Müller, Heinrich - Von der Frucht göttlichen Worts.

Müller, Heinrich - Von der Frucht göttlichen Worts.

Große Ausgabe, kleine Ginnahme.

Wie klagt der Ackersmann, wenn er viel Korn ins Land wirst, und bekommt hernach eine schlechte Erndte! Ach, spricht er, die Ausgabe war größer, als die Einnahme ist, daß Gott erbarm! Wenn bei kümmerlicher Nahrung und schlechtem Gewinn viel Ausgebens ist, wie kläglich thust du! Was dünkt dich? Sollte denn wohl dein Gott nicht sattsame Ursach haben, über dich zu klagen, der du jährlich so viel hundert Predigten hörst, und dich so wenig daraus im Leben besserst? Bei so hellem Licht in egyptischer Finsterniß wandeln, ach! wie kanns Gott gefallen? Vergeblich empfängt das Land den Saamen, welchen es nicht wieder hervorbringt mit Früchten; vergeblich hörst du das Wort Gottes, wenns dich läßt wie du warst, und nichts Heilsames in dir wirkt, wenn du es nicht annimmst im Glauben zum Trost, und im Leben zur Besserung. Fürwahr, es ist keine geringe Langmuth Gottes, daß er sein Wort so reichlich unter uns wohnen läßt, da wirs doch so schändlich verachten, und weniger davon halten als nichts. Wo ist ein Landmann so geduldig, der, wenn er zwei oder drei Jahr seinen Acker besäete, und brächte ihm keine Frucht, dennoch weiter ihm seinen Saamen vertrauen sollte? Und Gott hört nicht auf, dir, so lange du lebst, sein Wort nachzutragen, ob du gleich nie kein Früchtlein trägst, ja, im Leben immer ärger wirst, als du vorhin warst. Ohne Zweifel bewegt ihn zu solcher Langmuth die Fürbitte Jesu Christi. Was dieselbe vermöge, wird uns beim Lucas in einem Bilde des Feigenbaums gezeigt: Denn da der Hausvater auf demselben keine Frucht fand, sprach er zum Weingärtner: Siehe, ich bin nun drei Jahr lang alle Jahr kommen, und habe Früchte gesucht auf diesem Feigenbaum, und finde sie nicht; hau ihn ab, was hindert er dies Land? Der Weingärtner aber antwortete und sprach: Herr, laß ihn doch dies Jahr, bis daß ich um ihn grabe, und bedünge ihn, ob er wollte Frucht bringen; wo nicht, so hau ihn darnach ab. Da siehst du, wie Gott von eigner Güte getrieben, Geduld übe, und auf der Christen Bekehrung warte; wenn aber die Noth zu strafen zwingen will, so siehst du auch hier, was die Fürbitte Jesu Christi thue. Glaub auch mir, daß noch hin und wieder treue Seelsorger sind, die Nacht und Tag auf ihren Knieen liegen, vor ihrem Gott ängstiglich thun und seufzen: Ach Herr, laß doch diesen Menschen nur ein Jahr ungestraft, ich will mirs sauer werden lassen, und nicht aufhören, ihn mit Thränen zu vermahnen, vielleicht läßt er sich gewinnen, und trägt Frucht. Solch Gebet seines Dieners sieht der fromme Gott in Gnaden an, und steckt das Schwerdt in die Scheide, das schon gezuckt war, ob sich der Sünder noch bekehren wollte. Er will doch lieber schonen, als strafen, weil er die Güte selbst ist. Selige Städte, selige Länder, die solche Hirten haben; aber hüte dich, mein Christ, daß du die göttliche Langmuth nicht auf Muthwillen ziehest. Weißt du nicht, daß dich Gottes Güte und Langmuth zur Buße leitet? Röm. 2, 4. Wir ermahnen dich als Mithelfer, daß du die Gnade Gottes nicht vergeblich empfängst. 2. Cor. 6, 1. Jetzt ist die angenehme Zeit, jetzt ist der Tag des Heils. Gott haut doch zuletzt den Baum ab, der nicht fruchten will; er wird des Erbarmens endlich müde. Drum fruchte bei Zeiten. Gott gebe, daß wir erfüllt werden mit Früchten der Gerechtigkeit, die durch Jesum Christum geschehen in uns zur Ehre und Lobe Gottes. Phil. 1.

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