Müller, Heinrich - Die Geschichte der Leiden Jesu - Eingang.

Müller, Heinrich - Die Geschichte der Leiden Jesu - Eingang.

Im Evangelium Lukas 18, 31 - 33. sagt der Heiland zu seinen Jüngern: Sehet, wir gehen hinauf gen Jerusalem, und es wird Alles vollendet werden, was geschrieben ist durch die Propheten von des Menschen Sohn: denn er wird überantwortet werden den Heiden, und wird verspottet und geschmähet und verspeiet werden. Und sie werden ihn geißeln und tödten, und am dritten Tage wird er wieder auferstehen.

Auf dem Wege nach Jerusalem findet man Passionsgedanken. Daß, leider! die wenigsten Menschen sie haben, kommt daher, daß sie begriffen sind auf dem Wege herab zur Welt. Da wollen die Weltgedanken die Passionsgedanken nicht ins Herz lassen, denn wie reimet sich zusammen die Welt, die Alles vollauf will, und der leidende Jesus, der nicht hat, da er sein Haupt hinlegen könne, der da hanget am harten Holz und läßt sich legen in ein fremdes Grab? Wie schicket sich zusammen die lachende Welt, die allezeit zu leben begehrt in Herrlichkeit und Freuden, und der traurige Jesus, der Blut weinet im Oelgarten und vor Angst rufet: Meine Seele ist betrübt bis in den Tod! Wie reimet sich die prächtige Welt, die allezeit hoch hinaus will, und der niedrige Jesus, der sich zertreten läßt, wie ein Wurm? Was ists dann Wunder, daß in die Weltherzen die Passionsbetrachtungen nicht hinein wollen? Es hat sich darinnen erbildet (Gestalt und Macht gewonnen) die Augenlust, die Fleischeslust und hoffärtiges Wesen, das sich gar nicht reimet mit dem Leiden Christi. Aber es sind dennoch auch Seelen, die begriffen sind auf dem Wege hinauf nach dem neuen Jerusalem; in diese Seelen können die Passionsgedanken eingehen. Vor Zeiten haben die alten Christen an den Wegen aufgerichtet Bildnisse des gekreuzigten Heilands, damit die Wandersleute seiner gedächten und sich des Kreuzes Christi getrösten könnten. Auf dem Wege der Christen, der da hinführt zu dem neuen Jerusalem, erbildet sich der gekreuzigte Jesus im Herzen der Glaubigen als ein lebendiger Trostspiegel, daraus alle Erquickung kommt für mühselige und beladene Herzen. Solchen Seelen will ich im Namen Gottes die Passionsgeschichte erklären.

O hilf, Christe, Gottes Sohn!
Durch dein bitter Leiden,
Daß wir, dir stets unterthan.
Alle Untugend meiden,
Deinen Tod und seine Ursach
Fruchtbarlich bedenken,
Und dir, wiewohl arm und schwach,
Dankesopfer schenken!

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