Müller, Heinrich - Von der Christen Freiheit.

Müller, Heinrich - Von der Christen Freiheit.

Gefangen und doch frei.

Deß dank ich Gott. Wehe mir, wenn meine Seele so eingesenkt wär in diesen Körper, daß sie nicht weiter gehen könnte als sie von ihm getragen wird, gleich etwa einer Schildkröte, die sich außer ihrem Häuslein nicht bewegen kann. Aber Gott hat mir einen solchen Geist gegeben, der sich selbst bewegen kann, auch indem der Leib still liegt, der so geschwind und behend in seiner Bewegung ist, daß er eher von der Erden gen Himmel fahren kann, als mein Leib sich von einer Seite zur andern wendet. Du klagst, ich bin gefangen. Deine Freiheit ist dir doch nicht benommen. Freiheit ist ein Privilegium des Willens. Der Himmel hat die höchste Gewalt, zwingt alles und kann nicht gezwungen werden. Du bist ja ein Christ, so wirst du deinen Willen Gottes Willen unterwerfen. Gottes Wille ist offenbart in seinen Werken. Was Gott thut, das will er. Ists nun sein Wille dich gefangen zu halten, muß es auch dein Wille sein. Ists dein Wille, so klagst du vergeblich, daß dir deine Freiheit benommen sei.

Weiter: Gott wirft täglich seine Liebesangel aus, dran steckt ein Würmlein, das heißt Himmelstrost. Ich beiß frisch an, das Würmlein schmeckt wohl. Darnach empfind ich erst, daß ich gefangen sei, gefangen und doch frei. Wenn ein Fisch recht angebissen, läßt ihn der Fischer im Wasser hin und her schwimmen, wie und wohin er will. Gefangen ist er und meint doch er sei frei. Die Liebe Gottes ist wohl ein starkes, doch auch liebliches Band, bricht den Willen nicht sondern beugt ihn. Deo servire libertas, d.i. Gott in Liebe dienen, ist die höchste Freiheit. Joh. 8, 33-36.

Quelle: Müller, Heinrich - Geistliche Erquickstunden

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