Müller, Heinrich - Von der Christen Rede.

Müller, Heinrich - Von der Christen Rede.

Ja, ja. Nein, nein. Matth. 5, 37.

Soll der Christen Rede sein. Lieber, weißt du was? Ja, ja, nein, nein dienen zwei Herren, Gott und dem Teufel, der Wahrheit und der Lüge, der Demuth und der Hoffart. Unter ja, ja, nein, nein wird oft Lüge für Wahrheit verkauft. Frage ich den Pharisäer: bist du ein Sünder? Nein, sagt er. Ich danke dir Gott, daß ich nicht bin wie andere Leute, auch nicht wie dieser Zöllner. Frag ich abermal: Bist du denn ein großer Heiliger? Ja, sagt er: Ich faste zweimal in der Woche, und gebe den Zehnten von allem das ich habe. Heißt das nicht Lüge für Wahrheit? Unter ja und nein verbirgt sich mancher Schalk, wer kann den Leuten ins Herz sehen? Wenig Worte, ist gut, beim Ueberfluß der Worte ist gemeiniglich ein Ueberfluß der Sünden. Aber die Kürze im Reden muß zwei Geleitsleute haben, Wahrheit und Demuth. Laß ja ein ja, und nicht ein nein; laß nein ein nein, und nicht ein ja sein. Nichts schmückt einen Christen mehr als Wahrheit und Treue. Wahrheit ist Gottes Bild im Menschen, je näher der Wahrheit, je näher Gott. Ach wie tückisch handelt die Welt; wie oft schwängert sie ihre Worte mit güldenen Bergen, und ist kaum ein Sandkörnlein dahinter. Nein denkt das Herz, wenn der Mund ja sagt. Trau ihr nicht, sie trügt nur. Wie kann sie wahr reden, die den Geist der Wahrheit nicht hat? Geht auch Süßigkeit aus dem bittern Meer, oder reines Wasser aus trüber Quelle? Ihre Zunge ist ein Glöcklein, wird regiert vom Lügengeist. Wahrheit geht über Gold, ist auch viel rarer als Gold, darum kauf die Wahrheit und verkauf sie nicht. Spr. Sal. 23, 23. Laß aber bei der Wahrheit Demuth sein. Demuth spricht nicht schlecht ja, auch nicht schlecht nein, sondern knüpft nein in ja, und ja in nein. Fragst du Paulus: lieber Paulus, hast du nicht mehr gearbeitet, und mit deiner Arbeit mehr Frucht geschafft in der Kirche Christi, als alle andern Apostel? Ja, sagt er, was Gottes ist, muß man nicht verleugnen. Ich hab mehr gearbeitet, als sie alle. Doch nein, nicht ich, sondern die Gnade Gottes in mir. 1. Cor. 15, 9. 1O. Die Wahrheit sagt ja, die Demuth setzt das nein dazu. Fragst du abermals: Paulus, bist du nicht untreu in deinem Amt gewesen? Nein sagt er, das Gewissen ist die Richtschnur der Wahrheit, ich bin mir nichts bewußt. Doch ja, ich will mich nicht rechtfertigen. 1. Cor. 4, 4. Gott kennt mich besser als ich weiß, was er an mir findet. So verbessert Demuth das nein durchs ja, und das ja durchs nein. Ich will in meiner Rede lieben Kürze, Wahrheit, Demuth. So treff ichs recht.

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