Müller, Heinrich - Vom Wachsthum der Christen.

Müller, Heinrich - Vom Wachsthum der Christen.

Je älter, je kalter. 1. Kön. 1, 1.

Da David 70 Jahr alt war und wohlbetagt, konnte er nicht warm werden, ob man ihn gleich mit Kleidern bedeckte. Wenn ein Lichtlein kein Oel, ein Feuer kein Holz, Stroh oder Kohlen mehr hat, gehts aus; wenn Speise und Trank nicht mehr schmeckt, verzehrt sich nachgerade die Lebenswärme. Das Alter ist gleichsam der Winter unsers Lebens. Im Winter ist die Kälte scharf. Von der Kälte alter Leute zeugen die weißen Haare. Wandelt doch die Kälte zur Winterzeit die Regentropfen in weiße Schneeflocken. Je älter, je schwächer. Wenn die Natur im Wachsthum ihr Ziel erreicht, nimmt sie allgemählig an Kräften so wieder ab, als sie vor zunahm; hört sie auf bergan, so fängt sie an bergab zu gehen. Das Alter ist ein gemeiner Graben, darin sich alle Schwachheiten menschlichen Körpers ausschütten. Die letzten Tage sind die Hefen unsers Lebens, die suchen allemal den Grund. Diese sinds, die der Prediger nennt die bösen Tage und die Jahre davon du wirst sagen, sie gefallen mir nicht. Da die Sonne und das Licht, Mond und Sonne finster werden und Wolken wieder kommen nach dem Regen. Zur Zeit, wenn die Hüter im Hause zittern und sich krümmen die Starken und müssig stehen die Müller, daß ihr so wenig worden ist und finster werden die Gesichter durch die Fenster. Pred. 12, 1. 2. 3. Darum mein Herz, verspare deine Frömmigkeit nicht bis ins Alter. Da ist alles kalt, faul, todt Ding, Frömmigkeit mit. Ach leider, wie ists mit unserm Christenthum bewandt! Müssen wir nicht auch klagen: Je älter, je kälter, je älter, je schwächer? Wir sollten mit der Zeit an geistlichen Kräften zunehmen, so nehmen wir ab; wir sollten immer eifriger werden zu guten Werken, so werden wir immer träger. Wie manches Kind thuts hie einem Alten zuvor? Das rede ich Vielen zur Schande. Im Christenthum sollts heißen: Je älter, je eisriger; nimmt doch im Laufen die Hitze zu. Je älter, je stärker. Das Christenthum besteht nicht im Ab- sondern im Zunehmen, nicht im Rück- sondern Fortgang.

Ein Baum muß immer wachsen; wir sind Bäume, gepflanzt im Hause des Herrn, in den Vorhöfen unsers Gottes. Drum müssen wir wachsen in der Gnade und Erkenntniß Jesu Christi. 2. Petri 3, 18. Die Kinderschuhe müssen wir als neue Menschen nach und nach ausziehen, und darnach trachten, daß wir ein vollkommener Mann werden in dem Maß des vollkommenen Alters Jesu Christi. Eph. 4, 13. Ich weiß wohl, daß ich die Vollkommenheit in dieser Sterblichkeit nicht ergreifen werde, doch will ich ihr nachjagen, ob ich sie ergreifen möchte. Phil. 3, 12. Was ich nicht bin, will ich mich durch Gottes Gnade bemühen zu werden, und was ich nicht werden kann, wollt ich doch gern werden; Gott ist der Wille so lieb als das Werk, wenn er ernstlich ist. Unterdessen will ich zu Gott seufzen, daß er in mir wirke beide das Wollen und das Thun nach seinem Wohlgefallen. Phil. 2, 13.

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