Heydenreich, Ludwig - Die Freude im Himmel über einen Bußfertigen vor neun und neunzig Gerechten.

Heydenreich, Ludwig - Die Freude im Himmel über einen Bußfertigen vor neun und neunzig Gerechten.

Predigt am dritten Sonntage nach Trinitatis über Luc. 15, 1 - 10.

von Dr. A. L. Ch. Heydenreich, Kirchenrath und Direktor des evangelisch-theologischen Seminariums in Herborn.

Du, Herr Gott barmherzig und gnädig, geduldig und von großer Güte und Treue, der du nicht willst den Tod des Sünders, sondern daß er sich zur Buße kehre und lebe! Möge doch unser Keiner mit verstocktem unbußfertigem Herzen den Reichthum deiner Güte, Geduld und Langmuth verachten; möge doch heute noch die glückliche Stunde der Rückkehr schlagen für jeden Verirrten, und Freude sein im Himmel über den Sünder, der Buße thut! Das hilf du, ewige Liebe; Heiland und Herr, das verleihe; das laß gelingen, du Geist der Gnaden! Bekehre du uns, Herr, so werden wir bekehret; denn du bist unser Gott! Amen.

Buße zu Gott und Bekehrung zu dem Hirten und Bischofe der Seelen ist die große Aufforderung, welche das Evangelium an uns Alle ergehen läßt. Mit dem Aufrufe: thut Buße, denn das Himmelreich ist nahe herzugekommen! trat schon Johannes auf, der Herold des neuen Gottesreichs und seines erhabenen Stifters; thut Buße und glaubet an das Evangelium! mit dieser ernsten Mahnung begann der Sohn Gottes selbst seine Predigt; gekommen ist er, die Sünder zur Buße zu rufen; auch seinen Aposteln hat er geboten, Buße und in Folge derselben Vergebung der Sünden in Seinem Namen zu predigen allen Völkern, und sie haben seinen Auftrag erfüllt; bezeugt haben sie beide den Juden und Griechen die Buße zu Gott und den Glauben an unsern Herrn Jesum Christ um. Dieser Ruf zur Buße ist seitdem niemals in der Kirche Christi verstummt, und verstummen darf er auch niemals; ihr Alle bedürfet desselben, denn ihr seid allzumal Sünder und ohne Christo, wie die irrenden Schafe, in das Reich Gottes könnt ihr nicht kommen und ihm nicht gefallen, so ihr nicht umkehret, auf daß eure Sünden getilget werden. Die Buße aber, zu welcher das Evangelium aufruft, ist die allerwichtigste, die allerseligste Veränderung, welche mit einem Menschen vorgehen kann; sie ist eine solche Umwandlung seiner innern Verfassung, seines Denkens und Wollens, seines Lebenszweckes, seiner Bestrebungen, seiner Handlungsweise und seines Wandels, durch welche dies Alles ganz anders wird, als es in seinem natürlichen Zustande ist; sie ist ein Uebergang aus dem Tode zum Leben: erfolgt sie bei euch selbst, so rettet ihr eure eigene Seele, bewirket ihr sie, nachdem ihr selber bekehrt seid, bei Andern, so habt ihr der Brüder Seele gerettet, und es ist Freude vor den Engeln Gottes, Freude im Himmel über den Sünder, der Buße thut. Sollte dieß Alles euch nicht erwecken, dem Rufe zur Buße folgsam zu werden, und alles Ernstes an der Bekehrung jedes Verirrten zu arbeiten, mit welchem ihr in Berührung kommt? Sollte euch hierzu nicht vor Allem der Gedanken an die Freude erwecken, welche die Buße auch schon Eines einzigen Sünders im Himmel erregt! Diesen Gedanken laßt uns heute festhalten: der Herr selbst spricht ihn in unserm Evangelium aus, und zu einer fruchtbaren Erwägung desselben verleih er Beistand und Gnade!

Text: Ev. Luc. 15, 1 - 10.

„Es naheten aber zu ihm allerlei Zöllner und Sünder, daß sie ihn höreten. Und die Pharisäer und Schriftgelehrten murreten, und sprachen: Dieser nimmt die Sünder an, und isset mit ihnen. Er sagte aber zu ihnen dies Gleichniß, und sprach: Welcher Mensch ist unter euch, der hundert Schafe hat, und so er der Eins verlieret, der nicht lasse die neun und neunzig in der Wüste, und hingehe nach dem verlornen, bis daß er es finde? Und wenn er es gefunden hat, so legt er es auf seine Achseln mit Freuden. Und wenn er heimkommt, rufet er seine Freunde und Nachbarn, und spricht zu ihnen: Freuet euch mit mir, denn ich habe mein Schaf gefunden, das verloren war. Ich sage euch: Also wird auch Freude im Himmel sein, über Einen Sünder, der Buße thut, vor neun und neunzig Gerechten, die der Buße nicht bedürfen. Oder, welches Weib ist, die zehn Groschen hat, so sie der Einen verliert; die nicht ein Licht anzünde, und kehre das Haus, und suche mit Fleiß, bis daß sie ihn finde? Und wenn sie ihn gefunden hat, rufet sie ihre Freundinnen und Nachbarinnen und spricht: Freuet euch mit mir, denn ich habe meinen Groschen gefunden, den ich verloren hatte. Also auch, sage ich euch, wird Freude sein vor den Engeln Gottes über einen Sünder, der Buße thut.“

Ein Gleichniß erzählt hier der Heiland von einem Menschen, der hundert Schafe hat, und so er Eins verliert, die neun und neunzig auf dem Weideplatz läßt, und hingeht, das verlorne zu suchen , und wenn er's gefunden hat, es mit Freuden auf seine Achseln legt, und wenn er heimkommt, alle seine Freunde und Nachbarn herbeiruft, und frohlockend zu ihnen spricht: Freuet euch mit mir! Ich sage euch, setzt Jesus hinzu, also wird Freude sein im Himmel über Einen Sünder, der Buße thut, vor neun und neunzig Gerechten, die der Buße nicht bedürfen. Abermals erzählt er ein andres Gleichniß von einem Weibe, die zehn Groschen hat, und so sie Einen verlieret, mit allem Fleiße sucht, bis daß sie ihn finde, und wenn sie ihn gefunden hat, alle ihre Freundinnen und Nachbarinnen auffordert, sich mit ihr zu freuen: also auch, sage ich euch, setzt er hinzu, wird Freude sein vor den Engeln Gottes über einen Sünder, der Buße thut. Zweimal wiederholt der Herr diesen Ausspruch; zweimal hebt er den Gedanken an die Freude des Himmels über die Buße des Sünders auf Erden hervor, das Erstemal ihn vollständiger und ausführlicher darstellend, das Zweitemal ihn kürzer zusammen fassend; und schon aus dieser Wiederholung desselben erkennet ihr seine Wichtigkeit. Bei ihm wollen wir stehen bleiben, den Ausspruch des Erlösers:

Es wird Freude im Himmel sein über einen Sünder der Buße thut, vor neun und neunzig Gerechten, die der Buße nicht bedürfen, will ich euch nach allen seinen Theilen auslegen, und seine hohe Wichtigkeit in das Licht setzen.

I.

Ein dreifaches ist in dem Ausspruche enthalten, dessen Betrachtung uns jetzt beschäftigt. Er sagt aus: daß Freude ist im Himmel über die Bekehrung der Sünder auf Erden; Freude schon über Einen Sander, der Buße thut; mehr und größere Freude über ihn, als über neun und neunzig Gerechte, die der Buße nicht bedürfen.

Freude wird sein im Himmel über die Bekehrung der Sünder auf Erden; das ist das Erste; es ist die allgemeine Wahrheit, die Jesus als die Grundlage seines ganzen Ausspruchs voraussetzt, Freude, wie sie der Eigenthümer des verirrten, aber von ihm wiedergefundenen Schafes empfindet, Freude, wie sie die Hausmutter fühlt, wenn sie den verlorenen Groschen findet nach langem und eifrigem Suchen, solch eine Freude erweckt es in der höhern Welt, wenn den von Gott Entfremdeten ihre Losgerissenheit von Gott fühlbar wird, und das Verlangen in ihnen erwacht, wieder mit ihm versöhnt und vereinigt zu werden, wenn den Verblendeten die Augen aufgehen und die Leichtsinnigen und Betäubten nüchtern werden zu höherm Ernste; wenn sie anfangen auf die Stimme des Eigenthumsherrn, der ihnen nachgeht und sie zu sich rufet, zu merken, den guten Rührungen Raum zu geben, mit welchen die göttliche Gnade an ihr Herz dringt, die bisherigen Verirrungen zu bereuen, sich nach bessern Gütern und Freuden, als sie auf der Irrbahn und ihren eigenen Lüsten folgend gefunden haben, zu sehnen, nach Vergebung zu dürsten, voller Vertrauen zu dem Erbarmer, der sie gesucht, die treue Hand zu ergreifen, die er hülfreich nach ihnen ausstreckt; wenn der Entschluß: ich will mich aufmachen, ich will wieder zum Herrn, ich will hinfort Gott leben in Christo Jesu, und nicht der Welt, nicht mir selber, bei ihnen zur Kraft, zur Reife, zur Ausführung kommt. Darob ist Freude vor Gott, der da will, daß Alle sich zu ihm wenden an aller Welt Ende; dessen freut sich der Heiland, der sich durch die Rettung dieser gewonnenen Seelen belohnt sieht für die an sie gewendete Mühe, für die um ihrentwillen erduldete Kreuzespein, dem sein großer Zweck und sein heiliges Werk an ihnen gelungen, dessen Heerde durch sie einen neuen Zuwachs erhält; dessen freuet sich alles, was das unsichtbare Geist erreich unsterbliches und Heiliges und Seliges hat, weil das Reich Gottes im Himmel und auf der Erde in dem innigsten Zusammenhang steht, und die Liebe, das Band der Vollkommenheit, alle Kinder Gottes im Himmel, mit seinen Kindern auf Erden vereinigt. Darüber ist Freude vor den Engeln Gottes, die aus Liebe zu Gott eben das wollen, was Er will, die den Sohn Gottes, unsern Herrn und Erlöser, auch als ihren Herrn und ihr Oberhaupt anbeten, denen nichts erwünschter sein kann, als wenn Aller Herzen ihm huldigen, der Segen seiner Erlösung Allen zu Gute kommt, sein Gnadenreich hienieden sich mehrt und erweitert, allen der Eingang sich öffnet in das ewige Reich seiner Herrlichkeit, die uns als ihre Mitknechte und Brüder betrachten, nach unserm Heile verlangen, sich gerne senden lassen zu unserm Dienst, und sehnlich des Augenblicks harren, der uns auf ewig in ihre Gemeinschaft versetzt. Es freuen sich deß alle vollendeten Gerechten, die einst auch auf der Erde und in der Fremde gewandelt, die auch irrende Schafe gewesen, aber durch die Gnade unsers Herrn Jesu Christi gerettet worden, die nun daheim bei dem Herrn sind, die aus ihrer Vollendung noch theilnehmend auf uns, die Pilger im Staube, herabblicken, und uns schon die Arme entgegenbreiten, um als Genossen ihres Heils uns aufzunehmen in ihre Mitte. Es freuen sich die Vorangegangenen um so mehr, wenn die nun zur Buße Bekehrten schon im Erdenleben die Ihrigen waren, wenn sie dieselben mit bitterem Schmerz in der Irre dahingehn sah; wenn sie nicht abließen Tag und Nacht sie mit Thränen zu ermahnen zur Rückkehr, wenn noch ihr letzter Hauch und Seufzer ein Gebet um ihr Heil war; wenn sie nun die Frucht dieser Thränen, dieser Gebete und Seufzer erblicken, und jauchzen können, die Vermißten habe ich wieder, Gottlob, auf immer, sie sind nun wieder Mein! - Und warum ist solche Freude im Himmel über die Buße der Sünder auf Erden? Unser Evangelium antwortet: weil sie Verirrte waren und höchstelend in ihrer Verirrung, umgeben mit Finsterniß und Schatten des Todes, versunken in schimpfliche Herabwürdigung, gefesselt von schmählichen Banden, entbehrend der Weide, der Labequelle, der Befriedigung für jedes höhere Bedürfniß auf der Aue des Hirten, gerissen und verwundet von den Dornen auf ihrer Bahn, preisgegeben jeder Gefahr, ohne Schutz, ohne Rath, ohne Hülfe, keinen Ausweg erblickend, von der Hoffnung verlassen, von dem Vorwurf gemartert, das ist die Schuld deines Leichtsinns, deiner Thorheit und Bosheit! Nun sind sie dem Elende entrissen und wiedergekehrt auf die Pfade des Heils; nun leuchtet ihnen wieder die Sonne der Gerechtigkeit und das Licht des Lebens; nun beginnt ihre Erhebung zu neuer Würde, und es lösen sich ihre Fesseln; nun finden die Hungrigen wieder Nahrung, und Erquickung die Dürstenden, und heilender Balsam träufelt in die brennenden Wunden, und der Friede kehrt zurück in ihr Herz und es ebnet, es erweitert sich ihre Bahn; nach glücklich abgewendeter Gefahr weichet die bange Furcht, und die Aussicht wird heller und heiterer, und warten dürfen sie wieder der seligen Hoffnung. Warum ist Freude im Himmel Aber die Buße der Sünder auf Erden? Unser Evangelium antwortet: weil sie Verlorne waren, verloren für Gott, verloren für Jesum, verloren für sich selbst, verloren für die menschliche Gesellschaft, für die Gemeine der Heiligen, die auf Erden sind, für den Himmel, dessen sie sich unwerth gemacht hatten. Und nun sind sie wiedergefunden, sie sind wieder Gottes und Christi, dem sie anhangen, dessen Willen sie vollbringen, den sie preisen, mit ihrem Leibe und Geist; wiedergefunden haben sie sich selbst, das wahre Leben, die wahrhaftigen Güter; die menschliche Gesellschaft hat wieder Vortheil von ihrem Dasein; sie sind wieder gezählt zu der Gemeine der Heiligen ihr Name ist wieder angeschrieben in den Bürgerlisten des Himmels als solche, die ererben sollen die Seligkeit; das sind die Ursachen der gerechten, der heiligen Freude, die ihre Bekehrung dort oben veranlaßt, die in der göttlichen Heiligkeit und Liebe, in der Liebe des Sohnes Gottes und des Heilandes aller Welt, in dem Geist und Sinne, von welchem die Himmelsbürger beseelt sind, nothwendig bedingt und begründet ist, die das entscheidendste Zeugniß für die unendliche Wichtigkeit der Bekehrung ablegt.

Und diese Freude ist im Himmel schon über Einen Sünder, der Buße thut; das ist das zweite, was der Herr bezeugt; so bestimmt er die von ihm ausgesprochene allgemeine Wahrheit noch näher, und giebt ihr hierdurch zugleich eine noch höhere Bedeutung für uns. Neun und neunzig Schafe hat der Besitzer der Heerde noch, der von Hunderten eins verliert; aber auch dieses Eine hat er zu lieb, als daß er es könnte umkommen und verloren gehen lassen. Die neun und neunzig verläßt er, folgt dem Verirrten, blickt allenthalben nach ihm umher, lockts und ruht nicht, bis er es wieder hat; auf der Schulter trägt er dann das Ermattete heim, pfleget seiner, ladet alle ihm Befreundeten zur theilnehmenden Mitfreude ein. Neun Groschen hat die Hausmutter noch, die einen von zehn verlieret; mag dieser eine auch eine leicht zu verschmerzende Kleinigkeit scheinen, entbehren will sie ihn dennoch nicht: ein Licht zündet sie an, durchspäht alle Winkel, und wird nicht müde, bis sie das eine Groschenstück wieder hat; sie verkündigt mit lautem Jubel der ganzen Nachbarschaft ihren Fund, ladet Alles um sie her zur theilnehmenden Mitfreude ein, und alle ihre Freundinnen freuen sich mit ihr, wie mit dem Hirten Alle, die ihm in Liebe verbunden sind. Dieser eine Groschen, dieses eine Schaf ist das Bild jeder einzelnen sündigen Seele, und deutet an, wie wichtig auch ihre Rückkehr und Wiedergewinnung dem Himmel ist. Auch diese eine Seele gehört ja Gott an; sie ist göttlicher Abkunft, Gottes Allmachtswort hat sie in's Dasein gerufen, nach seinem Bilde hat Er sie geschaffen; seine Liebe hat sie, ehe der Welt Grund gelegt war, nach dem Wohlgefallen seines Willens erwählt, verordnet zur Kindschaft gegen ihm selber. Auch diese eine Seele ist ein theuer erkauftes Eigenthum Christi, auch zu ihrem Heil ist er vom Himmel gekommen, auch für sie hat er alle Mühseligkeiten der Erde erduldet, das Kreuz erwählt, sein Leben gelassen und wieder genommen; auch ihr hat er errungen und aufgethan alle Schätze der Gnade, und trägt sie im Herzen noch auf dem Thron der Herrlichkeit. Auch diese Eine Seele ist durch Natur und Wesen den Himmelsbürgern verwandt, mit den edelsten Anlagen ausgerüstet, begabt mit vielvermögenden, einer unendlichen Entwicklung fähigen Kräften; auch sie ist der hohen Bestimmung geweiht, Gott zu erkennen und Jesum Christum, vollkommen zu werden, wie der Vater im Himmel, und verklärt in das Bild des Erlösers, ein Tempel und Heiligthum seines Geistes zu sein; auch sie kann und soll ein wohlthätiges Werkzeug werden im Dienste Gottes, und nicht zu berechnendes, in das Ganze eingreifendes, seinen Einfluß nie verlierendes Gute in seinem Reiche bewirken. Auch diese eine Seele ist der Ewigkeit Erbin; die Erde ist für sie zu arm, die Schranken der Zeit sind für sie zu enge, der Tod hat keine Macht über sie; sein wird sie noch und leben, wenn die Sonnen verlöschen, die Himmel vergehen, der Bau der Welten in Trümmern füllt; und ihr ewiges Schicksal hängt davon ab, was sie im irdischen Dasein gewesen ist und geworden. Auch dieser Einen Seele hat Der, dessen Eigen sie ist, sich angenommen, als sie verirrt und verloren war; bekehrt sie sich, thut sie Buße, es ist sein Werk: der Ruf zur Rückkehr war seine Stimme; Er hat den Anlaß dazu ihr entgegengeführt, den Trieb dazu in ihr geweckt, ihren Entschluß dazu gekräftigt, die Hülfe darzu geleistet, das Vollbringen zum Wollen gegeben; und Er sollte sich nicht freuen, wenn sie nun wieder sein ist, wenn sie die ihr ursprünglich angewiesene Stelle in seinem Reiche wieder einnimmt, wenn sie nun wieder leistet und ist, was sie sein und leisten soll, wenn das Werk seiner Gnade bei ihr zu Stande gekommen, und es sollte nicht Freude sein in dem ganzen Himmel über einen Sünder, der Buße thut?

Ja noch mehr, noch größere Freude ist dort über ihn, als über neun und neunzig Gerechte, die der Buße nicht bedürfen; das ist das dritte: hiermit vollendet sich der große Gedanke, den unser Erlöser hier ausspricht. Aber wie meint er dieß, meine Zuhörer? Meint er etwa nur, über den wahrhaft Bußfertigen, aufrichtig sich bekehrenden Sünder sei im Himmel größere Freude, als über jene bloß vermeintlich Gerechte, die sich in eitlem Dünkel, in ihrer Verblendung, in ihrem Heuchelsinne für fromm hielten, ohne es wirklich zu sein, als über jene Stolzen und Selbstgenügsamen, die sich nur einbildeten, der Buße nicht zu bedürfen, während sie doch derselben gar sehr bedurften? Nein, dieß ist der Sinn seiner Worte nicht. Ueber solche sich selbst betrügende Heuchler kann ja gar keine Freude im Himmel sein, weil sie in der That noch schlimmer sind als offenbare Sünder und Lasterhafte, weil sie noch viel schwerer als Jene zu bessern sind, weil ihre Bekehrung kaum möglich ist: zwischen den umkehrenden Verirrten und ihnen kann also hinsichtlich des Grades der Freude über sie durchaus keine Vergleichung stattfinden. Vielmehr versteht der Herr unter den Gerechten theils Solche, die - obgleich auch sie nicht ohne Fehler und Mängel sind - doch in der That sich niemals vorsätzlich von Gott und von der Gemeinschaft mit seinen Reichsgenossen entfernt, die von Kind auf sich redlich bemüht haben, die Gebote Gottes zu halten, die wirklich unter seinem Gnadenbeistande in Einfalt des Herzens gestrebt, das Rechte zu thun, und unsträflich vor ihm zu wandeln, bei welchen also die Buße nicht sowohl ein Uebergang sein darf aus dem Zustande herrschender Verkehrtheit und des geistlichen Todes zum Leben aus Gott, als vielmehr nur ein Uebergang des früh begonnenen göttlichen Lebens zu weiteren Entwicklungen, zu höherer Reinheit und Lauterkeit, zu größerer Fülle und Festigkeit, zur alleinigen und entschiedenen Herrschaft; theils versteht Jesus unter den Gerechten zwar vormals Verirrte, die einen beträchtlicheren Theil ihres Lebens hingebracht hatten im Dienste der Sünde und nach dem Willen des Fleisches, die aber nun längst schon bekehrt sind, und bei welchen es der ersten Buße nicht mehr bedarf. Dennoch aber lasset euch sein Wort nicht befremden; dennoch hat er vollkommen Recht. Die niemals mit Wissen und Willen irre gegangen, die Gerechten, die immer fromm und ihren, Gotte stets treu gewesen, die wenigstens nach. jeder Verirrung, sobald sie dieselbe inne geworden, sich sogleich wieder zu Gott und auf den Weg des Lichts und des Friedens gewendet, die waren ja niemals verloren; zu den Seinen zählte sie stets der Himmel und das Reich Gottes; in tiefes Verderben und Elend waren sie, bewahrt durch den Herrn, und bei der wachsamen Vorsicht, mit der sie ihren Wandel in heiliger Furcht geführt, nicht gerathen: bereits gerettet und aufs Neue gewonnen sind die, seit deren Bekehrung schon Jahre verflossen sind. Aber der so eben Buße thuende Sünder war verloren und wird wiedergefunden; wiedergewonnen wird er für das Reich Gottes, und für den Himmel gerettet wird eben jetzt seine Seele; und wer fühlt nicht über ein verlornes Gut im Augenblicke des Wiederfindens mehr Wonne, als über viele andere von gleichem, ja von noch größerem Werthe, aber stets besessene und nimmer vermißte? Welcher Vater, welche Mutter schließt nicht ein Kind, das eben erst dem Untergange entronnen, mit doppeltem Entzücken in die Arme; wer begrüßte nicht den genesenen Kranken, der dem Tode schon nahe war, mit tieferer und froherer Rührung, als den Gefunden, um dessen Leben ihm nicht bange sein durfte? Welche Freude gleichet der Rettungsfreude an Innigkeit, und muß diese Freude nicht in der Stunde der Rettung ihrer Natur nach lebhafter sein, als sie es nach Jahren noch sein kann? Hierzu kommt, daß die Bekehrung etwas Innerliches, in tiefstem Gemüthe Vorgehendes, den Grund des Herzens Umkehrendes und Veränderndes ist, und mithin einen noch höhern Werth haben muß vor Gott und dem Himmel, als das äußere Werk der Gerechtigkeit, als die nachherige Erfüllung des göttlichen Willens durch That und Handlung, in welcher sich die im Inneren des Bekehrten vorgegangene Grundveränderung in der Folge uns sichtbar gestaltet und offenbaret. Sie ist ja der Anfang aller nachfolgenden Tugend, der Keim, ans welchem sich jede gute Gesinnung, jede gottgefällige That, alle Gerechtigkeit des Lebens von selbst entwickelt; jene ist die Knospe, die Blüthe, diese die unausbleibliche, die nothwendige Frucht; in jener liegt die Möglichkeit, die Vorbereitung zu allem Großen und Herrlichen, dessen der Mensch fähig ist, und das er von nun an vollbringt. Erweckt aber ein großes und gutes Werk nicht gerade in seinem Beginne die größte Freude? Ist nicht immer der erste Anfang am meisten Werth, schon als die Bedingung, ohne die alles Folgende nicht entstehen und dasein könnte, und dann auch darum, weil aller Anfang am Schwersten ist? Kostet die Buße des Sünders nicht weit mehr Kampf, Selbstverläugnung und Selbstüberwindung, als die nunmehrige Gerechtigkeit derer, die der Buße nicht mehr bedürfen, oder als das Gutwerden und Gutbleiben der von Kind auf an's Gute Gewöhnten, welches oft weniger Folge der eigenen Anstrengung, als, der günstigen Umstände, die es ihnen erleichterten, weniger Folge einer ganz freien Willensrichtung und Thätigkeit, als einer glücklichen Naturanlage, einer frommen Erziehung, der Bewahrung vor schweren Versuchungen ist? und sollte der Heilige im Himmel, sollte die höhere Welt nicht diesen Kampf der Bekehrung, den ersten, den über die größten Schwierigkeiten errungenen, den für immer entscheidenden Sieg - demselben, dem ehrwürdigen Kämpfer, dem glücklichen Sieger nicht vorzüglich hoch an rechnen? Sollte die Kraft, die Entschlossenheit, der Heldenmuth, den er dabei beweiset, dort oben nicht in ausgezeichneter Achtung stehen, und die Ursache einer ausgezeichneten Freude sein? Nehmet hinzu, daß die erste Buße, vorausgesetzt, sie sei rechter Art, in ihrer Quelle noch rein ist, und aus der demüthigsten Anerkenntnis der inneren Zerrüttung, der belastenden Schuld, des eigenen Elends, aus dem regesten Gefühl der Erlösungsbedürftigkeit, aus der innigsten Sehnsucht nach Erlösung, aus dem lebendigsten Verlangen nach Gott und seiner Gnade hervorgeht, daß aber bei den Gerechten, die der Buße nicht oder nicht mehr bedürfen, dieses Gefühl leicht erkaltet, dieses Verlangen und Sehnen sich mindert, manche Unlauterkeit sich in das Gute, das sie thun, einmischt, und eine geheime Selbstgefälligkeit und Vermessenheit sich erzeugt, welche ihm den Werth benimmt, den ihm nur die bescheidene Demuth giebt. Erinnert euch dessen, was der Herr selbst an einem andern Orte gesprochen: daß der, welchem wenig vergeben ist, auch weniger liebet, weil er der göttlichen Erbarmung weniger schuldig zu sein glaubt, und kein so feuriges, so mächtig zu Gott ziehendes und zu allem Gottgefälligen treibendes Dankgefühl in ihm glüht; erwäget dieß Alles, und einleuchten wird euch die Wahrheit, der tiefe Sinn auch des Schlußgedankens, in welchem sich der heute vorliegende Ausspruch des Erlösers vollendet.

II.

Und wie wichtig, in Christo Geliebte, ist dieser Ausspruch! Denn ist Freude im Himmel über die Bekehrung der Sünder auf Erden, sollte euch das nicht bewegen, dem Himmel diese Freude zu machen, oder auch selber Antheil zu nehmen an dieser Freude des Himmels? O ihr noch Verirrten, ihr noch der Sünde Ergebenen; erwecket, bereitet doch Gott und dem Heilande, den Engeln Gottes und euren bereits selig vollendeten Brüdern Freude durch eure eigene Sinnesänderung und Bekehrung; widerstrebet nicht länger der Liebe, die euch sucht, der Stimme, die euch ruft, der Gnade, die euch entgegenkommt, um euch zu sich zu ziehen; verlasset doch unverweilt die Bahn, die mit jedem Schritte vorwärts dunkler und gefahrvoller wird, und unfehlbar ein Ende mit Schrecken nimmt! Beharret ihr auf derselben, dann, ach dann ist Freude in der Hölle und bei den verworfenen Geistern des Abgrunds: euch selbst mag diese Bahn wohl eine Zeitlang angenehm dünken in der Trunkenheit befriedigter Sinnenlust, berauscht von dem Taumelkelche der Weltfreude und des Lasters; aber wie fürchterlich wird sein euer unausbleibliches, dann vielleicht zu spätes Erwachen aus eurem Taumel! Und wird nicht mit jedem Verzuge die Rückkehr schwerer? Wie bald kann der Tod kommen und die Zeit des Heiles zu Ende sein, also daß kein Kommen mehr zur Buße ist, wiewohl ihr mit Thränen sie suchet? Und ihr, die ihr durch Gottes Gnade und Christi Treue bekehret seid; erwecket doch Gott und dem Heilande, den Engeln Gottes und allen selig Vollendeten Freude durch ein treues Beharren im Guten; denn welche Trauer würde im Himmel sein, so ihr den betretenen guten Weg wieder verließet, abträtet von dem lebendigen Gott, euch losrisset von dem einigen Hirten der Seele, um in die Tiefe des Verderbens zurückzufallen, der ihr schon glücklich entflohen wäret! Mit welchem liebenden und segnenden Wohlgefallen, mit welcher Wonne aber wird euer Gott und die höhere Welt es bemerken, wenn ihr haltet, was ihr habt, wenn ihr euren Gang unverrückt fortsetzt, wenn ihr immer mehr vorwärts und aufwärts strebet! Doch bereitet auch solche Freude dem Himmel durch die Zurückführung sündiger Seelen; durch den Ernst und Eifer der Liebe, mit dem ihr um die Bekehrung derselben bemüht seid; durch euer unermüdetes Arbeiten an ihrer Rettung, auch wenn es eine Zeitlang nichts fruchten will. Bereitet diese Freude dem Himmel durch eure Wachsamkeit über die Seelen der noch Schuldlosen, damit sie bewahret bleiben vor der Verirrung und vor dem Argen und erhalten werden im Bunde mit Gott, in der Einigung mit dem Heilande. Bereitet dem Himmel Freude durch die Hülfe, die ihr den Kämpfenden und in Versuchung Schwebenden leistet, und durch die fortgesetzte Pflege des göttlichen Lebens in denen, in welchen es so eben wieder erwacht, aber im Anfang noch schwach ist: stärket ihre lässigen Hände, ihre müden, wankenden Kniee, damit sie gewisse und feste Tritte thun, und nicht straucheln, wie die Lahmen, sondern völlig gesunden. O, wer Seelen vom Tode rettet, wer das Werk Gottes, das in ihnen angefangen ist, weiter fördert, wer ihnen behülflich ist zur Erlangung des ewigen Heils: welche Freude ist zugleich über ihn selber in jenen heiligen Höhen; wie jauchzt der Himmel ihm Beifall zu; wie hoch wird droben seine That der Liebe gewürdigt! Diese Liebe bedeckt die Menge der eigenen Sünden, macht ihn der Vergebung, der Begnadigung um so gewisser, enthebt ihn der Mitschuld an dem Verderben derer, deren Blut von seinen Händen würde gefordert werden, wenn er sie unbekümmert in der Irre gehen ließe. Und wie Vielen muß durch solche Bemühungen, Andere zu bessern, seine eigene Besserung gewinnen, welches erhebende Selbstbewußtsein muß ihn erquicken; wie werden die von ihm Gesuchten und Wiedergefundenen ihm ihre Rettung verdanken in Ewigkeit! - Und wollet ihr nicht auch selber Antheil nehmen an der Freude des Himmels über die Bekehrung der Sünder auf Erden? Wollet ihr gleichgültig zusehen, wenn sie gerettet werden, und hinfort in der Wahrheit wandeln? Soll es euch wohl gar Verdruß und Unmuth erwecken, wenn auch ihnen Barmherzigkeit widerfährt? Wollet ihr gleich den Feinden des Herrn im Evangelio murren über die, und die mit tadelnden Vorwürfen überhäufen, die gleich ihm die Sünder annehmen und sich freundlich zu ihnen halten, um sie zur Buße zu leiten? O wie unähnlich wäret ihr dann eurem Gott und Erlöser; wie so gar Nichts wäre dann von dem Sinne der Himmels bürg er in euch! Je wichtiger euch aber die Bekehrung und das Heil sündiger Seelen ist, je mehr ihr euch dessen freuet; desto mehr beweiset ihr euch als Gottes Kinder, als Nachfolger Jesu, als Brüder der Engel; desto mehr beurkundet ihr eure Verwandtschaft mit den Geistern der vollendeten Gerechten, und desto fester knüpft sich das Band zwischen ihnen und euch; desto mehr verpflanzet ihr den Himmel auf diese Erde, und leitet die Quellen der Wonne, aus welchen man droben schöpfet, herab in dieses Thal der Unvollkommenheit und der Thränen.

Und wie wichtig P es zum Andern, daß dort die höchste Freude ist schon über einen einzigen Sünder, der Buße thut! Das erwecke doch in jeglicher Menschenseele ein erhebendes Gefühl ihres eigenen Adels und des Werthes, den auch sie vor Gott und den Himmlischen hat; es flöße ihr eine heilige Selbstachtung ein, und treibe sie an, nicht länger sich selbst zu erniedrigen und zu entweihen. Es ermuthige auch die Gefallene und von Gott Abtrünnige, weil ungeachtet ihres Abfalls ihr Gott sie nicht aufzieht, und wenn sie sich von ihm finden läßt, nicht verwirft, weil, obgleich sie selbst ihren hohen Standpunkt im Reiche Gottes verlassen hat, dennoch das höhere Gottesreich nicht aufhört, sie als eine von Rechtswegen ihm Angehörige zu betrachten; weil, sobald sie wiederkehrt, sie sich auch wieder in ihre vorigen Rechte als berufene Himmelsbürgerin eingesetzt sieht. Und wenn dich, sündige aber bekehrte Seele, deiner ehemaligen Verirrungen halber die Welt noch immer verachtet; wenn die Lieblosigkeit, die Scheinheiligkeit, der Tugendstolz so geringschätzig auf dich herabsieht, wie die Pharisäer und Schriftgelehrten auf die Zöllner, die zu dem Herrn naheten; wenn kurzsichtige Sterbliche, weil deine Sinnesänderung von ihnen unbemerkt geblieben, weil dein jetziges Leben in Gott als etwas Innerliches ihnen verborgen ist, dich noch immer verurtheilen und verdammen, als warest du noch, was du warst; welch ein Trost, welche Schadloshaltung für dich, zu wissen: im Himmel urtheilt man anders, im Himmel erkennt man mich an, im Himmel freut man sich meiner! Welche Beruhigung, wenn du gebeugt von dem reuevollen Andenken an eine sündenvolle Vergangenheit, auch jetzt noch zuweilen dir selber verächtlich end nicht werth erscheinest ein Kind Gottes, ein Gegenstand der Aufmerksamkeit und Theilnahme höherer Wesen zu sein! O, ist schon eine einzige Menschenseele, auch die sündige, droben so hoch geachtet, so achte auch sie sich; aber sie rufe zugleich in demüthiger Bewunderung der Herablassung Gottes und der Freundlichkeit ihres Heilandes und, seiner ihm ähnlichen Reichsgenossen: was ist der Mensch, daß du, Herr, sein gedenkest, und das Menschenkind, daß du es nur wenig unter die Engel erniedriget hast! - Aber so erkennet auch, daß es etwas Großes und Edles ist um die Seele eines Jeglichen euerer Brüder, so sehet zu, daß ihr nicht der Geringsten Einer verachtet; so sei euch Keiner zu niedrig gestellt in der äußeren Welt, zu wenig durch irdische Vorzüge ausgezeichnet, zu herabgedrückt durch ein beugendes Schicksal, daß ihr nicht freudig arbeiten solltet an seiner Besserung und Seligkeit, so ehret die Würde der Menschheit noch immer auch in dem, in welchem, sie freilich jetzt noch verdunkelt ist, aber doch wiederhergestellt werden kann, an welchem sie vielleicht bald in erneuertem Glanze hervorleuchtet, und über welchen dann Freud? im Himmel ist mehr als über neun und neunzig Gerechte, die der Buße nicht bedürfen.

Auch dieses Schlußwort des Herrn, meine Freunde, nehmet zu Herzen; denn es ist ebenfalls von der höchsten Bedeutung. Wehr noch, als über neun und neunzig Gerechte, freuet sich der Himmel des Buße thuenden Sünders; das ist vorzüglich ein Wort für euch, ihr schon Bekehrten, ihr Unsträflichen und Gerechten. Nicht niederschlagen soll es euch, nicht euch glauben machen, als gältet ihr weniger vor Gott, vor den Engeln und Seligen, als hättet ihr weniger Antheil an der Liebe Christi und eurer himmlischen Freunde, als der so eben erst Umkehrende; nicht verkümmern soll es euch die Freude über eure schon längst erfolgte Zukehr zu Gott, über die jetzige gute Verfassung eures Herzens, über das Zeugniß eures Gewissens, daß ihr in Einfalt und göttlicher Lauterkeit auf der Welt wandelt durch Gottes Gnade. Aber vorsichtig soll es euch machen, daß ihr nicht in vermeinter Selbstgerechtigkeit über Andere euch erhebt; daß ihr nicht das Geringste bei euch duldet, wodurch ihr verwerflich werden könntet vor Gott und dem Himmel, wodurch eure Tugend an Reinheit, an probehaltender Gediegenheit, an wahrer Vorzüglichkeit und Geltung verlöre, daß ihr die dankbare Liebe zu Gott, welche die Frucht eurer schon erlangten Begnadigung und des höhern Schutzes sein soll, der euch im Guten bewahrt und fest erhalten hat, niemals in euch erkalten und abnehmen lasset, daß ihr nicht wieder verlieret, was ihr errungen und erarbeitet habt, und daß eure Krone euch Niemand raube. Es soll euch anspornen, nie stille zustehen, nie sicher, nie träge, nie aus den Ersten die Letzten zu werden, nicht hinter denen zurückzubleiben, die später als ihr den Weg Gottes betraten und seinem Reich ersprießliche Dienste zu leisten begannen. Nein, daß ihr es euren unbekehrten Brüdern mit edlem Wetteifer zuvor zu thun suchet, daß ihr wachset in allen Stücken, und täglich zunehmet in dem Werke des Herrn, daß ihr zeitlebens fortfetzet den Kampf wider die Sünde, die euch noch anklebt und träge macht, daß ihr euch mit Gottes Hülfe immer mehr Werth verschaffet in den Augen des Himmels, und unter den Guten euch als die Beste, unter den Gerechten euch als die Ausgezeichnetsten und Heiligsten darstellet, das sei eure Sorge und euer Streben. Ist dort Freude schon über die Anfänge des Lebens in Gott in einer unsterblichen Seele, gewiß weiß man dort auch die fortgehende Entwicklung, die Annäherung desselben an das Ziel der vollendeten Reise in seiner Art gebührend zu schätzen, gewiß ist man dort nicht ungerecht, zu vergessen eures Werkes und eurer Arbeit der Liebe, gewiß wird man auch euch dort einst willkommen heißen mit Jauchzen, wenn sich aufthun die Thore der Gerechtigkeit und des himmlischen Vaterhauses, daß hineingehe das gerechte Volk, das den Glauben bewahret. Das helfe Gott durch Jesum Christum, das verleihe euch der Fürst des Lebens und der Herzog der Seligkeit!

Ich schließe mit den Worten der heutigen Sonntagsepistel: der Gott aller Gnade, der euch berufen hat zu seiner ewigen Herrlichkeit in Christo Jesu, derselbige wolle euch vollbereiten, stärken, kräftigen, gründen. demselben sei Ehre und Gewalt von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.

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