Luther, Martin - Dreizehn Sätze zur Leipziger Disputation

Luther, Martin - Dreizehn Sätze zur Leipziger Disputation

welche er dem D. Ecken entgegen gesetzt.

Wider die neuen und alten Irrthümer wird D. Martin Luther diese folgende Sätze auf der hohen Schule zu Leipzig vertheidigen.

  1. Es sündiget ein jeder Mensch alle Tage, thut aber auch alle Tage Busse, wie CHristus sagt: Thut Busse; ausser einem gewissen neuen Gerechten, der der Busse nicht bedarf, da doch der himmlische Weingärtner auch die fruchtbringenden Reben täglich reiniget.
  2. Zu leugnen, daß der Mensch auch im Guten sündige, und daß die erläßliche Sünde, nicht in ihrer Natur an sich, sondern durch GOttes Barmherzigkeit allein so sey, oder daß die Sünde auch nach der Taufe an einem Kinde übrig bleibe, ist so viel als Paulum und CHristum auf einmal unter die Füße werfen.
  3. Wer da spricht, daß das gute Werk oder die Busse vom Abscheu der Sünden anhebe, ehe man die Gerechtigkeit liebe, und daß man darinnen nicht sündige: den halten wir für einen pelagianischen Ketzer, beweisen auch, daß ein solcher wider seinen heiligen Aristotelem tobe.
  4. GOtt verwandelt die ewige in zeitliche Strafe, nemlich das Creutz zu tragen, welche weder Canones noch Priester zu ordnen, oder wegzunehmen Macht haben, ob sie wol von schädlichen Heuchlern verführet, sich dergleichen einbilden mögen.
  5. Ein jeder Priester muß den Bußfertigen von Strafe und Schuld loszählen, oder er thut Sünde: so sündiget auch ein oberer Prälat, wenn er heimliche Dinge ohne höchst wichtige Ursache vorbehält, ob wol der Brauch der Kirchen, das ist der Heuchler, dawider ist.
  6. Vielleicht thun die Seelen im Fegfeuer für die Sünden genug: daß aber GOtt von einem Sterbenden mehr erfordere, als einen willigen Tod, wir höchst verwegentlich behauptet, weil es in keine Wege zu beweisen stehet.
  7. Der zeiget, daß er nicht verstehe, weder was Glaube, noch was Reue, noch was freyer Wille sey, der da schwätzet, daß der freye Wille Herr über die guten oder bösen Handlungen (Werke) sey, oder sich träumen läßt, daß der Mensch nicht durch den Glauben allein gerecht werde, oder der Glaube nicht durch jede Uebelthat verloren gehe.
  8. Es ist zwar wider die Wahrheit und Vernunft, daß, die ungern sterben, Mangel an Liebe haben, und also das Grausen des Fegfeuers leiden; wenn anders Wahrheit und Vernunft eben so viel ist, als die Meynung der Theologisten (oder Stümper in der Theologie).
  9. Wir wissen wohl, daß die Theologisteri lehren, daß die Seelen im Fegfeuer ihrer Seligkeit gewiß seyn, und die Gnade in ihnen nicht gemehret werde; wir wundern uns aber, daß die gelehrten Männer von solchem Glauben keinen wahrscheinlichen Grund im geringsten angeben können.
  10. Daß das Verdienst CHristi ein Schatz der Kirchen sey, und der Heiligen Verdienst auch noch dazu komme, ist gewiß. Daß es aber einen Schatz des Ablasses gebe, das saget niemand, als ein schändlicher Heuchler, Extravaganten (oder ausschweifende Sätze) von der Wahrheit, und einige Kirchenbräuche oder Thaten.
  11. Sagen, daß Ablaß dem CHristen etwas gutes sey, ist so viel als toll seyn, denn er ist in der That des guten Werkes Fehl; und soll ein Christ den Ablaß verwerfen wegen des Mißbrauchs, weil der HErr saget: Ich tilge deine Sünden um meinet, nicht um des Geldes willen.
  12. Daß der Pabst alle Strafe erlassen könne, so wegen der Sünden sich gehöret, sowol in diesem als in dem zukünftigen Leben, und daß der ablaß auch denen, die nichts übles gethan haben, nütze: das träumen die ungelehrten Sophisten und verderblichen Fuchsschwänzer in den Tag hinein, können es aber mit keinem Buchstaben erweisen.
  13. Daß die Römische Kirche über alle andere sey, beweiset man wol aus den kahlen Decreten der Päbste, so binnen 400. Jahren aufkommen: dawider aber sind bewährte Historien von tausend und hundert Jahren, ingleichen der Text der heiligen Schrift, und der Schluß (oder Decret) des heiligen Nicänischen Concilii.

Dr. Martin Luthers Sämtliche Schriften.
Achtzehender Theil.
Johann Georg Walch
Halle im Magdeburgischen
Druckts und verlegts Joh. Justinus Gebauer

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