Müller, Heinrich - Von dem Verlangen Gottes.

Müller, Heinrich - Von dem Verlangen Gottes.

Reicher als Gott.

Bin ich; (ich rede menschlich) mir fehlt nichts. Ich hab alles. Denn alles ist Gottes, Gott ist mein. Alles ist Gottes, sag ich. Eins aber fehlt ihm. Was? Dein Herz. Mein Sohn, ruft er, gib mir dein Herz. Sprüchw. 23, 26. Nichts ist in der ganzen weiten Welt, dessen Gott bedürftig wäre, oder darnach er ein Verlangen trüge; eins ausgenommen, welches er so sehnlich begehrt, daß er auch nicht unterläßt allen Fleiß anzuwenden, damit ers überkomme. Das einige Ding ist des Menschen Herz, das begehrt er nicht voll, sondern ledig. Denn Gott hat zwar alle Gewalt im Himmel und auf Erden, und kann keine Creatur seinen Willen hindern; hierin leidet er gleichsam Noth und Mangel, daß ihm nicht vergünstiget wird, seine Liebe in dem Herzen auszugießen. Weil er das höchste Gut ist, wollt er sich gern mittheilen im höchsten Grad, und zwar dem Menschen, als seiner edelsten Creatur, die nach seinem Bilde erschaffen. Seine Brüste sind immer, roll, wartet nur auf eine Seele, die Lust habe, sie auszutrinken. Er läuft uns nach mit vollem Horn, trägt seine Gnade hinter uns her, fleht uns, daß wir sie annehmen mögen; fliehen wir voran, er folgt uns. Wollen wir nicht, er trauert und klagt: Jerusalem, Jerusalem, wie oft hab ich deine Kinder versammeln wollen, wie eine Henne ihre Küchlein unter ihre Flügel, aber ihr habt nicht gewollt. Matth. 23, 37. Nehmen wir an, er wird froh, und gießt mit Freuden ein. Ach wenn wir nur wollten, der Himmel und alles wär unser. Er ist viel gierieger zu geben, denn wir zu nehmen. Ists nicht zu betrauern? Der alles hat, und dir alles gibt, muß um dein Herz betteln, und kanns doch nicht los betteln. Mein Gott, ich will dich nicht vergeblich stehen lassen. Dein ist das Herz, und nicht mein. Mein ist der Nutz, und nicht dein. Nimm und schaff damit deinen allerheiligsten Willen. Leer geb ichs dir, voll gibst du es wieder, voll Lichts, voll Freuden, voll Himmels. Ach Gott, verschmäh es nicht!

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