Müller, Heinrich - Vom billigen Wucher.

Müller, Heinrich - Vom billigen Wucher.

Hundert für eins.

Ists nicht zu viel? Die Rechte lassen nur fünf oder sechs um hundert zu. Aber was ist dem Geizigen zu viel? Die Hölle spricht nimmer, ich bin satt. Christen leihen den Armen, und hoffen nichts davon. Luc. 6, 34. Die Liebe mäßiget bei ihnen den Zins, daß er leidlich sei, nach der Nothdurft dessen, der sein Geld ausleihet, und dem Gewinn dessen, der es hat gebraucht; unchristlich ists, wenn der Abtrag des Zinses den Vortheil des Zinsgebers überwiegt. Aber, was nützt die Frage? sprichst du. Wer gibt tausend um eins? Gott und die Natur thuts. Von Gott versichert dich der Heiland: Wer verläßt Häuser, oder Brüder, oder Schwester, oder Vater, oder Mutter, oder Weib, oder Kinder, oder Aecker um meines Namens willen, der wirds hundertfältig nehmen, und das ewige Leben erben. Matth. 19, 29. Gott gibt dir anstatt der zeitlichen Güter ein vergnüglich Herz. Der Geizige begehrt noch 100 Thaler, du begehrst nur einen zur Nahrung und Kleidung; so viel du nicht begehrst, so viel hast du. In der Begierde liegt Armuth und Reichthum. Heißt das nicht hundert für eins? Du hast die 100 Thaler, die der Geizige noch begehrt. Gott gibt dir ums Zeitliche das Ewige, für zwei Liebesschärflein den Himmel. Ist nicht der Himmel hundertmal besser als ein Schärflein, ja, als die ganze Welt? Wuchern willst du, und fängst es nicht recht an; dein Geld willst du austhun, und bestätigest es nicht am rechten Ort. Wo stehts sicherer als bei Gott? Wer gibt mehr Zinsen als Gott? Bist du klug, so sammle dir Schätze im Himmel. Wer sich des Armen erbarmt, der leihet dem Herrn, der wird ihm wieder Gutes vergelten. Sprüchw. 19, 17. Die Natur gibt dir auch hundert für eins im Ackerbau. Vom Isaac sagt die Schrift: Und Isaac säete im Lande, und kriegte desselben Jahres hundertfältig, denn der Herr segnete ihn. 1. B. Mose 26, 12. Wenn Gott segnet, dann gedeihet der Ackerbau, .und das Land gibt hundertfältige Frucht. Du thust dein Geld auf schändlichen Wucher, verlierst oft Hauptsumme, Zinsen und alles. Beim Erdreich darfst du keine Gefahr ausstehen, daß dein Saame verloren werde. Was du ihm gibst, gibt es dir wieder mit reicher Zugabe. Ich halte keinen Wucher für billiger und nützlicher, als den Erd- und Himmelswucher. Damit halt du es auch.

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