt aber fest, dass nur die die Seinen sind, die er gewaschen hat. Deshalb entfernt er aus seinem Verkehr mit den Seinen alle königliche Pracht und tritt zu ihnen herzu als der, der sich leer und niedrig macht; denn so macht er sie rein. Sträubt sich Petrus gegen die Erniedrigung Jesu, die ihn bis zum Kreuz hinunterführt, so trennt Jesus ihn von sich. Unter die-ses Wort sind wir alle gestellt; es ordnet unseren ganzen Verkehr mit Jesus, daher auch unseren ganzen Umgang mit der heiligen Schrift. Alles ist hier dem einen Ziel untertan: wie werde ich rein, von der Schuld gelöst, der Vergebung teilhaft und mit Gott versöhnt? Ich darf kein anderes Anlie-gen über dieses Ziel stellen, dass ich nicht von der Hand Jesu gewaschen, rein und frei vom Bösen werde. Im Verkehr mit der Bibel regen sich immer auch unsere intellektuellen Wünsche lebhaft. Das Ziel kann uns locken, ein Ganzes von Erkenntnis zu gewinnen, die das ganze Werk Gottes von der Schöpfung bis zur Vollendung betrachtet und uns den Einblick in seine Gründe und Ziele ge-währt. Ebenso kann es uns zu einem Anliegen werden, dass wir mit heißem Verlangen pflegen, das Ganze unserer Verpflichtung und Arbeit durch eine festgefügte Reihe von Regeln zu beschreiben. Die Schrift weist aber alle diese Wünsche zurück und stellt uns immer wieder vor das eine große Thema, wie uns die Waschung bereitet werde, die das von uns nimmt, was uns für Gottes Reich untauglich macht. Damit dient die Bibel dem Willen Jesu, der seine Jünger vor seinem Sterben wusch und ihnen dadurch zeigte, was Er ihnen gab. Wenn wir uns mit dieser Haltung Jesu und der Schrift nicht einigen und aus der Bibel entweder ein Lehrbuch oder ein Gesetzbuch machen, wird der Ausgang unvermeidlich der sein, dass wir Jesus gern vergessen und uns von der Bibel lösen, weil ein solcher Gebrauch der Schrift in seinem innersten Grund dem widerspricht, was sie uns sagt und gibt. Aber die Sammlung der ganzen Kraft in das eine Ziel, uns von der Schuld zu befreien, macht Jesus nicht arm und sein Evangelium nicht eng. Er hat damit, dass Er im leinenen Schurz mit dem Waschwasser zu Petrus trat, nicht auf sein königliches Recht verzichtet, das ihm alles untertan macht. Vielmehr erwirbt er es und übt es aus eben jetzt, da er vor dem Jünger kniet, um ihm die Füße zu waschen. Durch seine Erniedrigung erwarb Er sich die Erhöhung, und dem, der sich von Ihm waschen lässt, sagt er: „Nun ist dein Teil bei Mir.“

Weil Du, Herr Christus, Dich erniedrigt hast, können wir, die Deinen, uns nicht erhöhen. Weil Du uns waschen willst, müssen wir es Dir gestehen, dass wir Deiner Waschung bedürfen, und es Dir glauben, dass Du Dein reinigendes Werk an uns vollbringst. Dann leuchtet auch uns Deine Verhei-ßung: Dein Teil ist bei Mir. Amen.

4. März

Wer mein Fleisch isst und trinkt mein Blut, der hat das ewige Leben und ich werde ihn am jüngsten Tag auferwecken. Denn mein Fleisch ist die rechte Speise und mein Blut der rechte Trank.
Johannes 6,54+55

Nähre uns, baten die Galiläer. War es nicht ein unvergleichlich herrlicher Gottesdienst, als Jesus sie in der Wüste wie ein Hausvater seine Gäste nährte? Wenn er dies täglich wiederholte, was wäre dies für eine Wonne! War Israel zur Zeit Mose nicht in einem seligen Zustand, als an jedem Morgen das Brot vom Himmel herabkam und das ganze Volk ernährte, ohne dass es säte oder erntete? Sagte nicht die Verheißung, dass die Gemeinde der Endzeit das jetzt verborgene Manna wieder empfan-gen werde? Ich nähre euch, antwortet Jesus; ihr sollt nicht darben und das Lebensmittel nicht ent-behren, das euch wahrhaftes Leben gibt, jenes, das am letzten Tag die Auferstehenden empfangen. Ich reiche euch Speise und Trank, doch nicht so, wie der begehrliche Traum der Galiläer es be-schrieb, auch nicht so, wie er selbst in der Wüste denen, die ihn dort suchten, das Brot gereicht hat-te, sondern so, dass er sein in den Tod gegebenes Fleisch zum wahrhaften, nicht täuschenden Brot macht, das ihnen das Leben wirklich verleiht, und sein im Tod verschüttetes Blut ihnen als den ech-ten, nicht täuschenden Trank reicht, der ihren Durst wirklich stillt. Wie konnte Jesus sein Fleisch so hoch preisen? Bei den Frommen war es üblich, dass sie ihr Fleisch verachteten, und hatten sie dazu nicht guten Grund, da das Gute in unserem Fleische nicht heimisch ist? Es erniedrigt uns, füllt uns mit unseren begehrlichen Wünschen und führt einen Kampf gegen das, was als unser teuerster Be-sitz in unsere Vernunft und unseren Willen hineingelegt ist. Jesus dagegen konnte sein Fleisch prei-sen; denn er machte aus ihm das Mittel seines Gottesdienstes. Weil wir es zum Werkzeug der Sünde machen, ist es verächtlich und weil es uns durch unsere selbstsüchtige Begehrlichkeit knechtet, schützen und pflegen wir es, dienen ihm und geben es nur unwillig her. Jesus dagegen macht aus seinem Fleisch das Werkzeug seines Gehorsams und gibt es dem Vater und darum auch denen, die der Vater zu ihm führt. Diesen feierlichen und herrlichen Gebrauch macht er von seinem Fleisch und Blut dann, wenn er es in den Tod gibt. Er hieß sein Fleisch die Speise und sein Blut den Trank im selben Sinn, wie es seine Kreuzigung , seine Erhöhung und seinen Tod seinen Hingang zum Va-ter nannte und vom Tod des Hirten sagte, er habe damit den Wolf abgewehrt und die Welt über-wunden. Meine Worte, sagte er, vergehen nicht; ebenso sagt er von seinem Fleisch, es wird nicht zerstört, und von seinem Blut, es vertrocknet und verwest nicht. Denn das, was mit ihm geschah, vollbrachte den gnädigen Willen Gottes und dieser bleibt immer wirksam und gibt uns allen das Heil.

Du richtest Dich, o Jesus, hoch auf, als Du zum Sterben gingst, und gabst dem, was Du tatest, eine Tiefe, die wir nicht ergründen, und eine Macht der Gnade, die wir nicht begreifen. Aus Deinem Sterben machtest Du für uns den Quell des Lebens. So legst Du uns die Verheißung aus, die der Erde den Frieden verkündet, weil Du geboren bist, und den Menschen Gottes Wohlgefallen schenkt, weil Du Dich zu ihnen hältst. Amen.

5. März

Den Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch.
Johannes 14,27

Es ist ein wunderbarer Friede, den uns Jesus in der Stunde, da er nach Gethsemane ging, an sich zeigt. Wann gab es je einen Kampf wie den, in dem er stand? Er hat die Welt und ihren Fürsten ge-gen sich; an den Jüngern hatte er keine Hilfe und hat auch, wenn wir auf das Sichtbare sehen, Gott gegen sich, da er seinen Sohn nicht schonte. Dennoch steht Jesus im Frieden, ist vom Vater nicht getrennt und in keinem Zwist und Aufruhr gegen Gott, ist von den Jüngern nicht getrennt, eint sie vielmehr eben jetzt mit sich und ist mit der Welt nicht im Streit, sondern ihr Versöhner. Wie kann ich diesen Frieden nach seiner Höhe und Tiefe, nach seiner in Gott hineingesenkten Begründung und nach seiner in die Welt hineintretenden Wirkung, ausmessen? Diesen Frieden hinterlasse ich euch, sagt Jesus seinen Jüngern; das ist mein Geschenk und Erbe, das ich euch sterbend übergebe. Nun reißt euch nichts von Gott los, weil mich nichts von ihm geschieden hat, und von mir trennt euch nichts, weil ich euch nicht fallen ließ. Auch euch kann nun nichts entzweien; denn ich kann vom Vater von euch erbitten, dass ihr eins seid. Weil ich euch mit mir vereine, habt auch ihr einan-der lieb. Die Reben des Weinstocks bleiben beisammen, so lange sie mit dem Weinstock verbunden sind. Nun macht euch auch nichts zu Menschenfeinden; denn ihr bleibt bei mir und ich bin nicht der Feind des Menschen, sondern sein Heiland, der ihm Gottes Gnade bringt. Kenne ich aber nicht Stunden, in denen ich mich ängstige? Gewiss; denn der Friede, von dem Jesus spricht, ist nicht mein Erwerb und nicht die Eigenschaft meiner Seele, sondern wird mir von ihm geschenkt. Verwei-le ich bei mir, so fasst mich die Angst; ich bin nur dann im Frieden, wenn ich bei Ihm bleibe. Ist aber mein Leben nicht ein beständiger Kampf? Gewiss; denn wir empfangen den Frieden von dem, der an das Kreuz gegangen ist, und das war ein heißer Streit, sowohl mit Fleisch und Blut als mit Sünde und Gottlosigkeit. Wenn ich aber bei ihm bleibe, dann legt sich auch in meinem Kampf, der mich mit mir selbst oder anderen Menschen ringen macht, Sein Friede. Unfriede verbitterte mir den Kampf, wenn sein Ausgang ungewiss wäre und sich mit dem Ringen der Zweifel mischte, ob ich nicht erliege. Ich kann darum seinen Frieden nur dann von ihm empfangen, wenn ich es ihm glaube, dass Er die Welt überwunden hat.

Dir, Vater, sei Dank gesagt, dass Du uns den Sieg gegeben hast. Von Dir ist er uns bereitet, auch wenn wir die Härte des Kampfes schwer spüren und durch ihn wund werden. Dennoch stehen wir, weil Du uns zu Jesus gerufen hast, in Deinem Frieden. Amen.

6. März

Jesus sprach zum Gichtbrüchigen: „Sei getrost, mein Sohn, deine Sünden sind dir verge-ben.“ Und siehe, etliche unter den Schriftgelehrten sprachen bei sich selbst: „Dieser lästert Gott.“
Matthäus 9,2+3

Da uns die Ordnung unseres Gottesdienstes zur Beichte verpflichtet, so haben wir alle oft gehört: „Dir sind deine Sünden vergeben.“ Hätten wir bei uns Schriftgelehrte, wie sie vor Jesus saßen, die mit Ernst für Gottes Gebot und Ehre eiferten, so würden sie auch dazu sagen, das sei nicht Evange-lium, sondern Lästerung; wenn wir unsere Sünden für vergeben erklären, so duldeten wir das Böse, und wer das Böse dulde, der erzeuge es. Sünde sei das, was nicht geschehen darf, weil es Gott ge-gen sich hat. Wenn wir das nach unserem Gutdünken für beseitigt erklären, so wäre auch dies schon Sünde; wenn wir aber in Gottes Namen mit Berufung auf Gott so handelten, so machten wir Gott zum Freund des Bösen und dies sei Lästerung. Diese Einrede ist ernst genug, so dass wir für sie eine klare Antwort haben müssen. Wenn ich selbst mich mit meinem Bösen versöhne, etwa weil ich nicht nur Schlechtes, sondern auch Gutes in meinem Leben finde, oder weil ich es bereue, oder weil ich nicht nur sündige, sondern daneben auch noch gläubig bin, das ist unzweifelhaft Sünde und ihre Befestigung und Vollendung. Daran darf sich kein Zweifel hängen, dass Gott vergibt, er allein, und die Frage, die ihre klare Antwort bekommen muss, ist die: Hat Gott mir vergeben? War es Gott, der damals dem Gichtbrüchigen vergab? Jesus sagt: Ja, Gott vergibt, und er nennt es nicht ein Geheim-nis, das im Himmel verschlossen blieb; vielmehr hat der Menschensohn auf der Erde die Vollmacht, die Sünden zu vergeben. Daran, dass Jesus bei uns ist, Jesus zu uns spricht, Jesus uns seinen Tisch bereitet, Jesus für uns starb und für uns lebt, daran sehe ich, dass Gott mir vergeben hat. Das ist das Ende der Feindschaft, die Aufhebung der Entzweiung, die Wiederherstellung der Gemeinschaft, die den Verschuldeten suchende Liebe. Wenn ich zweifle, ob mir vergeben sei, so zweifle ich, ob Jesus zu uns gekommen sei, und wenn ich in der Beichte höre: eure Sünden sind euch vergeben, so ver-nehme ich die Botschaft Jesu, nichts anderes, als was mir die Weihnacht sagt, dass Christus geboren ist, und was ich am Karfreitag vernehme, dass er gestorben ist, und was ich am Ostertag höre, dass Er auferstanden ist. Was muss ich also tun, um die Vergebung zu empfangen und zu bewahren? Kommt zu mir, hat Jesus gesagt, und bleibt in mir. Das ist die Weise, wie uns Gott vergibt.

Vater, Du weißt, was wir bedürfen, ehe wir reden und bitten. Du weißt, dass wir Dein Vergeben bedürfen. Weil Du es uns gibst, suche ich es bei Dir und sage Dir Dank, dass ich es bei Dir suchen und empfangen darf. Amen.

7. März

Er hat zu mir gesagt: „Lass dir an meiner Gnade genügen.“
2. Korinther 12,9

„Ich bin dir gnädig“, sagte Jesus zu Paulus, als er durch die peinvollen Qualen erschüttert zu Jesus betete, „und dass ich dir gnädig bin, das ist für dich genug.“ Die Welt ist gegen ihn, die Judenschaft hasst ihn auf den Tod, der Satan sendet seinen Engel, der ihn quält, Paulus ist in sich selbst ohn-mächtig und zerbrochen. Eines hat er, nur eines: Jesus ist ihm hold und schenkt ihm seine Gnade, und nun sagt er ihm: „Mehr brauchst du nicht.“ Du brauchst nicht Befreiung von deiner Qual, brauchst nicht einen hell strahlenden Himmel in deiner Seele, brauchst nicht die Bestätigung deines Apostelamts in siegreicher Macht und die Unterstützung durch die Zustimmung und Mitarbeit der Menschen. Was du brauchst, ist einzig das, dass du meine Gnade hast, und diese hast du. Nun, Pe-trus, sei still, klage nicht mehr, bitte nicht mehr um Befreiung von dem, was dich quält, glaube nur. So wurde Paulus zum Zeugen für die Heilandsmacht Jesu, die sich dadurch in ihrer Herrlichkeit offenbart, dass er alles in seine Gnade, somit alles in unseren Glauben stellt. Weil mit ihm uns alles gegeben ist, dürfen wir glauben, und ist Glauben Gerechtsein und das Leben haben. Das ist schon der Glaube, und allein der Glaube und der Glaube ist es ganz. Das ist die Offenbarung der allmäch-tigen, vollkommenen Gnade.

O Herr, du ziehst Deine Hand nicht von mir ab, auch wenn ich es nicht zum Glauben bringe, weil mich das bestürmt, was sichtbar ist. Ich sehe den Lauf der Welt und nehme meine Ohnmacht wahr; aber Dein Wort ist bei mir, das mir von Deiner Gnade spricht. Dadurch zeigst du, herrlicher Hei-land, uns Deine Herrlichkeit, dass Du uns in den Glauben stellst. Amen.

8. März

Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur.
2. Korinther 5,17

Eine schöpferische Tat Gottes ist an mir geschehen; das steht in heller Deutlichkeit vor meinem Blick. Habe ich selbst die Erinnerung an Gott in mir erweckt? Habe ich selbst mir meine Bibel auf-geschlossen, so dass sie mir Gottes Willen zeigt? Habe ich selbst aus dem Kreuz Jesu das Licht her-vorgelockt, dass es vor mir als das Herrlichste strahlt, was ich sehen kann, im Glanz des vollkom-menen Gehorsams, der Gott als Gott ehrt, und in der Herrlichkeit des vollkommenen Versöhnens, das uns Menschen in den Frieden Gottes emporhebt? Habe ich selbst je etwas anderes in mir er-weckt als den eigensüchtigen Willen, der an meinen eigenen Vorteil gebunden ist? Was ich habe, ist Schöpfung, nicht eigener Erwerb, Empfangenes, nicht Gemachtes. Wieso ist es aber eine neue Schöpfung, mehr als Natur, mehr als Fortsetzung dessen, was die Natur mir gab, und wesentlich verschieden von dem, was auf dem Boden wächst, den die erste Schöpfung für uns hergestellt hat? Auch die Natur zeugt von Gott, stiftet zwischen uns Gemeinschaft und gibt uns den Antrieb zur Liebe. Aber die Natur hat nicht die Vollmacht zu vergeben, sondern führt alles, was geschieht, zu seinem Ende mit vergeltender Gerechtigkeit, und die Natur schafft kein unvergängliches Leben, sondern ist unter das Gesetz des Todes gestellt, und die Natur bringt mir kein Wort Gottes; sie bleibt stumm und ist nicht imstande, mir zu sagen, wie es in Wahrheit mit meinem Verhältnis zu Gott steht. Nun habe ich aber ein Wort Gottes gehört, das zu mir spricht und mir Gott zeigt als mei-nen Gott, und dieses Wort tilgt alle Schuld und verheißt das ewige Leben. Das ist neue Schöpfung über die ganze Natur hinaus.

Bin ich Dein Geschöpf, so ist es mein Beruf, Dein eigen zu sein mit dem ganzen Herzen, mit fröh-lichem Glauben, mit redlicher Liebe. Darum bitte ich Dich; denn so schaffst und vollendest Du in mir Deine neue Kreatur. Amen.

9. März

Welchen Gott hat vorgestellt zu einem Gnadenstuhl durch den Glauben in seinem Blut.
Römer 3,25

Wurde ein Tempel gebaut, so war die wichtigste Frage, von der die Heiligkeit des Tempels abhing: was wird in seinem innersten Raum hineingestellt, der nicht der Gemeinde und den Priestern, son-dern Gott vorbehalten ist? Die anderen Völker stellten in diesen innersten, verschlossenen Raum ein Bild Gottes, dem sie ihren Tempel weihten. Das tat Mose nicht. Ihn hatte die herrliche Größe des göttlichen Gebots: du sollst dir von mir kein Bildnis machen, sich untertan gemacht. Aber ganz leer ließ er den innersten Raum des heiligen Zeltes nicht. Eine Lade stellte er hinein, in die er das Gesetz legte, und über der Lade war der Deckel, den die Cherubim beschirmen, und dorthin sandte er ein-mal im Jahr den Priester mit Blut, damit er die Lade besprenge und sich für sich und das Volk die Vergebung hole. Diesen Deckel der Lade nannte die jüdische Gemeinde den „Gnadenthron“. An das, was das alte Heiligtum dem Volk zeigte, hat Paulus gedacht, wenn er auf das Kreuz Christi sah. Freilich war hier ein großer Unterschied sofort sichtbar. Der alte Ort, an dem die Vergebung emp-fangen wurde, war verborgen und verschlossen. Niemand sah ihn als der Hohepriester allein. Nun aber hat Gott den Gnadenstuhl hervorgestellt und sichtbar für alle gemacht. Dorthin richtet sich nun der Blick eines jeden, dem das Evangelium das Auge geöffnet hat. Was aber jetzt in weltgeschicht-licher Sichtbarkeit für jedermann vorhanden ist, das ist wieder ein Gnadenstuhl wieder eine Stätte, an der die Vergebung empfangen wird, wo die Schuld endet, der Zorn schweigt, die Feindschaft beseitigt und zwischen dem heiligen Gott und dem schuldigen Menschen die Gemeinschaft gestiftet wird. Das, sagt Paulus, hat Jesus geschaffen, als er starb. Das ist die Frucht und der Segen seines Todes. Zweierlei dient Gott als Mittel, durch das er uns die Vergebung darreicht, Jesu Blut und un-ser Glaube. Sein Blut gibt Jesus und heiligt dadurch Gottes Recht und leidet Gottes Gericht und bringt ihm den vollendeten Gehorsam dar. Gehorsam ist nötig, damit Vergebung möglich sei. Die-ser Gehorsam ist Jesu Tat. Und nun erfasst das, was er tat, auch mich und bringt mich zum Glauben. Nun ist die Vergebung mir geschenkt. Nun gibt es für mich und die ganze Welt einen Gnadenstuhl.

Dein Bote, lieber Herr, hat mir wieder das Evangelium gesagt. Ich kann nicht müde werden, es zu hören. Es ist der Grund, auf den Du mich gestellt hast, damit ich vor Dir bestehe und für Dich lebe. Ich will empfangen, was Du mir gibst, mich an deiner Gnade freuen und mit dem Psalmisten dan-ken und sagen: Wohl dem Menschen, dem Du die Sünden vergibst. Amen.

10. März

Petrus nahm Jesus zu sich, fuhr ihn an und sprach: „Herr, schone deiner selbst; das wider-fahre dir nur nicht.“ Aber er wandte sich um und sprach zu Petrus: „Hebe dich, Satan, von mir. Du bist mir ärgerlich. Denn du meinst nicht, was göttlich, sondern was menschlich ist.“
Matthäus 16,22+23

Konnte Jesus seinen Jüngern seinen Griff nach dem kreuz in seiner hellen, unbedingten Notwendig-keit zeigen oder behandelte er es als ein finsteres Schicksal, das ihn selbst mit dunklem Zwang be-drückte? Für den Blick Jesu war hier alles hell und sein Entschluss stand auf einem einfachen, ein-leuchtenden Grund. Die Frage war einzig die: wo liegt dein Ziel? Für wen arbeitest du? Liegt das, was du erreichen willst, in die oder in Gott? Wenn ein Mensch für sich sorgt, dann führt ihn sein Weg nicht zum Kreuz. Dann schützt er sich, kämpft für sich und wirkt seine Macht. Darum ist die Absicht des Petrus uns allen völlig verständlich. Vom Standort des Jüngers aus war das Kreuz nicht das, was er wollte, sondern es erschien ihm als das schwerste Unglück, als die fürchterliche Er-schütterung, ja Vernichtung seines Glaubens. Unfromm im Sinn, dass Gott missachtet und verges-sen wäre, war dieser Gedankengang keineswegs. Gott hilft dir, sagt Petrus, Gott schützt dich; Gott sorgt für Israel und bewahrt es vor diesem schrecklichen Fall; Gott sorgt für uns, deine Jünger, und gönnt uns deine Gemeinschaft mit uns; Gott sorgt für dich und bringt dich an dein Ziel, das dein Christusname uns verheißt, ohne Kreuz und Tod. Das war der andere Wille, den Jesus nicht hatte, dem er den seinigen entgegenstellte. Er dachte an das, was Gottes ist und wollte, was Gottes ist, Gottes Gerechtigkeit, dass sie offenbar sei, Gottes Gnade, dass sie zu uns komme, Gottes Herrlich-keit, dass sie uns erscheine. Das war das Ende des selbstischen Begehrens in der vollendeten Entsa-gung, im vollkommenen Gehorsam und der völligen Liebe. Das macht aus dem Handeln Jesu das fleckenlose Opfer, mit dem er Gott gepriesen hat. Warum ließen sich aber die beiden Ziele, das von Jesus und das des Petrus, nicht verbinden? Muss sich denn zwischen dem, was Gott zukommt und dem, was dem Menschen hilft, ein Zwiespalt öffnen? Wird nicht Gottes Herrlichkeit am Menschen offenbar? Ist Gottes Gerechtigkeit nicht unser Heil und nicht alles Wirken Gottes uns begabende Gnade? Das war in der Tat das Ziel Jesu; es wird aber nicht auf dem Weg des Petrus erreicht, der die menschlichen Anliegen an die erste Stelle schiebt. Dürften wir uns Gott nur als den Gebenden denken, dann käme immer unser Eigennutz zur Geltung und der Mensch bliebe das Ziel unserer Begehrung. Damit uns Gott in seiner Gottheit sichtbar sei, ging Jesus ans Kreuz. Indem er vor die Gnade seine völlige Entsagung stellte, die alles preiszugeben hat, stellt er fest, was Gott und was der Mensch ist, dass der Mensch nichts und Gott alles ist, dass der Mensch der Schuldige und Gott der Versöhnende ist, dass der Mensch der Sterbende ist und Gott der ist, der ihn auferweckt. Nun steht über aller unserer Frömmigkeit für immer das Wort: Allein Gott in der Höh’ sei Ehr.

Heiliger Gott, so nenne ich Dich, weil ich vor dem Kreuz Jesu stehe. Dort sehr ich Deine Heilig-keit, vor der wir nichts sind und verstummen, und dort sehe ich, dass Du uns durch Deine Heiligkeit nicht von Dir trennst, sondern zu Dir führst. Dies Dein Wunder betet Deine Gemeinde an in Ewig-keit. Amen.

11. März

So wir im Licht wandeln, wie Er im Licht ist, so haben wir Gemeinschaft untereinander und das Blut Jesu Christi, seines Sohnes, macht uns rein von aller Sünde.
1. Johannes 1,7

Wenn wir die Aussperrung des Lichts als unseren Schutz für unentbehrlich halten, ist uns die Ge-meinschaft unerreichbar. Sie gelingt uns nur dadurch, dass wir uns im Licht bewegen. Lüge und Schein bauen zwischen uns eine Zwischenwand auf und lassen uns nicht zu, dass wir wirklich zu-sammenkommen. Flüchte ich mich ins Dunkle, so trennt mich diese Flucht von den anderen. Diese Flucht ist aber aufgegeben und zu Ende, sowie wir vor Gott gestellt sind, weil Gott Licht ist und die, die vor ihm leben, ins Licht versetzt. Nun tritt, so wie wir die Heimlichkeiten der Lüge und des Scheins hinter uns haben, die Gemeinschaft mit Sicherheit ein. Wir sind nun füreinander da, sehen, was der andere bedarf, zeigen ihm auch, was wir selbst bedürfen, hören auf das, was der andere sagt, und reden, was für ihn heilsam ist, und reichen einander die Hand zum gemeinsamen Werk, indem sich Kraft mit Kraft und Besitz mit Besitz vereint. Das ist aber nicht möglich, solange unsere Sünden unvergeben auf uns liegen. Die unvergebene Sünde drängt uns in die Dunkelheit. Wir kön-nen uns nicht im Licht bewegen mit der Schmach unserer Sünden, sondern nur wenn wir von ihnen gereinigt sind. Diese Reinigung ist uns aber durch das Blut Jesu gegeben, mit dem uns Jesus Gottes Vergeben erworben hat. Die uns reinigende Wirkung seines Todes erfahren wir gerade dann, wenn wir in der Gemeinschaft leben. Menschen können nicht beisammen sein, ohne dass beständig ihre sündliche Art sichtbar wird, und das, was die Gemeinschaft von uns verlangt, macht sie uns oft in empfindlicher Weise spürbar. Darum gibt es keine Gemeinschaft zwischen uns, wenn wir nicht ste-tig im Verkehr mit allen an Gottes Vergeben glauben und es einander geben. Das können wir aber deshalb, weil das Blut Jesu unsere Schulden tilgt. Es reinigt den Bruder, der in Wort oder Tat fehl greift; es reinigt ebenso mich, dem dasselbe widerfährt. Darum ist das Kreuz Jesu der Ort, an dem wir den Wandel im Licht beginnen und zu der in Gott geeinten Menschheit verwachsen.

Mit freudiger Danksagung lege ich vor Dir, gnädigster Gott, alle Verhüllungen und unechte Fär-bung ab und empfange, was mir das Blut Deines geliebten Sohnes erworben hat, die Ehre dessen, dem Du vergeben hast, die Furchtlosigkeit dessen, der in Deinem Licht steht, die Offenheit für die anderen, für die Du mir gegeben hast, was ich von Dir empfing. Das sind die edlen Schätze, die Du Deiner Christenheit anvertraut hast. Mache uns zu ihren treuen Verwaltern. Amen.

12. März

Jetzt geht das Gericht über die Welt. Nun wird der Fürst dieser Welt ausgestoßen wer-den.
Johannes 12,31

Der Hirt tritt dem Wolf entgegen und stirbt. Wie ist dies aber der Sieg über den Wolf und der Schutz der Herde? So hätte Jesus nicht sprechen können, hätte er nur auf das geachtet, was das Kreuz uns allen zeigt, und sein Urteil aus dem gewonnen, was sichtbar ist. Er stand aber nicht nur im Verkehr mit den Menschen, sondern auch mit Gott und nahm darum nicht nur die irdischen Vorgänge wahr, sondern ist auch an derjenigen Geschichte beteiligt, die über der irdischen steht, weil sie vor Gott im Himmel geschieht. Vor seinem Tod findet nicht nur eine Gerichtsverhandlung vor Kaiphas und den Häuptern der Judenschaft statt, auch nicht nur vor Pilatus mit der Mitwirkung des jüdischen Volkes, sondern es wird auch im Himmel vor Gott Gericht gehalten. Jetzt, sagt Jesus, da er zum letzten Mal im Tempel ist und ihn verlässt und damit den Gang in den Tod antritt, ergeht über die Welt Gericht. Jetzt wird ein göttliches Urteil gesprochen. Dieses stellt aber nicht nur fest, dass die Welt in ihrer Gottlosigkeit den nicht erkannte, der ihr den Vater zeigte, und dass die, die die Seinen waren, den Treubruch an ihm begingen und ihn nicht aufnahmen, sondern das Gericht ergeht auch über den, der die Welt beherrscht und sich als unser Widersacher und Verkläger vor den Richterstuhl Gottes stellt. Nicht nur die Welt, sondern auch ihr Fürst, nicht nur der Mensch, sondern auch sein Verkläger wird gerichtet, und das göttliche Urteil, das über ihn ergeht, treibt ihn fort und stößt ihn aus. Der menschliche Richter stößt Jesus aus, verflucht ihn und lässt ihn am Fluchholz sterben. Der göttliche Richter dagegen stößt den Verkläger aus. Der menschliche Richter erfüllt mit seinem Urteil den Willen des Satans. Gott dagegen vernichtet den Willen des Satans und tut den Willen Jesu, der als unser Anwalt vor Gott steht und aus seiner Seele das Lösegeld für uns macht. So wird aus dem menschlichen Gericht, das Jesus verdammt, das göttliche Gericht, das uns freispricht. Das schuf Jesus durch seinen leuchtenden Gehorsam bis zum Tod. Ausstoßung des Teu-fels, das heißt, uns ist Vergebung gewährt. Die Abweisung seiner Klage ergibt die uns geschenkte Rechtfertigung. Indem Jesus mit seinem Tod der Verdammung das Ende bereitet, beginnt der neue Bund, dessen Grundgesetz lautet: es gibt für die, die in Christus sind, keine Verurteilung.

Alle meine Lasten darf ich, Vater, niederlegen vor Jesu Kreuz und aus Deiner Hand die Gerech-tigkeit empfangen, die Du dem Glauben gibst. Deine erlösende Gnade, die meinen Willen aus sei-nen Fesseln löst, suche ich bei Dir, beim unerschöpflichen Schutz Deiner Erbarmung. Amen.

13. März

Ein guter Hirte lässt sein Leben für die Schafe. Ein Mietling aber, der nicht Hirt ist, dessen die Schafe nicht eigen sind, sieht den Wolf kommen und verlässt die Schafe und flieht und der Wolf erhascht und zerstreut die Schafe.
Johannes 10,12

Während der, der im Taglohn eine Herde hütet, vor dem Wolf flieht, flieht der Hirte nicht, sondern er kämpft. Damit sagt mir Jesus, warum ihn jenes weichliche Ideal von Sanftmut und Friedfertigkeit nicht gelockt hat, das wir so oft mit seinem Namen schmücken. Wie oft haben wir unsere Maler aus Jesus eine kraftlose Figur gemacht, die nur empfinden, leiden und seufzen kann, ganz und gar ein Mietling, der, wenn der Wolf in der Nähe ist, fortspringen muss, weil ihn der Wolf fräße. In Wahr-heit ging Jesus, ohne zu schwanken, dem Wolf entgegen und hat ihn dadurch erlegt, dass er sein leben für seine Schafe ließ. Das sieghafte Wort, mit dem er hier erläutert hat, warum er das Kreuz erfasst, steht völlig im Einklang mit den zahlreichen Worten, mit denen jesus das Schwert des Gei-stes gewaltig handhabt, herrlich in seinem richtenden Zorn, wahrlich der zum Kampf Bereite, der den Wolf nicht machen lässt, was er mag, sondern seine Herde schützt und ihrem Feind den tödli-chen Streich versetzt. Sie rieten ihm alle: Flieh! Er aber sagt ihnen, warum er dem Rat ihrer kran-ken, eigensüchtigen liebe nicht gehorcht. Die Schafe sind sein eigen. Aus seinem königlichen Recht entsteht sein Griff nach dem kreuz, nicht aus seiner Schwachheit die sich nicht zu schützen weiß. Die Liebe, mit der er sein Eigentum an sich zieht und sich mit den Seinen eint, macht ihn streitbar und aus seiner Gnade strömt sein zürnender Eifer hervor, mit dem er mit Wort und Tat die Werke des Teufels zerstört. Er hieß den Verkläger den Menschenmörder von Anfang an. Denn er ist der Feind des Lichts, das er verdrängt, indem er den Menschen lügen lehrt, und der Feind des Lebens, das er dem Menschen raubt, indem er ihn schuldig macht. Darum vernichtet Jesus mit seinem Kreuz die Lüge und begräbt mit seinem Tod die Schuld. Nun ist der Wolf verjagt. Die Festigkeit seiner Liebe beruht darauf, dass sie völlig eins mit seinem Gehorsam gegen den Vater ist. Er hat ja die Schafe nicht mit eigener Kunst und Macht für sich erworben, sondern sie sind deshalb sein, weil sie Gottes Eigentum sind, und sein königliches Recht ist nicht die Einbildung seines Eigenwillens, son-dern gehört ihm deshalb unverlierbar, weil er der Sohn des Vaters ist. Dass er seine Herde nicht verlässt und dass er den Vater nicht verlässt, das ist ein und derselbe Wille, eine und dieselbe Tat. Er verschloss sich für das Teuflische dadurch, dass er sich Gott ergab, und hat den Satan dadurch geschlagen, dass er Gott gehorcht.

Du stellst, Herr Christus, Deinen Gehorsam ohne Flecken und Lücken zwischen uns und unseren Verkläger und bist dadurch unser Schutz, in dem wir ewiglich geborgen sind. Weil Du Deine Gnade durch Dein vergossenes Blut vollendet hast, gibt es für uns keine Verdammung. Darum preisen wir Deinen zerbrochenen Leib als unsere Speise und dein ausgeschüttetes Blut als unseren Trank und folgen Dir, dem Hirten, der für seine Schafe sein Leben ließ, dem Lamm, das für uns geschlachtet ward. Amen.

14. März

Also ging Jesus heraus und trug eine Dornenkrone und Purpurkleid. Und Pilatus spricht zu ihnen: „Seht, welch ein Mensch!“
Johannes 19,5

Was im Römer edel war und das Raubtier in ihm bändigte, war Humanität, die Ehrung des Mensch-lichen im Menschen, auch wenn er in den Staub getreten wird. Mochte der Christusname Jesu der Traum eines Wahnsinnigen sein, mochte er, am jüdischen Gesetz gemessen, todeswürdige Schuld sein, wie die Priester es behaupteten, Mensch war Jesus. Sogar der Jude ist für den Römer noch Mensch, sogar der mit Dornen gekrönte Christus ist es. Achtet den Menschen, sagt Pilatus, entehrt ihn nicht noch mehr; er hat genug gelitten. Aber an den Juden prallt der Appell an die Menschlich-keit ab. „Gott!“, das ist der Kampfruf, der Pilatus entgegentönt. Gottes Ehre wird verteidigt, Gottes Gesetz gehandhabt. Der, der sich an Gott vergangen hat, muss sterben. Diese Spannung kehrt in der menschlichen Geschichte immer wieder, Irregelöste Menschlichkeit und unmenschliche Religiosität wechseln miteinander ab und ringen miteinander. Auf der einen Seite steht der Humanismus, der den Menschen pflegt, dem aber an Gott nichts liegt, auf der anderen Seite der Fanatismus, der um Gottes Willen den Menschen zertritt. Wer hat in diesem Streit die Einigung? Jesus hat sie. Für wen starb er, für Gott oder für uns? So darf ich nicht fragen, ich würde so zerteilen, was Er geeinigt hat. Er ehrt den Vater, eifert für seine Ehre und bleibt unerbittlich von denen geschieden, die Gott das Seine rauben und ihm den Gehorsam versagen. Er dagegen verklärt den Vater, denn er bekennt sich zu ihm als dem Allmächtigen und allein Gerechten und barmherzig Vergebenden. Zugleich aber ehrt er den Menschen, bewahrt die Gemeinschaft mit ihm und nimmt die Schande seiner Sünde weg. „Seht, welch ein Mensch!“ Dem widersprach Jesus nicht; er bekennt sich zu uns. Ist nun sein Tod ein Opfer, das Gott mit uns versöhnt, oder ist er eine Wohltat, die uns mit Gott versöhnt? Er opfert sich dem Vater und begnadet uns mit einer und derselben Tat. Der Zorn weicht und die Schuld vergeht und der Glaube entsteht. Das ist ein einheitliches gnadenvolles Gotteswerk.

Herr, Du stellst Dich ganz zu uns und trittst an den Ort, der uns Menschen gebührt, und tust dies in der Sendung des Vaters mit Seiner Gnade. Darum bist Du unser Friede mit Gott. Amen.

15. März

Gleichwohl durch eines Menschen Ungehorsam viele Sünder geworden sind, also auch durch eines Gehorsam viele Gerechte.
Römer 5,19

Neben dem Namen Jesu stellt Paulus keinen zweiten Namen. Die gefeierten Namen der Väter, die Israel beständig mit Verehrung nannte, haben keinen Platz mehr neben dem Namen Jesu und eben-sowenig gibt es in der Christenheit unter ihren Aposteln und Propheten einen Namen, den Paulus neben Jesus nennt. Was Jesus die Unvergleichlichkeit gibt, spricht Paulus mit dem einem Wort aus: Jesus hat gehorcht. Das stellt ihn neben Adam und macht ihn zur Wende der Weltgeschichte. Dort war es der Ungehorsam, hier der Gehorsam, aus dem das Schicksal der Menschheit entstand. Denn Paulus hielt Gott für die alles bestimmende Wirklichkeit, von der sich der Mensch nie losmachen kann. Wie sich der Mensch zu Gottes Willen verhält, das ist derjenige Vorgang, der über alles ent-scheidet, was aus ihm wird. Im Streit mit Gott bereitet er sich den Tod. Die Einigung mit Gott bringt ihm Leben und Herrlichkeit. Um im Frieden Gottes zu leben, gibt es aber nur einen einzigen Weg, Gehorsam. Die regierende Herrlichkeit Gottes wehrt jede Verdunkelung ab. Sein Wille muss geschehen. Die Einigung mit ihm geschieht durch die Unterordnung unter ihn, durch die Hingabe des eigenen Willens an den seinen. Jesus hat gehorcht; darum spricht Paulus aus, warum er den an-betet, der am Kreuz hing. Denn das Kreuz gab dem, was Jesus tat, das Merkmal des vollendeten Gehorsams. Dort verschwindet der Mensch und Gott wirkt allein. Sein Wille wird zum Gebet, das ins Innerste hineingreift, die völlige Entsagung fordert und die Selbstverleugnung zur Vollendung bringt. Das gibt dem Leiden seine heilige Majestät. Die natürliche Gegenwehr, die das Leiden ab-lehnt, muss überwunden sein, und indem Jesus sie überwunden hat, hat er gehorcht. An eine zweck-lose Entsagung, die nur feststellt, dass der eigene Wille entwurzelt ist, hat Paulus, wenn er auf den in den Tod gegebenen Christus sah, nie gedacht. Er war vielmehr reich an Worten, die die zweck-volle Weisheit und allmächtige gnade preisen, die sich im Kreuz Jesu offenbaren. Aber sein Glau-be, der ihn mit dem Gekreuzigten verband, beruhte nicht erst auf dem, was als Frucht und Segen aus dem Kreuz erwuchs, sondern darauf, dass hier der Sohn dem Vater gehorchte und sein Leben da-hingab, damit der Wille des Vaters geschehe. Darin sah Paulus das Neue, allein Unmögliche, nie sonst Geschehene und doch schlechthin Notwendige. Das gab Jesus die Heilandsmacht.

Durch Deinen Gehorsam, o Jesus, erwarbst Du uns, den Verschuldeten, die Vergebung. Durch Deinen Gehorsam kommt die Gnade zu uns, den Ungehorsamen. Durch Deinen Gehorsam bringst Du uns, den im Fleisch Gebundenen, den Geist. Durch Deinen Gehorsam verwandelst Du Sterben in Leben. Dein Gehorsam ist Dein ewig leuchtender Ruhm. Amen.

16. März

Er hat den, der die Sünde nicht kannte, für uns zur Sünde gemacht, damit wir würden in ihm Gottes Gerechtigkeit.
2. Korinther 5,21

Neben dem, der die Sünde nicht kannte, stehen wir, die wir sie kennen. Kennen wir sie wirklich? Steht es nicht so: ich kenne sie nicht; aber er kennt sie? Man kennt die Sünde erst, wenn man von ihr frei geworden ist. Die Maße des Drachens kann niemand messen als der, der ihn überwunden und erschlagen hat. Deshalb, weil er die Sünde an sich selbst nicht kannte, konnte er sie an uns; darum richtete er sie und darum ward sie an ihm gerichtet. Weil wir dagegen die Sünde tun und sie deshalb nicht kennen, wurde er für uns zur Sünde gemacht; denn sehen müssen wir sie in ihrer Verwerflichkeit und todbringende Macht. Es ist mir nicht zu helfen, solange ich sie verberge, schönfärbe, erkläre, entschuldige und rechtfertige. Wie soll sie aber ans Licht kommen. ohne dass sie mich in Schande, Fluch und Zorn versenkt? Wird der zur Sünde gemacht, der sie kennt und sie in sich selber hat, so dass er an sich selber sehen muss, was sie ist und wirkt, so ist das sein Unter-gang. Dass der zur Sünde gemacht wird, der sie kennt, das ist die Tat des göttlichen Zorns. Nun wird sie aber ans Licht gestellt an dem, der sie nicht kannte, und dadurch wird die Enthüllung der Sünde zur göttlichen Gnadentat. Dass er zur Sünde gemacht wird, bringt weder ihm noch uns das Verderben. Er tut eben jetzt Gottes herrlichen, gnädigen Willen im vollkommenen Gehorsam; dar-um ist für ihn das Erhöhtwerden an das Kreuz die Erhebung, die ihn hinauf zum Vater führt. Für uns aber tritt deshalb, weil er zur Sünde gemacht ist, Gottes Gerechtigkeit in Kraft, die aus uns et-was anderes als Sünder macht, nämlich Glaubende. Weil wir die Sünde kennen, kennen wir die Ge-rechtigkeit nicht. Weil Jesus dagegen die Sünde nicht kannte, kannte und wirkte er Gottes Gerech-tigkeit, in der die Wahrheit und die Erbarmung zur herrlichen Einheit verbunden sind. Durch Ihn wird unser Sündigen vom Licht der Wahrheit bestrahlt und aus allen dunklen Verstecken und täu-schenden Hüllen herausgeholt. Jesus nimmt aber, indem er selbst für uns zur Sünde gemacht ist, dem Licht der Wahrheit die rächende Macht, an der wir verderben, und gibt ihm den Glanz der Barmherzigkeit. Daher sehen wir an Ihm Gottes Gerechtigkeit, die nicht die Sünde der Welt, wohl aber die Welt lieb hat und ihr deshalb das Lamm Gottes gibt, das ihre Sünde von ihr nimmt.

Zu Dir, heiliger Gott, könnte ich nicht aufsehen, wäre nicht Dein Vergeben meine Stütze, und ich könnte nicht in mein Leben hineinsehen, wäre nicht Dein Vergeben das, was mich hält. Ich weiß, wo Du es mir und Deiner ganzen Schar gewährt hast; das geschah im Sterben Deines Sohnes, unseres Herrn. Dort zeigst Du uns, was Sünde ist, und nun weiß ich, dass sie vergeben ist, und dort zeigst Du mir, was Deine Gerechtigkeit ist, und nun weiß ich, dass ich ihr glauben soll. Amen.

17. März

Der Hohepriester antwortete und sprach zu ihm: Ich beschwöre dich bei dem lebendigen Gott, dass du uns sagest, ob du seiest Christus, der Sohn Gottes. Jesus sprach zu ihm: „Du sagst es!“
Matthäus 26,63+64

Der Priester fragte Jesus nach seinem königlichen Recht, das in seiner Sohnschaft Gottes seinen Grund hat, und Jesus antwortete ihm: So ist es, aber nicht ich sprach die hohen Namen aus, die meine Herrschaft verkünden und meine Gemeinschaft mit Gott preisen. Du hast sie genannt, nicht ich. Du hast ausgesprochen, was ich bin und was du sagst, ist so, wie du es sagst. Nicht erst im Ge-richtssaal und in den Banden wurde er unfähig, seine Herrlichkeit auszurufen; er hat es nie gekonnt. Schweigend ging er hinab in den Jordan; da kam die himmlische Stimme. Der Vater sprach, nicht er, und bezeugt ihm, dass er der Sohn seines Wohlgefallens ist. Du sagst es, war die selige Antwort Jesu, mit der er den Willen des Vaters zum seinigen macht. Das war der Anfang Jesu. Schweigend kam er aus der Wüste zum Täufer zurück. Da sagte dieser: Sieh, Gottes Lamm, das die Sünde der Welt wegträgt! Du sagst es, war die Antwort Jesu; er gab sein Ja zu dem, was ihm Johannes als sein Amt und Werk beschrieb. Er nahm seine Jünger zu sich und gab ihnen seine Gemeinschaft, und als die Zeit kam, um nach Jerusalem zu gehen, fragte er sie: wer sagt ihr, dass ich sei? Du bist der Chri-stus, sagte Petrus. Du sagst es, sagte Jesus. Er hat ihm nicht selber seinen Namen vorgesagt und ihn nicht durch ein Gebot zum Bekenntnis verpflichtet. Es muss das eigene Wort des Jüngers sein, das er deshalb spricht, weil der Vater es ihm geoffenbart hat. Als er aber das große Wort sprach, mit dem er sich Jesus ganz ergab, da empfing er auch die Antwort Jesu, die seinem Bekenntnis die Ge-wissheit gab. Als er zum Beginn seines Leidens nach Jerusalem kam, rief nicht er selbst in die Stadt hinein: Siehe, dein König kommt zu dir. Das war das Amt seiner Jünger; ihre Pflicht war es, mit lautem Ruf den zu ehren, der im Namen Gottes kommt. Als aber seine Feinde ihm zumuteten, dass er sie schweigen heiße, sahen sie zu ihrer Überraschung, dass ihr Bekenntnis ganz und gar das seine war. So handelt er nun auch vor dem Rat. Er schwieg und nötigte dadurch Kaiphas zum Sprechen. Sage du, was du als mein Ziel und Amt erkennst! Und als er den Namen sprach, neben dem es kei-nen höheren Namen gibt, antwortete er: So ist es, wie du es sagst. Das war nicht eine absonderliche Eigentümlichkeit Jesu, sondern kam aus seinem Amt, dass er der Zeuge für die Wahrheit ist. Die Wahrheit spricht selbst für sich und das Licht scheint durch sich selbst, und Jesu Amt ist es, dass er durch sein Zeugnis die Wahrheit dem bestätige, der sie kennt. Das ist auch heute sein Gebot an sei-ne Christenheit. Schweigend in stiller Verborgenheit tut er sein Werk: sagt ihr, was ich bin. Es ist die Sache seiner Christenheit, seinen Namen zu nennen und ihn zu verkündigen. Wenn wir uns aber zu ihm bekennen, so sagt er: ihr nennt mich Meister und Herr; ich bin es auch; ihr glaubt es mir, dass ich in meiner Gottheit bei euch bin; es ist so, wie ihr es sagt; ich bin bei euch alle Tage bis an das Ende der Welt.

Dich zu bekennen, ist, Herr Christus, der selige Beruf deiner Christenheit. Wie wir uns zu Dir be-kennen, bekenne Dich auch zu uns. Gib uns zu Deinem Wort Deine Kraft, die es wahr macht, und zu unserem Dienst Deinen Geist, der ihn heilsam macht. Amen.

18. März

Jesus sprach zu Kaiphas: „Von nun an wird es geschehen, dass ihr sehen werdet des Men-schen Sohn sitzen zur Rechten der Kraft und kommen in den Wolken des Himmels.“ Da zerriss der Hohepriester seine Kleider und sprach: „Er hat Gott gelästert.“
Matthäus 26,64+65

Der Priester stand vor dem Priester, der Priester des alten Bundes vor dem des neuen Bundes. Für den alten war der neue Priester eine Gestalt, vor der er erschrak, so dass er sein Kleid zerriss. Das war die Gebärde angstvollen Erschreckens und tiefster Trauer. War es nur Gebärde? Der alte Prie-ster verstand sich auf Schauspielerei. Er stellte den Priester nur dar, ohne es in Wahrheit zu sein. Sein Priesteramt war seine Rolle, die er so zu spielen gelernt hatte, dass er Eindruck machte. Wer sieht aber in die Herzen hinein? Grund, erschrocken zu sein, hatte Kaiphas in der Tat. Denn im neu-en Priester stand etwas völlig Neues vor ihm, was er sich nicht erklären konnte. Es ist die Pflicht des Priesters, dass er die Ehre Gottes wahre. Beide taten es in ihrer Weise. „Nun ist der Vater ver-klärt“, sagte Jesus, als Er sein Leiden begann. „Er lästert Gott“, sagte Kaiphas, als ihm Jesus seine Frage nach seinem königlichen Recht und seine Sohnschaft Gottes bejahte. Nach dem Urteil des Kaiphas war die Ehre Gottes auch die seines Priesters und in der Macht des Priesters ward Gottes Große offenbar. Denn sein Gott war die Macht. Bei Jesus ward Gottes Ehre dadurch offenbar, dass er gefesselt war und verurteilt wurde und zum Kreuz ging. Auch er bekannte sich zur Macht Gottes und gab ihr eine Herrlichkeit, die sich über den rationalen Gedankengang eines Sadduzäers weit erhob. Denn er sprach in den Banden von seiner Erhebung zu Gottes Thron und, als er gerichtet wurde, von seinem weltrichterlichen Amt. Aber sein Gott gibt seinem Priester nicht nur die Macht, sondern verlangt den Gehorsam von ihm, der allem entsagt und dennoch an Gott festhält. Er stellte vor die Erhöhung die Erniedrigung, vor die Verherrlichung die Entsagung, vor die Herrschaft den Gehorsam. Hatte Kaiphas nicht Grund zu erschrecken? Christus zu sein und alles zu leiden, Sohn zu sein und allem zu entsagen, alles herzugeben und eins mit Gott zu sein, das hieß Kaiphas unmöglich und nicht nur dies, er hieß es einen finsteren Gedanken, eine Entstellung des Gottesbilds, eine Ver-zerrung des göttlichen Willens ins Schreckliche. Er dachte, wie der Mensch denkt, der Gott gern für seine Zwecke benützt, und Jesus dachte, wie der Sohn denkt, der den Vater ehrt und in Ihm bleibt, weil er der Vater ist.

Für Dich, Herr Jesus, war der Psalm geschrieben: Wenn ich nur Dich habe, so frage ich nichts nach Himmel und Erde; wenn mir gleich Leib und Seele verschmachteten, so bist doch Du meines Herzens Fels und mein Teil. Weil dies durch dich zur Wahrheit geworden ist, bist Du unser Friede und unsere Gerechtigkeit. Amen.

19. März

Spricht zu ihm Thomas: „Herr, wir wissen nicht, wo du hingehst, und wie können wir den Weg wissen?“ Jesus spricht zu ihm: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben. Nie-mand kommt zum Vater denn durch mich.“
Johannes 14,5+6

Solange nur die Natur zu uns spricht, gibt es für uns kein Ziel, und wenn es kein Ziel gibt, so gibt es auch keinen Weg. Wir brauchen einen Weg erst dann, wenn es ein Ziel gibt, zu dem wir wandern. Thomas aber kannte das Ziel. Wie könnte er Jünger sein, ohne dass ihm das Ziel mit seinem leuch-tenden und lockenden Glanz erschienen wäre? Zum Vater kommen, das ist das Ziel. Jetzt wird aber die Frage dringend: was ist der Weg? Ein Ziel vor Augen haben, ohne einen Weg zu sehen, das ist nicht Hilfe, sondern vertiefte Not. Jesus sagt zu Thomas: wie blind bist du! Du siehst den Weg nicht? Ich bin der Weg. Der ist mein Weg, der mich zum Vater bringt. Das tue ich dir, sagt Jesus, und darum bin ich dein Weg. Wie gehe ich den Weg? Wann bin ich auf jener seligen Wanderung, die der entlaufene Sohn antrat, als er sich entschloss, zum Vater zu gehen? Ich bind er Weg, sagt Jesus; weil du mit mir in Verbindung bist, wanderst du auf dem Weg. Weichst du von mir, so ver-lässt du den Weg; bleibst du bei mir, so bist du auf dem Weg. Was von Jesus zu uns kommt, bewegt uns. Sein Wort erstarrt nicht in uns, als wäre es eine ruhende, unbewegliche Habe. Es zieht, treibt, drängt mich. Ist Jesu Wort das, was mich bewegt, dann schreite ich auf dem Weg voran, auf dem Weg zu Gott. Sein Wort beschäftigt mich nicht einzig mit Gottes Werk, das ich beschauen und ver-stehen darf. Sein Wort ist Gebot und beruft mich zur Tat und Tat ist Bewegung, die nach dem Ziel strebt. Wann ist mein Handeln wirklich eine voranschreitende Bewegung, die auf dem Weg bleibt und daher auch zum Ziel führt und mich zum Vater bringt? Ich bin der Weg, sagt Jesus; bewahre mein Gebot; tue, was ich dich tun heiße; folge mir nach. Du läufst umsonst und mühst dich mit dei-nem Werk vergeblich ab, wenn es deinen Willen erfüllen soll. Du baust dir nicht selbst die Straße, die dich zum Vater bringt. Du kommst durch mich zu Ihm.

Die Wege des Menschen, Herr, heiliger Gott, führen nicht zum Ziel. Bewahre mich davor, dass ich Zeit und Kraft auf eigenem Weg verzehre. Ich wende mich zu Deiner Gnade, die mir verspricht, Du wollest mich führen, weg vom Schein hinein in die Wahrheit, weg vom Tod hinein in das Leben und mich ans Ziel bringen. Von Dir kommt unser Leben, zu Dir strebt es. Du bist das Ziel. Amen.

20. März

Spricht zu ihm Philippus: „Herr, zeige uns den Vater; so genügt es uns.“ Jesus spricht zu ihm: „Philippus, wer mich sieht, der sieht den Vater.“
Johannes 14,8+9

Was Philippus begehrt hat, war die Sehnsucht manches Frommen: wenn es doch nur irgend eine Stelle gäbe, an der Gott sichtbar würde! Wenn zwischen dem natürlichen Geschehen irgendwo Got-tes Finger greifbar herausragte, wenn über der Geschichte irgendeinmal Gottes Gestalt sichtbar schwebte, wenn uns im Verlauf des inwendigen Erlebens dann und wann ein Anblick Gottes zuteil würde, wäre das nicht ungleich mehr als das, was uns gegeben ist? Wäre uns nicht dadurch die ge-samte Führung des Lebens mächtig erleichtert? Zeige uns den Vater, sagte Philippus; dann bleibt mein Herz fest, auch wenn du geschändet und gemartert am Kreuz hängst. Wenn der Vater über dir sichtbar wird, dann wollen wir glauben, wollen leiden, wollen warten. Wer Gott geschaut hat, wohnt in fester Burg. War dies nicht auch die Sehnsucht der alttestamentlichen Frommen? Worin bestand die Herrlichkeit des Paradieses? Nicht darin, dass Gott dort sichtbar mit dem Menschen verkehrte? Hat nicht Mose nach allem, was ihm zum Zeichen Gottes geworden war, gebeten: lass mich dein Angesicht schauen? Du begehrst, sagt Jesus zu Philippus, nach dem, was du nicht be-kommen kannst, weil du dir nicht aneignest, was dir gegeben ist. Es gibt freilich nichts Herrliche-res, als den Vater zu sehen. Du kannst nicht bei meinem Kreuz stehen, wenn du ihn nicht siehst, sondern nur die Menschen siehst und den Tod beschaust.

Kindschaft Gottes kannst du nicht empfangen und bewahren, wenn du den Vater nicht siehst. Du siehst ihn aber; denn du siehst mich. Davon wendest du dich weg und schaust sehnsüchtig nach dem Himmel, dass sich dir Gott dort zeige. Gott wird sichtbar durch sein Werk. Er selbst, der Wirker, bleibt verborgen; aber sein Werk zeigt ihn uns; denn es ist sein Bild. Dasjenige Werk und Bild Got-tes, das uns ihn in seiner ganzen Gnade und Größe sichtbar macht, ist sein Sohn, der, der im Fleisch das Wort Gottes ist, der, der in unserer Gestalt Gottes Gestalt besaß. Das ist das Sichtbarwerden Gottes, das mir bereitet ist. Auch hier ist die Hülle, die Gottes Gegenwart bedeckt, nicht weggetan. Über das Himmlische ist das Natürliche gebreitet und Gottes Wille wird uns in der Geschichte eines Menschen offenbart. Denn Gott bleibt auch dann Gott, wenn seine Gnade zu uns strömt. Darum steigt aus dem Christenstand die große, gewaltige Hoffnung hervor: „einst werden wir einander sehen, wie Er ist.“ Dieses Ziel kann ich aber nicht erlangen, wenn ich den Vater nicht da sehe, wo er zu sehen ist, und mir Jesu Wort unverständlich bleibt: Der sieht den Vater, der Mich sieht.

Wie wird es sein, wenn wir von unserem Irrweg heimgekehrt an Deinem Halse hängen! Das sah kein Auge und hat kein Ohr gehört. Unser Hoffen kommt aber, Vater, aus Deiner Gabe. Du hast uns Deinen Sohn gegeben, damit wir an ihm sehen, was Du in Deiner Gnade für uns bist. Amen.

21. März

Spricht Simon Petrus zu ihm: „Herr, wo gehst du hin?“ Jesus antwortete ihm: „Da ich hingehe, kannst du mir diesmal nicht folgen; aber du wirst mir hernachmals folgen.“
Johannes 13,36

Auch in diesem Wort leuchtet die Herrlichkeit Jesu mit unbegreiflich hellem Glanz. So völlig ist Jesus mit seinem Kreuz eins, dass er es auch seinem Jünger versprach, nicht als schweres Los, nicht als Zusammenbruch, der seine apostolische Sendung widerlegt und vernichtet, sondern als das Be-ste und Größte, was Jesus ihm verleiht, als die Krönung seiner Gemeinschaft mit ihm. Beides hat Petrus von Jesus empfangen, die Kraft, die wirken kann, tapfer, unbezwinglich mit siegender Macht, und den Verzicht, der allem entsagt, leidet und stirbt in Schmerz und Hohn Gott zum Preis. Damals freilich, als Jesus zum Kreuz ging, war Petrus noch nicht imstande, sein Begleiter zu sein und neben ihm das Kreuz zu tragen. Das tat Petrus bitter leid. Er ließ sich nicht gern von Jesus tren-nen. Darum hat ihm Jesus verheißen: später darfst du denselben Weg gehen wie ich und darfst dein Apostelwerk damit beenden, dass du mir nach dem Kreuz gehst. Zuerst aber muss Petrus erkennen, wie groß und tief der Abstand ist, der ihn von Jesus trennt. Jetzt ist er noch mit seinen eigenen Wünschen angefüllt und hat darum ein unruhiges Herz, das imstande ist, sich gegen das Kreuz Jesu aufzulehnen und sich zu schämen, weil er in der Jüngerschaft eines Gekreuzigten steht. Seine Liebe hat noch viel Eigensucht in sich und sein Gehorsam ist mühsam errungen durch die Selbstverleug-nung hindurch, die das mit Wucht auf die Seite drängt, was Petrus für Jesus und sich selbst begehrt. Das Kreuz ist aber kein heiliger Ort, wenn es widerwillig getragen wird. Es wird nur dann zum Op-fer, wenn es durch Glauben geheiligt wird. Solange Petrus noch so, wie er es jetzt tut, auf die Stim-me seines Herzens horcht und seiner Liebe traut und auf seinen Glauben baut, ist das Kreuz noch nichts für ihn. Zuerst muss er seine Liebe dadurch heiligen, dass er tut, was ein Jünger tun soll. Je-sus hat Dienst und Arbeit für ihn. „Weide meine Lämmer.“ Erst nah der vollendeten Arbeit ist er zum Letzten und Größten berufen. Dann darf er der Christenheit zeigen, dass Jesus ihn fähig ge-macht hat, am Kreuz Gott zu preisen.

Herr, Du verklärst nicht nur das Werk, sondern auch das Leiden der Deinen und offenbarst die Fülle Deiner Gnade und Wahrheit dadurch, dass Du auch ein Sterben am Kreuz zur seligen Gabe Gottes machst. Gib mir nach dem Maß meines Glaubens, dass auch mein Handeln und mein Leben, mein Arbeiten und mein Sterben Dich ehre. Amen.

22. März

Aber der Übeltäter einer lästerte ihn und sprach: „Bist du Christus, so hilf dir selbst und uns.“
Lukas 23,39

Das war ein trotziger Streiter, der sich nicht ergeben wollte. Auch in der hoffnungslosen Lage, in die ihn seine Kreuzigung gebracht hatte, bleibt er der Protestierende, der mit Gott und Menschen streitet. Er stritt gegen den römischen Herrscher, als er Bandit wurde; da wurde Pilatus sein Feind. Er stritt gegen die, die sich unter die römische Herrschaft beugten, und hieß sie feige und abtrünnig. Er stritt gegen die Besitzenden, die er plünderte. War es nicht Unrecht, dass er hungerte und sie im Überfluss lebten? Er stritt gegen Gottes Gesetz, das ihm verbot, zu morden; was hatte er noch, um sein Leben zu fristen, als sein scharfes Schwert? Nun streitet er mit dem letzten Atem, den er noch besitzt, gegen Jesus. Ein Christus, der sich ins Sterben am Kreuz ergab, reizt ihn zum Widerspruch. Hat Jesus recht, dann ist sein ganzes Leben und Kämpfen Sünde gewesen, dann stirbt er als der Schuldige. Das trifft ihn noch tiefer als der Hohn und die Qualen des Kreuzes. Dem Hohn antwortet er mit Verachtung; er wird seinen Quälern zeigen, dass ein jüdischer Bandit zu sterben weiß, und keine Qual wird ihn weich machen. Aber neben einem Christus zu sterben, der ohne Widerstand leidet und dennoch bei seinem Christusnamen bleibt, das verneint und richtet alles, was in ihm ist. Dagegen bäumt er sich mit letzter Kraft auf und schreit ihm zu: Steig herab, hilf dir und uns! Jesus hatte gebetet: „Sie wissen nicht, was sie tun.“ Dieses Gebet galt auch dem Schrei des Trotzes, der nichts anderes als Verzweiflung war. Jesus antwortete ihm nicht mit einem scheltenden Wort.

Sende mir Deines Geistes Licht, dass mir Dein Dulden und Leiden nicht zum Anstoß sei. Unser Herz ist bald trotzig und bald verzagt und kann sich vor dem Schwanken nicht schützen, wenn du nicht unser Fels und Teil geworden bist. Dann aber können wir sagen: mein Leib und meine Seele verschmachten; dennoch bleibe ich stets bei Dir. Dann erkennen wir in Deinem Dulden Deine Herrlichkeit. Amen.

23. März

Wie Mose in der Wüste eine Schlange erhöht hat, also wird des Menschen Sohn erhöht wer-den, auf dass alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.
Johannes 3,14+15

Im Gespräch Jesu mit Nikodemus, dem frommen Lehrer Jerusalems, stellte es sich deutlich heraus, dass das, was Jesus sagte, Nikodemus unglaublich blieb. Was hilft aber das Reden, wenn es nicht Glauben erzeugt? Wenn die Rede die Festigkeit des Zeugnisses hat als das Wort dessen, der selber sah, verpflichtet sie freilich zum Glauben; aber damit ist noch nicht gesichert, dass der Glaube wirk-lich entsteht, da es keine Verpflichtung gibt, der wir uns nicht zu entziehen vermögen. Auch das Wort des Zeugen kann abgewiesen werden und dann fällt es dahin. Darum war es für Jesus das dringende Anliegen, wie er es dazu bringe, dass sein Wort Glauben bewirke. Als Israel in der Wüste von Schlangen angegriffen ward, da hängte Mose eine eherne Schlange an einem Pfahl auf und hieß das Volk zu ihr emporschauen und das rettete die Verwundeten. Mit diesem Schriftwort sagte Jesus Nikodemus, wie er es dazu bringen werde, dass sein Wort Glauben finde. Jesus wird erhöht werden und dann, wenn er, wie einst die Schlange, allen sichtbar am Pfahl hängt, zieht er den Blick aller auf sich, auch höhnende Blicke in Menge, von Flüchen begleitet, doch nicht nur solche, sondern auch den Glaubensblick, der in der Seele des Sehenden die Ergriffenheit legt, die seine Gnade schmeckt, und die Gewissheit, die seinem Vergeben traut, und die Überzeugtheit, die seinem Bekenntnis ant-wortet: Ja, du bist Gottes Sohn. Gerade dadurch wird er sich die Glaubenden bereiten, dass er nicht nur sagt, sondern tut, was unglaublich ist und scheinbar den Glauben völlig unmöglich macht und jede Erwartung begräbt. Gerade dann, wenn die Jünger sagen: „Wir meinten, er werde Israel erlö-sen“, ist ihnen der Glaube nah, wenn das Kreuz im Licht des Ostertages hell geworden ist. Die Zu-versicht Jesu hat sich erfüllt. Seine Geschichte ist nicht in die Vergangenheit versunken, weil sie Passionsgeschichte war, sondern deshalb ist sie das Evangelium geworden, Gottes Botschaft, die durch alle Völker geht, und seine Jünger wurden nicht ohnmächtig, weil sie die Jünger eines Ge-kreuzigten waren, vielmehr schufen sie eben deshalb, weil ihr Wort nichts anderes sein konnte als das Wort vom Kreuz, die Kirche; denn so schufen sie Glauben. Wenn ich mich besinne, warum wir heute mit Jesus verbunden sind, so kann ich keine andere Antwort finden als die, die Jesus Nikode-mus gegeben hat: weil er das Kreuz getragen hat. Wenn wir hier Gott nicht mehr spüren können, wäre er für uns nur noch der verborgene Gott.

Gott und Vater Jesu Christi, Dir will ich glauben und Dir danken. Du hast das große Zeichen Deiner Gottheit unter uns aufgerichtet, als Du Deinen Sohn zu dem gemacht hast, den die Welt ge-kreuzigt hat. Hier bist Du uns nahe und offenbarst Deinen ganzen Willen. Hier schenkst Du uns die Buße, hier schenkst Du uns den Glauben, hier wirst Du unser Gott. Amen.

24. März

Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?
Psalm 22,2

Auch die Verlassenheit von Gott wird zur Offenbarung Gottes. Darin zeigt er uns seine Herrlichkeit und vollendet seine Gemeinschaft mit uns. Der Psalmist macht uns die Verlassenheit von Gott in ihrer ganzen grauenvollen Tiefe erkennbar. Er lässt keiner Hoffnung mehr Raum. Über jene Zustän-de, in der ein Mensch fürchtet, Gott könnte ihn verlassen, und deshalb bittet: Verlass mich nicht, ist der Psalm gänzlich hinausgehoben. Es ist zur unzweifelhaften Tatsache geworden, dass Gott seine Hand abzog, seine Hilfe versagte und seine Gegenwart wegnahm. Damit, dass Gott ihn verlassen hat, ist ihm der Boden unter den Füßen verschwunden und alle Bedingungen des Lebens sind zer-schnitten. Es gibt keine Hand mehr, die helfen könnte. Von Seiten der Menschen ist nichts zu erwar-ten, nicht als der Spott über den, den Gott preisgegeben hat. Und nun tritt das Wunder ein: in der Verlassenheit von Gott vollendet sich Gottes Gemeinschaft mit ihm, auf Gottes Seite, weil er die Verlassenheit in die Erhöhung verwandelt, die den von ihm Verlassenen verklärt, auf der Seite des Beters, weil er, obgleich er von Gott verlassen ist, zu ihm ruft. Sein Blick geht unverwandt zu dem, der sich verborgen hat, und sein Herz kann sich von dem nicht lösen, der heilig ist, dem die Väter trauten und von dem sie die Hilfe empfingen, weil sie ihm trauten, der einst auch sein Gott gewesen ist und es auch jetzt noch ist. Denn es gibt keinen Gott als ihn allein, der ihn jetzt verlassen hat. Warum ist das Gottes Weise? Ist es die Weise des Zornes? Nein. Der Heilige wird hier offenbar, nicht der Zürnende, der Leben Gebende, nicht der Verderbende. Wer ehrt ihn aber, der, der ihn in der Fülle seine Gaben preist, oder der, der in der Verlassenheit zu ihm ruft? „Gott um Gottes wil-len“, das steht über jedem Verkehr Gottes mit uns und über allem, was uns in die Gemeinschaft mit ihm einführt. Er gibt sie mir nicht um meinetwillen, damit ich geborgen und selig sei, sondern um seinetwillen, damit er in voller Wahrheit allein der sei, den wir ehren. Wie schwer wird es uns aber, auch aus unserem Christenstand die eigensüchtige Verderbnis auszutreiben! Deshalb gehört die Gottverlassenheit zur Offenbarung Gottes und darum steht dieser Psalm in der Schrift, und er stand nicht nur in der Schrift, sondern auch in der Seele Jesu, als er das Kreuz ergriff.

Reinige mich, damit ich wirklich Dir glaube. Gepriesen bist Du, Lamm Gottes, das auf das Feuer des Altars gelegt wurde, weil es Gottes Eigentum war. Du bist der Versöhner auch für unser mit Eigensucht beflecktes Christentum. Amen.

25. März

In der Welt habt ihr Angst; aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden.
Johannes 16,33

Die Welt, sagt Jesus seinen Jüngern, ist gegen euch; sie unterstützt euch nicht, sondern drängt euch in die Ecke und leistet euch entschlossen Widerstand. Daran haben die Jünger damals, als Jesus es ihnen vor seinem Abschied sagte, nicht gezweifelt. Sie erlebten damals, dass sich alle gegen Jesus verbündeten, die Priester und die Lehrer, die Frommen und das Volk, die Juden und die Römer; mit einem Wort, „die Welt“ war gegen ihn. Damals war dies buchstäblich wahr. Wie steht es aber heute? Gibt es nicht christliche Völker? Sind sie auch der kleinere Teil der Menschheit, so sind sie doch der regsamere und mächtigere Teil derselben. Ist es nun nicht mehr richtig, dass die Welt denen wider-stehe, die sich zu Jesus halten? Gilt dies heute nur von einem Teil der Welt, etwa von der heidni-schen Welt? Die Erfahrung der Christenheit lehrt aber, dass Jesus nicht nur damals recht hatte, son-dern recht hat und recht behalten wird bis zum jüngsten Tag. Auch in unseren christlichen Völkern besteht ein schroffer Gegensatz zwischen dem, was Jesus ist und dem, was wir Menschen sind, zwi-schen dem, was Jesus über Gott sagt, und dem, was wir über Gott sagen, zwischen dem, was Jesus gebietet, und dem, was wir für uns wünschen und für richtig halten. Zwischen diesen beiden Wegen gibt es keinen Ausgleich und darum bleib das Wort Jesu immer wahr: Keiner sieht euch gern, ihr seid alle unbequem; darum bemüht sich jedermann, dass ihr nichts erreicht. Was wollen wir tun? Wollen wir Frieden schließen und die Waffen niederlegen und zu den anderen sagen: ihr habt recht, Auferstehung gibt es nicht; der Mensch stirbt, und Geist Gottes gibt es nicht; denn das seelische Leben verläuft einzig nach seiner natürlichen Gesetzmäßigkeit, und von der Liebe reden nur die Toren; wer vorankommen will, muss seine Fäuste gebrauchen? Jesus sagt uns aber: habt keine Angst. Haben wir denn die Macht, die Welt zu überwinden? Das wäre wahnsinnige Selbstverblen-dung. Aber Jesus sagt: Ich habe die Welt überwunden und habe alle ihre Einreden zunichte gemacht und alle ihre Angriffe abgeschlagen. Auch wenn es nicht nur menschliche Waffen waren, mit denen sie focht, sondern die satanische Macht sie in Bewegung brachte, blieb ich unerschüttert, Gott treu bis zum Kreuz, Gott gewiss in der Gottverlassenheit, Gott zum Dienst ergeben, auch als er seinen Sohn nicht schonte. Ich bin Sieger und das genügt für euch. Nun steht fest und bleibt in Mir.

Herr, mach uns Deines Sieges froh. Du bist der Unüberwindliche. Du warfst es in deiner irdischen Gestalt und bist es jetzt in deiner himmlischen Herrlichkeit und wirst es in deiner neuen Offenba-rung sein. Lass es uns schauen, dass die Welt nichts gegen uns vermag, weil Du Dich zu uns hältst und das Lichtlein unseres Glaubens mit Deinen schützenden Händen deckst. Amen.

28. März

Als Jesus herzukam, sah er die Stadt an und weinte über sie.
Lukas 19,41

Die Jünger jubeln und Jesus weint und beides vereint bringt das zum Ausdruck, was in jener Stunde geschah. Die Jünger jubeln; denn Jesu königliche Sendung wird jetzt Jerusalem offenbart und dies ist der Anfang des Heils. Allein Jerusalem verschließt sich seinem Herrn. So wird aus seinem Ein-zug sein Gang zum Kreuz. Nicht ihm bringt es den Untergang; denn in seiner Seele lebt in wunder-barer Kraft als ein Geschenk seines himmlischen Vaters die Gewissheit: Ich bin die Auferstehung und das Leben. Dagegen fällt Jerusalem und das legt in die Freude des Tags das tiefe Weh und Jesus hat es dadurch ans Licht gestellt, dass er im Anblick der Stadt und des Tempels zu weinen begann. Dadurch wurde aber die Gemeinschaft zwischen Jesus und seinen Jüngern nicht gestört. Die Jünger lobten nicht sich und Jesus beweinte nicht sich. Die Jünger feiern, weil das Heil sich Jerusalem naht, und Jesus weint wegen des bitteren Sterbens, das über Jerusalem kommt. Darin waren Jesus und seine Jünger miteinander eins. Von Jesus her ist Freude und Leid in untrennbarer Verbundenheit des Erbe der Christenheit; denn sie sieht sowohl das Werk Gottes als das des Menschen und ihre Liebe verbindet sie mit dem Vater und mit den Brüdern. Wenn wir nur die Menschen kennten, wä-ren uns nur die Tränen beschert; wenn wir nur Gottes Werk betrachten dürften, wäre uns nur Freude geschenkt. Wir können und dürfen aber weder Gott noch den Menschen vergessen. Wenn mich der menschliche Jammer in seiner schwarzen Tiefe betrübt, so darf ich mir nicht verhehlen, dass auch über dieser Tiefe der Geist schwebt und über der Erde der Himmel steht, in dem man Gott lobt. Und wenn mir die Sonne der Gnade in hellem Glanz leuchtet und das Herz festlich weitet, so dass unser Mund voll Rühmens und unsere Zunge voll Lachens wird, so dürfen wir die Vielen nicht vergessen, die noch im Gefängnis sind ohne Licht, ohne Hilfe, ohne Hoffnung, weil ohne Gott. Denn sie sind Fleisch von unserem Fleisch. Darum übt die über die Erde wandernde Christenschar beides, was beim Einzug in Jerusalem geschah, das Loben und das Weinen, das Loben, weil sie Gottes ist, das Weinen, weil sie zur Menschheit gehört.

Wonne und Leid, Jubel und Tränen, schenke mir beides und heilige beides. Den Schmerz heilige, dass er nicht ungläubig wird; die Freude heilige, dass sie nicht eigensüchtig wird und die Brüder vergisst. Weite das enge Herz, dass es Raum für alles hat, was Dein Wort uns gibt. Amen.

29. März

Nun ist des Menschen Sohn verklärt und Gott ist verklärt in ihm.
Johannes 13,31

Damals war Gott verklärt, als Judas vom Mahl des Herrn wegging und sich zu den Priestern begab und ihnen sagte: Er weiß alles, weiß, dass ich ihn verraten habe, worauf sie erklärten: jetzt muss gleich gehandelt werden; sonst sind wir nicht sicher, dass er uns nicht entrinnt. Damit, dass Jesus zu Judas sagte: was du tust, das tue gleich, begann er seinen Gang in den Tod. Darum ist Jesus jetzt verklärt und Gott in Ihm verklärt, weil jetzt durch Ihn Gottes Größe, Ruhm und Herrlichkeit sicht-bar geworden sind. Jesus hätte nicht nach dem Kreuz begehrt, wenn er nicht durch sein Kreuz die Verherrlichung Gottes erreicht hätte. Der Sohn hat den Vater lieb und geht deshalb ans Kreuz, weil er dadurch Gott verherrlicht, und der Vater hat den Sohn lieb und sendet ihn deshalb ans Kreuz, weil er den Sohn dadurch verherrlicht. Wieso wurde der Glanz der Herrlichkeit Gottes in jener Stunde offenbar? Muss ich noch fragen? Siehe ich nicht, dass hier, nur hier, hier aber auch vollstän-dig Gott als Gott behandelt wird? Hier wird Gott seine ganze Ehre gegeben. Als Jesus das Kreuz aus Gottes Hand nahm, wurde wie niemals sonst in Wahrheit gesagt: dein Wille geschehe, du allein sollst es sein. Ohne Murren und Widerstreben, nicht nur mit Worten, sondern mit der Tat wurde hier bezeugt: du bist gerecht, wenn du richtest, und mit ebenso unbedingter Gewissheit wird zur Tat ge-macht: du bist der, der vergibt. Wann wurde Gott wirklich zugestanden, dass ihm alle Dinge mög-lich sind? Damals, als Jesus aus sich den Sterbenden machte. Damals hat er sich zu Gott bekannt als zu dem, der den Toten ruft, damit er lebe. Es gibt keinen Gottesdienst, der Gott völliger und herrli-cher gepriesen hätte als jene Stunde, in der Jesus zu seinen Jüngern sagte: „Der Fürst dieser Welt kommt. Steht auf, lasst uns gehen.“ Wer aber Gott verklärt, ist selbst verklärt. Für den Menschen-sohn gibt es keine andere Größe, Ehre und Erhabenheit als die, dass Gott durch ihn verherrlicht werde, und weil Jesus dies mit seinem kreuz gewann, sprach er: Mein Kreuz ist meine Herrlichkeit.

Du, Herr Jesus, bist anders als wir und so muss es sein. Du darfst nicht unserem dunklen Herzen gleichen. Du sprichst von Herrlichkeit, wo wir von Verderben reden und freust dich am Sieg, wo es uns scheint, deine Sache sei verloren. Darum dankt Dir Deine Schar, weil Du anders bist als wir und das tust, was wir nicht können, Gott wahrhaft ehren. Weil Du den Vater verherrlicht hast mit Deinem Blut, bist Du der Heiland der Welt. Amen.

30. März

Da sie aber aßen, nahm Jesus das Brot, dankte und brach es und gab es seinen Jüngern und sprach: „Nehmet, esset; das ist mein Leib.“ Und er nahm den Kelch und dankte, gab ihnen den und sprach: „Trinkt alle daraus. Das ist mein Blut des neuen Testaments, welches vergos-sen wird für viele zur Vergebung der Sünden.“
Matthäus 26,26–28

Die Jünger sagten: Der Tod trennt ihn von uns. Jesus sagte: Ich bleibe wirksam in euch; mein Leib ist das Brot, das euch nährt. Die Jünger sagten: Der Tod zerstört seinen Leib. Jesus sagte: der Tod macht aus meinem Leib eure Speise. Die Jünger sagen: Am Kreuz wird sein Blut verschüttet. Jesus sagte: Am Kreuz wird mein Blut zum belebenden Trank für euch. Die Jünger sagten: Seine Kreuzi-gung ist die schwerste Schuld. Jesus sagte: Mein Kreuz bringt euch die Vergebung der Sünden. Die Jünger sagten: Jetzt wird uns unser Herr geraubt. Jesus sagte: Mein Tod stellt euch in den neuen Bund. Er sprach aber nicht nur, er handelte und gab ihnen seinen Leib und sein Blut. Sein Abschied von ihnen geschah so, dass er sie begnadete und begabte. Alles gab er ihnen, was er hatte, sein ei-genstes Eigentum, seinen Leib und sein Blut, sich selbst. Er gab es Gott und darum gab er es auch seinen Jüngern. Dadurch hat Jesus die Christenheit mit seinem Tisch beschenkt, an dem er sie be-gnadete. Er gab seinen Leib und sein Blut seinen Jüngern, weil sie seine Boten waren; was ihnen gegeben war, war allen gegeben. Der Leib und das Blut Jesu sind der gemeinsame Besitz der Chri-stenheit. Er sammelt sich um seinen Tisch, ob der Kreis der Versammelten klein oder groß sei, im-mer ein Teil der einen Christenheit. Das Abschiedsmahl Jesu war ein festliches Mahl; denn Jesus schloss seine Gemeinschaft mit den Jüngern mit der Danksagung. An dieser Danksagung hat die ganze Christenheit Anteil. Sie vereint sich am Tisch Jesu nicht zur Beweinung ihrer Schuld oder zur Erweckung einer Sehnsucht, sondern zum Danken, damit sie nicht vergesse, dass alles, was sie be-sitzt, ihr von Jesus durch seinen Tod erworben ist. Sie sieht im Licht des Kreuzes ihre gemeinsame Schuld und sieht, dass sie ihr vergeben ist. Sie schaut ihren unsichtbaren Herrn an seinem Tisch und sieht, dass er ihr seine Gemeinschaft für immer gegeben hat. Darum wird sie am Brot und Wein Jesu froh und feiert die göttliche Gnade.

Du hast, o Jesus, Deinen Leib und Dein Blut Gott dargegeben; darum sind sie unsere Speise. Du hast sie für Gott geheiligt; darum heiligen sie uns. Du hast Gott durch sie verherrlicht. Darum bringen sie uns die Vergebung der Sünden und Deinen Frieden. Gib mir und Deiner ganzen Chri-stenheit, dass wir Dir mit ganzem Glauben und ganzem Gehorsam Dank sagen. Amen.

31. März

Jesus ging hin ein wenig, fiel nieder auf sein Angesicht und betete und sprach: „Mein Vater, ist es möglich, so gehe dieser Kelch von mir. Doch nicht wie ich will, sondern wie Du willst.“
Matthäus 26,39

„Ich habe den Vater verklärt“, sagte Jesus, als er Judas zum Hohenpriester geschickt hatte. Er trat seinen Gang ans Kreuz nicht mit Seufzen, sondern mit der vollendeten Freude dessen an, der dem Vater gehorsam dient. Das verlangte aber von ihm, dass er wahrhaftig blieb. Mit sehenden Augen ging er in den Tod, nicht mit den verträumten Blicken eines Schwärmenden. Er ermisst, was er sa-gen will, auf diese Weise den Vater zu verklären. Nun wird er zum Ärgernis, zum Fluch und zum Stein des Anstoßes, an dem auch die Jünger fallen. Sie werden alle sagen: Du lästerst Gott, wenn er sich jetzt zu seiner Sohnschaft Gottes und zu seinem königlichen Recht bekennt. Der Druck, den er auf sich nahm, war unergründlich schwer. Den Kelch, den der Vater ihm jetzt reicht, hatte er bisher noch nicht getrunken, obwohl er unverwandt auf das Kreuz hinsah und nie etwas anderes tat als das, was er in seinem Gleichnis den Sohn tun ließ, der zu den empörten Weingärtnern tritt und damit in das Sterben geht. Er unterschied aber zwischen dem, was innerlich in seiner Seele vor sich ging, und dem, was er jetzt mit seiner Verhaftung auf sich nahm. Auch jenes war ein Leiden; denn er weinte um Jerusalem; aber es war ein Leiden, das er in der Stille vor dem Vater trug und überwand. Jetzt erst kommt der bittere Kelch zu ihm herzu; denn jetzt wird das Gedachte wirklich und das In-wendige sichtbar. Das gibt nicht nur allen anderen an seinem Leiden teil, sondern beruft auch ihn zu einem neuen Entschluss und darum auch zu einem neuen Gebet. Dass er sich jetzt gefesselt zu Got-tes Allmacht bekennen und als Gekreuzigter sagen muss: ich bin der Herr, und als der Sterbende zu bezeugen hat: Ich bin das Leben, das ging in erhabener Neuheit über alles hinaus, was bisher sein Beruf gewesen war. Er bedarf dazu der Gewissheit, die ihm sagt, dass er mit dem, was er jetzt tut, den Willen des Vaters vollbringt. Nur auf den Vater ist sein Blick gerichtet; alle anderen, Welt und Teufel, verschwinden ganz. Er gibt Gott dadurch die Ehre, dass er sein Kreuz aus Gottes Händen nimmt. Er bespricht sich mit dem Vater nicht über den Zweck seines Leidens und sieht nicht hinaus auf das, was aus ihm entstehen wird. Der Gehorsam fragt nicht: warum tust du dies? Nur das Eine muss er wissen, dass es Gottes Wille ist, und dies erfährt er durch das Gebet. So hat uns Jesus durch das, was er in Gethsemane tat, die Herrlichkeit des Kreuzes vollständig enthüllt. Gehorsam war das, was hier geschah, und der Gehorsam Jesu gibt seinem Kreuz seine Herrlichkeit.

Weil Du in der Herrlichkeit des vollendeten Gehorsams vor mir stehst, glaube ich Dir, Herr Jesus Christ, dass Du mir meine Sünden vergibst, glaube ich Dir, dass Du Gottes gnädigen Willen an mir tust, glaube ich Dir, dass Du uns alle zu Gottes herrlichem Ziel hinaufträgst. Es gibt für mich kei-nen anderen Platz bei Gott als bei Dir, der Du gehorsam warst am Kreuz. Amen.

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