Krummacher, Friedrich Wilhelm - XI. Abigail.

Krummacher, Friedrich Wilhelm - XI. Abigail.

Wir werden heute im Leben Davids einem Schattenbilde begegnen, dem wir zu unserm Troste von vorneherein ein Lichtbild gegenüberstellen können. Es ist dies die christliche Ehe, wie der Apostel sie Epheser 5, 23 - 26 uns schildert. „Der Mann,“ sagt er, „ist des Weibes Haupt, gleichwie Christus das Haupt der Gemeine; und er ist seines Leibes Heiland. Wie aber die Gemeine ist Christo unterthan, also auch die Weiber ihren Männern in allen Dingen. Ihr Männer, liebet eure Weiber, gleichwie Christus auch geliebet hat die Gemeine, und hat sich selbst für sie gegeben, auf daß er sie heiligte, und hat sie gereiniget durch das Wasserbad im Wort.“

Auf Erden gibt es kein engeres Band, als das eheliche, welches Mann und Weib verknüpft. Hier sind, wie die Schrift sagt, Zweie Eins, und von allen wechselseitigen Einwirkungen menschlicher Geister auf einander kommt an Stärke und Nachhaltigkeit keine derjenigen gleich, die der Ehebund im Geleite hat. Wie können Vermählte, wenn die Ehe eine christliche ist, d. h. in der Liebe Christi wurzelt, sich gegenseitig in Veredelung und Heiligung fördern; wie aber auch im entgegengesetzten Falle die Reife ihres Verderbens beschleunigen. Die unerläßliche Vorbedingung einer rechten christlichen Ehe bildet ein dreifaches lebendiges Bewußtsein, das die Verbundenen beseelt. Das erste ist dies, daß in der gegenseitigen Sympathie und Liebe, in der sie sich zusammenfanden, ein höherer Wille gewaltet habe, so daß ihnen das Wort des Herrn gilt: „Was Gott zusammenfügte, das soll der Mensch nicht scheiden;“ das andre, daß sie göttlich berufen seien, sich wechselsweise stützend, fördernd und tragend Hand in Hand der Himmelsheimath zuzupilgern; das dritte endlich, daß ihnen, damit sie des Zieles nicht fehlten, vor allem Andern obliege, mit der bekannten Losung Josuas sich von Herzen dem Herrn zu Dienste zu ergeben, und seinem heiligen Willen überall den eigenen unterzuordnen. Das Wort des Apostels zeigt uns die rechte Ehe auf ihrem Höhepunkt, wenn es dieselbe einem Verhältnisse vergleicht, das an Tiefe und Innigkeit nur demjenigen des ewigen Sohnes zu seinem himmlischen Vater nachsteht. „Wie Christus das Haupt der Gemeine, so der Mann dasjenige des Weibes.“ Dies ist des Mannes Würde, die aber zugleich die Schwere seiner Verantwortlichkeit anzeigt. Beglückt im Besitz der von Gottes Hand ihm Anvertrauten,, und für den Segen dankbar, der durch sie ihm zufließt, ist er der treue Führer, der liebevolle Beistand, die Stütze und der Schirm der Gattin, während diese, obwohl aufschauend zu ihm als zu ihrem Herrn, doch auch als das schwächere Gefäß an ihn als ihren Halt sich anschmiegt, und ihre Freude darin findet, ihm dienend als Gehülfin zur Seite zu gehn, indem sie mit zartem Takt ihn beräth, ihm freundlich die Sorgenfalten von der Stirne glättet, die Last des Berufes in aller Weise ihm zu versüßen strebt, in Krankheitstagen mit jener durchhaltenden Aufopferungswilligkeit, wie sie bei christlichen Frauen häufiger sich findet, als bei den Männern, seiner Pflege sich hingiebt und eine überall rührige und sorgfältige Schaffnerin, ihm das Haus zu seiner liebsten Stätte auf Erden zu verklären weiß. Beide gottselig und sich genügen lassend in dem Stande, in welchen Gott sie setzte, Geduld und Nachsicht gegeneinander übend, weil sie solcher ja täglich von Oben her benöthigt sind und sich erfreuen dürfen; jedoch wo die Pflicht wechselsweiser Förderung in der Heiligung es gebeut, auch dem Ernste der Wahrheit nicht aus dem Wege gehend, - denn die christliche Liebe ist nicht minder strenge, als sie zärtlich ist, - verrichten sie, ein Jedes in seinem Beruf und Kreise, frei und fröhlich als dem Herrn, ihr Tagewerk, und verstehen sich, wo sich's um die Güter dieser Erde handelt, auch auf's Entbehren und Verzichten, indem für allen zeitlichen Mangel das beglückende Bewußtsein um ihren himmlischen Reichthum sie überschwenglich schadlos hält. So steht denn ihr Haus auch ohne jedes religiöse Schaugepränge inmitten des Thränenthals als eine Friedensstätte, als eine „Hütte Gottes bei den Menschenkindern“ da, in der die Liebe wohnt und waltet, welche, weil mit der Liebe zu Gott in eins verschmolzen, immer grünt und niemals altert. Wer die gastliche Schwelle eines solchen Hauses betritt, wird es nicht verlassen, ohne es stille zu segnen, und doch macht dieses Haus keinen Anspruch darauf, irgend etwas Besondres vorzustellen. Es gleicht der Wohnung Daniels in Babylon, die ein heimliches Giebelfensterlein besaß, das nach Canaan und der heiligen Stadt hinaussah, und durch welches auch ein Strahl des Lichtes der ewigen Hügel hereinfiel. Das Paradies ist freilich von der Erde hinweggenommen; aber darf irgendwo schon hienieden von Vorhöfen desselben die Rede sein, dann da, wo, wie Paul Gerhard singt, „Mann und Weib sich wohl ergehn, und unverrückt beisammen stehn im Bunde reiner Treue.“ Wohl wird das eheliche Leben diesseits der Ewigkeit seinem heiligen Urbilde niemals ganz entsprechen. Wo zwei gebrechliche und täglich der vergebenden Gnade bedürftige Wesen bei einander wohnen, wird auch das heilige Verhältniß vor aller und jeder Trübung noch nicht gesichert sein. Aber was immer dasselbe bedrohen mag, bald wird es wieder weggebetet, und es bewahrheitet sich hier das Wort des Hohenliedes: „Liebe ist stärker, denn der Tod, daß auch viele Wasser sie nicht mögen auslöschen, noch viele Ströme sie ersäufen.“

In der Verklärung, zu welcher erst Christus die Ehe erhob, war sie auch den Frömmsten des alten Bundes noch nicht bekannt. Wir finden heute Gelegenheit, uns hievon zu überzeugen, indem wir dem Sohne Isais weiter auf seinem Lebensgange das Geleite geben.

1 Sam. 25, 28. Abigail sprach zu David: Der Herr wird meinem Herrn ein beständig Haus machen, denn du führest des Herrn Kriege; nur laß kein Böses an dir gefunden werden dein Lebenlang. - V. 39: Und David sandte hin und ließ mit Abigail reden, daß er sie zum Weibe nähme.

David geräth in eine neue und schwere Versuchung; doch wird ihm durch die Gnade Gottes abermals herrlich ausgeholfen. Dies die beiden Thatsachen, welche die Geschichte in ihrem Fortgange diesmal- unsrer Betrachtung darbeut. Treten wir denselben näher!

1.

Wir stehn im Jahre 1026 vor Christi Geburt. Eben ist ein Großer in Israel vom Schauplatz der Erde abgetreten: ein Mann des höchsten Ansehns beim ganzen Volk, und in gleichem Maße geliebt, wie hochgeachtet und verehrt. Samuel schloß seine Augen für diese Welt. Nachdem er durch die Umwandlung Israels in ein Königreich der Bürde seines Richteramtes enthoben worden war, hatte er nur noch als Prophet und Priester die Sache und Ehre Jehovas in seinem Vaterlande vertreten. Doch war ihm bereits seit Jahresfrist und länger vom Herrn gestattet worden, vom Schauplatz des öffentlichen Wirkens sich zurückzuziehn, und in der friedlichen Stille der trauten Brudercolonie zu Rama, Samuels Schöpfung, seines Feierabends sich zu freuen. Anderwärts sah man ihn nur selten mehr. Es gereichte aber Tausenden zur Beruhigung, daß er wenigstens noch unter den Lebendigen weilte. War es doch, als ergöße sich von dem edlen Sterne, so lange er noch, ob hinter einem Wolkenschleier auch, am Himmel des heiligen Landes strahlte, ein mildes, wohlthuendes Licht über das ganze Israel. Jetzt war dieser Stern in Israel erloschen. Im siebzigsten Jahre seines Alters verschied Samuel sanft und friedsam im Kreise seiner geliebten Söhne, der Prophetenschüler, begleitet von deren Dankergüssen und Gebeten. Unter Strömen von Thränen ward er durch die jungen Freunde in Rama zur Gruft bestattet. Unzählige fühlten sich, zumal unter den damals zerrütteten Zuständen, des Reiches, wie verwaist, und unter diesen war David nicht der letzte. Wie einst unser Herr, nachdem ihm die Kunde vom Heimgange seines Vorläufers und Freundes Johannes überbracht war, schweigend in eine einsame Wüste sich zurückzog, so begab David sich, als die Trauerbotschaft aus Rama ihn erreichte, mit seinem Gefolge in die stille menschenleere Heide Paran, welche heute et Tyh genannt wird, und wo nach Bericht eines neuern Reisenden der Blick nach allen Seiten hin über eine traurige Wildniß hinstreicht, in der kein Baum, kein Strauch, kein grüner Grashalm das Auge erquickt, und wo nur hin und wieder ein Strich weißer Kreideklippen das einförmige Grau der Steppen und kahlen Hügel durchschimmert. Hier fand er Muße, den Tod des trefflichsten Mannes seiner Zeit zu betrauern, und dankbar der Fülle großer Verdienste nachzudenken, die derselbe sich um Israel erworben hatte. Doch war die Frist, die ihm hiezu gestattet ward, nur kurz. Gar bald sah er sich auf den Kampfplatz zurückgerufen, und zwar diesmal zunächst einem Feinde gegenüber, zu dessen Ueberwindung es anderer Waffen bedurfte, als derjenigen aus Stahl und Eisen. David gerieth in eine schwere Versuchung. Der Fürst dieser Welt war's, der eine neue Grube vor ihm auswarf. An der äußersten Grenze der Wüste Paran, in südöstlicher Richtung von Hebron, lag in einer gebirgigen Weidegegend ein Flecken, Namens Karmel. Es ist dies das heutige Kurmul, wo noch gegenwärtig ein in den Fels gehauener Wasserbehälter und mehrere bemooste Trümmerhaufen von einer Cultur uralter Zeiten Zeugniß geben. Hier wohnte damals ein begüterter Ackerherr und Herdenfürst mit Namen Nabal, ein Sprößling des alten vornehmen Geschlechtes Kalebs. Dreitausend Schafe weideten auf seinen Triften, und tausend Ziegen trieb er in die umliegende Berge. Seiner Knechte war eine große Zahl, und er selbst wie ein König in seinem Gedinge. Oftmals war David auf seinen Streifzügen den Hirten dieses Mannes begegnet, und hatte gute Freundschaft mit ihnen gehalten. Als es ihm nun in der öden Wildniß wieder an allem Vorrath für seine Mannschaft gebrach, und auf Zufuhr aus Freundeskreisen hier nicht mehr zu rechnen war, gedachte er, ob nicht Nabal geneigt sein dürfte, seinen Stammgenossen von seinem Ueberflusse mitzutheilen. Er sandte zu dem Ende zehn Jünglinge mit freundlichem Gruße an ihn ab, und gab ihnen auf, ihn also anzureden: „David läßt dir sagen: Glück zu, Friede sei mit dir und deinem Hause, und mit Allem, was dein eigen ist! Ich habe gehört, daß du Schafscheerer hast; siehe, deine Hirten, die du hast, sind mit uns gewesen, und wir verhöhnten sie nicht, und es hat ihnen nichts gefehlt an der Zahl, so lange sie zu Karmel gewesen sind. Frage deine Knechte darum, sie werden dir's bestätigen. Meine Leute aber laß Gnade finden vor deinen Augen; wir sind ja an einem guten Tag gekommen.“ (Es war nemlich der Tag der Schafschur, den man in Israel als einen Freudentag mit einem Gastmahl und Gelage zu feiern pflegte.) „Gib nun meinen Jünglingen, deinen Knechten, und deinem Sohne David, was deine Hand findet!“ - Die Abgeordneten ziehen unweigerlich von dannen, langen zu Karmel bei Nabal an, und richten den ihnen gewordenen Auftrag wörtlich aus. Aber wie bitter sehen sie sich in ihrer Erwartung getäuscht. Nabal „ein harter und boshaftiger Mann in seinem Thun,“ wie ihn die Geschichte nennt, bequemt sich nicht einmal dazu, den ihm überbrachten freundlichen Gruß dankend zu erwiedern, sondern schnaubt die Boten mit grimmiger Geberde an: „Wer ist der David? Wer ist der Sohn Isais? Es werden jetzt der Knechte viele, die ihren Herren entlaufen. Sollte ich mein Brod, mein Wasser und mein Fleisch nehmen, das ich für meine Scheerer geschlachtet habe, und den Leuten geben, die ich nicht kenne, und von denen ich nicht weiß, wo sie her sind?“ - Dieses Beispiel gröblich verletzter Gastlichkeit steht in Israel fast einzig da. Ob in den Jähzorn, womit Nabal die Boten Davids anfuhr, auch ein Funke von Anhänglichkeit an den König mit hineinspielte? Möglich wäre es. Es hatte aber auch David zu der Schmeichelei sich nicht herabwürdigen sollen, in welcher er sich „Nabals Sohn“ und seine Waffengefährten „Nabals Knechte“ nannte; und ebenso wenig stand es ihm wohl an, sich und den Seinen das als eine besondere Tugend anzurechnen, daß sie die friedlichen Hirten des Mannes nicht verhöhnt, noch beraubt, noch geschädigt hatten. So traf ihn die schnöde Zurückweisung Seitens Nabals allerdings nicht unverdient. Genug, die Jünglinge kehrten beschämt mit leeren Händen zu ihrem Führer zurück, und verkündeten ihm, wie übel sie angelaufen seien.

Wie nimmt nun David ihre Botschaft auf? Demüthigt er sich, und befiehlt seine Sache Gott dem Herrn? Im Gegentheil. Zum erstenmal treffen wir ihn, wie er seines Muthes nicht Herr ist, sondern von seiner Leidenschaftlichkeit, die allerdings ein angeborener Zug seines Naturels war, sich fortreißen läßt. Mit einer flammenden Entrüstung, an welcher vielleicht, wie an derjenigen, in der einst Moses den Egypter erschlug, ein voraus genommenes Gefühl seiner künftigen Herrscherwürde einen Antheil hatte, erließ er an seine Mannschaft den Tagesbefehl: „Ein Jeglicher gürte sein Schwert an seine Seite!“ Und als dies geschehen war und auch er das seine, nämlich das Schwert Goliaths, welches ihm der Herr als Siegesbeute in die Hand gegeben hatte, und das darum einer ehrenhafteren Heerfahrt werth gewesen wäre, angelegt hatte, führte er glühend vor Rachedurst vierhundert Bewaffnete seiner Schaar dem Flecken Karmel entgegen, während er die zweihundert übrigen beim Geräthe zurückließ.

So steht er denn im Begriff, den Landfrieden zu brechen, an fremdem Eigenthum sich zu vergreifen, und sich mit dem Blute friedlicher, ja stammverwandter Bürger zu beflecken. Sicher hatte er diesmal weder gebetet, noch durch das „Licht und Recht“ den Herrn befragt. Vollführte er, was sein Grimm ihm eingab, - und an ihm lag es nicht, wenn es beim bloßen Anschlage blieb, - so hatte er seiner eigenen Ehre und Sache den Todesstoß gegeben. Er stand dann vor Gott und aller Welt geächtet da: ein Mann, über den nicht blos seine Feinde triumphirten, sondern der auch von seinen Freunden als der Krone Israels unwürdig aufgegeben werden mußte, und dem nichts Anderes übrig blieb, als landesflüchtig mit dem Kainsstempel an der Stirn auf's neue, und jetzt für immer, an irgend einer Heidengrenze um Schutz zu betteln. Welch' ein Abgrund also, dem wir ihn hier entgegenrasen sehn! Wir zittern für ihn, dessen ganze Zukunft auf dem Spiele steht. Doch es wird ja Der ein gnädiges Dreinsehen haben, der es überall mit den Seinigen unendlich besser meint, als sie mit sich selbst, und der seinen Knechten und Mägden nicht blos Errettung aus Gefahren verheißen hat, die ihnen Menschen bereiten, sondern auch aus solchen, die ihnen aus den Anfechtungen der Mächte der Finsterniß und den Reizungen ihres eigenen Fleisches und Blutes erwachsen würden. Hatte David seinen Entschluß gefaßt, so der Herr auch über ihn den seinigen. Vernehmen wir zu unsrer Freude und Ermuthigung, was für eine überraschende Wendung die Sache nehmen mußte.

Rabats Gattin war Abigail. Die Geschichte nennt sie „ein Weib von guter Vernunft und schön von Angesicht.“ Daß ihr das erstere Lob gebührte, hat sie bewiesen. Sie war auch ein Weib, welches Gott fürchtete. Als David bereits den Marsch gegen Karmel angetreten hatte, kam zu Abigail ihrer Knechte einer, und verkündete ihr, was vorgegangen. Es habe nämlich der Sohn Isais Boten abgeordnet aus der Wüste, um ihren Gemahl, den Nabal, „zu segnen“, d.i. freundlich zu grüßen. Dieser aber habe sie, die ihn um einen Mundvorrath gebeten, wie Feinde angeschnaubt, obwohl sie doch seinen Hirten in den entfernteren Winkeln der Wüste gute Freunde gewesen seien, ja ihnen sogar als Schutzmauer gegen die drohenden Räuberbanden aus den Heidengrenzen gedient hätten. „Merke nun,“ fuhren die Berichterstatter fort, „und siehe zu, was du thuest; denn sicher droht unserm Herrn und seinem ganzen Hause ein Unglück, da Rabat ein heilloser und auffahrender Mann ist, dem Niemand etwas sagen darf.“ - So der Knecht. Wer verkennt in seiner Sendung die Hand des Alles lenkenden Gottes?

Nachdem Abigail den Mittheilungen ihres Dieners ruhig zugehört, hat sie, die kluge und umsichtige Hausfrau, gar bald den Weg entdeckt, der hier einzuschlagen sei. Salomo sagt: „Durch weise Weiber wird das Haus erbauet, während eine Närrin es mit ihren Händen zerbricht.“ Wer wird es leugnen, daß es diesem Ausspruche an bestätigenden Siegeln nie gemangelt hat? Selten vermag ein Mann so viel einzureißen, als ein frommes und verständiges Weib mit still heilender Hand nicht wieder aufbaut. In der Regel ist die Frau es, die dem Hause seinen Stempel aufdruckt, und nicht der Mann; und wo die Kinder gerathen, pflegen sie in den mehrsten Fällen weniger den Vätern als ihren Müttern nachzuarten.

Abigail eilte sofort in ihre Vorrathskammern, und gab ihren Dienern die Weisung, ungesäumt einige Lastthiere mit zweihundert Broden, zween Legeln oder Schläuchen Weins, fünf gebratenen Schafen, und mit ebensovielen Scheffeln Mehl nebst einem reichlichen Maß von Rosinen und Feigen zu beladen, und dieselben dann in der Richtung, welche sie ihnen näher bezeichnete, vor sich herzutreiben. Sie selbst werde ihnen auf dem Fuße folgen, und sie dann mit dem Ziel und Zwecke dieser ihrer Sendung naher bekannt machen. Natürlich geschah dies Alles ohne Vorwissen Nabals, der fern draußen bei den Heerden weilte. Die Knechte zogen, wie die Herrin ihnen befohlen, ab, und schnell hatte auch Abigail ihr Maulthier gezäumt, und jene bald eingeholt. Und nicht gar weit noch war die ländliche Karavane vorgeschritten, als ihr in einer waldigen Hohlstraße die bewaffnete Rächerschaar schon entgegenkam. David, der Führer derselben, war von der leidenschaftlichen Aufregung, in der wir ihn zu diesem Zuge sich rüsten sahen, noch nicht ernüchtert. Eben erst hatte er an seine Gefährten die Worte gerichtet: „Seht, ich habe umsonst alles das behütet, was dieser Mensch, der Nabal, in der Wüste besitzt, daß an Allem, was sein ist, nichts gefehlt hat; und nun bezahlt er mir Gutes mit Bösem!“ - Dünkt uns nicht, David habe mit diesen Worten nur sein Gewissen beschwichtigen wollen, das ohne Zweifel mit ernstester Drohung sich wider ihn erhub, da er, im Sturm seiner wilden Aufregung sich verfluchend, also fortfuhr: „Gott wolle des Guten noch immer mehr den Feinden Davids thun, wo ich diesen Nabal nicht, bis licht Morgen wird, Alles, was männlich ist, erwürge!“ Kaum war dieses unbesonnene Wort von seinen Lippen erschollen, als Abigail auf ihrem Lastthier vor ihm Halt machte, von demselben flugs herabsprang, nach morgenländischer Weise ihr Angesicht vor ihm zur Erde neigte, und dann bewegten Herzens ihn also anredete: „Ach, mein Herr, die Missethat, die begangen ist, sei mein! Laß deine Magd reden vor deinen Ohren, und höre die Worte deiner Magd! Mein Herr wolle sein Herz nicht setzen wider diesen Nabal, den unbändigen Mann. Er ist, was er heißet: Nabal“, sd. i. Narr, ein Wort, welches im Hebräischen eine sittliche Bedeutung hat, und eine Verkehrtheit nicht blos des Verstandes, sondern auch des Herzens bezeichnet, „denn Narrheit“, (Gottentfremdung) „ist bei ihm. Ich aber, deine Magd, habe die Jünglinge nicht gesehn, die du gesandt hast. Nun aber, mein Herr, so wahr der Herr lebt, und so wahr deine Seele lebet: der Herr hat es verhindert, daß du in Blutschuld geriethest, indem deine Hand dir selber hülfe. So mögen nun deine Feinde werden wie Nabal, (Thoren,) und so Alle, die meinem Herrn übel wollen. Siehe nun hier den Segen, den deine Magd meinem Herrn hergebracht hat. Gib ihn den Jünglingen, die unter meinem Herrn wandeln. Deiner Magd aber vergib die Uebertretung“, (deren mein Gemahl sich schuldig machte, und die ich darum auch mir selber zurechne;) „denn der Herr wird dir, meinem Herrn ein beständig Haus machen. Du führest ja des Herrn Kriege, und Unglück werde an dir nicht gefunden dein Lebenlang. Und wenn sich ein Mensch erheben wird, dich zu verfolgen, und nach deiner Seele steht, so wird die Seele meines Herrn eingebunden sein in das Bündlein der Lebendigen bei dem Herrn deinem Gott; aber die Seele deiner Feinde wird er schleudern in der Schleuder. Wenn dann der Herr all' das Gute meinem Herrn thun wird, das er dir geredet hat, und gebieten, daß du ein Herzog seist über Israel: so wird's dem Herzen meines Herrn nicht ein Stoß noch Aergerniß sein“, (sondern dich vielmehr erfreuen), „daß du nicht ohne Ursach Blut vergossen, noch dir selbst geholfen hast, und der Herr wird meinem Herrn wohlthun, und du wirst dann auch an deine Magd gedenken!“ Wie rührend, und wie reich an Erleuchtung, Weisheit und zartem, ja heiligem Takte, dieser Herzenserguß! Wo begegnet uns in der ganzen Heidenwelt ein Weib, der Abigail, dieser Tochter der Wüste Paran, vergleichbar? Dürfte sie sich nicht fast als eine ebenbürtige den Marien des neuen Testamentes anreihen? Unglücklich freilich ist sie. Ach, ihr Haus, wie gesegnet auch immer mit irdischen Gütern, ist keine Bethaniashütte. Sie muß ihren rohen, im Mammonsdienst verhärteten Mann mit tiefer Trauer einen „Narren“ nennen. Aber sie trägt ihn mit duldender und hoffender Liebe und Treue, und hebt wohl oft heilige Hände für ihn zu Gott empor. Sie tritt bei David für ihn ein, indem sie gleich einem Opferlamme des Mannes Missethat auf sich nimmt. Sie hält aber auch dem David die schwere Verschuldung vor, die er auf sich geladen haben würde, hätte er seinen Vorsatz an dem Manne ausgeführt. In wie zarter Weise deutete sie zugleich ihm an, daß er den Herrn seinen Gott von Herzen dafür zu preisen habe, daß er ihm, dem sich Ueberstürzenden, zur rechten Stunde noch, und zwar durch sie, ein Halt geboten, und wie taktvoll erinnert sie ihn daran, daß er ja noch nicht Herzog oder König, folglich auch noch nicht Richter und Rächer der Uebelthäter in Israel sei, indem sie zu ihm spricht: „Wenn der Herr einmal gebieten wird, daß du Herzog seist über Israel“, und wie ihre Worte weiter lauten. Und wie hätte David ihrer Bitte um Schonung ihres Gatten zu widerstehn vermocht, nachdem sie ihm in so sinniger Weise das höchste Glück, zu dem man auf Erden gelangen könne, vor Augen gerückt; nemlich dasjenige, „eingebunden zu sein in das Bündlein der Lebendigen bei dem Herrn“, d. i. derer, die von dem Herrn zum ewigen Leben verordnet wurden; und indem sie dann unter der stillschweigenden Voraussetzung, daß auch ihm dieses„ Glück geworden, und er dasselbe ja nicht durch Frevelthat werde verscherzen wollen, ihm alles Gute für seine Zukunft verheißt, und nebenbei mit dem wohlerwogenen Ausdruck: „Deine Feinde wird er schleudern in der Schleuder“, das Große in's Gedächtniß ihm zurückruft, welches die Gnade des Herrn ihm bereits vornehmlich in seinem Siege über Goliath erwiesen habe. In der Thai ist die Wahrheit und Innigkeit, sowie die mit geheiligter Klugheit verpaarte Taubeneinfalt, wie sie sich in jener kindlich frommen Anrede des trefflichen Weibes kundgibt, unsrer lebhaftesten Bewundrung werth. Wer kann es verkennen, daß hier schon der Geist von Oben mächtig wirksam war? ist es nicht fast, als hörten wir in ihr eine geförderte Jüngerin des Evangeliums reden? Hat sich doch auch das: „Du wirst eingebunden sein in das Bündlein der Lebendigen des Herrn“ in Abigails Munde längst als ein Lieblingsausdruck, und als Bezeichnung des Köstlichsten, was man auf Erden begehren könne, in die Sprache der ganzen christlichen Gemeine eingebürgert.

Es that nicht Roth, daß Abigail zu ihren Worten noch die Bitte: „Gedenke deiner Magd!“ hinzufügte. Der Eindruck, den ihre Ansprache in der Seele Davids hervorgerufen, war gewaltig und entscheidend. Aufgelöst in dankbare Rührung über die Treue seines Gottes, der ihn, den stürmend Dahertobenden, in so lieblicher Weise vor einer blutigen Frevelthat bewahrte, nicht minder aber auch zerknirscht in Scham und Reue, steht er erst stumm der einfachen Frau gegenüber, und bricht dann mit sichtbarer Bewegung seines Gemüthes in die Worte aus: „Gelobet sei der Herr, der Gott Israels, der dich heutiges Tages mir entgegensandte, und gesegnet sei deine Rede, und gesegnet seist du, daß du mir heute gewehret hast, daß ich in Blutschuld geriethe, und mit eigner Hand mich rächte. So wahr der Herr, der Gott Israels lebt, der mich verhindert hat, übel zu thun an dir, (d. i. an deinem Hause,) wenn du nicht eilend mir begegnet wärest, so wäre dem Nabal bis an den lichten Morgen von Allem, was männlich ist in seinem Hause, nichts lebend und übrig geblieben.“ - So David. Wie einem Nachtwandler, der, auf den Ruf seines Namens erwacht, urplötzlich mit Schauder an dem Rande eines schwindelnden Abgrunds sich erblickt, und in Dank gegen seinen Retter zerfließend in seine sichere Bergung zurückkehrt, so war dem David jetzt zu Muthe. Uebrigens hatte er zu seiner Demüthigung und somit auch zu seinem Heile, eine Seite seines Temperamentes kennen gelernt, die ihm bis dahin in diesem Maße der Klarheit noch nicht in's Bewußtsein getreten war. Zeitlebens wird er des Vorgangs in Karmel nicht vergessen haben, und wir irren wohl nicht, wenn wir annehmen, daß ihm, was er zu Karmel einst erfahren, vor der Seele geschwebt habe, so oft er in seinen Psalmen, u. A. in dem 17., im 18., im 37. und 66. den Herrn als einen Gott erhob und anrief, der „die Seinen behüte und ihre Füße nicht gleiten lasse.“

Dankbar nahm David die Geschenke der Abigail für seine Mannschaften entgegen, und schied von ihr, die der Herr ihm wie einen schützenden Engel zugesendet, mit den Worten: „Zeuch nun mit Frieden hinauf in dein Haus; siehe, ich habe deiner Stimme gehorcht, und deine Person angesehn!“

Als aber Abigail, die Getreue, heimkam, ach! da trat ihr wieder ihre ganze Unglückslage im grellsten Lichte vor die Blicke. Ihr Gemahl saß mit seinen Gesellen schwelgend bei einem üppigen Gelage. Sein Herz war, sagt die Geschichte, „guter Dinge bei ihm selbst,“ wie er denn überall nur sich selber lebte, und „er war sehr trunken.“ Das arme Weib! Doch sie begegnet leider! auch heute noch, und sogar inmitten der Christenheit, ihrer Leidensschwestern vielen. So manches beklagenswerthe Weib tritt vor meine Seele, die glücklich sein könnte unter ihrem Dach, da ihr Mann rüstig ist und es an Arbeitsamkeit und Fleiß nicht fehlen läßt. Aber was geschieht? „Beim Schluß der Woche,“ - wir erzählen hier einem Andern nach, was er erlebte, obwohl wir selbst von gleichem Jammer nicht selten Zeuge waren, - „nachdem der Lohn ihm ausgezahlt worden, kommt er Abends zu Hause. Die Kinder freuen sich, daß sie den Vater einmal wieder länger bei sich haben sollen, da ja der Sonntag vor der Thür ist. Mit ausgebreiteten Armen eilen die Kleinen ihm entgegen. Aber bald kehren sie schamroth und traurig zur Mutter zurück. Der Vater taumelt. Ach, seufzt das arme Weib, will denn Alles nicht fruchten? Und wie viel Ursache hat sie zu ihren Seufzern! Die Woche über war sie so fürsorglich bemüht, für den Sonntag die Kleider ihres Mannes herzustellen, die Kinderanzüge auszubessern, die Kammern zu scheuern, und was Alles sonst zu ordnen und zu beschaffen war, und nun wieder dieses Schicksal! Die Kinder verkriechen sich scheu und zitternd in eine Ecke. Die Mutter bekämpft ihre Verzweiflung, und hilft dem unglückseligen Mann schweigend ins Bette. Dann singt sie ihrem Säugling das Wiegenlied; aber Gott allein weiß, was für ein geheimes Weh hinter der harmlosen Liedesweise an ihrem Herzen nagt.“ O die stille Märtyrerin mit solchem Kreuz auf der schwachen Schulter, und doch es in Selbstverleugnung tragend, und siebenmal siebenzigmal vergebend, aber immer auf's neue von demselben häuslichen Jammer überfluthet! Klänge nur einmal etwas von dem: „Ich und mein Haus, wir wollen dem Herrn dienen!“ im Herzen des unter die Sünde verkauften Mannes wieder, im Nu wäre all' der Noth und all' dem Elende ein Ziel gesetzt. „Doch fahre nur fort,“ rufen wir der Schwergeprüften zu, „für den beklagenswerthen Mann zu beten. Gott kennet dich und faßt deine verborgenen Thränen in seinen Sack. Auf ihn hoffe, und gedenke seines Wortes: Die mit Thränen säen, werden mit Freuden erndten.“

Abigail erlebte freilich solche ersehnte Wendung nicht. Als sie bei ihrer Rückkehr ihren Gemahl in dem kläglichen Zustande antraf, sagte sie ihm wohlweislich nichts, „weder Kleines noch Großes bis an den lichten Morgen.“ Gott dem Herrn dagegen sagte sie um so mehr. Da aber der Tag angebrochen, und Nabal wieder nüchtern worden war, setzte sie ihn ehrlich und ohne, Rückhalt von alle dem, was sich begeben hatte, in Kenntniß. Sie hoffte von dieser Mittheilung eine gesegnete Wirkung für sein Herz, da er ja einsehen mußte, wie zwischen ihm und dem Tode nur ei n Schritt gewesen, und durch die behütende Gotteshand und die Treue seines Weibes das Unheil abgewehrt worden sei. Aber ihre Hoffnung betrog sie. Der starrsinnige Unhold glaubte sich durch die zuvorkommende Herablassung seines Weibes zu seinen Feinden in seiner Ehre gekrankt, und statt Dankgefühls übermannte ihn ein solcher Mark und Bein durchschüttelnder Aerger und Verdruß, daß ihm plötzlich „das Herz im Leibe erstarb“, und er „wie zum Steine erstarrt“ dahinsank. Zehn Tage noch lag er ohne Bewußtsein; da schlug ihn der Herr zum andern Mal, und so schied seine Seele, unzweifelhaft von den unablässigen Fürbitten seines treuen Weibes geleitet, unter der gewaltigen Hand des Richters der Lebendigen und der Todten von hinnen. Als David das Ende Nabals erfuhr, wachte in ihm mit ganzer Stärke die Erinnerung an die verhängnißvolle Unthat wieder auf, zu der sein blinder, ungezügelter Jähzorn ihn fortzureißen im Begriffe war. Zugleich gedachte er anbetend der göttlichen Wunderbewahrung, deren er gewürdigt worden und brach in die Worte aus: „Gelobet sei der Herr, der meine Schmach gerochen hat an dem Nabal, und seinen Knecht abgehalten von dem Uebel, und dem Nabal das Uebel auf seinen Kopf vergolten!“ Allerdings ist es, - und kaum war ein Anderes zu erwarten, -^ der strenge Geist des alten Bundes, der Haushaltung des Gesetzes, und nicht der mildere des Evangeliums, der uns aus diesem Dankergusse anweht. Einen lieblichen Gegensatz zu dem Verhalten Davids bildete dasjenige jenes ehrwürdigen Veteranen der Wissenschaft zu Halle, der, als er eines Abends in seinem Studierzimmer sitzend von einem Raubmörder überfallen wurde, und schon schwer verwundet demselben im Ringkampfe das Messer entriß, und somit das Leben des Meuterers in seiner Hand hatte, plötzlich an das Gotteswort erinnert wurde: „Die Rache ist mein; ich will vergelten!“ und nun, statt seinerseits von der errafften Waffe Gebrauch zu machen, sich damit begnügte, einen lauten Hülferuf auszustoßen. Der Mörder, der in diesem Augenblicke schon mit Bestürzung die Tritte, herbeieilender Männer auf der Treppe zu vernehmen wähnte, ergriff die Flucht, und als die wirklich zur Hülfe herzugekommenen Nachbarn nach ihm suchten, ward er erhenkt auf dem Söller gefunden. Er hatte in der Verzweiflung sich selbst gerichtet. Wie geschah da dem Geretteten? Freilich war seine Seele voll Dankes zu Gott; aber sein erstes Wort nicht ein Wort des Triumphes wie das davidische: „Der Herr hat dem heillosen Manne das Uebel auf den Kopf vergolten,“ sondern ein Wort der Trauer um die Seele des Unglückseligen, die so unmittelbar vom Verbrecherwege ohne Buße und ohne Glauben dahingefahren war. Das ist die Christenrache.

Nachdem seit der Begebenheit zu Karmel bereits eine geraume Zeit verflossen war, sandte David Werber zu Abigail, seiner klugen und frommen Retterin, die zu ihr sagen sollten: „David hat uns zu dir gesendet, daß er dich zum Weibe nehme.“ Abigail, in dieser Wendung ihres Lebens die höhere Fügung erkennend, antwortet von ihrem Sitze sich erhebend, und vor den Boten als den Vertretern Davids das Haupt zur Erde neigend: „Siehe, hier ist deine Magd, daß sie diene den Knechten meines Herrn und ihre Füße wasche.“ Ausdruck dies einer tiefen Demuth, aber herausgeboren aus wahrem Gefühle ihrer Unwürdigkeit, zur Gemahlin dessen erkoren zu sein, der einst, wie ihr nicht mehr in Frage stand, über Israel herrschen sollte. Nachdem sie hierauf die Boten mit Speise und Trank gelabt, dann ihr Gehöfte der Verwaltung eines Hausvogts, vielleicht eines ihrer Anverwandten, übergeben hatte, ließ sie ihr Maulthier satteln, und zog, darüber sich nicht täuschend, daß sie vielen Mühseligkeiten und Prüfungen entgegengehe, im Geleite ihrer fünf Dirnen mit den Brautwerbern der Wüste Paran zu, und „ward Davids Weib.“

Sie wurde Davids dritte Gemahlin. Seine erste Ehe mit der Michal hatte Saul mit Frevlerhand wieder getrennt, und diese Tochter in seinem Zorne dem Phalli von Gallim im Stamme Benjamin angetraut. Einen zweiten Ehebund schloß David wahrscheinlich noch vor seiner Verbindung mit der Abigail, mit der Ahinoam von Jesreel, so daß wir also leider! auch im Leben des „Mannes nach dem Herzen Gottes“ wieder der schnurstracks der Ordnung Gottes zuwiderlaufenden Unsitte begegnen, welche schon längst in Israel tief eingerissen war. Nach göttlicher Satzung sollte ein Mann einem Weibe in ehelicher Treue bis in den Tod verbunden sein; aber schon Lamech, Noah's Vater, übertrat das Gebot, und hat die Uebertretung schwer genug büßen müssen. Nach und nach aber wurde diese Gesetzwidrigkeit so allgemein im Volk, daß demselben das Bewußtsein um deren Strafbarkeit fast ganz verloren ging. Ehen, wie die des Isaak und der Rebekka gehörten schon frühe zu den seltenen Perlen in Israel, und ebenso, als natürliche Folge davon, ein geheiligtes Familienleben, beruhend auf dem Bewußtsein, daß man zu gegenseitiger Förderung im göttlichen Leben von Gott zusammengeführt, und dazu berufen sei, unter dem Beistande von Oben das liebliche Bild des ersten Menschenpaares wieder darzustellen, und das Haus zu einem stillen Tempel Gottes zu verklären. Allerdings machte sich später, namentlich unter dem Eindruck der Mahnungen und des persönlichen Vorgangs der Propheten die richtige Auffassung der Ehe als einer Einehe, wie sie es ja ursprünglich war, je länger je mehr in Israel geltend, wenn sie auch in ihrer vollen Verklärung erst im neuen Bunde begriffen ward und zur Verwirklichung kam. Bis dahin ging jene Unordnung in gleicher Weise, wie die Ehescheidung „unter göttlicher Geduld.“ Auch unserm David war es wohl kaum bewußt, daß er in seiner Vermählung mit der Abigail, welch' edlen Schatz er auch an ihr gewonnen hatte, einer strafbaren Uebertretung sich schuldig machte. Aber auch ihm ist die verdiente Züchtigung dafür nicht ausgeblieben.

Ob David der Verfasser des 128sten Psalms ist, steht in Frage. Offenbar aber spiegelt sich in diesem Liede etwas von einem in eine höhere Sphäre hinaufgehobenen, göttlich geweihten Ehe- und Familienleben, von welchem man also auch zu Davids Zeiten schon unter den Frommen Israels eine Ahnung, ja hin und wieder auch bereits einen leisen Vorgeschmack hatte. Beschließen wir mit diesem „Liede im höheren Chore“ unsere diesmalige Betrachtung. „Wohl dem, der den Herrn fürchtet, und auf seinen Wegen geht. Du wirst dich nähren deiner Hände Arbeit; wohl dir, du hast es gut. Dein Weib wird sein wie ein fruchtbarer Weinstock um dein Haus her, und deine Kinder wie die Oelzweige um deinen Tisch her. Siehe, also wird gesegnet der Mann, der den Herrn fürchtet. Der Herr wird dich segnen aus Zion, daß du sehest das Glück Jerusalems dein Leben lang, und sehest deiner Kinder Kinder. Friede über Israel!“

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