Müller, Heinrich - Vom Beweisthum des Glaubens.

Müller, Heinrich - Vom Beweisthum des Glaubens.

Rede, daß ich dich sehe.

Ach, wie trügt die Welt! Die Ohren füllt sie. Was haben die Augen? Nichts. Viel verheißen, wenig halten, ist gemein bei Jungen und Alten. Du sprichst: Ich bin ein Christ, ich glaub an Gott den Vater, an Jesum Christum meinen Erlöser, ich liebe meinen Nächsten. Die Worte hör ich, aber wo sind die Werke? Jener Heide (Cicero) sagt: Es stände übel um mich, wenn mich meine Worte mehr verteidigten, als meine Thaten. Mein Christ, wie übel stehts um dich, wenn deine Worte nur für dich reden, und nicht deine Werke? Laß deinen Wandel reden, so glaub ich. Besser ein stummer Mund und eine laut redende Hand, als ein redender Mund und eine stumme Hand. Wenn dich ein Mohr bereden wollte, er wäre weiß, und du sähest doch vor Augen, daß er schwarz wäre, wolltest du ihm wohl Glauben zustellen? Du sagst, ich glaube, daß Gott mein Vater ist. Ich sehe aber nicht, daß du in kindlicher Liebe, Furcht, Zuversicht und Gehorsam vor ihm wandelst. Thue ich denn unrecht, daß ich deinen Worten nicht traue? Du sprichst, ich glaube, daß mich Jesus erlöset hat von Sund und Tod. Die Worte sind gut, aber was sehe ich? Du dienst der Sünde, und stürzst dich dadurch in den Tod. Wie schickt sichs zusammen, von Sünde erlöst sein, und doch der Sünde dienen? Vom Tode erlöst sein, und sich selbst dem Tode ergeben? Du sprichst, ich liebe meinen Nächsten; thust wohl dran, wenns wahr ist. Aber wie sehe ich denn, daß dir seine Leibes- und Seelennoth nicht recht zu Herzen geht? Er ist traurig, du gibst ihm kein tröstlich Wort. Er wandelt in der Irre, du hilfst ihm nicht zurecht; er sündigt vor deinen Augen, du strafst ihn nicht; er ist hungrig durstig und nackt, du speisest, tränkest und kleidest ihn nicht; er ist krank, du besuchst ihn nicht. Lieber, rede, daß ich dich sehe. Zeige mir deinen Glauben. Laß deine Liebe ins Werk gehen. Weißt du nicht, daß man den Baum an den Früchten kennen und die Rede am Wandel prüfen müsse? Ich muß Augen und Ohren voll haben, sonst glaube ich nicht: Gehe hin und zeige dich den Priestern. Luc. 17, 14. Den Befehl hast du vom Herrn. Zeige dich in den Werken, sonst trau ich nicht. Chrysostomus spricht: Gott wird seine Ehre nicht gegeben mit bloßen Worten, weil er uns auch nicht mit Worten geehret, sondern mit der That und im Werke selbst; also sollen wir ihn auch durch die Werke ehren. Ich will thun wie ich rede, und die Worte mit den Werken bekräftigen. So hielts Jesus, wie die Osterjünger von ihm rühmen. Luc. 24,19. Er war mächtig von Thaten und Worten. Die Thaten stehen vor den Worten, weil sie die Worte wahr und mächtig machen. So will ichs auch halten, mit Gottes Hilfe.

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