Luther, Martin - Vorrede auf die Sprüch Salomo.

Luther, Martin - Vorrede auf die Sprüch Salomo.

Weil dieß Buch insonderheit viel mit Narren und Weisen zu schaffen hat, und allenthalben die Weisheit rühmet, und die Thorheit schilt, ist vonnöthen, daß man die Sprache und Wort vernehme, was er durch Narren und Weisen verstanden haben will. Darumb, daß dieß nützliche Buch deste lichter werde, will ich etlich Wort hie kürzlich, aufs Allerdeutlichst ich mag, ausstreichen.

Das ist des Königs Davids im Psalter, und sonderlich des Königs Salomo Weise, und ist vielleicht zu der Zeit der Sprach Art gewesen, daß sie Narren oder Thoren heißen, nicht die, so man für der Welt Narren heißt oder die geborne Narren seind, sondern allerlei lose, leichtfertige, unachtsame Leute, allermeist die ohn Gottes Wort fahren, thun, reden, aus eigner Vernunft und Fürnehmen; wie gemeiniglich seind die Allergrößesten, Klugsten, Mächtigsten, Reichsten und Heiligsten für der Welt; wie auch Paulus die Galater, und Christus die Pharisäer und seine Jünger Narren heißt im Evangelio, auf daß du wissest, wie Salomo nicht von schlechten noch geringen Leuten redet, wenn er von Narren redet, sonder eben von den besten in der Welt.

Denn Salomo heißet Weisheit hie nicht anders, denn Gottes Weisheit, die in Gottes Worten und Werken gelehret wird. Darumb er auch immer Gottes Gebot und Werk anzeucht. Dazu ist aller Sprüchwort kein andrer Ursprung, denn Gottes Wort und Werk, weil aller Menschen Anschläge eitel und falsch sein, und nicht anders ausgeht, denn wie Gott will und thut, gleich als wenn man auf Deutsch spricht: Es ist dir bedacht, aber nicht bescheret. Item: Wer das Glück hat, führt die Braut heim; und dergleichen kommen nirgend her, denn daß man hat sehen und greifen müssen, wie Menschen-Anschläge und Hoffnung immer feihlen, und anders geräth, denn man denkt, und zuletzt müsse merken, daß ein Ander sei, der das Rädlein treibt. Das haben denn Etliche Gott, Etliche Glück genennet. Derhalben seind die Sprüchwort in allerlei Zungen und Sprachen wahr und gewiß, als die auf Gottes Werk gegründet, und aus Gottes Werk kommen, ob Gottes Wort schon nicht da ist. Wiederumb, Thorheit heißt er alles, das ohn Gottes Wort und Werk gehet; und einen Weisen, der sich nach Gottes Wort und Werk richtet; einen Narren, der sich vermessen nach seinem Sinn und Dunkel richtet.

Daraus sehen wir, wie ein trefflicher, weiser und feiner Mann König Salomo ist, der es ihm hat so hart lassen anliegen, daß er unter so viel königlichen Geschäften sich eins Lehrers Ampt unterwunden hat, und sonderlich des allernöthigisten, nämlich die Jugend zu lehren und ziehen, wie sie soll für Gott seliglich nach dem Geist, und für der Welt weislich mit Leib und Gut handeln. Denn da liegt die größte Macht an, daß man Leute auf Erden hab, wie dieser König Salomo wohl gesehen hat; welche man nicht haben kann, man ziehe sie denn in der Jugend. Darumb sollt billig in aller Welt dieß Büchlein der Jugend beizeit eingebildet, und in täglichen Brauch und Uebunge bracht werden. Umb welcher Sachen willen ohn allen Zweifel von König Salomo solchs gemacht und geschrieben ist, allen Königen und Herrn zum Exempel, daß sie sie auch der Jugend sollen annehmen. Da gebe Gott seine Gnade zu. Amen.

Quelle:
Dr. Martin Luther's
sämmtliche Werke.
Drei und sechzigster Band:
Vierte abtheilung
Vermische deutsche Schriften
Eilfter Band.
Frankfurt a.M. und Erlangen,
Verlag von Heyder & Zimmer.
1854

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autoren/l/luther/v/luther-vorrede_auff_die_sprueche_salomonis.txt · Zuletzt geändert: von aj
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