Luther, Martin - Zweiter Osterfeiertag.

Luther, Martin - Zweiter Osterfeiertag.

Epistel: 1. Mos. 3,15.

Wenn der Teufel es gewußt hätte, daß dieser Christus, der Jungfrau Marien Sohn, des Weibes Same, wäre ewiger, allmächtiger Gott gewesen, so hätte er sich an ihn nicht gelegt und die Hände an ihm verbrannt. Denn er hat wohl gesehen im Himmel, wie er Gott des Vaters einig Herz gewesen, in den Gott der Vater sein ganzes göttliches Wesen und Substanz gegossen. Darum hat er seine göttliche Kraft wohl erfahren, da er von wegen des Sohnes aus dem Himmel in den Abgrund der Hölle gestoßen ward (Jes. 14,12; Luc. 10,18), darum, daß der Satan dem Sohne nach seiner Ehre stünde und ihm wollen gleich sein. Das konnte Gott nicht leiden.

Deswegen verbirgt's Gott dem Teufel, daß er ihn in dem Sohn, der Mensch geworden, so fangen will und thut wie ein Fischer, der Fische fangen will: der bindet eine Schnur an einen Stecken und unten an die Schnur eine scharfe Angel; daran hängt er ein Würmlein und wirft das in's Wasser. Da kommt denn der Fisch, sieht das arme Würmlein, sieht aber nicht die scharfe Angel in dem Würmlein verborgen und beißt drein, meint, er bekomme ein gutes, liebliches Bißlein: aber die Angel bleibt ihm im Munde oder Halse stecken, wird also gefangen und ergriffen. Also thut Gott der Vater auch: da nimmt er seinen eingebornen, geliebten Sohn, den hängt er an die Linea oder Schnur der Patriarchen und Propheten, muß Adams, Abrahams, Davide Fleisch und Blut annehmen, und läßt ihn aus dem hohen Himmel in die Welt kommen (Philipp. 2, 7; Jes. 53, 3); da der Teufel sieht, wie Christus als ein armer, elender Wurm, wie er sich im 22. Psalm (V. 7) selber so nennt, das ist, als ein armer, geplagter Mensch, einhergeht, leidet Hunger, Durst, Kälte, Frost und Hitze, weint und hat eitel Elend und Jammer in dieser Welt, geberdet sich wie ein anderer Mensch.

Es weiß aber der Satan nicht, daß dies in diesem Christo verborgen, daß er ewiger, allmächtiger Gott ist, gleich dem Vater, doch eine andere Person. Darum denkt er: Ob wohl Christus Wunderzeichen thut - haben doch die Propheten auch Wunderzeichen gethan; ich habe sie aber alle aufgefressen, wie hoch und heilig sie gewesen - will den Christum auch verschlingen; und meint, er wolle an dem Mann ein niedliches Bißlein haben; hebt an, frißt den Christum und verschlingt ihn. Aber es bekommt ihm, wie dem Hund das Gras. Denn der Christus bleibt ihm im Halse stecken, und muß ihn wieder speien, wie der Walfisch den Propheten Jonas (Jon. 2,11), und eben mit dem Fressen ermordet und erwürgt sich der Teufel selbst und wird von Christo gefangen1).

Epistel: Apostelgesch. 10,34-43.

Also hören wir hier, was da sei die Summa und die Hauptlehre der ganzen Schrift, dahin es alles vornehmlich und endlich geht: nämlich diesen Artikel zu lehren und zu bestätigen, daß wir nicht anders, denn um Christi willen, durch den Glauben Vergebung der Sünden haben, und daß dies sei der Väter und Propheten und aller Heiligen von Anfang der Welt Glaube gewesen und hernach Christi und der Apostel Lehre und Predigt, welche ihnen befohlen in alle Welt zu tragen und auszubreiten, und auch noch auf diesen Tag und an's Ende der einhellige Verstand und Haltung ist der ganzen christlichen Kirche, die allezeit einträchtig und sämtlich diesen Artikel geglaubt, bekannt und darob gestritten haben, daß allein in dieses Herren Christi Namen Vergebung der Sünde erlangt und empfangen werde, und in diesem Glauben sind vor Gott gerecht und selig worden. Und ist also durch solches Zeugnis der Grund unsrer Lehre stark genug gelegt und lange vor uns gewaltiglich gestritten, vertheidigt und erwiesen.

Darum, wer nun noch darnach fragt und eigentlich begehrt zu wissen, was die christliche Kirche allezeit lehre und halte, sonderlich in dem hohen Hauptartikel, wie man vor Gott gerecht werde oder Vergebung der Sünden erlange, darob allezeit in der Welt Streit gewesen: der hat es allhier klar und gewiß in diesem Spruch und hört das rechte beständige Zeugnis der ganzen Kirche von Anfang her, daß man nun nicht darf weiter hiervon disputieren und Niemand billig kann Ursache vorwenden noch Entschuldigung haben seines Zweifelns oder auf weiteren Beschluß oder Erörterung der Concilien zu warten2).

Das ist nun der Gang des Herrn Christi, von der Geburt an durch unser ganzes Leben, daß er aller Dinge eben3) gelebt und gewirkt hat, wie wir, und damit, weil er's selbst angerührt, alles geweiht und geheiligt, daß keine Speise, kein Essen noch Trinken, kein Kleid, kein Schlafen, Wachen, Gehen, Stehen uns kann unrein machen und ein Christ nichts kann sehen, hören, anrühren rc., daran er sich versündige, sofern er im Glauben bleibt. Denn es ist durch ihn alles rein geworden und geheiligt mit seinen heiligen Augen, Mund, Händen, Füßen und allen Gliedern, ja Kleidern und alle seinem4) Leben, bis er auch hinan gekommen ist an das Ende und eben ein solch Ende genommen hat und so wohl durch den Tod gegangen ist, wie wir, ohne daß wir nicht alle gleichen Todes sterben. Aber wie unser ganzes Leben unheilig und unrein ist, so ist auch unser Tod verflucht und unrein, daß Niemand durch sein Sterben eine Sünde kann büßen; wie die schändlichen Mönche getröstet haben, so mit dem Crucifix den armen, verurtheilten Leuten zum Tod gegangen sind und doch von dem Kreuz oder Christo gewiesen und ihren schmählichen Tod für ihre Sünde setzen heißen, desgleichen allen Sterbenden ihr Leiden und Unglück zur Buße und Genugthuung vorgestellt5), welches heißt Christum gar verleugnet. Denn das ist wohl wahr, daß, wer getödtet wird, der thut genug durch denselben Tod hier auf Erden und nach dem irdischen Regiment, gegenüber denen, wider die er gesündigt hat, daß er damit bezahlt und Niemand eine Ansprache6) mehr zu thun hat; sofern ist er rein und fromm. Aber was hilft das vor Gott? Denn der Tod kann die Sünde nicht wegnehmen, weil er selbst verflucht und eben die ewige Strafe des Zornes Gottes ist. Darum müssen wir hier einen andern haben, der für uns einen unschuldigen, reinen Tod gelitten und Gott damit bezahlt hat, daß solcher Zorn und Strafe von uns genommen würde7).

Siehe, wie thut ein Ackermann, der da säet auf dem Felde und das Korn dahin in die Erde wirft, daß es verfaulen und verderben muß, daß es scheint, als sei es gar verloren; dennoch hat er keine Sorge dafür, als sei es umsonst, ja er vergißt, wo das Korn bleibt, fragt nichts darnach, wie es ihm gehe, ob es die Würmer fressen oder sonst verderbe, sondern geht mit eitel solchen Gedanken davon, daß um die Ostern oder Pfingsten werden schöne Halme herauskommen und viel mehr Aehren und Körnlein tragen, denn er dahin geworfen hat. Wenn das ein andrer sähe, der zuvor kein Korn hätte sehen wachsen, der würde gewißlich zu ihm sagen: Was machst du da, du Narr? Bist du nicht toll und thöricht, daß du dein Korn so unnützlich dahin verschüttest in die Erde, da es doch verwesen und verfaulen muß und Niemand kann zu Nutzen kommen? Aber wenn du ihn fragst, so wird er dir viel anders antworten und sagen: Lieber, das wüßte ich zuvor wohl, ehe denn du, daß ich das Korn nicht soll vergeblich wegwerfen; aber ich thue es nicht darum, daß es verderben soll, sondern daß dadurch, daß es in der Erde verwest, es eine andere Gestalt gewinne und viel Frucht bringe. Also denkt Jedermann, der solches sieht oder thut. Denn wir richten nicht nach dem, das wir vor Augen sehen, sondern daher, daß wir Gottes Werk jährlich gesehen und erfahren haben, und doch nicht wissen noch verstehen mögen, wie es zugeht, viel weniger mit unserer Kraft vermögen ein Hälmlein aus der Erde zu bringen.

Weil wir nun in solchem irdischen Wesen solches thun müssen, vielmehr sollen wir in diesem Artikel solches lernen (welchen wir viel weniger können begreifen und verstehen), weil wir Gottes Wort haben, dazu die Erfahrung, daß Christus vom Tode auferstanden ist, und nicht dem nach richten, was wir vor Augen sehen, wie unser Leib begraben, verbrannt oder sonst zu Erde wird, sondern Gott lassen machen und sorgen, was daraus werden soll. Denn wenn wir's sobald vor Augen sähen, so bedürften wir keines Glaubens und hätte Gott nicht Raum, seine Weisheit und Gewalt über unsere Weisheit und Verstand zu erzeigen. Darum heißt das der Christen Kunst und Weisheit, daß man in Heulen und Klagen könne tröstliche und fröhliche Gedanken des Lebens erschöpfen, daß uns Gott läßt also in die Erde bescharren und verfaulen auf den Winter, auf daß wir auf den Sommer sollen wieder hervor fahren, viel schöner denn die Sonne, als sei das Grab nicht ein Grab, sondern ein schöner Würzegarten, darin schöne Nägelchen8) und Rosen gepflanzt, so auf den lieben Sommer daher blühen sollen, gleichwie auch des Herrn Christi Grab hat müssen ledig9) werden und nicht stinken, sondern auch lieblich, herrlich und schön werden10).

1)
E. A. 17, 164 f.
2)
E. A. 8, 191 f.
3)
gerade so
4)
seinem ganzen
5)
Als könnten sie mit ihrem Leiden und Sterben ihre Sünden büßen und dafür genugthun.
6)
Anspruch
7)
1533 E. A. 19,35 f.
8)
Nelken
9)
leer
10)
E. A. 19,51 f.
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