Müller, Heinrich - Vom Müßiggang.

Müller, Heinrich - Vom Müßiggang.

Stehend Wasser, stinkend Wasser.

Müßig Leben, schändlich Leben. Die unvernünftige Creatur finden wir in steter Arbeit. Der Himmel ist in steter Wirkung. Sonne, Mond und Sterne halten ihren Lauf. Wie ein kleines Vöglein ist die Biene, und giebt doch die allersüßeste Frucht! Wie arbeitsam ist sie, wenn sie ihren Honig mit großer Mühe hin und wieder aus den Blumen sammelt! Die Ameise bereitet Brod im Sommer, und sammelt ihre Speise in der Erndte. Ists denn nicht eine Schande, daß der Mensch, die edelste Creatur Gottes, sich auf die faule Seite legt? Müßig Leben, krankes Leben. Man sieht, wie die, so ihr Leben mit stetem Stillsitzen zubringen, vielen Schwachheiten unterworfen sind; durch Arbeit wird die Natur gestärkt, durch Müßiggang geschwächt: Nachsinn schärft den Verstand, Nichtsinnen macht ihn stumpf. Das Feuer verzehrt sich selbst, wenns kein Stroh oder Holz oder Kohlen zu verzehren hat; giebt man einem Lichtlein nicht Oel, daß es länger brennen kann, so gehts aus. Müßig Leben, sündig Leben. Wenn Israel Ruhe hatte, versündigte es sich am Herrn. Müßiggang lehrt viel Böses, sagt Sirach C. 83, 29. Wird die Erde nicht gebaut, so trägt sie Dornen und Disteln. Vergeblich ist es, daß man spricht: Besser nichts, als Böses thun. Wer nichts thut, lernt Böses thun. Ja, indem wir nichts thun, thun wir Böses. Denn des Guten Unterlassung ist des Bösen Vollbringung; Gott will aus seinem Garten ausgerottet haben nicht nur die Bäume, so arge, sondern auch, so keine Früchte tragen. In stehenden Pfuhlen findet man viel vergiftet Würmer. Müßiggang begräbt den Menschen lebendig. Er ist des Teufels Schlafbank, im Schooß des Müßigen hat er die allersanfteste Ruhe. Ein Müßiggänger wie er untüchtig ist zum Guten, so ist er zu allem Bösen gar wohl geschickt. Die Natur will doch immer was zu thun haben. Ist das Werk nicht Gottes, das ich treibe, so ist es mein eigen, ists mein, so wird der Lohn schlecht sein. Das Fleisch lohnt mit dem Tode. So ihr nach dem Fleisch lebet, werdet ihr sterben. Röm. 8,13. Ein Müßiggänger ist nie geschickt zur Verrichtung des Gottesdienstes, zum Kirchengehen, Beten, Beichten ,e., denn er hat seine Gedanken nimmer zusammen. Bindet man die nicht an gewisse Arbeit, so zerstreuen sie sich ins Ungewisse, und laufen bald dieser bald jener Eitelkeit nach, verstecken sich, der eine hie, der andere dort; wie schwer hälts, ehe man sich wieder zusammenbringt, das zerstückte Herz ergänzt, und ganz vor Gott ausschüttet! Müßig leben diebisch leben. Wer selbst nicht arbeiten will, muß sich von andrer Leute Schweiß und Blut ernähren. Oft stiehlt er den Kindern das Brod und bringt sie an den Bettelstab; entzieht auch den Armen die Gabe, die er ihnen nach der Liebe mitzutheilen schuldig war. Drum Paulus den Müßiggang zum Diebstahl zählt, wenn er ermahnt: Wer gestohlen hat, der stehle nicht mehr; sondern arbeite, und schaffe mit den Händen etwas Gutes, auf daß er zu geben habe den Dürftigen. Eph. 4, 28. Du sprichst: Ich darf nicht arbeiten, kann meiner Renten leben. Ach mein, wenn du beim Tisch sitzest, ißt und trinkst, was findest du in deinen Schüsseln und Kannen? Fürwahr nichts anders, als der Armen Schweiß und Thränen. Wie kann dir solche Mahlzeit wohl bekommen? Wirst du nicht einmal mit Angst deines Herzens wieder ausspeien müssen, was du also eingefressen und eingesoffen hast? Du wirst es erfahren. Kein Bissen schmeckt besser, als den eigene Arbeit erworben hat. Drum arbeite. Ach, die Heiden sind dem Müßiggang feind gewesen. Draco, der egyptische Gesetzgeber, hat den Müßiggängern den Tod zuerkannt. Was verdient der Besseres, der lebendig todt ist? Ein Müßiggänger nützt so wenig als ein Todter. Solon, der Athenienser Sittenmeister, hat verordnet, daß ein Sohn nicht schuldig sein sollte, den Vater im Alter zu ernähren, wo ihn nicht der Vater in der Jugend zur Arbeit gehalten, und was Redliches erlernen lassen. Ist nicht unrecht gesprochen; denn vergeblich fordert man Früchte vom Garten, den man nicht mit fruchtbringenden Bäumen bepflanzt hat. Cato, der vortreffliche Römer, hat keinen das römische Bürgerrecht gegönnt, die weiche und zarte Hände hatten, weil er sie für untüchtig zur Arbeit gehalten. Das menschliche Leben ist gleich dem Eisen, braucht maus, so glänzts, läßt mans still liegen, so frißts der Rost. Liebst du den Glanz und willst geehrt sein, so liebe auch die Arbeit. Sechs Tage hat Gott gearbeitet am Bau der Welt. 1. B. Mosts 2, 3. Von denen liest man nicht, daß er sie gesegnet habe; der siebente Tag war der Ruhetag, den segnete und heiligte er. Die Arbeit führt ihre Heiligung und Segen mit sich, wenn sie im Herrn geschieht; aber ruhen und still sein ist der Gefahr der Sünde und des Fluchs unterworfen, wo Gott nicht sonderlich heiligt und segnet. Ich will allzeit auf etwas beflissen sein, daß mich weder Gott, wenn er kommt zu lohnen, noch der Satan, wenn er kommt zu versuchen, müßig finde.

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