Luther, Martin - Das „Trostbriefle.“

Luther, Martin - Das „Trostbriefle.“

[1. Mai 1521]

Dem armen Häuflein Christi zu Wittenberg

Doktor Martinus Luther

Gnade und Friede von Gott dem Vater und Jesu Christo, unserm Herrn. Amen.

Sankt Paulus, da er an vielen Orten geprediget und nun gefangen war zu Rom, ließ er doch nicht sein Sorgen für die, so er bekehret hatte, mit Bitten zu Gott, mit Trösten und Stärken in Schriften, wie das ausweisen seine Episteln ….

Wir sind noch nicht würdig – leider zuvor ich – daß wir etwas leiden möchten um der Wahrheit willen, denn allein Ungunst, Haß, Neid, Lästerworte, Schmach und Schande vor den Papisten: wiewohl, so Gott nicht bisher hätte widerstanden, soviel an den blutdürstigen Seelmördern gelegen, wären wir längst von ihnen, wie David sagt, mit Zähnen zerrissen. Darum ist unser Leiden noch nicht höher gekommen, denn daß sie uns Wiklifiten, Husiten, Ketzer und aufs allerschändlichste ausschreien; und da sie nicht mehr vermögen wider uns, büßen sie dieweil ihren Mutwillen an unserm Namen und christlicher Ehre.

Aber laß gehen, lieber Mensch, laß gehen! Er ist droben, der es richten wird. Wir mögen uns von Gottes Gnaden rühmen, daß sie sich bisher in ihr Herz müssen schämen, nämlich daß wir das Licht noch nicht gescheuet haben, welches sie bisher fürchten wie der böse Geist das Gericht. Sie müssen ohn' ihren Dank bekennen und mit großem Schmerz und Leid hören, daß ich mich nun zu dreien Malen gestellet hab', nicht vor meine Freunde, sondern vor sie selbst, meine Feinde, mit Erbietung, Ursach und Grund unsers Glaubens zu beweisen.

Nämlich zum Ersten zu Augsburg vor dem Kardinal, gleich vor dem Obersten meiner ärgsten Feinde [der Dominikanermönche], der nichts so sehr floh, als Ursach meiner Lehre zu hören, und hätte lieber gesehen, ich wäre nicht gekommen.

Zum Andern bin ich zu Leipzig gestanden, wie Ihr wisset, vor denen, die uns nicht wohl sehen mochten, und hat dennoch alle ihr Mutwill und List ihnen nichts geholfen.

Zum Dritten jetzt zu Worms, da ich mich hoch erboten, daß ich mich kaiserlichen Geleits verzeihen und mein Leben drin ergeben wollt. O welch einen Spott haben sie da eingelegt! Ich hoffte es würden mich daselbst Bischöfe und Doktores recht versucht haben – so war die Meinung, ich sollte widerrufen! Gott gab Gnade, daß nicht alle Fürsten und Stände in solchen Vorhalt willigten. Ich hätte mich sonst deutschen Landes zu Tod geschämet, daß es sich die päpstlichen Tyrannen so gar gröblich ließ äffen und narren. Es war alles der Feinde Getrieb, wie jedermann weiß.

Nun sehet, solch dreifache Erbietung und Erscheinung rühm ich, nicht als von uns geschehen, sondern, daß wir Gottes Gnade erkennen, erheben und uns auf ihn trösten und trotzen, der unsere Feinde so blöde und verzagt macht, daß sie allesamt nicht so keck sind, ein armen Bettler, der mitten unter ihren Händen gegenwärtig ist, zu hören oder zu bestreiten, sondern fliehen das Licht wie die Fledermäuse, und wie die Nachtraben heulen sie „Uhu, Uhu“ im Finstern, meinen uns damit zu schrecken…

Laßt sie nur fahren! Wären sie die gewesen, die der Wahrheit würdig wären, sie hätten aus so viel meinen Schriften sich längst bekehret. Ich lehre sie – so lästern sie mich. Ich bitte sie – so so spotten sie mein. Ich schelte sie – so zürnen sie. Ich bitte für sie – so verwerfen sie es. Ich vergebe ihnen ihre Übeltat – so wollen sie es nicht. Ich bin bereit, mich selbst für sie zu geben - so vermaledeien sie es. Was soll ich mehr tun, als Christus, der da sagt: „Er wollte des Segens nicht, so wird er auch ferne von ihm bleiben; er wollte den Fluch haben, der wird ihm auch kommen.“

Was nicht zum Himmel gehöret, das bringt niemand hinein, wenn man es auf Stücken zerrisse. Was aber hinein soll, daß muß hinein, wenn sich alle Teufel dranhingen und sich drob auch zerrissen.

Sankt Paulus sagt: „Einen solchen eigensinnigen Menschen soll man meiden nach zweimal geschehener Vermahnung, darum, daß er gewißlich verkehrt und sein Urteil schon über ihn ergangen ist. Doch für den armen Haufen, der noch unwissend durch sie verführet wird, sollen wir nicht aufhören zu bitten und für ihn tun, was wir vermögen, auf daß wir sie aus dem Rachen des Seelenmörders zu Rom und seiner Apostel reißen mögen.

Hiermit Gott befohlen, der euren Glauben und Verstand in Christo gnädiglich behüte. Amen.

Nach M. Rade, Doktor Martin Luthers Leben, Taten und Meinungen.

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