Müller, Heinrich - Von der Art des Glaubens und der Liebe.

Müller, Heinrich - Von der Art des Glaubens und der Liebe.

Immer ruhig. Nimmer ruhig.

So heißen Mutter und Tochter. Jene der Glaube, diese die Liebe. Der Glaub ist Gottes Schoßkindlein, ruht fein sanft in Gott, wie das Kind im Schoß der Mutter; er ist die Maria, die sich bei Jesu Füßen still niederläßt, und in seinem Wort erlustigt; der Jünger, der an Jesu Brüsten ruht, und die Milch seines süßen Trostes begierig eintrlnkt. Wie die Taube in den Steinklüften, das Wild in der Höhle, das Hühnlein unter den Fittigen seiner Glucke, so nimmt der Glaube seine Ruhe in den Wunden Jesu, da muß ihn Sünde, Tod und Teufel wohl unbeunruhigt lassen. Was will den betrüben, den Jesus liebt? Nach der Mutter pflegt man die Tochter zu nennen. Aber hier gehts anders. Die Liebe heißt nimmer ruhig. Sie ist die geschäftige Martha, hat beide Hände voll; ihre Liebe ist dem Nächsten zu dienen mit Gut und Blut, mit Leib und Leben. Sie wartet nicht, bis man ihres Dienstes begehrt, sondern dringt und nöthigt sich allenthalben zu, wird traurig, wenn man sie mit ihrem guten Herzen verschmäht, und ihr nicht genug zu thun schaffen will; lacht und ist fröhlich, wenn Viele auf einmal an ihre Thür anklopfen; sie wird nimmer müd, ist Tag und Nacht bereit, hilft gern, dankt noch dazu, daß man ihrer Hilfe braucht. So thut ihr Gott, so thut sie dem Nächsten wieder. Darum magst du wohl sagen, daß die Liebe ein Gott auf Erden sei. So ungleich sind Mutter und Kind. Die Mutter ist arm, nimmt immer, die Tochter ist reich, gibt immer; die Mutter ist so hoffärtig daß ihr Gott und Engel aufwarten müssen, die Tochter ist so demüthig, daß sie sich auch den Geringsten unter die Füße wirft; die Mutter sucht nur ihre Ruhe und Sicherheit, die Tochter setzt sich in Unruh und Gefahr Leibes und Lebens; die Mutter muß endlich sterben, die Tochter lebt ewig. Denn die Liebe höret nimmer auf. 1. Cor. 13, 8. Willst du aber die Tochter haben, so halts mit der Mutter. Denn der Glaub ist durch die Liebe thätig. Du, mein Jesu, zünde durch deinen Geist das Lichtlein an, so wirds brennen.

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