Müller, Heinrich - Von der Beichte und Buße.

Müller, Heinrich - Von der Beichte und Buße.

Luc. 18.

Kunst und Brunst.

Wo findet mans zusammen? Beim armen Zöllner. Fünf kunststücklein lerne ich von ihm. Kurz ist sein Bußseufzerlein, aber wer kanns ihm von Herzen ohne viel Thränen nachsprechen? Gott sei mir Sünder gnädig; ein Kunststücklein ists, daß er Gott und den Sünder vereinigt. Du entfernst dich von Gott durch die Sünde, trittst wieder nah zu ihm durch die Buße. Magst du auch Feuer und Stroh bei einander legen, daß das Stroh nicht anbrenne? Ist nicht Gott ein verzehrend Feuer in seinem Zorn? Sind nicht die Sünder wie die Stoppeln? Aber das thut der Glaube. Der weiß, daß Gott nirgend lieber ist, als beim Sünder, wie der Arzt nirgend lieber ist, als beim Kranken.

Noch ein Kunststücklein ist, daß er Sünde und Gnade vereinigt, die doch mit einander streiten als Feuer und Wasser. Wie reimt sich Gnade und Sünde? Auf Sünde gehört nicht Gnade, sondern Ungnade und Zorn. Was sagt Moses dazu? Aber der Glaube gründet sich auf die Trostsprüchlein göttlichen Worts, darin den bußfertigen Sündern Gnade angekündigt wird. Hesek. 33. Matth. 11. Er macht die Zueignung auf sich und spricht: Die Gnade, die allen bußfertigen Sündern zugesagt ist, wird auch mir bußfertigem Sünder nicht abgesagt werden.

Das dritte Kunststücklein ist, daß er die Gnade zur Mittlerin erwählt zwischen Gott und sich; Gott sei mir Sünder gnädig, Gott hie, der Sünder da, die Gnade in der Mitte. Gott hat das Schwert gezückt, der Sünder den Rücken geblößt, die Gnade fällt Gott in die Arme und hällt das Schwert. Gott zürnet, der Sünder weinet, die Gnade stillet und tröstet. Laß ja deine Werke nicht ins Mittel treten zwischen Gott und dir, denn mit deinen Werken verdienst du den Tod. In dir findest du nichts, was mitteln könne; darum verzage nur gänzlich an dir und hänge dich lauterlich an die Barmherzigkeit Gottes.

Das vierte Kunststücklein ist, daß er die Gnade Gottes allein in Christo sucht. Sei gnädig, sagt er, das ist, um des Messias willen, welchen du hast vorgestellt zu einem Gnadenstuhl durch den Glauben in seinem Blut, vergieb mir meine Sünde. Kein Heiliger kann dir Gnade erwerben. In Jesu allein ruhet die Gnade Gottes. Jesum ergreifen, Gottes Gnade mit ergreifen. Ach, wenn du Jesu Wunden deinem Gott zeigst, so blutet ihm sein Herz, er muß dir gnädig sein. Darum an Jesum halte dich. Ist in dir Sünde, bei ihm ist die Gerechtigkeit. In dir der Fluch, bei ihm der Segen. In dir der Tod und die Verdammniß, bei ihm das Leben und die Seligkeit. Er kann mehr zahlen als du schuldig bist. Ein Tröpflein seines heiligen Blutes ist kräftig genug, deine und aller Welt Sünde auszutilgen.

Das letzte und beste Kunststücklein ist, daß er Beichte und Absolution in ein Seufzerlein fasset. Die Beichte ist, mir Sünder, oder ich armer Sünder. Die Absolution: Gott sei mir gnädig, oder wirst gnädig sein. Rund gebeichtet, rund absolvirt. Ich spreche: Ich bin ein armer Sünder. Was will Gott mit mir machen? Verstoßen kann er mich nicht, seine Barmherzigkeit leidets nicht, noch viel weniger sein Eid; hat er doch geschworen, so wahr als ich lebe, ich habe keinen Gefallen am Tode des Gottlosen, sondern daß sich der Gottlose bekehre und lebe. Ezech. 33, 11. Gott muß mir antworten: Ich bin dir gnädig. Ach ja. Auf Erden geht Recht vor Gnade. Im Himmel geht Gnade vor Recht.. Es ist noch immer Gnade bei Gott für einen armen Sünder. Gott selbst läuft dem Sünder nach, bietet ihm seine Gnade an lockt und ruft: Kehre wieder, du abtrünniges Israel, so will ich mein Antlitz nicht gegen euch verstellen, denn ich bin barmherzig und will nicht ewiglich zürnen. Jer. 3, 12. Darauf wage ichs, kehr mit dem verlornen Sohn wieder zurück, und spreche: Vater, ich habe gesündigt im Himmel und vor dir, und bin nicht werth, daß ich dein Sohn heiße, nimm mich wieder zu Gnaden. Luc. 15, 18. 19. Gott wirds thun, das weiß ich.

Quelle: Müller, Heinrich - Geistliche Erquickstunden

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