Müller, Heinrich - Vom Testament eines Christen.

Müller, Heinrich - Vom Testament eines Christen.

Bestell dein Haus, denn du mußt sterben. Jes. 38.

Gottlob! ich bin bereit. Mein Testament ist fertig. Mein Vater, der du bist im Himmel, und mich erschaffen hast, dir vermach ich meine Seele. Du hast sie mir gegeben, ich gebe sie dir wieder. In deinen Händen ist sie am besten verwahrt. Auch darf ich ein fremdes Gut nicht veräußern. Mein Heiland hat mir vorgebetet, dem bete ich nach: Vater, in deine Hände befehl ich meinen Geist. Luc. 23. Mein Bruder Jesus, der du mich erlöset hast, dir vermach ich meine Sünde, ach nimm sie auf dich, du Lämmlein Gottes, der du trägst die Sünde der Welt. Wirf sie in das tiefe Meer deiner Wunden, daß ihrer nicht mehr gedacht werde in Ewigkeit. Mein Herzenströster, du werther heiliger Geist, der du mich so oft erquickt hast mit himmlischem Labsal, dir vermach ich meinen letzten Lebensblick; wenn ich nicht mehr reden kann, so vertritt du mich bei Gott mit unaussprechlichem Seufzen; wenn ich nicht mehr hören kann, sprich du mir Trost ins Herz; wenn ich nicht mehr sehen kann, erleuchte meine Augen, daß ich nicht im Tod entschlafe. Ihr Engel, die ihr mich auf den Händen getragen habt, euer sollen sein die Thränen, die ich täglich weine über meine Sünde; da erquickt euch mit. Ich weiß doch, daß ihr lachet, wenn ich weine, und daß Freude im Himmel ist, wenn ein Sünder Buße thut. Teufel, willst du auch was haben? Alle die guten Werke, die nicht aus gutem Herzen gethan sind, will ich dir geben. Fahr damit wohl. Erde, du bist meine Mutter, hast so viel Jahre durch Gottes Kraft meinen Leib versorgt, dafür will ich dir den Leib vermachen. Die Mutter mag des Kindes Grab werden, was liegt mir dran? Nackt bin ich von meiner Mutter Leibe kommen, nackt werd ich wieder dahin fahren. Hiob 1, 21. Pracht soll man mit meinem Aas nicht treiben. Weib, dir kiese ich einen Mann, der heißt Wittwenrichter. Findest du auf Erden kein Recht? Bleib ihm nur treu, er wird dir Recht schaffen. Im Mangel wird er dein Versorger, im Druck dein Schutz, in der Traurigkeit dein Trost sein. Darauf verlaß dich nur. Ich will der Welt nicht rathen, daß sie dir leid thue. Er verachtet des Waisen Gebet nicht, noch die Wittwe, wenn sie klagt. Die Thränen der Wittwen stießen wohl die Backen herab, sie schreien aber über sich wider den, der sie heraus bringt. Sir. 35, 17. 18. 19. Lieben Kinder, euch wähle ich einen bessern Vater, als ihr an mir gehabt; den, der da ist der rechte Vater über alles, das da Kinder heißt im Himmel und auf Erden. Eph. 3, 15. Der aller Waisen Vater ist, wird auch euer Vater sein. Der für die jungen Raben sorgt, wird auch euch nicht aus seiner Sorge lassen. Aber höret, meine Söhne, euren Vater, dienet dem Herrn in der Wahrheit, und haltet euch zu ihm rechtschaffen.

Thut, was er befohlen hat, daß ihr Gott allezeit fürchtet, und ihm trauet von ganzem Herzen. Tob. 14, 10. 11. So wirds euch wohlgehn auf Erden. Ihr Freunde, euch laß ich einen gnädigen Gott, der ist der beste Freund. Laßt von Gott nicht, so läßt Gott von euch nicht. Ihr meine Schäflein sollt haben mein stetes Andenken und Fürbitte im Himmel. Vergeßt ihr gleich meiner und der Meinigen, ich will euer doch nimmer vergessen. Euch Armen geb ich einen reichen Gott, und ein gläubiges Vater Unser. Mehr hab ich nicht. Wo bleibt denn mein Gut? Gold und Silber hab ich nicht, und wäre Schande, wenn ichs hätte. Was ein Diener Gottes erübrigt, muß der Armen sein. Ich habe euch aber Schätze gesammelt im Himmel, die wird Gott austheilen zu rechter Zeit. Dieses ist mein letzter Wille. Darauf thue ich meine Augen fröhlich zu, wenns Gott gefällt.

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