Melanchthon, Philipp - Unterricht der Visitatoren, an die Pfarrherrn im Kurfürstenthum zu Sachsen.

Melanchthon, Philipp - Unterricht der Visitatoren, an die Pfarrherrn im Kurfürstenthum zu Sachsen.

Von der Lehre.

Nun finden wir an der Lehre unter andern vornehmlich diesen Fehler, daß, wiewohl Etliche vom Glauben, dadurch wir gerecht werden sollen, predigen, doch nicht genugsam angezeiget wird, wie man zu dem Glauben kommen soll, und fast alle ein Stück christlicher Lehre unterlassen, ohne welches auch Niemand verstehen mag, was Glauben ist oder heißet. Denn Christus spricht Luc. 24: „daß man predigen soll in seinem Namen Buße und Vergebung der Sünden.“

Aber wie viel jetzund sagen allein von der Vergebung der Sünde, und Nichts oder Wenig von der Buße, so doch ohne Buße keine Vergebung der Sünde ist! Es kann auch Vergebung der Sünde nicht verstanden werden ohne Buße. Und so man die Vergebung der Sünde predigt ohne Buße, folget, daß die Leute wähnen, sie haben schon Vergebung der Sünde erlanget, und werden dadurch sicher und furchtlos, welches denn größrer Irrthum und Sünde ist, denn alle Irrthum vor dieser Zeit gewesen sind, und fürwahr zu besorgen ist, wie Christus spricht Matth. 12: „daß das Letzte ärger werde, denn das Erste.“

Darum haben wir die Pfarrer unterrichtet und vermahnt, daß sie, wie sie schuldig sind, das Evangelium ganz predigen, und nicht ein Stück ohne das andere. Denn Gott spricht Deut. 4: „Man soll nichts zu seinem Worte hinzu, oder davon thun.“ Und die jetzigen Prediger schelten den Papst, er habe viel Zusatz zu der Schrift gethan; als denn leider allzu wahr ist! Diese aber, so die Buße nicht predigen, reißen ein groß Stück von der Schrift, und sagen jeweil von Fleischessen und dergleichen geringen Stücken, wiewohl sie auch nicht zu schweigen sind zu rechter Zeit, um der Tyrannei willen, zu vertheidigen die christliche Freiheit; was ist aber das Anderes, denn wie Christus spricht, Matth. 23: „Eine Fliege saugen und ein Kamel verschlingen!“

Also haben wir sie vermahnet, daß sie fleißig und oft die Leute zur Buße vermahnen, Reu' und Leid über die Sünde zu haben, und zu erschrecken vor Gottes Gericht, daß sie auch nicht das größeste und nöthigste Stück der Buße nachlassen. Denn beide, Johannes und Christus, die Pharisäer um ihre heilige Heuchelei härter strafen, denn gemeine Sünder. Also sollen die Prediger in dem gemeinen Mann die grobe Sünde strafen; aber wo falsche Heiligkeit ist, viel härter zur Buße vermahnen.

Denn wiewohl Etliche achten, man soll nichts lehren von dem Glauben, sondern die Buße, aus und nach dem Glauben folgend, lehren, auf daß die Widersacher nicht sagen mögen, man widerrufe unsre vorige Lehre; so ist aber doch anzusehen, weil die Buße und Gesetz auch zu dem gemeinen Glauben gehören (denn man muß ja zuvor glauben, daß ein Gott sei, der da dräue, gebiete und schrecke rc.), so sei es für den gemeinen groben Mann, daß man solche Stücke des Glaubens lasse bleiben unter dem Namen Buße, Gebot, Gesetz, Furcht rc., auf daß sie desto unterschiedlicher den Glauben Christi verstehen, welchen die Apostel justificantem fidem, das ist, der da gerecht macht, und Sünde vertilget, nennen, welches der Glaube von dem Gebot und Buße nicht thut, und doch der gemeine Mann über dem Wort: Glauben, irre wird, und Fragen aufbringet ohne Nutz.

Von den zehn Geboten.

Darum sollen sie die zehn Gebote oft und fleißig predigen und sie auslegen und anzeigen, nicht allein die Gebote, sondern auch wie Gott strafen wird die, so sie nicht halten, wie auch Gott solche oft zeitlich gestraft hat. Denn solche Exempel sind geschrieben, daß man sie den Leuten vorhalte, wie die Engel zu Abraham sprachen, da sie sagten zu ihm: Gen. 18. wie Gott Sodoma strafen wollte, und mit höllischem Feuer verbrennen. Denn sie wußten, er würde es seinen Nachkommen sagen, daß sie Gott lernten fürchten.

So sollen sie auch etliche besondere Laster, als Ehebruch, Säuferei, Neid und Haß strafen und anzeigen, wie Gott dieselben gestraft habe: damit er anzeiget, daß er ohne Zweifel nach diesem Leben viel härter strafen wird, wo sie sich hier nicht bessern.

Und sollen also die Leute zur Gottesfurcht, zur Buße und Reue gereizt und vermahnet werden, und das sichre und furchtlose Leben gestraft werden. Darum sagt auch Paulus Röm. 2: „Durch das Gesetz kommt nur Erkenntniß der Sünde.“ Denn Sünde erkennen ist nichts Anderes, denn wahrhaftige Reue.

Daneben ist denn nützlich, daß man vom Glauben predige, 'also, daß wer Reu' und Leid um seine Sünde habe, daß derselbe glauben soll, daß ihm seine Sünden, nicht um unsers Verdienstes, sondern um Christi willen vergeben werden. Wo dann das reuige und erschrockene Gewissen davon Friede, Trost und Freude empfänget, daß es höret, daß uns die Sünde vergeben ist um Christus willen; das heißt der Glaube, der uns vor Gott gerecht macht, und sollen die Leute fleißig vermahnen, daß dieser Glaube nicht könne sein ohne ernstliche und wahrhaftige Reu' und Schrecken vor Gott, wie geschrieben ist Ps. 11?. und Sirach 1: „Der Weisheit Anfang ist Gott fürchten;“ und Jesaias Kap. 66: Auf welchen siehet Gott, denn allein auf ein erschrocken und reuig Herz!

Solches soll oft gesagt werden, daß die Leute nicht in falschen Wahn kommen und meinen, sie haben Glauben, so sie doch noch weit davon sind, und soll angezeiget werden, daß allein in dem Glauben sein mögen, die wahrhaftige Reu' und Leid tragen über ihre Sünde. Das Andere, wo nicht Reu' ist, ist ein gemahlter Glaube; denn rechter Glaube soll Trost und Freude bringen an Gott; solcher Trost und Freude wird aber nicht gefühlet, wo nicht Reu' und Schrecken ist, wie Christus Matth. 11. sagt: „den Armen wird das Evangelium gepredigt.“

Diese zwei sind die ersten Stücke des christlichen Lebens, Buße oder Reu' und Leid, und Glauben, dadurch wir erlangen Vergebung der Sünden, und gerecht werden vor Gott, und soll in uns Beides wachsen und zunehmen.

Das dritte Stück christlichen Lebens ist: gute Werke thun, als Keuschheit, den Nächsten lieben, ihm helfen, nicht lügen noch betrügen, nicht stehlen, nicht todtschlagen, nicht rachgierig sein, nicht mit eigner Gewalt rächen rc. Darum sollen abermals die zehen Gebote fleißig gepredigt werden, darin denn alle gute Werke verfasset sind, und heißen darum gute Werke, nicht allein, daß sie dem Nächsten zu Gut geschehen, sondern, auch, weil sie Gott geboten hat, derhalben sie Gott auch wohlgefallen. Gott hat auch kein Wohlgefallen an denen, die sie nicht thun, wie Micha am 6. steht: „O Mensch, ich will dir zeigen, was gut ist, und was Gott von dir fordert; nämlich das Gericht thun, ja thun was Recht ist, Lust haben, dem Nächsten Gutes zu thun, und in Furcht vor Gott wandeln.

Das erste Gebot Gottes lehret, Gott fürchten; denn Gott dräuet da denen, so Ihn nicht achten; es lehret auch, Gott glauben und trauen; denn Gott sagt, Er wolle denen Gutes thun, die Ihn lieben, das ist, die sich zu Ihm Gutes versehen, wie Isa. 64. und 1. Korinth. 2. Kap. stehet, „das kein Auge gesehen hat, und kein Ohr gehöret hat, und in keines Menschen Herz gestiegen ist, das Gott bereitet hat denen, die Ihn lieben.“

Das andere Gebot lehret, daß man Gottes Namen nicht mißbrauche. Das ist aber Gottes Namen recht brauchen, Ihn anrufen in allen Nöthen, in leiblichen oder geistigen, wie er geboten hat Ps. 50: „Rufe mich an in der Zeit der Noth, so will Ich dich erretten und du sollst mich preisen.“ Und Gott sagt in selbem Psalm, daß das der rechte Dienst sei, damit man Ihm dienen könne: Ihn anrufen und bitten, daß Er helfe, dabei auch Ihm danksagen um seine Gutthat; denn Gott spricht daselbst: „So sollst du mich preisen.“ Item: „wer Dank opfert, der presset mich, und das ist der Weg, daß Ich ihm zeige das Heil Gottes,“

Sie sollen auch, die Pfarrer und Prediger, die Leute vermahnen, zu beten; denn das ist die Erfüllung dieses Gebots, beten, das ist, Gott um Hilfe anrufen in allen Anfechtungen. Sie sollen die Leute unterrichten, was beten sei, und wie man beten soll.

Von rechtem christlichen Gebet.

Erstlich sollen sie lehren, daß Gott geboten hat, zu beten; darum, wie es große Sünde ist, todtschlagen, also ists auch Sünde, Nichts von Gott bitten oder begehren. Dieses Gebot sollte billig uns reizen, zu bitten, dieweil Gott nicht allein so gütig ist, daß Er helfen will denen, so bitten, sondern auch gebeut zu bitten Luc. 18. und an viel andern Orten, welches die Pfarrer den Leuten sollen vorhalten. Wenn ein Fürst wäre, der nicht allein gäbe, was man von ihm begehret, sondern geböte Jedermann, zu bitten, was jedem von nöthen wäre, den würde man für einen gnädigen Herrn halten, und Viel von ihm bitten. Denn je mehr wir bitten, je lieber gibt Gott, wie er Luc. 7. sagt, von Magdalena: „darum wird ihr viel vergeben, denn sie sich sehr viel Guts zu mir verstehet.“

Zum andern, so sollen sie auch anzeigen, daß Gott auch zugesagt hat, uns zu hören Matth. 7. und Luc. 11. „Bittet, so wird euch gegeben.“ Auf solche Zusage sollen wir uns verlassen und nicht zweifeln, Gott höret unsre Bitte, wie Christus spricht Marci 11: „Darum sage ich euch, Alles, was ihr bittet in eurem Gebet, glaubt nur, daß ihrs empfahen werdet, so wirds euch werden.“

Es soll uns auch nicht abschrecken, daß wir Sünder sind; denn Er erhöret uns nicht um unsers Verdienstes, sondern um seiner Zusage willen. So stehet Micha 7: „Du würdest dem Jakob treu und dem Abraham gütig sein, wie du denn unsern Vätern vor Zeiten geschworen hast.“

Doch ist des Sünders und Heuchlers Gebet nicht erhöret, der nicht Reu' hat um seine Sünde und Heuchelei; denn von denselben ist gesprochen im 18. Psalm: „Sie rufen, aber da ist kein Helfer, zum Herrn, aber Er antwortet ihnen nicht.“

Aber die, so Reue tragen, und glauben, daß ihnen Gott um Christi willen vergebe, die sollen sich ihre geschehene Sünde und Heuchelei nicht lassen abschrecken; denn Gott will nicht Verzweiflung haben, sondern Er will, daß wir glauben, Er erhöre uns, und werde uns helfen. Darum sollen die Pfarrherrn die Leute also unterrichten: daß zum Gebet Glauben gehöret, daß uns Gott erhören wolle, wie Jakobus spricht Kap. 1: „Er bitte aber im Glauben, und zweifle nicht; denn wer da zweifelt, der ist gleich als eine Woge des Meeres, die vom Winde getrieben und bewegt wird. Solcher Mensch gedenke nur nicht, daß er Etwas vom Herrn empfahen werde.“

Das ist nicht gebetet, so einer viel Pater Noster oder Psalmen spricht, und in Wind schlägt, achtets nicht groß, verstehet sich auch nicht, daß Gott höre, wartet auch nicht auf Gottes Hilfe. Ja, ein solcher hat gar keinen Gott, und gehet ihm, wie der 115. Psalm spricht, sein Gott hat Ohren, und höret nicht, das ist, er dichtet sich einen Gott, der doch nicht höret.

Zum dritten sollen sie die Leute unterweisen, daß man etwas von Gott, Zeitliches oder Ewiges begehre; ja sie sollen sie vermahnen, daß Jeder Gott seine Noth vorhalte; Einen drückt Armuth, den Andern Krankheit, den Dritten Sünde, den Vierten Unglaube, oder andere Gebrechen: darum Viele suchen Hilfe, Einer bei St. Antonio, der Andere bei St. Sebastian rc. Was nun ist, so soll Hilfe allein bei Gott gesucht werden.

Und ob Gott schon die Hilfe verzeucht, sollen wir darum nicht ablassen zu bitten, wie wir lernen, Luc. 18. Kap. Denn Gott unsern Glauben also übet. Ob Gott auch gar nicht gäbe, das wir begehren, sollen wir dennoch nicht zweifeln, Er habe unsere Bitte erhöret, sondern wissen, ob er schon das nicht gibet, wird er Anderes geben, Besseres. Solches sollen wir zu Ihm stellen, und Ihm nicht Zeit noch Maß bestimmen. Wie lange zog er Abraham auf, und die andern Vater, ehe das ihnen verheißene Land eingegeben ward; der Exempel findet man genug in der Schrift.

Das dritte Gebot lehret, den Feiertag heiligen. Wiewohl nun Gott die äußerliche Feier uns nicht also geboten hat zu halten, wie den Juden, daß man keine Handarbeit an demselben Tage möchte thun; dennoch sollen etliche Feier gehalten werden, also, daß man Gottes Wort höre und lerne, und die Leute gewisse Zeit haben, zusammen zu kommen.

Das vierte Gebot lehret, die Aeltern ehren und ihnen gehorsam sein. Hier soll den jungen Leuten fleißig vorgehalten werden die Zusage, da Gott verheißet Exod. 20: Wer seine Aeltern ehret, der soll lange leben, das ist, es soll ihm wohlgehen in seinem Leben; wer die Aeltern unehret, und ihnen ungehorsam ist, der soll Unglück haben, wie der Cham vermaledeiet ist von seinem Vater Noe Gen. 9. Denn sein Vater sprach: „Verflucht sei Kanaan, und sei ein Knecht aller Knechte unter seinen Brüdern.“ Wie es dem Absalom übel gangen ist, der seinen Vater verjagt hat; denn Absalon erhing endlich an einer Eiche, wie man 2. Sam. 18. lieset; wie Jakob den Ruben vermaledeiet, daß er ihm sein Weib beschliefe, Gen. 49. Denn sein Vater sprach: „du sollst nicht der Oberst sein; denn du bist auf deines Vaters Lager gestiegen, daselbst hast du mein Bette besudelt mit dem Aufsteigen u. s. w.“

Denn nützlich ists, die Leute lehren, daß alle Wohlfahrt und Unglück von Gott kommt j Wohlfahrt denen, die Gott fürchten, und seine Gebote halten; Unglück denen, die Gott verachten. Ja, ob Gott schon den Frommen Unglück zuschicket, so hilft Er ihnen doch, und tröstet sie auch oft leiblich, nicht allein mit geistigen Gütern, wie der 34. Psalm spricht: „der Gerechte muß Viel leiden; aber der Herr hilft ihm aus dem Allen.“ Und der ganze 37. Psalm lehret: „Erzürne dich nicht über die Bösen.“ Und es ist ein großer Fehl, daß man die Leute nicht treibet, daß sie leibliche Güter von Gott hoffen und begehren; denn in Solchem sollte der Glaube geübt werden.

Es ist auch nicht Noth, daß man subtil disputire von Verdienst, ob solche Gott um unsrer Werke willen gebe; es ist genug, daß man sie unterrichte, daß Gott solche Werke fordere und Belohnung gebe, dieweil ers verheißen hat, ohne unser Verdienst.

Das ist von nöthen zu lehren, daß uns Gott die Sünde verzeihe, ohne alle unsere Werke, um Christi willen. Denn Gott ist der Sünde so feind, daß keiner Kreatur Werk dafür genug thun mag; es hat allein der Sohn Gottes müssen dafür geopfert werden.

Ueber das aber schreien Viele: gute Werke verdienen nichts. Viel besser wäre, man triebe die Leute, gute Werke zu thun, und ließe die scharfe Disputation fallen. Denn wahr ists, daß Gott Gutes gibt um seiner Verheißung, nicht um unsrer Werke willen;, aber doch müssen gute Werke, die Gott geboten hat, geschehen. Darum soll man den groben Leuten ernstlich vorhalten, wie hart Gott strafet mit allerlei Unfall die, so die Aeltern nicht ehren; denn Gott lässet sie in Schande, in Armuth, in Krankheit und andere Uebel fallen.

Hie soll man auch lehren, wie die Aeltern schuldig sind, ihre Kinder zur Gottesfurcht zu erziehen, sie Gottes Wort lehren und lernen lassen. So spricht Salomo in seinen Sprüchen, Kap. 22: „Thorheit ist des Kindes Herzen angeboren; die Ruthe der Strafe nimmt sie weg.“ Wie auch St. Paulus Eph. 6. sagt: „Ihr Väter, reizet eure Kinder nicht zum Zorn, sondern ziehet sie auf in der Zucht und Vermahnung an den Herrn.“ Davon ist das Exempel Eli, den Gott nach Anzeige des ersten Theils Samuelis 2. Kap. gestraft hat, und vom Priesterthum gestoßen, darum, daß er seine Kinder nicht mit Ernst erzogen hat. Es ist die Jugend nie freveler gewesen, denn jetzund; wie wir sehen, wie wenig sie gehorchen, wie wenig sie der Aeltern achten; darum ohne Zweifel viel Plagen, Krieg, Aufruhr und andere Uebel in die Welt kommen.

In dieses Gebot gehört auch, daß man das Alter ehre. Item, daß man die Priesterschaft, die mit Gottes Worte uns dienen, ehre; denn sie ist eine Dienerinn des Wortes Gottes, und wir haben Gottes Wort durch sie, wie St. Paulus schreibet 1. Tim. 5: „Die Aeltesten, die wohl verstehen, die halte man zweifacher Ehren werth, sonderlich die da arbeiten im Wort und in der Lehre.“

Item, daß man der Obrigkeit gehorsam sei. Nun hat St. Paulus, Röm. 13. drei Stücke erzählet, die der Obrigkeit gehören: das erste, Schoß, darum wir alle Auflag, Geld und Arbeit des Leibes ihnen geben sollen.

Das andere, Furcht, das ist, daß wir uns herzlich fürchten vor der Obrigkeit, daß, obschon die Obrigkeit unsern Ungehorsam nicht strafen kann, daß wir wissen, daß denselben dennoch Gott strafen wird, der die Obrigkeit eingesetzt hat, und erhält. Darum auch alle Aufrührer sind gestraft worden, wie Paulus spricht Röm. 13: „Wer sich wider die Obrigkeit setzt, der widerstrebt Gottes Ordnung; die aber widerstreben, werden über sich ein Urtheil empfahen.“ So sagt auch Salomo in den Sprüchen 24: „Mein Kind, fürchte den Herrn und den König, und menge dich nicht unter die Aufrührerischen; denn ihr Unfall wird plötzlich entstehen, und wer weiß, wenn beider Unglück kommt!“

Es ist auch nützlich, den Leuten die Exempel vortragen, da Gott die Aufrührerischen gestraft hat, als Dotan und Abiram, wie im 4, Buch Mos. 16. Kap. steht, die sich wider Mosen setzten; denn die Erde zerriß unter ihnen, und that ihren Mund auf, und verschlang sie mit ihren Häusern, mit allen Menschen, die bei Korah waren, mit aller ihrer Habe, und fuhren hinunter lebendig in die Hölle, mit Allem, das sie hatten, und die Erde decket sie zu; dazu fuhr das Feuer aus, und fraß die zwei hundert und fünfzig Männer, die das Rauchwerk opferten.

Abimelech, da er sich wider des Gideon neun und sechzig Söhne setzet, ward endlich, wie im Buch der Richter 9. und 2. Sam. 11. steht, von einem Thurm vor Thebez, von einem Weibe mit einem Stück von einer Mühle auf seinen Kopf geworfen, daß ihm der Schädel davon zerbrach.

Siba, der Israel von David bracht, als man lieset im andern Theil Samuelis 20, ward darnach sein Kopf abgehauen,

Absalom, der sich wider seinen Vater David auflehnte, hing zuletzt an einer Eiche, als auch Samuelis 18. steht.

Zambri oder Simbri, der einen Bund wider seinen Herrn, König Elia zu Israel, macht, und ihn erschlug, war nicht länger König, denn sieben Tage; denn König Ambri zu Israel belagerte ihn zu Thirza, und als Zambri sahe, daß die Stadt sollte gewonnen werden, ging er in den Palast, und verbrannte sich mit dem Haus des Königs, wie 1. Kön. 16. steht.

Wir sehen auch öffentlich, daß Gott keinen Frevel ungestraft läßt; denn Mord bleibt nimmer ungerochen, wie auch Christus spricht Matth. 26: „Wer das Schwert nimmt, der soll durch das Schwert umkommen,“ das ist, wer aus eignem Vornehmen, ohne der Obrigkeit Befehl, das Schwert nimmt, der wird gestraft. Dergleichen Sprüche sind viel in der Schrift; die sollen den Leuten fleißiglich eingebildet werden, als dieser Salomonis, in den Sprüchen 16: „Der Grimm des Königs ist ein köstlicher Bote; aber ein weiser Mann wird ihn versöhnen.“ Item, Sprüch. 20: „Das Schrecken des Königs ist wie das Brüllen eines jungen Löwen; wer ihn erzürnet, der sündiget wider seine Seele.“

Das dritte, das man der Obrigkeit zu leisten schuldig ist, heißt Ehre. Denn was ist das, daß wir wähnen, wenn wir der Obrigkeit Rent und Zinse, oder Arbeit des Leibes geben haben, so haben wir sie bezahlet? Aber Gott fordert einen viel höhern Dienst von uns gegen die Obrigkeit, nämlich: Ehre. Das ist erstlich: daß wir erkennen, daß die Obrigkeit von Gott da sei, und daß uns Gott durch sie viel größere Güter gibt; denn wo Gott Obrigkeit und Recht in der Welt nicht erhielte, würde der Teufel, der ein Todtschläger ist, allenthalben Mord anrichten, daß nirgend unser Leben, Weib und Kinder sicher wären.

Aber Gott erhält Obrigkeit, und gibt dadurch Friede, straft die Frevler, und wehret ihnen, daß wir mögen Weib und Kinder ernähren, die Kinder zur Zucht und Gottes Erkenntniß erziehen, sicher sein in unsern Häusern, auf den Straßen, daß Eins dem Andern helfen möge, und zu dem Andern kommen und bei ihm wohnen. Solches sind eitel himmlische Güter; die will Gott, daß wir sie betrachten und erkennen, daß sie Gottes Gaben sind, und will, daß wir die Obrigkeit, als seine Dienerinn, ehren, ihr Dankbarkeit erzeigen, darum, daß uns Gott solche große Güter durch die Obrigkeit gibt.

Wer nun Gott also in der Obrigkeit sehen möchte, der würde die Obrigkeit herzlich lieb haben; wer diese Güter bettachten könnte, die wir empfahen durch die Obrigkeit, der würde der Obrigkeit herzlich danken. Wenn du wüßtest, daß jemand dein Kind von dem Tode errettet hätte, du würdest demselben gütlich danken. Warum bist du denn nicht dankbar der Obrigkeit, die dich, deine Kinder, dein Weib von täglichem Mord errettet? Denn so die Obrigkeit nicht den Bösen wehrete, wann wären wir sicher? Darum, wenn du Weib und Kind ansiehest, so sollst du gedenken: dieß sind Gottes Gaben, die ich durch die Obrigkeit behalten mag; und als lieb du deine Kinder hast, also lieb sollst du auch die Obrigkeit haben. Und dieweil der gemeine Mann solche Güter, Frieden, Recht, Strafe der Bösen, nicht erkennet, soll mans ja fleißig erklären und oft zu bedenken erinnern,

Zum andern ist die höchste Ehre, daß man für die Obrigkeit herzlich bitte, daß ihnen Gott Gnade und Verstand geben wolle, wohl und friedlich zu regieren, wie St. Paulus gelehret hat 1 Tim. 2: „So ermahne ich nun, daß man vor allen Dingen zuerst thun soll Bitte, Gebet, Fürbitte und Danksagung für alle Menschen, für die Könige und für alle Obrigkeit, auf daß wir ein stilles und ruhiges Leben führen mögen, in aller Gottseligkeit und Redlichkeit; denn das ist gut, dazu auch angenehm vor Gott, unserm Heiland.“ Und Baruch am 1: „Bittet für das Leben des Königs Nabuchodonosor zu Babylonien, und seines Sohnes Balthasar, daß ihre Tag? sein wie die Tage des Himmels auf der Erde, und daß uns Gott Kraft gebe und unsere Augen erleuchte, daß wir mögen leben unter dem Schatten und Schutz des Königs Nabuchodonosors zu Babylonien und seines Sohnes Balthasars.“ Denn weil Friede ein göttlich Gut ist, sollen wir's von Gott bitten und begehren. .

Es sagen Etliche: Wie kann Obrigkeit von Gott sein, da doch viel mit unrechter Gewalt zu herrschen kommen sind, als Julius; und die Schrift nennet Nimrod einen Jäger, darum, daß er sehr zugegriffen hat, Gen. 10. Antwort: Da St. Paulus Röm. 13. spricht, daß Obrigkeit sei von Gott, soll man verstehen, nicht daß Obrigkeit also ein Verhängniß von Gott sei, wie Mörder oder ein Laster von Gott verhängt werden, sondern daß man soll verstehen, daß Obrigkeit eine sonderliche Ordnung und Geschöpfe Gottes sei, wie die Sonne von Gott geschaffen ist, oder wie der Ehestand von Gott eingesetzt ist. Und wie ein Böser, der ein Weib nimmt, nicht guter Meinung, die Ehe mißbraucht; also mißbraucht auch ein Tyrann Gottes Ordnung, als Julius oder Nero. Dennoch ist die Ordnung, dadurch Recht und Friede erhalten wird, ein göttlich Geschöpf, obschon die Person, so die Ordnung mißbraucht, unrecht thut.

Daneben sollen auch die Prediger die Obrigkeit treulich erinnern, ihre Unterthanen in Friede, Recht und Schutz zu halten, die Armuth, Witwen und Waisen zu vertheidigen, und nicht wie das Vieh zu halten; wie denn Gott Jeremiä befahl, Jer. 7. zu predigen dem ganzen Volk Juda, „mit Verheißung, bei ihnen zu wohnen.“ So schreibt auch Paulus Coloss. 3: „Ihr Herrn, was recht und gleich ist, das beweiset den Knechten, und wisset, daß ihr auch einen Herrn habt im Himmel.“ Derselbe Herr wird zu seiner Zeit böse Obrigkeit wohl treffen. Denn Roboam, der Sohn Königs Salomons, war ein mächtiger König, und beschwerete sein Volk sehr, wie ihm von seinen jungen Räthen eingegeben ward. Da nun das Volk um Linderung bat, gab ihm der König Roboam folgende Antwort: „Mein kleinster Finger soll dicker sein, denn meines Vaters Lenden; nun mein Vater hat auf euch ein schweres Joch geladen, ich aber will es noch mehr über euch machen; mein Vater hat euch mit Peitschen gezüchtiget, ich will euch mit Skorpionen züchtigen.“ Da fiel ganz Israel vom König Roboam ab, also daß er allein über die Kinder Israel regierte, die in den Städten Juda wohneten, wie man lieset 1 Könige 12., und behielt nur einen Stamm; denn zehn Stämme hatte König Hierobeam, wie auch 1 Kön. 11. stehet.

Doch soll man die Unterthanen fleißig unterweisen, nichts desto weniger sich gehorsamlich und unterthänig gegen harte Obrigkeit zu beweisen, wie auch St. Petrus 1 Epist. 2. lehret: „Ihr Hausknechte, seid unterthan mit aller Furcht den Herrn, nicht allein den gütigen und gelinden, sondern auch den unschlachtigen.“ Denn Gott lebet noch, der gesagt hat, Deut. 32: „Die Rache ist mein, ich will vergelten.“ Derselbe wird die ungütige Obrigkeit wohl finden.

Etliche zweifeln auch hier, ob man möge in Sachen, die Besitzung der Güter, oder Strafe der Bösen belangend, die Gesetze brauchen, so die Kaiser, oder Heiden gemacht haben. Item, ob man möge die Diebe hängen, so doch das Gesetz anders lehrt: Exod. 22.

Darum soll man wissen, daß wir wohl mögen brauchen, und recht ist, der Kaiser Gesetze halten. Denn wie St. Peter schreibet: „Seid unterthan aller menschlichen Ordnung, um des Herrn willen, es sei dem König, als dem Obersten, oder den Pflegern, als den Gesandten von ihm, zur Rache der Uebelthäter und zu Lobe der Wohlthäter.“

Wie uns auch die Beschneidung nicht geboten ist, also ist uns auch nicht geboten, daß wir Gerichtsordnung, die in Mose stehen, halten müssen. Also sagen die Apostel Act. 15. Man soll die Bürde des Gesetzes nicht auf die Heiden legen, und die Heiden müssen nicht Juden werden, sondern mögen wohl Heiden bleiben, das ist, sie mögen im weltlichen Regiment heidnische Ordnung halten, die Güter theilen, nicht wie sie Moses theilete, strafen, nicht nach Moses Gesetz, sondern nach ihrem Gesetz.

Moses gebietet nach Anzeigung der Bücher Exodi, Levitici, Numeri und Deuteronomium, den Decem allein den Priestern zu geben; aber wir sollen den Decem geben, wem ihn unsre Obrigkeit geordnet hat.

Moses spricht: der älteste oder erstgeborne Sohn soll zwei Theil des Erbes haben; wir aber sollen Erbe nach unsern Rechten theilen.

Moses lehret Exod. 22: Man soll die Diebe also strafen, daß sie eins Theil zwiefach, eins Theil vierfach wieder geben.

Bei uns mag man in solchen Fällen unser Landrecht halten; doch wäre es sein, daß man mit Unterschied, und nicht zu hart, Diebstahl strafte; denn es wird dick und oft erfahren, daß man sehr geringe Diebstahl eben so ernstlich, als großen strafet. Man soll auch um Friedens willen alte Gesetz nicht wegnehmen, ob sie schon schwer sind.

Es haben auch die Alten, so solche Gesetz gemacht haben, wohl gewußt, daß unsern Leuten, die wild sind, harte Strafe noth ist.

Darum soll ein Jeder sein Landrecht brauchen, denn das ist ein Grad christlicher Freiheit, wie St. Paulus, Coloss. 3. „Ein Christ ist nicht ein Grieche, Jude, Beschneidung, Vorhaut, Ungrieche, Scytha, Knecht, Freier, sondern Alles, in Allen Christus.“ So bestätigt auch St. Paulus, Röm. 13. heidnische Rechte, da er lehret, „daß alle Gewalt von Gott sei,“ nicht allein bei den Juden, sondern auch bei den Heiden. Item, daß man aller Gewalt, nicht allein christlicher, sondern auch heidnische unterthänig sein soll. Doch sollen alle Gesetz dieses Maß haben, wie Paulus, Röm. 13. sagt: „gute Werke loben und böse strafen;“ ob sie schon härter strafen, denn Moses, sind sie doch nicht unrecht.

Das ist darum geschrieben, denn es sind Etliche, die wider gemeine Landesordnung von Zehenden, von Henken und dergleichen schreien, daraus zum Theil der Aufruhr vor drei Jahren erweckt worden ist. Solche Schreier sollen als Aufrührer gestraft werden; denn wir alle weltliche Gesetz und Ordnung als Gottes Willen und Gesetz fürchten sollen; denn Salomo spricht Sprich. 16: „Weissagung ist in den Lippen des Königs;“ das ist, was die Herrschaft ordnet oder gebeut, soll gehalten werden, als wäre es Gottes Ordnung. Davon denn viel geschrieben stehet Röm. 13. Die andern Gebote sind ausgelegt durch Christum selbst, Matth. 5.

Hier sollen auch die Leute vermahnet werden, daß sie die Zinsen, damit ein Jeder beladen, treulich bezahlen und ausrichten wollen, und obschon etliche Contract beschwerlich wären, ist dennoch Jedermann zu bezahlen schuldig, von wegen seiner Pflicht und des Gehorsams, den sie der Obrigkeit schuldig sind, damit gemeiner Landfriede möge erhalten werden. Denn was ist's anders, nicht wollen Zins oder Schuld bezahlen, denn Raub und Mord anrichten?

Ueber das sollen insonderheit die, so sich christlichen Namens rühmen, Liebe erzeigen, welche williglich trägt alle Beschwerden, und gibt, wo sie auch nicht schuldig ist, bezahlet, wo sie auch mit Unrecht beschweret wäre, sucht nicht Rache durch eigne Gewalt, wie Christus Matth. 5. lehret. Und solche Ehre sollten wir billig dem heiligen Evangelio thun, daß wir treulich bezahlten, damit das heilige Evangelium nicht gelästert und geschmähet würde, wie es geschiehet durch diese, die unter dem Schein des heiligen Evangelii vermeinen von Zinsen und andern weltlichen Bürden frei zu werden.

Von Trübsal.

Zu dem dritten Stücke christlichen Lebens, das ist, zu guten Werken, gehört auch, daß man wisse, wie man sich in Trübsal halten soll.

Zum ersten soll man die Leute lehren, daß alle Trübsal, nicht allein geistliche, sondern auch leibliche, als Armuth, Krankheit, Fahr der Kinder, Fahr der Güther, Viehsterben, Hunger, uns von Gott zugeschickt werden, um der Ursach willen, daß uns Gott damit vermahne, und zur Buße reize. Wie 1 Cor. 11. stehet: „Wenn wir vom Herrn geplaget werden, so werden wir gestraft, daß wir nicht mit der Welt verdammt werden.“

Nun ist's nicht genug, daß wir wissen, daß uns Gott solches zuschicke, sondern man soll auch lehren, daß man Gott darinnen anrufen soll und vertrauen, Er werde helfen, wie denn oben von dem Gebet gelehret ist; wie Gott Psalm 50. spricht: „Du sollst mich anrufen in Trübsal, so will Ich dich erhören.“

Neben dem allen sollen auch die Leute vermahnet werden, wie schwach der Mensch ist, und wie der Teufel stetigs uns zu Argem unterstehe zu reizen, daß er uns in ewige Schande und Elend bringe; denn Christus spricht Joh. 8: „Der Teufel sei ein Todtschläger.“ So sagt St. Petrus 1 Petri 5: „Der Teufel gehe um, wie ein brüllender Löwe, und suche jemand, den er zerreiße.“ Darum wir stetigs in Gottes Furcht sollen stehen, wachen und beten, daß Gott uns regiere und behüte; denn das ist die rechte Uebung des Glaubens, fechten mit Gebeten wider solche Fahr. So spricht Christus Luc. 21: „So seid nun wacker allezeit und betet.“

Diese Unterricht haben wir den Pfarrern gethan, und sie vermahnet, daß sie diese vornehmste Stücke des christlichen Lebens, die wir hier erzählet, als Buße, Glauben, gute Werke, klar und richtig den Leuten vortragen wollen, und viel andere Sachen, davon der arme Pöbel nicht viel versteht, fallen lassen.

Vom Sacrament der Taufe.

Taufe soll gehalten werden, wie bisher, daß man Kinder taufe. Denn dieweil die Taufe eben das bedeutet, was die Beschneidung bedeutet hat) und man die Kinder beschnitten hat, sollen sie auch die Kinder taufen, und wie Gott spricht, er wolle die Kinder, so beschnitten worden, in Schutz und Schirm annehmen; denn also sagt Gott Gen. 17: „daß Ich dein Gott sei, und deines Samens nach dir.“ Item, „und will ihr Gott sein.“ Also sind auch in Gottes Schutz die Kinder, die getauft werden; darum soll Gott auf solche Zusagung ernstlich angerufen werden.

Es sollen auch die groben Leute unterrichtet werden, daß die Taufe solche große Güter mit sich bringet, das ist, daß Gott des Kindes Beschützer und Beschirmer sein will, und sich des Kindes annehmen. Damit aber die Umstehenden dieses Gebet und Wort in der Taufe verstehen, ist gut, daß man deutsch taufe.

Es sollen auch zuweilen die Leute vermahnet werden, so man von den Sacramenten prediget, daß sie bedenken ihre Taufe, und unterrichtet werden, daß die Taufe nicht allein bedeute, daß Gott die Kindheit wolle annehmen, sondern das ganze Leben, und daß also die Taufe nicht allein den Kindern ein Zeichen sei, sondern auch die Alten reize und vermahne zur Buße; denn Buße, Reue und Leid wird durch die Wassertaufe bedeutet. Dabei auch soll die Taufe den Glauben erwecken, daß denen, so Reue über ihre Sünden haben, die Sünde abgewaschen und verziehen sind; denn dieser Glaube ist die vollkommene Taufe.

Von dem Chrisma oder Cresem soll man sich nicht zanken; denn der rechte Cresem, damit alle Christen gesalbet werden von Gott selbst, ist der Heilige Geist selbst, wie man denn lieset Jesa. 61. und Ephes. 1.

Vom Sacrament des Leibes und Blutes des Herrn.

Von dem Sacrament des wahren Leibes und Blutes unsers lieben Herrn Jesu Christi, sollen den Leuten diese drei Artikel vorgehalten werden: Erstlich, daß sie glauben, daß im Brot der wahrhaftige Leib Christi und im Wein das wahre Blut Christi ist; denn also lauten die Worte Christi in den Evangelisten Matthäo, Marco und Luca: „Das ist mein Leib; und trinket Alle daraus, das ist mein Blut des neuen Testaments, welches vergossen wird für Viele, zur Vergebung der Sünden.“ So sagt auch St. Paulus 1 Cor. 10: „Das Brot, das, wir brechen, ist der ausgetheilte Leib Christi.“ Wo nun sollte verstanden werden nicht der wahre Leib, sondern das Wort Gottes allein, wie es Etliche auslegen, so wäre es nicht eine Austheilung des Leibes Christi, sondern allein des Wort's und Geists. So spricht auch Paulus in benannter Epistel: Cap. 11., daß diese Speise nicht für eine gemeine Speise soll gehalten werden, sondern für den Leib Christi, und strafet die, so es ohne Furcht, wie eine gemeine Speise nehmen.

Die Pfarrherrn sollen auch davon lesen, was die Alten geschrieben haben, auf daß sie sich und Andere desto besser unterrichten könnten. Es spricht Hilarius auch im 8. Buch von der heiligen Dreifaltigkeit, daß man daran nicht zweifeln soll, daß da wahrhaftiger Leib und Blut Christi sei, weil es Christus gesagt hat.

Und ist solches zu bedenken, daß solch groß Mirakel geschieht; nicht aus des Priesters Verdienst, sondern darum, daß Christus also geordnet, daß sein Leib da sei, wo man communicirt. Wie die Sonne täglich aufgehet, nicht um unser Verdienst willen, sondern daß Gott es also geordnet hat.

Der andere Artikel ist, daß sie die Leute unterrichten, daß recht ist, beide Gestalten nehmen. Denn nachdem das heilige Evangelium (Gott Lob!) an Tag kommen ist, darinnen wir deß klärlich bezeuget werden, nämlich, daß beider Gestalt des Sacraments zu reichen und zu nehmen sei; denn Christus hat solches also geordnet, wie die drei Evangelisten, Matthäus, Marcus, Lucas anzeigen; auch hat es St. Paulus ihnen vorzeiten also gegeben, wie man stehet 1 Cor. 11., und keinem Menschen gebührt, solche göttliche Einsetzung zu ändern; denn auch keines Menschen letzter Wille zu ändern ist, wie Paulus Galat. 3. schreibet, viel weniger soll Gottes letzter Wille verändert werden.

Demnach haben wir die Pfarrherrn und Prediger unterrichtet, solche Lehren des Evangelii von beider Gestalt stracks und frei zu lehren jedermann, er sei stark, schwach oder halsstarrig, und in keinem Weg die eine Gestalt billigen, sondern strafen, als unrecht, und wider die Einsetzung und letzten Willen unsers Heilandes und Herrn Jesu Christi, daß also diese Lehre an ihr selbst frei, rein und öffentlich getrieben werde.

Dieweil aber gleichwohl Niemand zum Glauben zu zwingen, noch von seinem Unglauben mit Gebot oder Gewalt zu dringen ist; sintemal Gott kein gezwungener Dienst gefällt, und eitel freiwillige Diener haben will; und dazu auch die Leute mancherlei gesinnet und geschickt befunden werden, daß unmöglich gewest oder noch ist, Maß oder Personen, denen solche beider Gestalt nach der Lehre Christi zu reichen oder zu wegern sein sollte.

Derohalben, ob wir wohl die Lehre rein und frei zu predigen, leichtlich Unterricht geben mögen, als die Christus selbst gegeben, so haben wir doch den Brauch und Uebung solcher Lehre nicht also in gewisse Maß, Weise oder Personen stellen können, angesehen, daß durch den gemeinen Brauch einer Gestalt, die Leute hart gefangen gewest, und noch wohl Etliche sein mögen, die solches Brauchs halben etwas schwerlich zweifeln; darum muß man auch dem Tage seine zwölf Stunden lassen, und die Sache Gott befehlen.

Doch weil dieser Artikel täglich vorfällt, und das Gewissen betrifft; damit die Pfarrherrn nicht gar ohne allen Unterricht gelassen werden, haben wir diese nachfolgende Weise und Unterricht, auf Gottes Berath, zu versuchen, bis der Heilige Geist besser gebe, überantwortet.

Erstlich wie oben angezeigt ist, daß allwege und aller Dinge fest über die Lehre gehalten und stracks gepredigt und bekannt soll werden, daß beider Gestalt das Sacrament zu brauchen sei, nach Christi Einsetzung. Und solche Lehre soll beide für den Schwachen und Halsstarrigen und Jedermann gehen und bleiben unverrückt.

Aufs andere, wo aber Schwache sind, die bisher Nichts davon gehöret, oder nicht genugsam mit den Sprüchen des Evangelii unterrichtet und gestärkt sind, und also ohne Halsstarrigkeit, aus Blödigkeit und Furcht ihres Gewissens nicht könnten beider Gestalt empfahen, die mag man lassen einerlei Gestalt noch eine Zeit lang genießen, und wo sie es also begehren, mag es ein Pfarrer oder Prediger wohl denselben reichen. Ursach ist die: denn hiermit wird der Lehre beider Gestalt Nichts abgebrochen, noch dawider gelehret, sondern allein das Werk oder Brauch solcher Lehre durch Geduld christlicher Liebe eine Zeit lang aufgezogen.

Gleichwie Christus viele Stücke von seinen Aposteln duldete, die unrecht waren, als da sie die Samariter mit Feuer verbrennen wollten, Luc. 9. Item, da sie um die Obrigkeit zankten, Matth. 20. Desselbigen gleichen viel nachließ, das sie zu der Zeit nicht tragen, noch thun konnten, als da sie noch nicht den heiligen Geist hatten, und vor dem Tod flohen, und sich vor den Juden fürchteten, Christum zu bekennen, da er todt war. Auch noch heutiges Tages Gott viel von uns duldet, und in Andern dulden heißet, das doch unrecht, oder zu wenig ist, als schwacher Glaube und ander Gebrechen. Röm. 14. und 15.

Aber weil in dem Allen die Lehre von solchen Stücken dennoch erhalten, und Nichts dawider gelehret wird, entschuldigt, und trägt die Liebe alle solche unvollkommene Bräuche der Lehre.

Item, es ist auch unfreundlich, ja unchristlich, solche Schwache zu zwingen zu beider Gestalt, oder einerlei zu wegern; denn damit werden sie zu sündigen gezwungen; nämlich, wenn sie beider Gestalt wider ihr Gewissen nehmen, so beichten sie denn hernach und büßen, als für eine große Ketzerei, wie wir oft erfahren haben. Wiederum achten sie es auch für Ketzerei, wenn sie einerlei Gestalt nach ihrer Gewohnheit nicht nehmen sotten; daß also auf beiden Seiten ihr schwacher Glaube sich mit großen Sünden, als Ketzerei, wiewohl fälschlich, beschweret, welches viel ärger ist, denn daß sie der Lehre von beider Gestalt eine Zeit lang nicht vollen Gehorsam oder Uebung beweisen, wie St. Paulus Röm. 14. spricht: „Wer sich selbst urtheilet, in dem, das er isset, der ist verdammt.“

Item, also duldet Paulus die Beschneidung und jüdische Speise, dieweil doch daneben frei ging die Lehre von Freiheit aller Speise', welche Freiheit zu lehren und halten, auch Gottes Gebot und Ordnung war, und dennoch der Brauch bei den Schwachen nachblieb, da der Lehre Nichts entgegen gelehret ward.

Wo aber Halsstarrige sind, die es weder lernen noch thun wollen, da soll man stracks keine Gestalt ihnen reichen, sondern sie fahren lassen; wie St. Paulus Titum, Gal. 2., nicht wollte beschneiden lassen, da die Juden drauf drangen und die Freiheit verdammen wollten. Denn solche Halsstarrigen sind nicht allein unvollkommen im Brauch der Lehre, sondern sie wollen die Lehre dazu auch verdammt und unrecht haben. Das ist nicht zu leiden, noch zu dulden; denn die Lehre soll stracks und rein laufen, obgleich die Werke und Brauch langsam her nachkriechen oder schleichen, laufen oder springen. Welche aber schwach oder halsstarrig sind, das muß der Pfarrer, der die Leute kennet, und täglich mit ihnen umgehet, merken, und kanns leichtlich dabei merken, wenn es gutherzige Leute sind, die gerne zur Predigt gehen und gerne lernen wollten, und sich auch dazu recht stellen. Die Rohen aber und Verruchten, so predigen nicht achten, sollen nimmermehr für Schwache gerechnet werden, wie hoch sie auch solches vorgeben.

Der dritte Artikel, daran auch am allermeisten gelegen, ist, daß man lehre: warum man soll das Sacrament brauchen und wie man geschickt sein soll. Zum ersten sollen die Pfarrherrn die Leute unterrichten, wie große Sünde es ist, das Sacrament Unehren und nicht recht brauchen; denn Paulus spricht 1 Cor. 11: „Sie sind schuldig am Leibe und Blute Christi;“ und spricht: “ sie nehmens ihnen zur Strafe.„ Item, „es sind auch viel darum krank und viele gestorben unter den Christen.“ Denn Gott spricht im andern Gebot, Exod. 20. Kap.: Wer seinen Namen unehret, wolle er nicht unschuldig halten. Ohne Zweifel wird auch nicht ungestraft bleiben diese Unehre, die dem Leibe und Blut des Herrn geschieht. Solches soll den Leuten fleißig vorgehalten werden, diese Sünde zu vermeiden, sie zur Furcht, Buße und Besserung zu reizen. Darum sollen auch die nicht zum Sacrament gelassen werden, so in öffentlichen Sünden, Ehebruch, Völlerei und dergleichen liegen, und davon nicht ablassen.

Zum andern soll Niemand zu dem Sacrament gelassen werden, er sei denn vorhin bei dem Pfarrherrn gewesen; der soll hören, ob er vom Sacrament unterrichtet sei, ob er auch sonst Rathes bedürfte u. s. w.

Darnach soll man lehren, daß die allein wohl geschickt zum Sacrament sind, die rechte Reu' und Leid über ihre Sünde tragen und erschrockenes Gewissen haben; denn rohe, furchtlose Leute sollen nicht dazu gehen; denn es stehet geschrieben, 1 Cor. 11: „Das thut, so oft ihrs thut, mein dabei zu gedenken.“

Nun an den Tod Christi gedenken, ist nicht allein, die Historien hören predigen, sondern erschrecken, daß Gott solchen Zorn erzeigt wider die Sünde, daß er seinen eignen Sohn darum getödtet, und kein Engel, kein Heiliger für die Sünde hat mögen genug thun; sondern Christus, der selbst Gott ist, hat müssen sich opfern rc. O wie harte Strafe wird über die kommen, so die Sünde gering achten, so sie hören, daß sie Gott so groß achtet!

Wer nun das rechte Gedächtniß des Todes Christi hat, der soll das Sacrament empfangen und Trost suchen; nicht, daß die äußerliche Nießung das Herz tröste, sondern sie ist ein Zeichen des Trosts und der Vergebung der Sünden, welches Zeichen vermahnet das Herz, daß es glaube, daß Gott einem Reuenden die Sünde vergebe. Und soll das Herz nicht allein durch die Nießung des Sacraments, sondern auch durch die Worte, die bei dem Sacrament sind, zu glauben, vermahnet und erweckt werden; denn in den Worten verheißet Gott Vergebung der Sünde: „das ist mein Leib, der für euch dargegeben wird;“ Item, „das ist der Kelch des neuen Testamentes,“ das ist, der neuen Verheißung, der verheißenen Gerechtigkeit, des ewigen Lebens, „in meinem Blut, das für Viele vergossen wird, zur Vergebung der Sünde.“ Also erlangen sie Vergebung der Sünde, nicht durch die äußerliche Nießung, sondern durch den Glauben, der durch die Worte und Zeichen erweckt wird.

Es sollen auch die Leute vermahnet werden, daß dieß Zeichen nicht allein den Glauben zu erwecken, eingesetzt sei, sondern auch, uns zur Liebe vermahnen, wie St. Paulus spricht 1. Cor. 10: „Ein Brot ist's und Ein Leib ist's, dieweil wir Alle Eines Brotes theilhaftig sind;“ daß wir nicht sollen Neid und Haß tragen, sondern Alle für einander sorgen, einander helfen mit Almosen und allerlei andern Diensten, die uns Gott geboten hat. Solche Vermahnung soll oft geschehen; denn was ist das anders, denn den Leib Christi schmähen, Neid und Haß tragen, und keine Liebe erzeigen wollen, und darnach dennoch wollen für ein Glied Christi gehalten sein?

Von rechter christlicher Buße.

Die Buße ist auch zum Sacrament gezählet, darum, daß alle Sacramente Buße bedeuten; auch um etlicher andrer Ursach willen, die hier nicht von nöthen sind zu erzählen.

Nun haben wir oben angezeiget, daß vonnöthen sei, Buße zu predigen und das furchtlose Wesen zu strafen, das jetzt in der Welt ist, und zum Theil aus unrechtem Verstande des Glaubens kommt; denn Viele, so sie gehöret haben, sie sollen glauben, so sind ihnen alle ihre Sünden vergeben, dichten sie einen Glauben, und meinen, sie seien rein, dadurch werden sie frevel und sicher. Solche fleischliche Sicherheit ist ärger, denn aller Irrthum, so vor dieser Zeit gewesen ist. Darum soll man allewege, wenn man vom Glauben predigt, die Leute unterrichten, wo Glaube sein möge, und wie man dazu kommt; denn rechter Glaube kann nicht sein, wo nicht Reue ist, und rechte Furcht und Schrecken vor Gott.

Dieses Stück ist sehr von nöthen, den Leuten vorzuhalten; denn wo nicht Reue und Leid über die Sünde ist, da ist auch nicht rechter Glaube. So stehet Psalm 147: „Der Herr hat Gefallen an denen, die ihn fürchten und auf seine Güte warten.“ Auch sagt Gott selbst zu Ezech. Kap. 3: „Wenn der Prediger nicht strafet deren Irrsal und Sünde, die er lehret, so wolle er derselben Seele von seinen Händen fordern.“ Solches Urtheil spricht Gott über diese Prediger, so die Leute wollen trösten, und sagen viel vom Glauben und Vergebung der Sünde, sagen aber nicht von Buße, Gottesfurcht und Gottesgericht; solche Prediger strafet auch Jerem. 6. Cap, da er spricht: „man soll denen nicht glauben, so schreien: Friede, Friede, so Gott doch zornig sei und sei nicht rechter Friede.“ Ja, zu besorgen ist, daß Gott werde diese Prediger und Schüler hart strafen um solcher Sicherheit willen; denn das ist die Sünde, darüber Jerem. 6. schreiet: „sie haben sich nicht gewußt zu schämen.“ Und St. Paulus Ephes. 5. verdammet die, so ohne Schmerzen ihres Herzens in sicherm, wilden Wesen leben, und spricht: „das sollt ihr wissen haben, daß kein Buhler, oder Unreiner, oder Geiziger, welcher ist ein Götzendiener, Erbe hat an dem Reiche Christi und Gottes. Lasset euch Niemand verführen mit vergeblichen Worten; denn um dieser willen kommt der Zom Gottes über die Kinder des Unglaubens. Darum seid nicht ihre Mitgenossen.“

Nun ist rechte Buße: herzliche Reu' und Leid über seine Sünde haben, und herzlich erschrecken vor Gottes Zorn und Gericht. Dieß heißet Reue und Erkenntniß der Sünde. Item, Tödtung des Fleisches, heißt auch vornehmlich Buße. Also mancherlei Namen hat die Reue in der Schrift.

Etliche, so sie von der Tödtung reden, wähnen sie allein das Fleisch im Zaum zu halten, das da mehr ist ein Werk des neuen Lebens, vor welchem Werk sein muß die Tödtung des Fleisches; das ist denn nichts Anders, als wahrhaftige Reue. Item, Etliche reden also: man muß sich erkennen, daß die ganze Natur arg sei u. s. w. Solche Worte, wenn die Leute gedenken, meinen sie, sie erkennen sich, und werden dadurch nur frevel.

Es ist aber ein viel ander Ding, sich erkennen, und durch das Gesetz kommt Erkenntniß der Sünde; denn das heißet die Sünde erkennen, Reu' und Leid darüber tragen und erschrecken von Herzen vor Gottes Zom und Gericht, wie David die Sünde erkannte, da der Prophet Nathan zu ihm kam, und ihn strafte, 2 Sam. 12.; denn David wußte zuvor auch wohl, daß er gesündigt hatte, aber er hatte noch nicht Reue; darum hatte er nicht rechte Erkenntniß der Sünde.

Es ist auch eine hohe Rede, die die anfangenden Laien nicht verstehen: die Natur erkennen, daß Alles an uns sündlich sei; denn es kommt nicht bald dahin, daß ein Mensch erschrecke vor allen seinen guten Werken, und sündige auch in guten Werken, wie denn Salomo sagt, Predig. 7,21: „Es ist kein Mensch auf Erden, der nicht sündige und Gutes thue.“

Man soll die Kinder lehren, an den Bänken gehen; also soll man Buße und Reue lehren an groben Sünden, die wir Alle verstehen. Man strafe Völlerei, Unkeuschheit, Neid und Haß, Geiz, Lügen und dergleichen, und reize die Leute zur Reue, halte ihnen vor Gottes Gericht und Strafe, und der Schrift Exempel, da Gott Sünde gestraft hat. Aber vor den Heuchlern, da es noth ist, vergesse man auch nicht des Zornes und der Strafen Gottes über die falschen Gottesdiener oder Heuchler, die Gottes Namen lästern mit ihrem heiligen Schein.

Etliche wähnen, dieweil Gott rechte Reu' in unsern Herzen macht, man dürfe die Leute nicht dazu vermahnen. Wahr ist’s, daß Gott rechte Reue wirket; wirkt sie aber durch die Worte und Predigt. Und wie man die Leute vermahnet zum Glauben, und Gott wirket Glauben durch solche Predigt, also soll man auch zur Reue vermahnen und treiben, und Gott befehlen, in wem er Reu' wirket;. denn Er wirket durch die Predigt. So spricht Moses Deuter. 4: „Gott ist ein fressend Feuer!“ so die Predigt von Gottes Gericht und Zorn Reu' in uns wirket.

Also ist das erste Theil der Buße, Reue und Leid; das andere Theil ist, glauben, daß die Sünde um Christus willen vergeben werde; welcher Glaube wirket guten Vorsatz. Also erlangen wir mit dem Glauben Vergebung der Sünden, wie St. Paulus Röm. 3. gesagt hat; aber solcher Glaube, wie oft gesagt ist, kann nicht sein, wo nicht vorhin Reue und Leid ist; denn Reu' ohne Glauben, ist Judas und Sauls Reue, das ist, Verzweiflung, gleichwie Glaube ohne Reue, Vermessenheit und fleischliche Sicherheit ist, wie hernach folgen wird.

Man hat zuvor gelehret, es seien drei Theile der Buße, als nämlich: Reu', Beichte und Genugthuung. Nun haben wir vom ersten Theil geredet, daß Reue und Leid soll allweg gepredigt werden, und daß Erkenntniß der Sünde und Tödtung heißen Reue und Leid. Es ist auch gut, daß man diese Worte Reu' und Leid brauche; denn diese Worte sind leicht und klar zu verstehen.'

Von der rechten christlichen Beichte.

Die päpstliche Beichte ist nicht geboten, nämlich alle Sünden zu erzählen, das auch unmöglich ist, wie im 19. Psalm stehet: „wer merkt auf die Fehle? Mache mich rein von den Heimlichen!“ Doch soll man die Leute um viel Ursach willen vermahnen, zu beichten, sonderlich die Fälle, da sie Rathes bedürfen, und die sie“ am meisten beschweren. Man soll auch Niemand zum heiligen Sacrament gehen lassen, er sei denn von seinem Pfarrherrn insonderheit verhöret, ob er zum Sacrament zu gehen geschickt sei; denn St. Paulus spricht 1 Cor. 11: „daß die schuldig sind an dem Leibe und Blute Christi,“ die es „unwürdig nehmen.“ Nun Unehren das Sacrament nicht allein die, so es unwürdig nehmen, sondern auch, die es mit Unfleiß Unwürdigen geben; denn der gemeine Pöbel läuft um der Gewohnheit willen zum Sacrament, und weiß nicht, warum man das Sacrament brauchen soll. '„

Wer nun solches nicht weiß, soll nicht zum Sacrament gelassen werden. Zum Brauch des Sacraments in solchem Verhöre, sollen die Leute auch vermahnet werden zu beichten, daß sie unterrichtet werden, wo sie irrige Fälle hatten in ihrem Gewissen; auch daß sie Trost empfahen, wo rechte reuige Herzen sind, so die Absolution hören.

Von der rechten christlichen Genugthuung für die Sünde. Genugthuung für unsere Sünde ist keins unsrer Werke; denn allem Christus hat für unsere Sünden genug gethan. Und dieses Stück der Buße gehört zur Vergebung der Sünde und um Glauben, daß wir wissen und glauben, daß uns unsere Sünde um Christi willen vergeben werde. Auf diese Weise ist von nöthen, diesen Artikel zu lehren. Denn es ist nicht genug, daß man wisse, daß Gott die Sünde strafen wolle, und daß man Reu' über die Sünde trage, sondern man muß auch wissen, daß Gott um Christi willen die Sünde vergeben will, und daß man solche Vergebung mit Glauben erlange, so man glaubet, daß Gott die Sünde um Christi willen vergeben will; denn es muß Reue und Glauben bei einander sein; denn Reu' ohne Glauben bringet Verzweiflung, wie im Judas und Saul; so kann man auch wahrhaftigen Glauben ohne Reu' nicht haben.

Das soll man den Leuten vorhalten: erstlich soll man die Leute zur Furcht reizen. Denn das ist ein großer Zorn Gottes über die Sünde, daß Niemand kann genug thun für die Sünde, denn allein Christus, der Sohn Gottes. Solches soll uns billig erschrecken, daß Gott so hart zürnet über die Sünde; und ist das Wort Christi wohl billig zu bedenken, Luc. 22. und 23: „So man das thut am grünen Holz, was will am dürren werden?“ Hat Christus also um unsrer. Sünde willen müssen leiden, wie viel müssen wir leiden, so wir nicht wollen Reue haben, sondern Gott verachten?

Zum andern soll man die Leute zum Glauben reizen: Ob wir schon nichts, denn Verdammniß, verdienet haben, so vergibt uns doch Gott ohn' unser Verdienst, um Christi willen. Das ist Genugthuung; denn mit Glauben erlanget man Vergebung der Sünde, so man glaubt, daß Christus für uns genug gethan habe, wie Johannes sagt, 1 Epist. 2: „Derselbe ist die Versöhnung für unsere Sünde; nicht allein aber für die unsere, sondern für der ganzen Welt.“

Von menschlichen Kirchenordnungen.

Man siehet, daß viel Unraths aus unbescheidenen Predigten von Kirchenordnung kommt. Darum sind die Pfarrherrn vermahnet, daß sie mehr Fleiß wollen haben, die Stücke, die nöthig sind, als christliche Buße, wie oben berührt, Glauben, gute Werke, Gottesfurcht, Beten, nicht Gott lästern, die Aeltern ehren, die Kinder ziehen, die Obrigkeit ehren, nicht neiden, nicht Haß tragen, Niemand beschädigen oder todtschlagen, Keuschheit, in der Ehe züchtig leben, nicht geizig sein, nicht stehlen, nicht vollsaufen, nicht lügen, niemand schmähen; denn solche Stücke sind mehr von nöthen, denn am Freitag Fleisch essen und dergleichen, wiewohl dasselbe vor Gott und im Gewissen recht ist.

Doch sollen die Leute dennoch unterrichtet werden, bescheiden von solchen Kirchenordnungen zu reden; denn etliche Kirchenordnungen sind gemacht um guter Ordnung und Friedens willen, wie Sr. Paulus spricht 1 Cor. 14: „Es soll Alles ordentlich in der Kirchen geschehen.“ Darum sollen die Feiertage, als Sonntag und etliche mehr, wie jeder Pfarr Gewohnheit ist, gehalten werden; denn es müssen die Leute etliche gewisse Zeit haben, wo sie zusammen kommen, Gottes Wort zu hören.

Es sollen sich auch die Pfarrherrn nicht zanken, ob Einer einen Feiertag hielte, und der Andere nicht; sondern es halte ein Jeder seine Gewohnheit friedlich; doch daß sie nicht alle Feiertage abthun. Wäre auch gut, daß sie einträchtig feierten die Sonntage, Anunciationis, Purificationis, Visitationis der reinen Jungfrau Maria; St. Johannis des Täufers, Michaelis, der Apostel, Magdalenä; dieselben Feste wären denn bereits abgegangen, und könnten nicht bequemlich alle wieder aufgerichtet werden. Und insonderheit soll man halten den Christtag, Beschneidung, Epiphaniä, die Osterfeier, Auffahrt, Pfingsten. Doch abgethan, was unchristliche Legenden oder Gesange darinnen gefunden werden; welche Feste also geordnet sind. Denn man kann nicht alle Stücke des Evangelii auf einmal lehren. Damm man solche Lehre ins Jahr getheilet hat; wie man in einer Schule ordnet, auf einen Tag Virgilium, auf den andern Homerum zu lesen. Man soll auch in der Woche vor Ostern die gewöhnlichen Feiern halten, daran man die Passion predigt. Und ist nicht von nöthen, daß man solche alte Gewohnheit und Ordnung ändere; wiewohl auch nicht nöthig, das Leiden Christi eben die Zeit zu treiben.

Doch sollen die Leute unterrichtet werden, daß solche Feiern, allein darum gehalten werden, daß man daran Gottes Wort lehre, und ob Einem Handarbeit vorfiele, mag er dieselbe thun; denn Gott fordert solche Kirchenordnung von uns nicht anders, denn um Lehrens willen, als Paulus Coloss. 2. sagt: „So laßt nun Niemand euch Gewissen machen über Speise oder über Trank, oder über eines Theils Tagen, als den Feiertagen.“

Ueber solche Satzungen, die gemacht sind um guter Ordnung willen, sind Andere der Meinung, daß sie sonderlicher Gottesdienst sein sollen, dadurch Gott versöhnet und Gnade erlanget werde; als gesetzt Fasten, Freitags nicht Fleisch essen. Nun lehret Christus, Matth. 15: daß solche Ordnung nicht nutze sei, Gott zu versöhnen, denn Er spricht: „Sie dienen mir vergeblich, weil sie solche Lehre lehren, die nichts denn Menschenlehre ist.“ So lehret auch Paulus, 1 Timoth. 4., wo man der Meinung Ordnung mache, daß es Teufelslehre ist. Auch spricht Paulus Coloss. 2: „Es soll euch Niemand richten, um solcher Ordnung willen;“ das ist, man soll nicht solche Satzung machen und nicht lehren, daß Sünde sei, solche Satzung brechen; man soll auch nicht lehren, daß Gottesdienst sei, solche Satzung halten. Es habens auch die Apostel gebrochen; Matth. 12. Doch soll man den Leuten anzeigen, daß man solche Ordnung nicht breche bei den Leuten, die noch nicht unterrichtet sind, daß sie nicht geärgert werden. Denn man soll nicht glauben zum Nachtheil der Liebe, sondern die Liebe zu mehren brauchen; denn Paulus spricht, 1 Cor. 13: „Wenn ich Glauben hätte, daß ich die Berge von einander heben möchte, und hätte nicht Liebe, so wäre ich Nichts.“ ,

Hier sollen auch die Leute unterrichtet werden, welcher Unterschied sei unter Kirchenordnung, und weltlicher Obrigkeit Gesetz; denn alle weltliche Obrigkeit soll gehalten werden, darum, daß weltliche Obrigkeit nicht einen neuen Gottesdienst ordnet, sondern machet Ordnung zu Friede und Liebe. Darum man sie alle halten soll; es wäre denn, wo sie geböten, zu thun wider die Gebote Gottes: als wenn die Obrigkeit geböte, das Evangelium oder etliche Stücke zu lassen. In diesen Fällen soll man halten die Regel, Act. 5: „Man soll Gott mehr gehorchen, denn den Menschen.“ .

Seelmessen und andere Kaufmessen sollen ferner nicht gehalten werden; denn sollten die Seelmessen, Vigilien und dergleichen gelten, so könnte man die Sünde durch Werke ablegen. Nun ist ja „Christus allein das Lamm Gottes,“ wie St. Johannes der Täufer spricht, Joh. 1., „das der Welt Sünde wegnimmt.“ Zu dem, so sind die Messen für die Lebendigen, und nicht für die Todten eingesetzt, den Leib und Blut Christi zu genießen und Christi Tod zu gedenken;, nun kann ja Christus Tod Niemand, denn der im Leben ist, gedenken.

Weß sich auch die Priester mit dem Canon halten sollen, wissen sie wohl aus andern Schriften, ist auch nicht von nöthen, den Laien davon viel zu predigen. Etliche singen deutsche, etliche lateinische Messen, welches wir lassen geschehen; doch wird für nützlich und gut angesehen, wo das meiste Volk des Lateins unverständig, daselbst deutsche Messen zu halten, damit das Volk den Gesang, und Anderes, was gelesen wird, desto daß vernehmen möge, wie St. Paulus sagt, 1 Cor, 14: „Wenn du aber benedeiest mit dem Geist, wie soll der an statt des Laien stehet, Amen sagen, auf deine Danksagung, sintemal er nicht weiß, was du sagest? du sagest wohl fein Dank, aber der Andere wird davon nicht gebessert,“ Nun sagt ja St. Paulus auch an demselben Ort: „Lasset es Alles geschehen zur Besserung.“

An hohen Festen, als Christtage, Ostern, Auffahrt, Pfingsten oder dergleichen, wäre gut, daß zur Messe etliche lateinische Gesänge, die der Schrift gemäß, gebraucht würden; denn es ist eine Ungestalt, immerdar einen Gesang singen. Und ob man schon deutsche Gesänge will machen, daß sich deß nicht ein Jeglicher vermesse, ohne die Gnade dazu zu haben.

Wiewohl nun gesagt ist, daß man (auf daß die Leute Gottes Wort hören und lernen mögen) etliche Feiertage halten möge und solle, so ist es doch nicht die Meinung, als sollte man der Heiligen Anrufen und Fürbitte dadurch bestätigen, oder loben; denn Christus Jesus ist allein der Mittler, der uns vertritt, wie 1 Joh. 2. und Paulus Röm. 8. anzeigen. Die Heiligen aber werden rechtschaffen also geehret, daß wir wissen, daß sie zum Spiegel der göttlichen Gnade und Barmherzigkeit uns vorgestellt sind; denn gleich wie Petrus, Paulus und andere Heilige, unsers Fleisches, Blutes und Schwachheit, aus Gottes Gnaden, durch den Glauben, sind selig worden: also empfangen wir Trost durch diese Exempel, Gott werde uns unsre Schwachheit auch zu Gute halten, und schenken, wenn wir Ihm, wie sie, trauen, glauben, und Ihn in unsrer Schwachheit anrufen.

Der Heiligen Ehre stehet auch darin, daß wir uns im Glauben und guten Werken üben, und zunehmen, wie wir von ihnen sehen und hören, daß sie gethan haben. Darum sollen die Leute durch der Heiligen Exempel zum Glauben und guten Werken gereizt werden, wie Hebr. 13. stehet: „Gedenket an eure Vorgänger, die euch das Wort Gottes gesagt haben; ihren Ausgang schauet an, und folget ihrem Glauben!“

Also vermahnet St. Petrus die Weiber in seiner 1. Epist. am 3.: „Sie sollen ihrer Mutter Sara folgen im Schmuck des Herzens, in sanftem und stillem Geist;“ und spricht: „also haben sich vorzeiten auch die heiligen Weiber geschmückt, die ihre Hoffnung auf Gott setzten, und ihren Männern gehorsam waren, wie die Sara Abraham gehorsam war, und hieß ihn Herr, welcher Töchter ihr worden seid, so ihr wohlthut, und euch nicht fürchtet vor eignem Scheusal.

Von Ehesachen.

In der Ehe sollen die Pfarrherrn die Leute fleißig unterrichten, wie sie Gott eingesetzt habe; darum wir Gott um Hilfe bitten und hoffen sollen in allen Anstößen in der Ehe; denn weil Gott die Ehe eingesetzt und gesegnet hat, Gen. 3., so haben sich Eheleute aller Gnade und Hilfe zu Gott in allen ihren Nöthen zu versehen, und vertrösten. So spricht Salomo im 18. Kap.: „Wer ein Weib findet, der findet was Gutes und schöpfet ein Wohlgefallen von Gott.“ Wie auch Zucht in der Ehe gehalten werden, und Eins gegen das Andere Geduld und Liebe tragen und üben soll, Eph. 5, daß sie auch nicht von einander mögen geschieden werden, und Eins das Andere verlassen, wie Matth. 19. Christus selbst spricht.

Und dieweil wir finden, daß man der christlichen Freiheit in vielen Stücken leichtfertig und trotzig mißbraucht, und ohne alle Noth Aergerniß und Unlust anrichtet, so sollen die Pfarrherrn in den Ehesachen, was die Grade der Sippschaft und dergleichen betrifft, bescheidentlich und vernünftiglich lehren und handeln; denn wie uns St. Paulus lehret, Galat. 5., ist die christliche Freiheit nicht dazu gegeben, daß ein Jeglicher seine Lust oder Vorwitz darinnen suche oder büße, sondern daß er mit freiem Gewissen seinen Nächsten zum Dienst lebe und wandele. „Ihr seid,“ spricht er, „zur Freiheit berufen; allein lasset solche Freiheit nicht dem Fleisch Raum geben.“ Wo aber die Pfarrherrn in solchen Fällen irrig oder ungewiß waren, sollen sie sich bei andern Ge^ lehrten Raths befragen, oder die Sache an M. G. H. Amtleute oder Kanzelei gelangen lassen, laut des Befehls, so ihnen gegeben ist.

Vom freien Willen.

Es reden auch Viele vom freien Willen unbescheiden; darum haben wir diesen kurzen Unterricht hierzu geschrieben.

Der Mensch hat aus eigner Kraft einen freien Willen, äußerliche Werke zu thun oder zu lassen, durchs Gesetz und Strafe getrieben; derohalben vermag er auch weltliche Frömmigkeit und gute Werke zu thun, aus eigner Kraft, von Gott dazu gegeben, und erhalten; denn Paulus nennets „Gerechtigkeit des Fleisches,“ das ist, die das Fleisch oder der Mensch aus eigner Kraft thut.

Wirket nun der Mensch aus eignen Kräften eine Gerechtigkeit, so hat er ja eine Wahl und Freiheit, Böses zu fliehen und Gutes zu thun. Es fordert Gott auch solche äußerliche oder weltliche Gerechtigkeit, wie geschrieben ist, Galat. 3: „Das Gesetz ist gemacht, äußerlicher Uebertretung zu wehren;“ und 1 Tim. 1: „Dem Gerechten ist kein Gesetz gegeben, sondern dem Ungerechten und Ungehorsamen, den Gottlosen und Sündern.“ Als wollte St. Paulus sprechen: Wir können das Herz aus eigener Kraft nicht ändern; aber äußerliche Uebertretung mögen wir verhüten. Man soll auch lehren, daß Gott nicht Gefallen hat an einem wüsten, heidnischen Leben, sondern Gott fordert von Jedermann solche Gerechtigkeit, strafet auch hart mit allerlei weltlichen Plagen und ewiger Pein solches wüste Wesen.

Doch wird diese Freiheit verhindert durch den Teufel; denn wenn der Mensch durch Gott nicht würde beschützt und regiert, so treibt ihn der Teufel zu Sünden, daß er auch äußerliche Frömmigkeit nicht hält. Solches ist noth zu wissen, daß die Leute lernen, wie ein schwacher elender Mensch ist, welcher nicht Hilfe bei Gott sucht. Solches sollen wir erkennen, und Gott um Hilfe bitten, daß er dem Teufel wehre, uns behüte, und uns rechte göttliche Gaben gebe.

Zum andern, kann der Mensch aus eigner Kraft das Herz nicht reinigen, und göttliche Gaben wirken; als wahrhaftige Reue über die Sünde, wahrhaftige und nicht erdichtete Furcht Gottes, wahrhaftigen Glauben, herzliche Liebe, Keuschheit, nicht rachgierig sein, wahrhaftige Geduld, sehnlich bitten, nicht geizig sein, u.s.w.

So spricht Paulus, Röm. 8: „Der natürliche Mensch kann nichts Göttliches wirken,“ stehet nicht Gottes Zorn, darum fürchtet er Ihn nicht recht; stehet Gottes Gütigkeit nicht, darum trauet und glaubet er Ihm auch nicht recht. Darum sollen wir stetig bitten, daß Gott seine Gaben in uns wirken wolle; das heißet denn christliche Frömmigkeit.

Von christlicher Freiheit.

Etliche reden auch unbescheiden von christlicher Freiheit, dadurch die Leute zum Theil vermeinen, sie sind also frei, daß sie keine Obrigkeit sollen haben, daß sie förder nicht geben sollen, was sie schuldig sind. Die Andern meinen, christliche Freiheit sei nichts Anderes, denn Fleisch essen, nicht beichten, nicht fasten, und dergleichen. Solche ungeschickte Wahne des Pöbels sollen die Prediger strafen, und Unterricht thun, der zur Besserung und nicht zum Frevel diene.

Nun ist erstlich christliche Freiheit: Vergebung der Sünden durch Christum, ohne unser Verdienst, und Zuthun, durch den heiligen Geist. Diese Freiheit, so sie recht wird ausgelegt, ist frommen Leuten sehr tröstlich, und reizet sie zur Liebe Gottes und zu christlichen Werken; darum soll man von diesem Stück oft sagen. Also welche nicht durch den heiligen Geist bewahret werden, über dieselben hat der Teufel Gewalt, treibt sie zu großen Lastern und Schande; macht aus dem Einen einen Ehebrecher, aus dem Andern einen Dieb, aus dem Dritten einen Todtschläger, wie man flehet, daß Viele, die in solche Schande fallen, nicht wissen, wie sie dazu kommen, sondern der Teufel hat sie dazu getrieben. Dieß heißt das Gefängniß des menschlichen Geschlechts; denn der Teufel ruhet nicht, und ist ein Todtschläger, und wachet darnach, daß er uns um Leib und Seit bringe, und hat Lust und Freude an unserm Verderben.

Dagegen heißt christliche Freiheit: daß uns Christus den heiligen Geist zugesagt hat, damit Er uns regieren und bewahren will wider solche teuflische Gewalt; so spricht Christus selbst, Joh. 8: „So werdet ihr recht frei sein, wenn euch der Sohn befreien wird.“

Hier sollen die Leute zur Furcht vermahnet werden, daß sie bedenken, in was für großer Fahr sie sind, daß Keiner sicher vor Sünde und Schande ist, wo ihn Gott nicht bewahrete. Dagegen sollen sie auch gekostet, und zu Glauben und Bitten vermahnet werden, daß sie durch den heiligen Geist behütet werden wider den Teufel; wie auch geboten ist durch Christum zu beten, Luc. 22: „Bittet, daß ihr nicht in Versuchung fallet!“ denn der Teufel ist nicht ein geringer und schwacher Feind, sondern der Fürst der Welt, wie ihn Christus selbst nennet, Joh. 12, 14. 16. und ein Gott dieser Welt, wie Paulus, 2 Corinth. 4. spricht.

Darum „haben wir zu kämpfen,“ wie Paulus schreibt, Eph. 6: „nicht mit Fleisch und Blut, sondern mit Fürsten und Gewaltigen, mit dem Weltregenten der Finsterniß, mit den Geistern der Bosheit unter dem Himmel.“ Doch ist das unser Trost, daß, wie St. Johannes in seiner 1. Epistel am 4. sagt: „Der, so in uns ist, ist größer, denn der in der Welt ist.“

Dieses Stück christlicher Freiheit sollte man oft treiben, dadurch die Leute zur Furcht und Glauben gereizt würden; denn es ist kein Stück christlicher Lehre, das frommen Herzen größere Freude mache und bringe, denn dieses Stück, daß wir wissen, daß uns Gott also regieren und behüten will, wie denn Christus zugesagt hat, Matth. 16: „Die Pforten der Höllen werden Nichts dawider vermögen.“

Das andere Stück christlicher Freiheit ist, daß uns Christus nicht bindet an die Ceremonien und Gerichtsordnung des Gesetzes Mosis, sondern daß Christen mögen brauchen Gerichtsordnung aller Länder, die Sachsen sächsische Rechte, die andern römische Rechte. Solche Ordnungen alle, wo sie nicht wider Gott oder Vernunft sind, approbirt und bestätigt Gott, wie droben gesagt ist. Und stehet geschrieben, Röm. 13: „Alle Gewalt ist von Gott;“ nicht allein jüdische, sondern auch aller Länder Gewalt, und St. Petrus 1. Epist. 2. sagt: „Seid unterthan aller menschlichen Ordnung.“

Das dritte Stück christlicher Freiheit betrifft menschliche Kirchenordnung, als fasten, feiern und dergleichen. Da ist vonnöthen zu wissen, daß solche Ordnung halten nicht hilft, Frömmigkeit zu erlangen vor Gott; wie Christus spricht, Matth. 15: “ Sie ehren mich vergeblich mit Menschengeboten.“ Von diesem Stücke aber haben wir droben angezeiget, daß dreierlei Kirchenordnungen sind.

Etliche, die nicht ohne Sünde mögen gehalten werden, als die Satzung, dadurch die Ehe verböten ist. Solche Ordnung soll man nicht halten; „denn man muß Gott mehr gehorchen, denn den Menschen!“ Actor. 5. So nennet es St. Paulus 1. Tim. 4. „Teufelslehre.“ Zu dem, so schilt Christus selbst solche Aufsätze, die zu sündigen gebieten. Matth. 15.

Die andern Ordnungen sind gemacht, nicht damit Gnade zu erwerben, oder für die Sünde genug zu thun, auch nicht, daß vonnöthen sei, dieselben zu halten, sondern daß sie nützlich sind; als daß man Sonntag, Ostern, Pfingsten, Weihnachten feire, welche Zeit geordnet ist, daß die Leute wissen, wenn sie zusammen kommen und Gottes Wort lernen sollen; nicht daß vonnöthen sei, eben solche Zeit zu halten, oder daß Sünde sei, daran Handarbeit zu thun, sondern weil Jedermann solche Zeit weiß, ists gut, daß mans halte, zusammen zu kommen und lernen.

Die dritte Ordnung ist gemacht, damit Gnade zu erwerben für unsere Sünde; als gesetzte Fasten, am Freitage nicht Fleisch essen, die sieben Gezeiten beten und dergleichen. Solche Meinung ist wider Gott, darum mag man auch solche Gebot fallen lassen; denn Paulus heißet es „Teufelslehre,“ solche Ordnung der Meinung halten, oder fordern, daß damit Gnade erworben werde, daß sie vonnöthen sind, Gnade von Gott zu erlangen.

Vom Türken.

Es schreien auch etliche Prediger frevelich vom Türken, man sollte ihm nicht widerstehen, darum, daß Rache den Christen verboten sei. Das ist eine aufrührerische Rede, welche nicht soll gelitten oder gestattet werden. Denn der Obrigkeit ist das Schwert und Gewalt gegeben, und geboten, alle Mörderei und Räuberei zu strafen; darum sie auch schuldig ist, mit Krieg zu wehren denen, die wider Recht Krieg anfahen, und Raub und Mord anrichten. Diese Rache ist nicht verboten; denn St. Paulus spricht, Rom, 13: „Die Obrigkeit sei eine Rächerin Gottes;“ das ist, von Gott geordnet und geboten, der auch Gott in der Noch Hilfe erzeiget. Aber die Rache ist den Christen verboten, die nicht durch Obrigkeit vorgenommen wird, auch nicht aus Befehl der Obrigkeit. Und wie die Schrift den Christen einzelne, und sonderliche eigne Rache verbietet, also gebietet sie Rache der Obrigkeit, und nennet die Rache, so durch die Obrigkeit geschieht, Gottesdienst. Ja das beste Almosen ist, Mord mit dem Schwerte wehren, wie Gott befohlen hat, so Gen. 9. stehet: „ Wer Menschenblut vergeußet, dessen Blut soll wieder vergossen werden.“ Es sagen auch Etliche: man soll den Glauben mit dem Schwerte nicht vertheidigen, sondern wir sollen leiden wie Christus, wie die Apostel rc. Darauf ist zu wissen: daß wahr ist, daß die, so nicht regieren, sollen für sich ein jeder insonderheit leiden, und sich nicht wehren, wie sich Christus nicht gewehret hat; denn Er hat keine weltliche Obrigkeit und Regiment gehabt, noch haben wollen, wie Er denn Joh. 6. sich von den Juden zu einem König nicht wollte aufwerfen lassen. Die Obrigkeit aber soll die Ihren wider unrechte Gewalt schützen; es werde solche unrechte Gewalt vorgenommen ums Glaubens oder um andrer Sachen willen.

Und dieweil die Gewalt soll gute Werke ehren und die bösen strafen Röm. 13. und 1. Petr. 2, soll sie auch denen wehren, die Gottesdienst, gute Landesordnung, Recht und Gericht wollen wegnehmen. Darum man schuldig ist, den Türken zu wehren, die nicht allein die Länder begehren zu verderben, Weib und Kinder schänden und ermorden, sondern auch Landrecht, Gottesdienst und alle gute Ordnung wegnehmen; daß auch die Uebrigen nachmals nicht mögen sicher leben, noch die Kinder zur Zucht und Tugend gezogen werden.

Darum soll vornehmlich eine Obrigkeit kriegen, daß Recht und Ehrbarkeit in Ländern erhalten werde, daß nicht die Nachkommen in unzüchtigem Wesen leben; denn viel leidlicher wäre es einem frommen Manne, sehen seiner Kinder Tod, denn daß sie türkische Sitten müßten annehmen. Denn die Türken gar keine Ehrbarkeit wissen noch achten; die Gewaltigen nehmen den Andern Gut, Weib und Kind, nach ihrem Muthwillen; der gemeine Mann achtet auch keiner Ehepflicht, nehmen Weiber und stoßen sie aus, wie sie wollen, und verkaufen die Kinder. Solche Sitten, was sind sie Anderes, denn eitel Mord? Deß sind die Ungarn wohl erfahren und gute Zeugen, wenn sie wider die Türken streiten, daß sie sich dermaßen ermahnen: Lieber, wenn schon der christliche Glaube Nichts wäre, so ist dennoch noth, daß wir streiten wider die Türken um unser Weib und Kind willen; denn wir lieber todt sein wollen, ehe wir solche Schande und Unzucht an den Unsern sehen und leiden wollen! Denn die Türken treiben die Leute zu Markt, kaufen und verkaufen sie, und brauchen sie wie das Vieh, es sei Mann oder Weib, Jung oder Alt, Jungfrau oder Ehelich, daß ein gar schändlich Wesen ist um das türkische Wesen, Darum sollen die Prediger die Leute vermahnen, Gott zu bitten, daß Er uns vor solchen wüthenden Leuten behüte; und sollen die Leute unterrichten, wie es ein rechter Gottesdienst sei, wider solche streiten, aus Befehl der Obrigkeit.

Von täglicher Uebung in der Kirche.

Weiter, weil auch an viel Enden die alten (Zeremonien allenthalben abgethan, und Wenig in den Kirchen gelesen oder gesungen wird, hat man dieses, wie hernach folget, geordnet, wie man es in den Kirchen und Schulen und sonderlich an den Orten, da viel Volks vorhanden, als in Städten oder Flecken, hinfürder halten mag: Als nämlich, erstlich mag man alle Tage frühe in der Kirche drei Psalmen singen, lateinisch oder deutsch; und die Tage, so man nicht predigt, mag durch einen Prediger eine Lection gelesen werden, als nämlich Matthäus, Lucas, die erste Epist. S. Joh., beide Petri, S. Jacobi, etliche S. Paulus-Episteln, als, beide an Timotheum, an Titum, die Epheser, Colosser, und wenn diese aus sind, soll mans wieder vorn anfangen. Und der, so die Lection lieset, soll darauf die Leute vermahnen, zu beten ein Vater unser für gemeine Noth, sonderlich was zu der Zeit vorfällt, als: um Friede, Nahrung und sonderlich um Gottes Gnade, daß Er uns regiere und behüte; darnach mag die Kirche einen deutschen Gesang singen, und darauf der Prediger eine Collecte lesen.

Abends wäre es fein, daß man drei Vesperpsalmen singe, lateinisch und nicht deutsch, um der Schüler willen, daß sie das Lateinische gewohnten; darnach die reinen Antiphen, Hymnus und Respons; darnach möchte eine Lection zu deutsch gehalten werden, aus dem 1. Buch Mose, aus dem Buch der Richter, aus dem Buch der Könige; nach der Lection soll man heißen ein Vater unser beten. Darnach möchte man singen das Magnificat, oder Te Deum laudamus, oder Benedictus, oder Quincunque vult salvus esse, oder reine Preces, damit die Jugend auch bei der Schrift bleibe; darnach möchte die ganze Kirche einen deutschen Gesang singen, und der Priester endlich die Collecten lesen.

In kleinen Flecklein, da nicht Schüler sind, ist nicht vonnöthen, daß man täglich singe; es wäre aber gut, daß sie etwas singen, wenn man predigen will. In der Woche soll man predigen am Mittwoch und Freitag.

Es soll auch ein Pfarrherr Fleiß anwenden, daß man nützliche und nicht schwere Bücher vornehme zu predigen, daß auch der Glaube also gepredigt werde, daß man der rechtschaffenen christlichen Buße, Gottes Gericht, Gottesfurcht und guter Werke (dermaßen wie hievor angezeiget und erklärt) nicht vergesse; denn man ohne die Buße Glauben nicht haben und verstehen mag.

Am Freitag soll man Morgens und zur Vesperzeit predigen, Morgens das Evangelium; Nachmittag, weil das Gesinde und junge Volk in die Kirche kommt, halten wir für gut, daß man Sonntags Nachmittag stetig für und für die zehn Gebote, die Artikel des Glaubens und das Vater unser predige und auslege; die zehn Gebote, dadurch die Leute zur Gottesfurcht vermahnet werden; darnach das Vater unser, daß die Leute wissen, was sie beten. Nach dem soll man die Artikel des Glaubens predigen, und den Leuten fleißig anzeigen diese drei vornehmliche Stücke, so im Glauben verfasset sind: die Schöpfung, die Erlösung und die Heiligung. Denn wir für nützlich achten, daß man von der Schöpfung also lehre, daß die Leute wissen, daß Gott noch schaffet, uns täglich ernähret, lässet wachsen rc.; dadurch sollen die Leute zum Glauben vermahnet werden, daß wir Gott um Nahrung, Leben, Gesundheit und dergleichen leibliche Nothdurft bitten.

Darnach sollen die Leute unterrichtet werden von der Erlösung, wie uns die Sünde durch Christum vergeben ist; dahin soll man ziehen alle Artikel von Christo, wie er geboren, gestorben, erstanden sei.

Der dritte Artikel, die Heiligung, ist von des Heiligen Geistes Wirkung; da sollen die Leute vermahnet werden, daß sie bitten, daß uns Gott durch seinen heiligen Geist regiere und behüte, und angezeigt werden, wie schwach wir sind, und wie graulich wir fallen, wo uns Gott durch den heiligen Geist nicht zieht und bewahret.

Und wenn am Sonntage die zehn Gebote, das Vater unser, und der Glaube gepredigt sind, eins nach dem andern, soll man von der Ehe und den Sacramenten der Taufe und des Altars, auch mit Fleiß predigen. Es sollen auch zu dieser Predigt, um der Kinder und einfältiger unwissender Leute willen, von Wort zu Wort vorgesprochen werden: die zehn Gebote, die Artikel des Glaubens und das Vater unser.

Es sollen sich auch die Prediger aller Schmähworte enthalten und die Laster strafen, insgemein deren, die sie hören, nicht von denen predigen, die sie nicht hören, als vom Papst oder Bischöfen, oder dergleichen, ohne, wo es die Leute zu warnen und Exempel zu geben noth ist; denn die haben den Papst noch nicht überwunden, die sich dünken lassen, daß sie den Papst überwunden haben.

An den Festen: als Christtag, Circumcisionis, Epiphaniä, Ostern, Ascensionis, Pentecoste, oder andern, so nach Gewohnheit einer jeden Pfarre gehalten wird, soll man auch nach Mittag von den Festen predigen. Es sollen auch diese Feste, wie oben stehet, Weihnacht, Beschneidung, der heiligen drei Könige, Ostern, Himmelfahrt, Pfingsten gehalten werden. Es sollen auch die Feier in der Karwoche, grünen Donnerstag und Karfreitag, daran die Passion gepredigt soll werden, in Maßen, wie auch oben angezeiget, gehalten werden.

Doch soll man die Leute vom Sacrament unterrichten, daß sie nicht um Gewohnheit willen dazu laufen, sondern daß sie .sonst im Jahre, wenn sie Gott vermahnet, zum Sacrament gehen sollen, damit es an keine Zeit gebunden sei.

Es sind auch etliche Grobe, Unverständige, die schreien wider solche Feier, welches nicht soll gestattet werden; denn solche Feier sind darum verordnet, weil man kann die Heilige Schrift den Leuten nicht auf einen Tag lehren, sondern es sind die Stücke der Lehre ausgetheilt, also auf bestimmte Zeit zu lehren: Wie man in den Schulen auf einen Tag Virgilium, auf den andern möcht Ciceronem ordinarie lesen.

Wie aber Feier ohne Mißglauben soll gehalten werden, kann ein geschickter Prediger wohl anzeigen. Mit den Festen soll es auch friedlich gehalten werden; also, daß wo etliche schlechte Feiern abgegangen sind, daß man davon nicht viel Zankes mache.

Dieweil es auch eine Ungestalt ist, daß die Gesänge gar gleich sind an den Festen, wäre gut, daß man an den herrlichen Festen sänge die lateinische Introitus, Gloria in Excelsis Deo, Halleluja, die reinen Sequenz, Sanctus, Agnus Dei.

Sonst am Sonntag lassen wir bleiben, wie es ein jeder Pfarrherr mit christlichen Ceremonien hält. Doch wäre es gut, daß man die Leute zu der Empfahung des Sacramentes vermahnete. Es soll auch Niemand zu der Empfahung des hochwürdigen Sacramentes zugelassen werden, er sei denn zuvor verhört und gefragt, damit man dem Leibe Christi keine Unehre thue, wie oben angezeigt.

Auch soll die mancherlei Weise der Messen, bis man es (so viel möglich!) in Gleichheit bringen mag, nicht groß bewegen, und ärgern; sintemal auch unter dem Papstthum wohl größere Ungleichheit und Mannichfaltigkeit ist in allen Stiften, dazu auch zuweilen drei, vier Messen auf einmal gesungen, daß ein großes Geschrei gewest, und hat dennoch Niemand bewegt, und noch nicht.

Es soll auch mit den Leichen schicklich gehalten werden, daß ein Caplan und Kirchner mitgehe, und die Leute auf der Kanzel vermahnet werden, mit zu gehen, und bei dem Begräbniß den deutschen Gesang: „Mitten wir im Leben rc.“ singen lassen.

Wir hören auch, daß ungeschicklich gepredigt wird von den sechs Wochen, so die Frauen halten nach der Geburt, dadurch etliche Frauen gezwungen, unangesehen, daß sie schwach gewesen, an die Arbeit zu gehen und davon in Krankheit gefallen und gestorben sein sollen. Damm haben wir für nöthig geachtet, die Pfarrherrn zu ermahnen, von dieser und dergleichen Gewohnheit bescheiden zu reden; denn es sind die sechs Wochen geordnet im Gesetz Mosts, Levit. 12. Wiewohl nun das Gesetz aufgehoben, so sind dennoch diese Stücke, die uns nicht allein das Gesetz, sondern auch die Natur lehret, nicht aufgehoben; als nämlich die natürlichen und sittlichen Dinge, was die Natur und Sitten belangt. Darum auch St. Paulus 1. Kor. 11, ja auch die Natur selbst lehret und anzeigt, daß man die Gesetze, die uns die Natur kehret, zu halten schuldig ist. Darum sollen auch die Frauen so lange verschonet werden, bis daß sie zu rechten Kräften wieder kommen, welches nicht wohl in weniger Zeit, denn in sechs Wochen geschehen mag. Es ist nicht Sünde, vor solcher Zeit ausgehen; aber Sünde ist's, dem Leibe Schaden zufügen. Wie auch nicht Sünde ist, Wein trinken; dennoch soll man einem Fieberkranken, von wegen der Krankheit, nicht Wein geben; also auch in diesem Fall, soll man des Leibes Nothdurft bedenken, und eine Zucht halten, und nicht die christliche Freiheit brauchen zum Schaden des Leibes, oder zur Unzucht; denn es gehet eben zu mit unzüchtigem Brauch der christlichen Freiheit, als wenn ein Fürst eine Herde Schweine zu sich zu Tische riefe; die verstehen solche Ehre nicht, sondern verwüsten nur, was ihnen vorgesetzt wird, und machen den Herrn auch unrein; also der Pöbel, so sie hören von der Freiheit, wissen sie nicht, was solche Freiheit ist, und wähnen, sie sollen keiner Zucht, keiner guten Sitten nicht achten, damit denn Gott auch gelästert wird.

Vom rechten christlichen Bann.

Es wäre auch gut, daß man die Strafe des rechten und christlichen Bannes, davon geschrieben stehet Matth, 18., nicht ganz ließe abgehen. Darum, welche in öffentlichen Lastern, als Ehebruch, täglicher Völlerei und dergleichen liegen, und davon nicht lassen wollen, sollen nicht zum heiligen Sacrament gelassen werden. Doch sollen sie etliche Mal zuvor vermahnt werden, daß sie sich bessern; darnach, so sie sich nicht bessern, mag man sie in Bann verkündiget.

Diese Strafe soll auch nicht verachtet werden; denn weil sie ein Fluch ist, von Gott geboten über die Sünder, so soll mans nicht gering achten; denn solcher Fluch ist nicht vergeblich; wie denn Paulus 1. Kor. 5. den, der mit seiner Stiefmutter zu schaffen gehabt, dem Teufel zum Verderben des Fleisches übergab, auf daß der Geist selig würde an dem Tage des Herrn.

Es mögen auch die Verbannten wohl in die Predigt gehen; denn läßt man doch auch die Juden und Heiden in die Predigt gehen.

Viele Pfarrherrn zanken sich auch mit den Pfarrleuten um unnöthige und kindische Sachen, als vom Pacemläuten und dergleichen. An solchen Sachen sollen billig die Pfarrherrn, als die Vernünftigen, um des Friedens willen, den Leuten weichen, und sie unterrichten, wo solches Läuten Unrecht gebraucht, daß es nun fort wohl gebraucht würde. Denn wiewohl an etlichen Orten der Brauch gehalten, daß wider das Ungewitter die Glocken gelautet worden sind, welches auch sonder Zweifel anfänglich wohl gemeint sein wird, vielleicht das Voll! dadurch zu reizen, Gott zu bitten, daß Er uns die Früchte der Erde, und vor anderm Schaden behüte; dieweil aber dasselbe Läuten hernachmals mißgebraucht und dafür gehalten ist worden, daß die Glocken und vielleicht um deß willen, daß man eine Zeit lang vorgenommen, dieselben zu weihen, das Wetter vertreiben sollten. Wäre nicht böse, daß die Prediger in Sommerszeit das Volk vermahneten, so sich ein Ungewitter hebet, und wo man läutet, daß solche Gewohnheit darum gehalten werde, nicht daß der Glocken Ton und Weihung der Glocken das Wetter oder Frost vertreibe, wie bisher gelehret und gehalten ist worden, sondern daß man dadurch erinnert würde, Gott zu bitten, uns die Früchte der Erde zu behüten, und daß unser Leben und Nahrung wahrhastige Gaben Gottes sind, welche ohne Gottes Hilfe nicht mögen erhalten werden. Es gebe auch Gott Gewitter zur Strafe, wie im Mose an vielen Orten angezeiget ist; und dagegen gut Wetter ist eine gute Gabe Gottes, wie Moses spricht zum Volk, so sie Gott fürchten und seinem Wort gehorchen werden, „so werde ihnen Gott Regen zu rechter Zeit geben.“ Levit. 26. und Deuter. 23.

Wenn nun das Lauten abgethan, so würde das Volk vielleicht desto weniger erinnert, daß von Gott das Wetter kommt; und rufet Gott desto minder an. Es würden auch die Leute desto wilder, wenn sie nicht vermahnet werden, Gott um Leben und Nahrung zu bitten. Doch muß das der Prediger viel daß ausrichten, denn die Glocken, sonst würde ein Teufelstrudel draus, wie zuvor gewest. So ist das Pacemläuten an vielen Orten dazu geordnet, daß die Leute wissen, welche Zeit es am Morgen ist, auch zu welcher Zeit sie des Abends vom Felde zu Haus gehen sollen.

Weil nun Etliche unrecht meinen, es sei ein Dienst, der der reinen Jungfrau Maria geschehe, sollen die Leute unterrichtet werden, daß es geschehe darum, auf daß man bete wider den Teufel und gehenden Tod, und alles, was des Tages und Nachts für Gefahr zufallen möge, wie die alten Hymni und Gesang der Completen und der Primen Zeit anzeigen. Insonderheit aber, daß man Gott um Friede bitten soll; auch daß Friede eine Gabe Gottes sei, wie der 127. Psalm anzeigt: „Wo der Herr nicht das Haus bauet, so arbeiten umsonst, die daran bauen.“ Und im 68. Psalm: „Gott zerstreuet die Völker, die zu kriegen Lust haben“ und andere Sprüche mehr.

Man soll auch die Leute unterrichten, wie ein gut, köstlich Ding Friede sei; denn im Krieg können die Armen nicht Nahrung suchen; auch kann man nicht Kinder ziehen; es werden Jungfrauen und Weiber geschwächt; geschehen allerlei Muthwillen, nicht allein von den Feinden, sondern auch von Freunden; Recht und Gericht, alle Zucht und Gottesdienst gehen unter in Kriegen. Darum sollte man Gott billig täglich bitten, daß Er uns nicht mit dieser scharfen Ruthe strafe. Von solchen Dingen ists nütze, oft zu predigen; denn es sind die rechten guten Werke, auf die uns die Schrift auch überall weiset.

Das ist aber darum geschrieben, daß sich die Pfarrherrn nicht zanken sollen, um solcher Sache willen; nicht daß man solches Läuten halten müsse, wo es auch gefallen ist, nicht nöthig wieder aufzurichten.

Von Verordnung des Superattendenten.

Dieser Pfarrherr soll Superattendens sein auf alle andere Priester, so im Amt oder Revier des Orts sitzen, sie wohnen unter den Klöstern, Stiften, den vom Adel oder andern; und fleißig Aufmerken haben, daß in den obbestimmten Pfarren recht und christlich gelehret, und das Wort Gottes und das heilige Evangelium rein und treulich gepredigt, und die Leute mit den heiligen Sacramenten, nach Aussetzung Christi, seliglich versehen werden; daß sie auch ein gut Leben führen, damit sich das gemeine Volk bessere, und kein Aergerniß empfahe, und nicht Gottes Wort zu entgegen, oder das zu Aufruhr wider die Obrigkeit dienstlich, predigen oder lehren.

Wo nun der eines oder mehr von einem oder mehr Pfarrherrn oder Predigern vernommen oder gehandelt würde; den oder dieselbigen soll oben angezeigter Superattendens zu sich erfordern, und ihm untersagen, von solchem abzustehen, und ihn gütig unterweisen, worin er sich verbrochen, geirrt, zu viel oder zu wenig, es sei in der Lehre oder Leben, gethan habe. Würde er aber davon nicht lassen noch abstehen wollen, und sonderlich zu Erweckung falscher Lehre und Aufruhrs; so soll der Superattendens solches unverzüglich dem Amtmann anzeigen, welcher denn solches sofort unserm gnädigsten Herrn, dem Kurfürsten, melden soll, damit seine kurfürstliche Gnaden hierin in der Zeit billige Vorsehung vorwenden mögen.

Es ist auch für gut angesehen und geordnet, ob künftiglich der Pfarrer oder Prediger einer auf dem Lande seiner Revier mit Tode abgehen, oder sonst sich von bannen wenden und Andere an ihre Statt, durch ihre Lehnherrn genommen würden, der oder dieselben sollen zuvor, ehe sie mit der Pfarre belehnt, oder zu Predigern aufgenommen werden, dem Superattendenten vorgestellt werden; der soll verhören und examiniren, wie sie in ihrer Lehre und Leben geschickt, ob das Volk mit ihnen genugsam versehen sei, auf daß durch Gottes Hilfe mit Fleiß verhütet werde, daß kein Ungelehrter oder Ungeschickter zur Verführung des armen Volkes aufgenommen werde. Denn man ist oft und dick, und sonderlich im kurz vergangenen Jahren wohl innen geworden, was Großes, Gutes und Böses, von geschickten und ungeschickten Predigern zu gewarten ist. Daraus man billig bewegt wird, ein fleißiges Auge auf dieß Stück zu haben, ferner Unrichtigkeit und Beschwerung aus Gottes Gnaden zu verhüten und verkommen, damit Gottes Name und Wort in uns nicht gelästert werde, davon uns St. Paul an so vielen Enden treulich vermahnet.

Von Schulen.

Es sollen auch die Prediger die Leute vermahnen, ihre Kinder zur Schule zu thun, damit man Leute aufziehe, geschickt zu lehren in der, Kirche und sonst zu regieren; denn es vermeinen Etliche, es sei genug für einen Prediger, daß er deutsch lesen könnte. Solches aber ist ein schädlicher Wahn; denn wer Andere lehren soll, muß eine große Uebung und sonderliche Schicklichkeit haben; die zu erlangen, muß man lange und von Jugend auf lernen. Denn Paulus spricht, 1. Timoth. 3: „Es sollen die Bischöfe geschickt sein, die Andern zu unterrichten und zu lehren.“ Damit zeiget er an, daß sie mehr Schicklichkeit haben sollen, denn die Laien. So lobet er auch Timotheum 1. Timoth. 4, daß er „von Jugend auf gelernet habe,“ auferzogen in den Worten des Glaubens und der guten Lehre; denn es ist nicht eine geringe Kunst, die auch nicht möglich ist, daß sie ungelehrte Leute haben, Andere klar und richtig lehren und unterrichten. Und solcher geschickten Leute bedarf man nicht allein zu der Kirche, sondern auch zu dem weltlichen Regiment, das Gott auch will haben. Darum sollen die Aeltern um Gottes willen die Kinder zur Schule thun, und sie Gott dem Herrn zurüsten, daß sie Gott Andern zu Nutz brauchen könnte.

Vor dieser Zeit ist man um des Brauchs willen zur Schule gelaufen, und der größere Theil hat darum gelernet, daß er eine Prabende kriegete, da er versorget, sich mit sündlichem Meßhalten ernähret. Warum thun wir Gott nicht die Ehre, daß wir um seines Befehls willen lernen? Denn Er würde ohne Zweifel dem Bauch auch Nahrung schaffen; denn Er spricht Matth. 6. also: „Trachtet am ersten nach dem Reiche Gottes, so werden euch alle andere Güter zugegeben werden,“

Gott hat die Leviten im Gesetz Mosts mit dem Zehenden versorgt; im Evangelio ist nicht geboten, den Priestern den Zehenden zu geben; aber dennoch ist geboten, ihnen Nahrung zu geben. So sagt Christus selbst Matth, und Luc. 10: „daß ein jeder Tagelöhner seines Lohnes und seiner Speise werth sei.“

Darum, ob schon die Welt Gottes Gebot verachtet, und den Priestern, denen sie schuldig ist, nicht gibet, wird dennoch Gott der Priester, die recht lehren, nicht vergessen, und sie ernähren; denn Er hat ihnen Nahrung zugesagt.

Wie reichlich auch viele andere Künste durch Gottes Willen belohnet werden, stehet man täglich; denn also ist geschrieben, Sirach 38: Von Gott ist alle Arzenei und wird vom Könige Schenkung empfahen.

Nun sind viele Mißbräuche in der Kinder Schulen. Damit nun die Jugend recht gelehret werde, haben wir diese Form gestellet.

Erstlich sollen die Schulmeister Fleiß ankehren, daß sie die Kinder allein lateinisch lehren, nicht deutsch, oder griechisch und hebräisch, wie Etliche bisher gethan, die armen Kinder mit solcher Mannichfaltigkeit beschweren, die nicht allein unfruchtbar, sondern auch schädlich ist. Man stehet auch, daß solche Schulmeister nicht der Kinder Nutz bedenken, sondern um ihres Ruhmes willen so viel Sprachen vornehmen. Zum Andern sollen sie auch sonst die Kinder nicht mit viel Büchern beschweren, sondern alleweg Mannichfaltigkeit fliehen. Zum Dritten ist's noth, daß man die Kinder zerrheile in Haufen.

Vom ersten Haufen.

Der erste Haufe sind die Kinder, die lesen lernen; mit denselben soll diese Ordnung gehalten werden:

Sie sollen erstlich lernen lesen der Kinder Handbüchlein, darin das Alphabet, Vater unser, Glaube und andere Gebete innen stehen; so sie dieß können, soll man ihnen den Dorlat und Cato zusammen vorgeben; den Donar zu lesen, den Cato zu exponiren, also, daß der Schulmeister einen Vers oder zween exponire, welche die Kinder darnach zu einer andern Stunde aufsagen, daß sie dadurch einen Haufen lateinischer Worte daraus lernen, und einen Vorrath schaffen zu reden. Darinnen sollen sie geübt werden, so lange, bis sie wohl lesen können, und halten es dafür, es sollte nicht unfruchtbar fein, daß die schwachen Kinder, die nicht einen sonderlich schnellen Verstand haben, den Cato und Donat nicht einmal allein, sondern das andere Mal auch lernten. Daneben soll man sie lehren schreiben, und treiben, daß sie täglich ihre Schrift dem Schulmeister zeigen. Damit sie auch viel lateinische Worte lernen, soll man ihnen täglich am Abend etliche Wörter zu lernen vorgeben, wie vor Alters die Weise in der Schule gewesen ist.

Diese Kinder sollen auch zu der Musica angehalten werden, und mit den andern singen, wie wir hernach, will Gott, anzeigen wollen.

Von dem andern Haufen.

Der andere Haufe sind die Kinder, so lesen können, und sollen nun die Grammatica lernen. Mit denselben soll es also gehalten werden:

Die erste Stünde nach Mittag täglich sollen die Kinder in der Musica geübt werden, alle klein und groß. Darnach soll der Schulmeister dem andern Haufen auslegen die Fabulas Aesopii erstlich. Nach der Vesper soll man ihnen exponiren Paedologiam Mosellani, und wenn diese Bücher gelernet, soll man aus den Colloquiis Erasmi wählen, die den Kindern züchtig und nützlich sind. Dieses mag man auf den andern Abend repetiren.

Abends, wenn die Kinder zu Hause gehen, soll man ihnen eine Sentenz aus einem Poeten oder andern vorschreiben, den sie Morgens wieder aussagen, als: Amicus certus in re incerta cernitur. Ein gewisser Freund wird im Unglück erkannt, oder: Fortuna quem nimium fovet stultum facit.. Wen das Glück zu wohl hält, den macht es zu einem Narren. Item: Ovidius: Vulgus amicitias utilitate probat. Der Pöbel lobt die Freundschaft nur nach dem Nutzen. Morgens sollen die Kinder den Aesopum wieder exponiren. Dabei soll der Praceptor etliche Nomina und Verba decliniren, nach Gelegenheit der Kinder, viel oder wenig, leichte oder schwere, und fragen auch die Regel und Ursach solcher Declination.

Wenn auch die Kinder haben Regulas Constructionum gelernet, soll man auf diese Stunde fordern, daß sie, wie mans nennet, construiren, welches sehr fruchtbar ist, und doch von wenigen geübt wird.

Wenn nun die Kinder Aesopum auf diese Weise gelernet, soll man ihnen Terentium vorgeben, welchen sie auch sollen auswendig lernen; denn sie nun gewachsen und mehr Arbeit zu tragen vermögen. Doch soll der Schulmeister Fleiß tragen, daß die Kinder nicht überladen werden.

Nach dem Terentio soll der Schulmeister den Kindern etliche Fabulas Plauti, die rein sind, vorgeben, als nämlich, Auluarium, Trinummum, Pseudomum und dergleichen.

Die Stunde vor Mittag soll alleweg für und für also angelegt werden, daß man daran nichts Anderes, denn Grammaticam lehre; erstlich Etymologiam, darnach Syntaxin, folgend Prosodiam, und stetig, wenn dieses vollendet, soll man wieder von vorn anfangen, und die Grammatik den Kindern wohl einbilden; denn wo solches nicht geschieht, ist alles Lernen verloren und vergeblich. Es sollen auch die Kinder solche Regulas Grammaticae auswendig aufsagen, daß sie gedrungen und getrieben werden, die Grammatik wohl zu lernen.

Wo auch den Schulmeister solche Arbeit verdrießet, wie man viel findet, soll man dieselben lassen laufen, und den Kindern einen andern suchen, der sich dieser Arbeit annehme, die Kinder zur Grammatik zu halten; denn kein größerer Schade allen Künsten mag zugefüget werden, wo die Jugend nicht wohl geübt wird in der Grammatik.

Dieß soll also die ganze Woche gehalten werden, und man soll den Kindern nicht alle Tag ein neu Buch vorgeben.

Einen Tag aber, als Sonnabend oder Mittwoch, soll man anlegen, daran die Kinder christliche Unterweisung lernen. Denn Etliche lernen gar Nichts aus der heiligen Schrift; Etliche lernen die Kinder gar Nichts, denn die Heilige Schrift, welche beide nicht zu leiden sind. Denn es ist vonnöthen, die Kinder zu lehren den Anfang eines christlichen und gottseligen Lebens. So sind doch viele Ursachen, darum daneben ihnen auch andere Bücher vorgelegt sollen werden, daraus sie reden lernen. Und soll in dem also gehalten werden; es soll der Schulmeister den ganzen Haufen hören, also, daß einer nach dem andern ansage das Vater unser, den Glauben und die zehn Gebote. Und so der Haufe so groß ist, mag man eine Woche ein Theil und die andere auch ein Theil hören. Darnach soll der Schulmeister auf eine Zeit das Vater unser einfältig und richtig auslegen; auf eine andere Zeit den Glauben, auf andere Zeit die zehn Gebote. Und soll den Kindern die Stücke einbilden, die noth sind, recht zu leben: als Gottesfurcht, Glauben, gute Werke. Soll nicht von Hadersachen sagen; soll auch die Kinder nicht gewöhnen, Mönche oder Andere zu schmähen, wie viel ungeschickte Schulmeister pflegen.

Daneben soll der Schulmeister den Knaben etliche leichte Psalmen vorgeben, außen zu lernen, in welchen begriffen ist eine Summe eines christlichen Lebens, als die von Gottesfurcht, Glauben und guten Werken lehren. Als der 112. Psalm: „Wohl dem Mann, der Gott fürchtet.“ Der 34. Psalm: „Ich will den Herrn loben allezeit rc.“ Der 128.: „Wohl dem, der den Herrn fürchtet und auf seinen Wegen gehet rc.“ Der 125.: „Die auf den Herrn hoffen, werden nicht umfallen, sondern ewig bleiben, wie der Berg Zion Der 127. Psalm: „Wo der Herr nicht das Haus bauet, so arbeiten umsonst die daran bauen rc.“ Der 133. Psalm: „Siehe, wie fein und lieblich ist's, daß Brüder mit einander wohnen rc.“ Und etliche dergleichen leichte und klare Psalmen, welche auch sollen aufs kürzeste und richtigste ausgelegt werden, damit die Kinder wissen, was sie daraus lernen und da suchen sollen.

Auf diesen Tag auch soll man Matthäum grammatice exponiren, und wenn dieser vollendet, soll man ihn wieder anfahen. Doch mag man, wo die Knaben gewachsen, die zwo Episteln Pauli an Timotheum, oder die ersten Episteln Johannis, oder die Sprüche Salomonis auslegen.

Sonst sollen die Schulmeister kein Buch vornehmen zu lesen; denn es ist nicht fruchtbar, die Jugend mit schweren und hohen Büchern zu beladen; als Etliche Jesaiam, Paulum zum Römern, St. Johannes Evangelium, und andere dergleichen um ihres Ruhmes willen lesen.

Vom dritten Haufen.

Wo nun die Kinder in der Grammatica geübet sind, mag man die Geschicktesten auswählen, und den dritten Haufen machen.

Die Stunde nach Mittag sollen sie mit den andern in der Musica geübet werden. Darnach soll man ihnen exponiren Virgilium; wenn der Virgilius aus ist, mag man mit ihnen Ovidii Metamorphosin lesen. Abends, Officia Ciceronin, oder, Epistolas Ciceronis familiares. Morgens soll Virgilius repetirt werden, und man soll zur Uebung der Grammatica, Constructiones fordern, und anzeigen die sonderlichen Figuis sermonis. Die Stunde vor Mittag soll man bei der Grammatik bleiben, damit sie darinnen sehr geübt werden.

Und wenn sie Etymologiam und Syntaxes wohl könnten, soll man ihnen Metricam vorlegen, dadurch sie gewöhnet werden, Verse zu machen; denn diese Uebung ist sehr fruchtbar, Anderer Schrift zu verstehen; machet auch die Knaben reich an Worten, und zu vielen Sachen geschickt. Darnach, so sie in der Grammatica genugsam geübet, soll man dieselben Stunden zu der Dialectica und Rhetorica gebrauchen.

Von dem andern und dritten Haufen sollen alle Wochen einmal Schriften, als Epistel oder Vers, gefordert werden.

Es sollen auch die Knaben dazu gehalten werden, daß sie lateinisch reden, und die Schulmeister sollen selbst, so viel möglich, nichts denn lateinisch mit den Knaben reden, dadurch sie auch zu solcher Uebung gewöhnt und gereizt werden.

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