Müller, Heinrich - Von dem seligen Zustand der Kinder Gottes auf Erden

Müller, Heinrich - Von dem seligen Zustand der Kinder Gottes auf Erden

Zwei Himmel auf Erden. Ist's nicht genug?

Es ist nicht so gar wohl geredet, wenn Einer spricht, Gott kann nicht zwei Himmel geben. Die Welt hat ihren Himmel auf Erden der Christ seine Hölle. Hat denn Gott nur einen Segen? Ist denn Gott so arm worden, daß er nicht sowohl seinen Kindern, als den Weltkindern kann Reichthum zuwerfen? Sind denn allein die Weltkinder in Würden und Wollüsten? Nein, Gott ist ein reicher Mann, das wissen wir; der reiche Mann ist unser Vater, das glauben wir; er läßt es seinen Kindern nicht allzeit über gehen, das sehen wir. Ich sage: Die Welt hat nicht einen, der Christ hat zwei Himmel. Wo der Himmel ist, da muß Freude sein. Wann ist ein Weltkind wohl recht fröhlich? Lachen und fröhlich sein ist nicht einerlei: bei Manchem weint das Herz, wenn der Mund voll Lachens ist. Das Herz ist unten geschlossen, oben geöffnet; was nicht aus der Höhe kommt, bringt ihm keine Freude. Ist der volle, niedliche Tisch des Weltmenschen Himmel? Wenn er krank ist, und nicht essen kann, was hat er dann für einen Himmel? Ist Gewalt, Ehr und Herrlichkeit sein Himmel, muß er stets in Furcht leben, daß er aus dem Himmel in die Hölle, aus der Ehre in die Schande mit Haman fallen werde. Die Furcht ist ihm schon Hölle genug. Ist der Goldkasten sein Himmel? Ach, ein schlechter Himmel, der sich der Motten und Diebe nicht erwähren kann. Und wo bleibt sein Himmel, wenn er Alles lassen muß? Ich begehre um des Gottlosen Himmel nicht ein Flitterlein zu geben. Seine Seele ist eine leibhaftige Hölle, darin so mancher Teufel wohnt, als Sünde herrscht. Sein Leib ist nicht viel besser, denn auf jedem Beinlein und Aederlein hat er einen Teufel sitzen, nur daß man's nicht sieht. Fahr wohl mit deinem Himmel. Ich bin mit mehreren und besseren Himmeln versorgt. Einen hab ich, den andern hoff' ich. Hienieden ist mein Herz mein Himmel. Wo Gott mit seiner Gnade wohnt, da muß der Himmel sein. Jes. 57, 15. Geht Gott mit mir ins Grab, so ist das Grab mein Himmel. Fährt er mit mir in die Hölle, so ist die Hölle mein Himmel. Gott aber wohnt durch den Glauben in meinem Herzen. Eph. 3, 17. Ich bin schon sammt Christo in das himmlische Wesen versetzt. Eph. 2, 6. Ich hab einen himmlischen Geist, das Pfand meines Erbes. Ich hab eine himmlische Speise, das Brod des Lebens, das verborgene Manna. Joh. 6, 61. Ich hab himmlische Aufwärter, die heiligen Engel, die mich auf den Händen tragen. Psalm 91, 11. Ich hab eine himmlische Kleidung, bin angethan mit der Sonne der Gerechtigkeit. Ich habe einen himmlischen Bräutigam, Jesum Ich schmecke schon die Kräfte des Himmels und fällt mir ein süß Tröpflein nach dem andern ins Herz. Ich sammle mir täglich Schätze im Himmel. Matth. 6, 19. Ja, was noch mehr ist, ich hab nicht nur mein Herz, sondern auch meinen Fuß im Himmel. Phil. 3, 20. Willst du noch leugnen, daß ein Kind Gottes seinen Himmel auf Erden habe? Von der Hölle weiß ich nicht. Bestreiten mich die Höllenpforten, sie mögen mich doch nicht überwältigen. Ich zertrete alle höllischen Feinde durch die Kraft Gottes. Ficht mich Höllenangst an, ich halte sie für lauter Himmelslust. Vom Himmel kommt sie. Kann auch Angst vom Himmel kommen? Gott ist bei mir drin und verzuckert sie mir mit himmlischem Trost. Doch eine Hölle hab ich hienieden, die heißt Sünde. So peinlich den Verdammten der Hölle Schmerz, so peinlich ist mir die Sünde. Ich seufze täglich mit Paulus: Ich elender Mensch, wer wird mich erlösen von dem Leibe dieses Todes? Röm. 7, 14. Ach, wann wird die Zeit doch kommen, daß ich den befleckten Rock meines Fleisches abziehen und in weißen Kleidern prangen werde? Offenb. 7, 9. Auf das Stündlein wart ich stündlich, das Stündlein wünsch ich augenblicklich, es bringt mir meinen Himmel mit. Gott helf!

Quelle: Müller, Heinrich - Geistliche Erquickstunden

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