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Irenäus - Gegen die Häresien

Irenäus - Gegen die Häresien

Auszüge

Gnosis

I., 1. Leute gibt es, die der Wahrheit die Tür weisen, um lieber die Lüge hereinzurufen… Sie locken viele Menschen auf Irrwege. Als ob sie etwas Höheres und Größeres zu zeigen hätten als Den, der Himmel und Erde erschaffen hat und Dem alles, was darinnen zu finden ist, sein Dasein verdankt, lenken sie unter dem Deckmantel einer angeblichen Wissenschaft, die sie »Gnosis« - Erkenntnis - nennen, viele Menschen von der wahren Erkenntnis ab und machen sie blind für den Urheber der Ordnung und Schönheit des Weltalls. Wie Ratgeber leiten sie die Harmlosen auf verschlungene Wege des Suchens durch viele kunstreiche Worte, bis niemand mehr Lüge von Wahrheit zu unterscheiden vermag, und dann stürzen sie die Ratlosgewordenen ins Verderben, treiben sie bis zur Gottlosigkeit, ja zu Lästerungen gegen den Weltenschöpfer selbst.

Vor ihnen uns zu hüten hat der Herr uns befohlen. Darum halte ich es für notwendig, Dich, mein Vielgeliebter, mit diesen »wunderbaren und tiefen Geheimnissen« vertraut zu machen, die kaum jemand fassen kann, es sei denn, er hätte zuvor seinen Verstand verloren, Meine Quellen sind die Kommentare der sogenannten Valentinianer, also die Schüler des Valentinus, aber auch Äußerungen einiger anderer (Gnostiker) mit denen ich persönlich zusammentraf. Teile das getrost allen mit, die bei Dir sind, und ermahne sie, sich vor diesem Abgrund des Unsinns zu hüten..

Die Valentinianer lehren also, in unsichtbaren und unnennbaren Höhen habe es einst einen urvollkommenen Äon gegeben, der vor allem war. Den nennen sie Uranfang, Urvater, Tiefe. Er sei unsichtbar, und niemand könne ihn fassen. Und da er unfaßbar, unsichtbar, ewig und unerzeugt sei, so habe er auch unermessliche Zeiten lang in tiefster Ruhe verharren können.

Mit diesem Uranfang zugleich habe aber auch die Ennoia angefangen, die sie auch Charis nennen (doch woher kam sie?). Nun sei, so lehren diese Leute, jener Ur-Äon einmal auf den Gedanken verfallen, seine »Tiefe«, Bythos, von sich aus - als Anfang aller Dinge - auszusenden. Und dieser Sproß, den er von sich auszugeben im Sinne gehabt habe, sei von ihm wie ein Samen in den Mutterschoß der bei ihm befindlichen Ennoia oder Charis eingesenkt worden. Durch solche Empfängnis schwanger, habe sie dann den Nous geboren, den Verstand, die Ratio - kurz, etwas, das seinem Erzeuger offenbar ähnlich oder sogar irgendwie gleich gewesen sei, allein imstande, die Größe des Vaters ganz zu erfassen. Diesen Nous also nennen sie wiederum Vater und auch Anfang aller Dinge. Mit ihm zusammen sei auch - als sein Zwilling - die Wahrheit geboren worden oder vielmehr »das Unvergeßbare«: A-Letheia …

Der Nous soll dann weiter den Logos und die Zoe hervorgebracht haben, das Wort und das Leben, und wieder nennen sie auch diese den Vater aller Dinge und die Mutter des gesamten Weltalls. Aus diesen sei dann in ehelicher Verbindung auch der Mensch entstammt und auch die Kirche (als pure Geister, also Äonen) …

Diese acht Äonen, zur Verherrlichung des Vaters hervorgebracht, hätten nun weiter den Vater verherrlichen wollen, und so seien der Verbindung von Logos und Zoe, nach der Erzeugung des Menschen und der Kirche, zehn weitere Äonen entsprossen: Bythios und Myxix, Ageratos und Henosis, Autophyes und Hedone, Akinetos und Synkrasis, Monogenes und Makaria (ihnen allen offenbar genau bekannt: lauter Äonen, also Geister) …

Auch der Mensch habe aber, mit der Kirche, ebenfalls Äonen gezeugt - und deren zwölf hervorgebracht: Parakletos und Pistis, Patrikos und Elpis, Metrikos und Agape, Äinous und Synesis, Ekklesiastikos und Makariotes, Theletos - und Sophie.

Das sind also zusammen dreißig Äonen, die geheimnisvollen, nicht zu verratenden Äonen ihrer Irrlehre… und deswegen, sagen sie, habe der Erlöser (denn Herr wollen sie ihn nicht nennen) auch dreißig Jahre lang ein verborgenes Leben geführt und dadurch das Geheimnis dieser dreißig Äonen angedeutet. Nach ihrer Ansicht weist übrigens auch die Parabel vom Weinberg und den Arbeitern der letzten Stunde auf diese dreißig Äonen in aller Deutlichkeit hin; die einen werden doch zur ersten, die anderen zur dritten, noch andere zur sechsten, zur neunten, schließlich die letzten zur elften Stunde ausgesandt, und die genannten Stunden ergeben, zusammengezählt, eben dreißig! Nichts ist einleuchtender: Das können nach ihnen nur Äonen sein….

1., 6. Der Mensch, so sagen sie, bestehe aus drei Elementen. Das Materielle gehe notwendig zugrunde, da es keine Spur von Unsterblichkeit in sich aufzunehmen vermag. Das Seelische, das zwischen dem Körperlichen und dem Geistigen gelegen ist, gehe dorthin, wohin dieses letztere sich hinneigen wird, das Geistige soll aber durch Vermählung mit dem Seelischen gestaltet, erzogen emporgehoben werden.

Seelisch erzogen werden alle die, welche auf ihre Werke und auf ihren schlichten Glauben bauen und keine vollkommene Erkenntnis besitzen; das sind wir von der Kirche, denen allerdings zur Seligkeit auch gute Werke vonnöten sind. Sie aber, sie brauchen das nicht, sie haben ja die Erkenntnis, sie werden also nicht erst durch gute Werke, sondern schon durch ihre geistige Natur auf jeden Fall selig. Denn wie das Materielle unmöglich selig werden kann, da es der Seligkeit gar nicht fähig ist, genauso könne das Geistige - und dazu rechnen sie sich selbst - unmöglich verdammt werden, welche Taten auch immer es begangen habe; das Gold im Kot bewahre ja auch seine Schönheit ….

Daher tun auch die Vollkommensten unter ihnen alles Verbotene ohne Scham. … sie dienen maßlos den Lüsten des Fleisches und behaupten, man müsse eben das Fleisch dem Fleisch und den Geist dem Geiste darbringen…, sie schänden heimlich die Weiber, die sie in ihrer Lehre unterrichten…, und Frauen, in die sie sich verliebt haben, entreißen sie dem rechtmäßigen Gemahl öffentlich und ohne Scheu. . . oder sie geben vor, mit ihnen nur wie mit Schwestern verkehren zu wollen, so lange, bis dann die Schwester vom Bruder schwanger geworden ist und man sie dabei ertappt.

… Sie reden den Unverständigen wortwörtlich vor: Wer in der Welt der Gnosis lebt und kein Weib liebt, so dass dasselbe bezwungen wird, der stammt nicht aus der Wahrheit und kann auch nie zur Wahrheit gelangen. Wer aber aus der Welt der Psyche ist und vom Weibe bezwungen wird, der kann nicht zur Wahrheit kommen, eben weil er der Begierde zum Weib erlegen ist. So behaupten sie, daß uns, den Psychikern, die von dieser Welt sind und nicht von der Welt der Gnosis, auch Enthaltsamkeit und gute Werke unentbehrlich sind, um dadurch an den Ort der Mitte zu gelangen; sie aber, die Geistigen, die Gnostiker, die alle Erkenntnis haben, sind Vollkommene; sie brauchen so etwas nicht…

1., 9, 1. Auf solche Art betrügen sich die Leute selbst, vergewaltigen die Heiligen Schriften und suchen sie ihren Hirngespinsten um jeden Preis anzupassen. … Ich habe Dir ihre Faseleien nur vorgeführt, damit Du daraus erkennen sollst, wie hinterlistig sie betrügen, wie böse und zugleich wie dumm sie sind.

Logos

2 … aber ihre Schlußfolgerungen sind nichts weiter als Unfug. Wenn Johannes einen allmächtigen Schöpfergott und Christus Jesus als dessen eingeborenen Sohn verkündet, durch den alles gemacht worden ist, und wenn er weiter diesen Sohn als das Wort Gottes bezeichnet, als den Ihm eingeborenen Urheber aller Dinge, und als das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, kurz, als den Urheber der Welt - als Den, der in Sein Eigentum eintrat und Fleisch geworden ist und als solches unter uns wohnte -, so verkehren jene offensichtlich den richtigen Sinn; sie unterscheiden den eingeborenen Sohn in Hinsicht auf seinen Ursprung, den sie auch seinen Anfang nennen, vom Heiland; sie lassen den Logos gar einen Sohn des Erstgeborenen sein, und den Christus - also noch einen anderen - zur Wiederherstellung des »Pleroma« ausgezogen sein, also zur Wiederherstellung der Gemeinschaft und Fülle der Geisterwelt! Kurz, sie reißen alle Schriftworte auseinander und von aller Wahrheit los, sie mißbrauchen die Namen und geheimnissen ihre eigenen Erdichtungen und Verschrobenheiten hinein…. Nach ihren Voraussetzungen wäre gar nicht das Wort Fleisch geworden, da es ja nicht einmal aus dem Pleroma herauskam, sondern der Heiland der Weltordnung sei das gewesen, der jünger sein soll als der Logos. … Und doch ist Jesus selbst das Wort Gottes, das Fleisch geworden ist, unter uns wohnte und für uns gelitten hat…. Alle diese Bezeichnungen, das Wort, der Eingeborene, das Leben, das Licht, der Heiland, Christus und der Sohn Gottes, der Fleisch geworden ist, deuten auf ein und dasselbe, und jene wahnwitzige Echtheit gibt es nicht….

Lehre von der Seelenwanderung

II., 32, 1. Ihre Lehre von der Seelenwanderung ist durch die Tatsache widerlegt, daß sich keine Seele mehr an das erinnern kann, was vordem gewesen ist. Und doch, wenn die Seelen dazu herumgesandt würden, um sich durch Erfahren und Erleiden zu läutern, dann müßten sie sich auch an das Vergangene erinnern können, um das Fehlende nachzuholen und um nicht elend immer wieder dasselbe zu erleiden… (denn ohne Erinnerung gibt es auch keine Läuterung)… die Seele müßte also wissen, wo sie so lange Zeiten verbracht hat, während all der verflossenen Leben - da sie sich sogar der flüchtigen Augenblicke zu erinnern vermag, in denen sie während eines Traumes den Körper verließ….

Um solche Einwände zu widerlegen, hat schon der vielbewunderte Athener Platon - der die Lehre von der Seelenwanderung aus dem Osten einführte - es immerhin für nötig erachtet, so etwas wie einen »Becher der Vergessenheit« zu erfinden…. Ohne jeden Beweis stellte er das Dogma auf, die Seelen würden vor ihrem Eintritt in dieses Leben durch einen Dämon mit Vergessenheit getränkt. Wenn aber das Trinken aus dem Becher der Vergessenheit alle Erinnerung auslöscht - woher weiß denn dann Platon, daß seine Seele aus diesem Becher trank, ehe sie in seinen Körper kam?

Auch die Propheten haben sehr wohl behalten, was sie in ihren geistigen Visionen von himmlischen Dingen sahen oder hörten. Nach der Ekstase wieder auf die Erde zurückgekehrt, haben sie es den anderen verkündet. Keineswegs hat diese Rückkehr in den Körper bewirkt, daß die Seelen vergaßen, was sie geistig geschaut hatten…. Denn der Leib ist keineswegs stärker als die Seele. Nur von ihr wird er belebt und bewegt…. Der Körper ist einem Werkzeug ähnlich, die Seele können wir mit dem Künstler vergleichen… Wenn sie aber keinerlei Ahnung vom Vergangenen hat und alle ihre Kenntnisse von hienieden existierenden Dingen nur in diesem Leben empfängt, dann war sie auch niemals in anderen Körpern … Vielmehr hat jeder von uns seine eigene Seele, genau wie er auch vermöge göttlicher Anordnung seinen eigenen Leib empfängt.

II., 34, 1. Daß die Seelen nicht von einem Leib in den anderen hinüberwechseln, sondern fortdauern und sogar den besonderen Charakter des Körpers, zu dem sie gehörten, unverändert weiterbewahren, sich auch der Werke erinnern, die sie hier vollbracht haben und nun nicht mehr ändern können, das lehrte uns mit größter Deutlichkeit der Herr selbst in Seiner Erzählung vom reichen Mann und vom armen Lazarus, der im Schoß Abrahams ruhte (Luc. 16, 19 ff.). Denn in dieser Geschichte wiedererkennt der reiche Mann den Lazarus nach dem Tode … Hierdurch ist deutlich gezeigt, daß die Seelen nicht von Körper zu Körper übergehen, sondern ihre menschliche Gestalt beibehalten, um erkannt zu werden, und daß sie in ihrer Fortdauer sich auch irdischer Begebenheiten erinnern …

Könnte aber nicht jemand an dieser Stelle einwenden, es sei ganz unmöglich, daß die Seelen - deren Existenz also erst vor kurzem mit dem Leben begonnen hätte - sehr lange Zeit fortdauern? Denn wenn sie unsterblich sind, dann müssen sie doch auch ungezeugt sein! Haben sie aber einen Anfang genommen durch Zeugung - dann müssen sie auch mit dem Körper sterben!

Darauf ist zu erwidern, daß ohne Anfang und ohne Ende allein der Allerhöchste ist. Nur Gott ist ganz unveränderlich immer derselbe und ewig; alles aber, was von Ihm erschaffen worden ist, alles, was überhaupt gemacht ist, nimmt in der Entstehung seinen Anfang und kann nur gemäß dem Willen des Schöpfers fortdauern … und weil also Gott allein Leben und Fortdauer verleiht, darum können die Seelen, die zunächst nicht da waren, weiterdauern, wenn Gott es will, daß sie weiterbestehen, und sie werden bleiben, solange Gott solche Existenz und Fortdauer will …

Nicht aus uns nämlich noch aus unserer Natur kommt das Leben; es wird uns gemäß der Gnade Gottes gegeben. Wer das Geschenk des Lebens gut bewahrt und sich dankbar gegenüber seinem Schöpfer erweist, der wird in Ewigkeit die Länge der Tage immer und immer wieder neu empfangen. Wer es aber von sich wirft und seinem Schöpfer undankbar wird - und wer den Geber nicht erkennt und auch nicht seine Gnade -, der beraubt sich selbst der Fortdauer in Ewigkeit. Deshalb spricht der Herr zu solchen Undankbaren: Wenn ihr nicht einmal im Kleinen treu bleiben konntet, was wird man euch dann noch Großes geben können? (Luc. 16, 11). Wer also dieses kurze irdische Leben Dem, der es gab, mit Undank lohnte, der wird gerechterweise die Länge der Tage in Ewigkeit nicht von Gott empfangen….

II., 35, 1. Außerdem wird der gute Basilides gemäß seiner Lehre wohl gezwungen sein, nicht bloß die geringe Zahl von 365 Himmeln anzunehmen, die alle voneinander abstammen, sondern eine unendliche Menge solcher Himmel, die entstanden wären, entstünden und entstehen müßten, und er wird niemals damit aufhören können, denn wenn überhaupt nach dem Bilde des ersten Himmels aus diesem ein zweiter hervorginge und aus dem zweiten ein dritter usw. - dann müßte doch auch aus unserem sichtbaren Himmel, den er den letzten nennt - warum eigentlich? -, wieder ein anderer hervorgegangen sein oder hervorgehen und aus diesem dann wieder ein anderer, und die Schöpfung als solche dürfte niemals ein Ende nehmen….

Wenn andere darauf hinweisen, daß im Hebräischen mehrere verschiedene Bezeichnungen für Gott gebraucht werden, wie Herr der Heerscharen, Zebaoth, Elohim, Adonai und noch viele andere, und daß sich daraus etwa verschiedene Götter zu ergeben scheinen, so könnten sie sehr wohl wissen, daß dies alles nur immer verschiedene Namen und Bezeichnungen für den oft genug als solchen bezeichneten Einig-Einzig-Ewigen sind. Auch die Verkündigungen der Propheten stimmen mit unseren Ausführungen überein, die Belehrungen des Herrn, die Worte der Apostel, die Predigten der Missionare, die kirchlichen Gesetze: sie alle bekennen den Einig-Einzigen-Ewigen Gott und nie einen anderen….

Gottes Heilsplan

III., 1, 1. Durch niemand anderen als durch die, von denen das Evangelium bis auf uns gelangt ist, haben wir etwas über Gottes Heilsplan erfahren. Darum sollte, was sie zuerst gepredigt und dann nach dem Willen Gottes uns schriftlich überliefert haben, auch das Fundament und die Grundsäule unseres Glaubens werden. Frevelhaft wäre wohl, zu behaupten, sie hätten gepredigt, bevor sie vollkommene Kenntnis dessen erlangten, was sie künden. Gerade das anzunehmen erfrechen sich aber alle, die es wagen, die Apostel verbessern zu wollen. Nicht eher sind diese ausgezogen, allen die frohe Botschaft zu bringen, bis an die Grenzen der Erde, und den himmlischen Frieden allen Menschen zu verkünden, als bis unser Herr von den Toten auferstanden war und sie alle die Kraft des Heiligen Geistes empfangen hatten. Denn dieser war dann über sie gekommen. Dadurch nur empfingen sie die Fülle von allem und die vollkommene Erkenntnis, und so besitzt auch jeder einzelne von ihnen das Evangelium Gottes….

Sie alle aber lehren uns EINEN Gott als Schöpfer des Himmels und der Erde, wie Ihn Gesetz und Propheten verkündet hatten, und EINEN Christus als den Sohn Gottes. Wenn also jemand ihnen nicht glaubt, dann verachtet er die Mitgenossen des Herrn, verachtet auch Ihn, Christus, den Herrn, und verachtet Ihn, den Vater, und ist durch sich selbst gerichtet, weil er dem eigenen Heil hartnäckig widerstrebt. Aber so tun eben alle Häretiker …

III., 3, 1. Die von den Aposteln in der ganzen Welt verkündete Überlieferung kann jeder in jeder Kirche erfahren, wenn er die Wahrheit erfahren will. Und wir könnten die von den Aposteln eingesetzten Bischöfe der einzelnen Kirchen alle aufzählen und ihre Nachfolger bis auf unsere Tage. Alle diese haben von den Wahngebilden der Häretiker nichts gehört. Und doch: Wenn die Apostel irgendwelche verborgenen Geheimnisse gekannt hätten, die etwa in besonderem, geheimzuhaltendem Unterricht nur den Auserwählten weiterzugeben gewesen wären, den Vollkommenen, den Reinen - dann hätten sie wohl solche Geheimnisse am ehesten jenen übermittelt, denen sie sogar ihre Kirche anvertrauten, den Bischöfen. Ganz vollkommen und untadelig in allem sollten nach ihrem Wunsch gerade diese sein, denen sie ihren Lehrstuhl übergaben und die sie als ihre Nachfolger zurückließen. Denn vom guten oder schlechten Verhalten gerade dieser Männer hing sehr viel für das Wohl und Heil der Ihrigen ab!

III., 3, 3 Nachdem also die seligen Apostel die Kirche gegründet und gefestigt hatten, übertrugen sie zur Verwaltung der Kirche das römische Bischofsamt dem Livius. Paulus selbst nennt diesen Livius in einem Brief an Timotheus. Auf Livius folgte Anaclet, nach diesem als dritter erhielt Klemens das Bischofsamt; dieser Klemens hatte noch die Apostel selbst gesehen und mit ihnen persönlich Umgang gehabt, noch mit eigenen Ohren ihre Predigten vernommen, ihren Lehren gelauscht. Überhaupt lebten damals noch viele, denen die Unterweisungen der Apostel selbst noch zuteil geworden waren. Als in jenen Tagen unter den Brüdern in Korinth ein nicht unwesentlicher Kirchenstreit ausgebrochen war, griff die römische Kirche unter diesem Klemens ein: Sie sandte ein sehr nachdrückliches Schreiben an die Korinther, ermahnte sie eindringlich zum Frieden, frischte ihren Glauben auf und umschrieb genau die allein echte Überlieferung, so wie sie dieselbe unmittelbar von den Aposteln empfangen hatte. Sie wiederholte, es gibt einen allmächtigen Gott, nur EINEN, der Himmel und Erde erschaffen hat, der den Menschen gebildet, die Sintflut geschickt, den Abraham berufen hat, der das Volk aus Ägypten geführt, zu Moses gesprochen, das Gesetz gegeben, die Propheten ausgesandt, dem Teufel aber und den gefallenen Engeln das ewige Feuer bereitet hat. Auch daß dieser selbe Einig-Einzige-Ewige Gott es ist, der als Vater unseres Herrn Jesus Christus von den Kirchen verkündet wird, und daß dies als die echte apostolische Überlieferung aufzufassen ist, kann jeder, der es nachlesen will, aus jenem selben Brief entnehmen. Und dieser Brief ist älter als alles, was sich die neuen Falsch- und Fabellehrer über den Weltenschöpfer und Demiurgen und über noch einen anderen Gott, der darüberstehe, so fleißig zusammengelogen haben.

Auf den eben genannten Klemens folgte dann Evaristos, nach diesem kam Alexander, als sechster seit den Aposteln wurde dann Sixtus auf den Bischofsstuhl Roms berufen, sodann Telesphorus, glorreich als Märtyrer, dann Hyginus, dann Pius und schließlich Anicetus. Und nachdem Soter diesem Anicetus gefolgt war, hat jetzt - als zwölfter seit den Aposteln - Eleutherius (175-189) den römischen Bischofsstuhl bestiegen. In dieser Reihenfolge ist die apostolische Überlieferung der Kirche bis auf uns gekommen. Der Beweis muß also als vollkommen geschlossen anerkannt werden, daß es genau derselbe lebenspendende Glaube ist, den die Kirche unmittelbar von den Aposteln empfing, bis jetzt bewahrte, um uns die volle Wahrheit zu überliefern…. Dasselbe lehrte übrigens auch Polykarp, stets so, wie er es selbst von den Aposteln gehört und der Kirche überliefert hat. Und er hatte es überdies nicht allein bei den Aposteln gelernt, denn ihm war auch noch unmittelbarer Umgang mit vielen anderen vergönnt gewesen, die unseren Herrn Jesus Christus noch gesehen haben, und die Apostel selbst setzten ihn zum Bischof von Smyrna und für ganz Kleinasien ein. Auch ich habe noch diesen Mann in meiner Jugend gesehen, denn er lebte sehr lange und erlitt erst in hohem Greisenalter ein überaus ruhmreiches und denkwürdiges Martyrium. Mit seiner Lehre stimmen alle Kirchen in Asien überein….

III., 3, 4 Unter Anicet führte Polykarp bei seinem Aufenthalt in Rom viele Häretiker in die Kirche zurück, indem er predigte, die Wahrheit, die er empfangen habe, stamme unmittelbar und einzig nur von den Aposteln her und es sei genau dieselbe, die von der Kirche direkt überliefert werde. Noch leben die Ohrenzeugen, die ihn selbst erzählen hörten, wie Johannes, der Schüler des Herrn, einst in Ephesus ein Bad nehmen wollte, aber plötzlich, beim Anblick des Cerinth, der zufällig auch dort war, unverrichteterdinge wieder heraussprang, denn - so rief er aus - er müsse fürchten, die Kolonnen der Badeanstalt würden einstürzen, weil ein Feind der Wahrheit sich unter ihnen befinde…. Polykarp antwortete einmal auch dem Marcion, als dieser ihn fragte: »Kennst du mich?«, mit dem Ausruf: »Jawohl, ich kenne dich, du bist der Erstgeborene des Satans!« So groß war also die Furcht der Apostel und ihrer Schüler, auch nur ein Wort mit denen zu wechseln, die es auf die Verdrehung und Schändung der Wahrheit abgesehen hatten.

III., 6, 2 Kein anderer also heißt Gott und Herr und wird von uns so genannt als nur jener allerhöchste Einig-Einzige Gott und Herr, der auch zu Moses sprach: »Ich bin, Der ich bin - sage den Söhnen Israels, Der, welcher ist, hat mich zu euch gesandt.« Sein Sohn ist Jesus Christus, unser Herr, der die zu Söhnen Gottes macht, die an Seinen Namen glauben….

III., 16, 1. Einige behaupten aber, Jesus wäre nur ein Gefäß Christi gewesen, Christus sei auf ihn herabgestiegen wie eine Taube, um dann unbegreiflich und unsichtbar wieder in das »Pleroma der Geister« einzugehen, nachdem er den unwandelbaren Vater auf Erden verkündet hatte. Nicht nur die Menschen hätten dies Wiederverschwinden nicht bemerkt, sondern nicht einmal die Mächte und Kräfte des Himmels. Nur dieser Jesus sei der Sohn, Christus aber der Vater - und Christi Vater sei der alleinige Gott. Andere wieder sagen, daß Er nur dem Augenschein nach wirklich gelitten habe, in Wirklichkeit aber leidensunfähig sei. … und die Valentinianer behaupten gar, der verheißene Jesus sei durch Maria hindurchgegangen, und auf ihn sei dann der »obere Erlöser« herabgestiegen, den sie auch Christus nennen, weil er die Namen aller trage, die ihn ausgesandt hätten. Dieser sei es, der dann den Verheißenen an seiner Kraft und an seinem Namen habe Anteil nehmen lassen, damit der Tod durch ihn zerstört und der Vater mit Hilfe des Erlösers, der von oben herabgestiegen war, auch von uns erkannt werde - und den nennen sie Gefäß Christi… so bekennen sie zwar mit der Zunge einen Christus Jesus, spalten ihn aber durch ihre Lehre in unübersehbare Teile auf.

III., 18, 1. … Somit haben wir klar erwiesen, daß das Wort, welches im Anfang bei Gott war und durch welches alles gemacht worden ist und das schon immer bei dem Geschlecht der Menschen geweilt hat, jetzt - in den letzten Zeiten - mit seinem Geschöpf sich vereinte und zu einem leidensfähigen Menschen wurde gemäß der vom Vater bestimmten Frist. Dadurch ist die Widerrede all derer entkräftet, die behaupten, wenn Christus in der Zeit geboren wurde, so könne Er nicht zugleich vor aller Zeit sein, und es gäbe eine Zeit, in der Er noch nicht war. Nun haben wir aber gerade gezeigt, daß der Sohn Gottes, der schon immer bei dem Vater gewesen ist, eben nicht erst damals seinen Anfang genommen hat…

IV, 32,1 In dieser Weise redete auch der Presbyter, der Schüler der Apostel, von den beiden Bündnissen, indem er zeigte, daß beide von einem und demselben Gott stammten: es gäbe keinen anderen außer dem einen, der uns schuf und bildete. Und deren Rede habe keinen Rückhalt, die da behaupteten, daß durch einen Engel oder durch irgendeine andere Macht oder von einem anderen Gott diese uns umgebende Welt geschaffen sei. Denn wenn einer einmal von dem Schöpfer aller Dinge weggedrängt wird und zugibt, daß von einem anderen oder durch einen anderen die Welt, in der wir leben, geschaffen ist, so muß er auf sehr ungereimte und ganz widerspruchsvolle Vorstellungen geraten, über die er keine Rechenschaft zu geben vermag, weder nach der Wahrscheinlichkeit noch nach der Wahrheit.

IV, 33, 1.1,10,1 Wer die Richtschnur der Wahrheit, die er durch die Taufe ergriffen hat, unveränderlich in sich festhält, ist imstande, alle Täuschung der Irrlehrer zu durchschauen. Dem geistgesinnten Jünger steht alles zur Seite: Der Glaube an den einen Gott, die feste Überzeugung in Bezug auf Christus, die wahre Erkenntnis des Heiligen Geistes als die Lehre der Apostel; die uralte Genossenschaft der Gemeinde in der ganzen Welt. Die Gemeinde erstreckt sich über das ganze Weltall bis an die äußersten Grenzen der Erde. Sie hat von den Aposteln und ihren Schülern den Glauben empfangen, den Glauben an den Einen Gott, den allmächtigen Vater, den Schöpfer des Himmels und der Erde und der Meere und alles dessen, was in ihnen ist, und an den einen Christus (Messias) Jesus, den Sohn Gottes, der, zu unserem Heil, Fleisch angenommen hat, und an den Heiligen Geist, der durch die Propheten die Heilsordnung Gottes verkündet hat, die zweifache Ankunft des Herrn, seine Geburt aus der Jungfrau, sein Leiden, seine Auferweckung von den Toten und die leibliche Himmelfahrt unseres geliebten Herrn Christus (Messias) Jesus und seine Wiederkunft vom Himmel in der Herrlichkeit des Vaters, um „alles wiederherzustellen“ und alles Fleisch der ganzen Menschheit wiederzuerwecken, damit er gerechtes Gericht an allen vollziehe.

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