Luther, Martin - Predigt am 25. Sonntag nach Trinitatis.

Luther, Martin - Predigt am 25. Sonntag nach Trinitatis.

Evangelium: Matth. 24,15-28.

Wenn du solch Wesen im Papstthum ansiehst, was ist's anders, denn das Christus hier sagt: „Es werden falsche Christi und falsche Propheten aufstehen und sagen: Siehe, hier oder da ist Christus?“ Denn so sagt der Papst: Wer der römischen Kirche gehorsam ist und so fastet, feiert, ißt, sich so kleidet, der ist selig.

Also sehen wir, daß dieser Text im Papstthum reichlich erfüllt ist. Denn es ist kein anderer Weg zum Himmel und kein anderer Name selig zu werden, denn Christus allein, durch dessen Tod und Blut wir von Sünde und Tod erlöst sind, wie der Herr selbst spricht, Joh. 14,6: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben, Niemand kommt zum Vater, denn durch mich“. Und der Apostel Petrus Apostelg. 4,12: „Es ist in keinem andern Heil, ist auch kein anderer Name den Menschen gegeben, darinnen wir sollen selig werden“. Wer dies Licht nicht sieht, der wandelt in Finsternis, verführt in Irrthum und wird verführt. Nun haben wir im Papstthum dies Licht nicht allein nicht gesehen, sondern auch selbst ausgelöscht und auslöschen helfen. Ich selbst hatte keine andere Erkenntniß von Christo, denn daß ich ihn mit meinen Gedanken setzte auf einen Regenbogen und hielt ihn für meinen gestrengen Richter. Von der heiligen Taufe wußten wir nichts. Wenn jemand ein Mönch ward, von demselben sagte man, er wäre neu geboren, und ward die Möncherei weit über die Taufe gehoben; daß also die Taufe im Papstthum nicht allein geschwiegen, sondern auch ganz und gar verdunkelt worden ist. Weil nun keine rechte Erkenntniß Christi da war, so fielen wir dahin von Christo auf die Heiligen; dieselben riefen wir an, daß sie sollten unsere Patrone1)) und Mittler sein. Sonderlich, aber hatten wir Zuflucht zu Maria; dieselbe beteten wir an, und sprachen: O du heilige Jungfrau Maria, zeige deinem Sohn Jesu Christo deine Brüste und erwirb mir bei ihm Gnade; bis die Leute auch endlich liefen in die Klöster zu den Mönchen, daß dieselben sollten für sie beten, und gingen wallfahrten hin und wieder zu den Heiligen, Gnad und Ablaß zu erlangen. Das ist gewesen, das Christus hier spricht: „Man wird zu euch sagen: Siehe, hier ist Christus, oder da“. Denn wie man die Leute hin und wieder zu diesem und jenem Heiligen, zu dieser und jener Wallfahrt geweiset hat; also sind sie gelaufen zur Eichen2)), gen Trier3), gen Rom, zu S. Jacobs4). Und ist die Welt so voll Secten und Orden geworden, daß, wer in dieselbe Finsternis und Greuel des Papstthums hinein sieht, sagen muß, da ist kein Mensch selig geworden.

Darum sind das unverständige Leute, die noch heutigen Tages also sagen: Wo mein Großvater und mein Vater hingefahren, da will ich auch hinfahren. Meinst du, daß Gott die ganze Welt sollte also sinken lassen, daß sie nicht wissen sollten den Weg der Seligkeit? Aber lieber Mensch, willst du nicht Achtung haben auf die Worte, die Christus hier spricht, so ist's mit dir geschehen. Er spricht also: „Es werden falsche Christi und falsche Propheten aufstehen und große Zeichen und Wunder thun, daß verführt werden in den Irrthum (wo es möglich wäre) auch die Auserwählten“. Item, „wo diese Tage nicht würden verkürzt, so würde kein Mensch selig“. Darum mußt du nicht sehen auf den großen Haufen, auch nicht auf die Weisen und Gelehrten dieser Welt, sondern auf diese Worte, daß Christus hier spricht: „Es werden Tage kommen, wo dieselben nicht würden verkürzt, so würde kein Mensch selig“. Die Papisten meinen wohl, sie haben ein köstliches Regiment und sind in keinem Irrthum, denn sie verlassen sich darauf, wie sie auch sagen: Die Kirche könne nicht irren, die Kirche müsse bleiben. Sie sehen aber nicht, wollen auch nicht sehen, daß diese Weissagung Christi auch bleiben muß.

Nun steht dabei, daß sie werden große Zeichen und Wunder thun und werden dennoch falsche Christi und falsche Propheten sein. Solches ist im Papstthum auch reichlich erfüllt. Zur Eiche, zum Grimmenthal5) und anderswo sind so viel Wunderzeichen geschehen, daß die Kirchen voll Krücken und Wache gehangen sind. Ja, ich will dir wohl mehr sagen: des Papstes Lehre ist mit so vielen und großen Wunderzeichen bestätigt, daß nicht wohl zu sagen ist. In Hessen ist ein Kind durch ein Mühlrad gekommen und jämmerlich zerradebrecht worden und hat also todt im Wasser gelegen drei Tage lang. Als man nun dasselbe hat aus dem Wasser gezogen, hat man's zu S. Anna6) gelobt, da ist's wieder gesund geworden. Solcher Zeichen sind viel Bücher voll, da sind die Leute häufig hinangegangen und haben den Lügen geglaubt. Wie, haben sie gesagt, sollte ich nicht glauben? Sehe ich doch vor meinen Augen, daß S. Bastian, S. Anna, S. Benno 2. diesem und jenem Kranken, der sich dahin hat gelobt, geholfen hat.

Solches sagt Christus hier zuvor, auf daß man darauf merke, wenn's geschieht. Es werden kommen, spricht er, falsche Christi und falsche Propheten, die werden meinen Namen führen, werden in meinem Namen weissagen, in meinem Namen Teufel austreiben, in meinem Namen viel Thaten thun, also, daß auch die Heiligen, welche des heiligen Geistes voll sind und die Auserwählten in den Irrthum möchten verführt werden, wo es möglich wäre. Was soll man hierzu thun? Höre, was Christus weiter sagt: „Siehe“, spricht er, „ich hab's euch zuvor gesagt. Wenn sie zu euch sagen werden, siehe, hier ist Christus, so glaubt nicht“. Da steht's, was du thun sollst; du sollst dich hüten, sollst den falschen Christi und falschen Propheten nicht glauben, ob sie schon im Namen Christi weissagen, Teufel austreiben und viel Thaten thun7).

1)
Schutzheilige (Nothelfer
2)
Wallfahrtsort zwischen Eilenburg und Borna, vier Stunden von Leipzig (aufgekommen erst seit 1454, wo ein im Koth stecken gebliebener Fuhrmann Maria gesehen haben und von ihr gerettet worden sein wollte
3)
zum heiligen Rock
4)
San Jago di Compostela in Spanien.
5)
Wallfahrtsort unweit Meiningen.
6)
eine Wallfahrt mit ihm zur h. Anna gelobt
7)
1537, E. A. 6,240 f.
Cookies helfen bei der Bereitstellung von Inhalten. Diese Website verwendet Cookies. Mit der Nutzung der Website erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies auf Ihrem Computer gespeichert werden. Außerdem bestätigen Sie, dass Sie unsere Datenschutzerklärung gelesen und verstanden haben. Wenn Sie nicht einverstanden sind, verlassen Sie die Website.Weitere Information
autoren/l/luther/p/luther_25_nach_trinitatis.txt · Zuletzt geändert: von 127.0.0.1
Public Domain Falls nicht anders bezeichnet, ist der Inhalt dieses Wikis unter der folgenden Lizenz veröffentlicht: Public Domain