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Heliand - 18 - Im alten Bunde

Heliand - 18 - Im alten Bunde

„Ihr hörtet oft sagen
in der Weisen Worten, wer in der Welt das tue,
daß er dem andern das Alter verkürze,
ihn vom Leben löse, dem sollten der Leute Kinder
den Tod erteilen. Das will ich euch tiefer nun
und fester fassen: Wer in Feindschaft nur
ein Mann dem Manne in seinem Mute
sich erbost in der Brust, die doch Brüder sind,
ein selig Volk Gottes, in Sippe eng gesellt,
die Männer in Magschaft - und sein Mut ist ihm gram,
will des Lebens ihn ledigen, wenn er es leisten könnte -
der ist schon verfemt und dem Tode verfallen,
all solchem Urteil eben wie jener war,
der durch der Hände Kraft des Hauptes beraubte
einen anderen Mann.

Auch hieß es im Alten Bund
mit wahren Worten, wie ihr alle wißt,
ein jeder solle seinen Nächsten innig
im Herzen hegen und hold dem Gesippten sein,
den Verwandten gut und im Geben mild,
die Freunde lieben und den Feinden haßvoll
im Streit widerstehen und mit starkem Sinn
dem Widersacher wehren. Ich aber sag' euch wahrlich
voller vor diesem Volk, die Feinde sollt ihr
im Herzen hegen, wie ihr Freunden hold seid,
in Gottes Namen; tut ihnen Gutes viel,
zeigt ihnen lautres Herz und holde Treue,
erwidert Leid mit Liebe. Das ist langes Heil
der Männer männiglichem, der im Gemüt sich des
wider Feinde fleißt. Das frommt euch dazu,
daß ihr des Himmelkönigs Söhne geheißen werdet,
seine biedern Kinder. Ihr könnt nicht bessern Rat
in dieser Welt gewinnen.

Auch sag' ich euch wahrlich,
den Geborenen allen, daß ihr mit erbostem Sinn
eures Gutes keine Gabe in Gotteshäusern
dem Waltenden weihen mögt, die er würdigen wolle,
von euch zu empfahen, solang' ihr Feindschaft noch
irgend dem andern und Übles sinnt.
Versöhne zuvor dich dem Widersacher,
Eintracht verabredend, dann eile, Geschenke
an Gottes Altar zu geben; dann sind sie dem Guten wert,
dem Himmelskönig. Um seine Huld dient eifriger
und erfüllt sein Gebot, als der Juden Brauch ist,
soll euch zu eigen werden das ewige Reich,
ewig währendes Leben. Auch will ich euch sagen,
wenn im Alten Bunde geboten wurde,
daß einer des andern Ehe nicht breche,
ihm die Frau verführe, so füg ich hinzu,
daß die Augen einen schon überreden
mögen zu düsterm Mein, wenn er den Mut läßt reizen,
die zu begehren, die des andern Gattin ist.
Der hat in sich selber schon Sünde begangen,
in sein Herz geheftet der Hölle Pein.
Wen sein rechtes Auge oder die rechte Hand,
ein Glied verleiten will auf den leiden Weg,
eher frommte wohl andre Wahl einem
der Männer im Volke, daß er es von sich würfe,
das Glied löste von dem Leichname,
und ohn' es käme hinauf in den Himmel,
als daß er mit allen zum Abgrund führe,
zur heißen Hölle mit heilen Gliedern.
Auch mahnt der Menschen Schwäche, daß männiglich
dem Freunde nicht folge, der zum Frevel ihn lockt,
zur Schuld, der Gesippte. Und sei er ihm,
durch Sippe beschlechtet, auch noch so stark,
die Magschaft noch so mächtig,, wenn er zum Mord ihn treiben,
zu böser Tat bringen will, besser ist ihm dann,
den Freund ferne von sich zu stoßen,
ihn meidend, Minne nicht mehr ihm zu zeigen,
daß er alleine aufsteigen dürfe
zum hohen Himmelreich, als daß sie der Hölle Zwang,
währendes Wehe beide gewinnen,
übelstes Unheil.

Im Alten Bunde heißt es auch,
mit wahren Worten, wie ihr alle wißt,
daß Meineid meiden solle der Mensch,
sich nicht verschwören; die Sünd' ist allzu groß,
verleitet der Leute so viel auf leiden Weg.
Doch selber sag' ich euch, daß niemand schwören soll
irgend Eide der Erdenbewohner:
Bei dem Himmel, dem Hohen, nicht, er ist des Herren Stuhl,
nicht bei der Erde unten, sie ist des Allwaltenden
schöner Fußschemel; auch schwöre keiner
bei dem eigenen Haupt, denn kein Haar mag er anders
erwirken, weiß noch schwarz, als wie es der Waltende,
der Mächtige, machte. Darum meidet der Mensch
die Eide füglich: wenn es viel geschieht,
nimmt er's immer leichter und wahrt sich zuletzt nicht mehr.
Darum will ich euch mit wahren Worten gebieten,
daß niemand schwerere Eide schwören
mög' unter Menschen, denn als ich mit meinen
Worten euch wahrhaft hier will gebieten:
Wer eine Sache sucht, der sage, was wahr ist,
spreche ja, wenn es ist, und ehre die Wahrheit,
sage nein, wenn es nicht ist, und genüg' ihm daran:
Das Mehr, das darüber ein Mann noch tun will,
kommt alles vom Übel unter den Erdenkindern,
daß aus Untreue der eine nicht will des andern
Worte für wahr halten.

Dann sag' ich euch wahrlich,
wenn im Alten Bunde geboten war,
so einer die Augen dem andern benehme,
vom Leibe löse oder irgendein Glied,
der soll es selber mit dem seinen entgelten,
dem gleichen Gliede: so lehr' ich dagegen euch,
daß ihr so nicht rächet, was wider Recht geschieht,
sondern in Demut alles erduldet,
Schimpf und Schande, und was man sonst euch zufügt.
Tu' immer der Mann dem andern Manne,
was ihm frommt und gefällt, wenn er fordert, daß die Menschen
ihm Gutes dagegen tun. Dann wird Gott ihm milde sein
und der Leute jedem, der das leisten will.
Ehret die Armen, den Überfluß teilt
dem dürftigen Volk und fragt nicht, ob ihr Dank
erlangt oder Lohn in dieser geliehnen Welt.
Überlaßt es lediglich euerm lieben Herrn,
die Gaben zu vergelten, daß Gott euch lohne,
der mächtige Mundherr, was aus Minne geschieht zu ihm.
Gäbest du gerne nur guten Männern
köstliche Kleinode, wo du Nutzen könntest
doppelt erwerben, hättest du des Verdienst von Gott
oder Lohn zu erlangen, der dir alles geliehen hat?
So ist es mit allem, was du andern tust
zuliebe, den Leuten, wenn du Gleiches zu Lohn willst
für Wort und Werke. Wie wüßt' es der Waltende Dank,
wenn du das Deine nur hingibst, es wieder zu heischen?
Den Leuten leiht das Gut, die es nicht lohnen hienieden,
und ringet allein nach des Waltenden Reiche.

Nicht zu offenbar tu' es, wenn du Almosen Armen
mit den Händen darreichst; mit demüt'gem Herzen
gib es Gott zulieb', so wird dir Vergeltung
gar lieblicher Lohn, wo du lange sein bedarfst,
erfreuliches Heil. Was du aus frommen Sinn
heimlich hingibst, das ist dem Herren wert.
Tu' nicht groß mit den Gaben: das soll der Geber keiner,
daß durch eiteln Ruhm sie ihm nicht wieder
leidig verloren gehen, für die er Lohn sollt' empfangen
vor Gottes Augen, die guten Werke.

Auch gebiet' ich euch noch, wenn zum Gebet ihr euch neigt,
und euern Herrn um Hilfe bittet,
daß er die leiden Taten euch erlassen wolle,
die Schuld und die Sünde, womit ihr euch selber
feindlich gefährdetet, so tut's vor dem Volke nicht,
daß es merke die Menge, und die Menschen euch loben
um das Händefalten: euer Gebet zu dem Herrn
geht so all verloren durch den eiteln Ruhm.
Sondern wollt ihr den Herrn um Hilfe bitten,
durch Demut verdienen, was euch große Durft ist,
daß der Spender des Siegs euch von Sünden befreie,
dann tut es heimlich, denn der Herr weiß es doch,
der Heilige im Himmel, dem nichts verloren bleibt,
nicht Wort noch Werke. Dann gewährt er euch alles,
worum ihr ihn bittet, wenn ihr zum Gebet euch neigt
mit lauterm Herzen.“

Die Helden standen
und umgaben den Gottessohn mit großer Begierde.
Ihr höchster Wunsch war, seine Worte zu hören.
Sie schwiegen und dachten, ihr Bedürfnis war groß,
im Herzen zu behalten, was das heilige Kinde
da zum ersten Male ihnen mit Worten
großes erzählte. Da begann der zwölfe einer,
der begabten Jünger, zu dem Gottessohne:
„Guter Herr und Lehrer, deiner Huld ist uns not,
deinen Willen zu wirken, deine Worte zu hören,
der Geborenen Bester. Darum lehr' uns beten
jetzt, deine Jünger, wie Johannes tut,
der teure Täufer, der jeglichen Tag
die Erwählten unterweist, wie sie den Waltenden sollen,
den Geber, grüßen. So uns, deinen Jüngern,
enthülle das Geheimnis.“ Der Herrliche hatte
da ohne Säumen, der Sohn des Herrn,
gute Worte bereit: „Wenn ihr Gott den Herrn
mit Worten wollt, den Waltenden grüßen,
der Könige Kräftigsten, so sprecht, wie ich euch kundtue:
Vater unser, aller deiner Kinder,
der du bist im hohen Reiche der Himmel,
geweiht werde dein Name bei jeglichem Worte;
zu uns komme dein kräftiges Reich;
dein Wille werde über die Welt gewaltig,
hie unten auf Erden, wie er da oben ist
hoch im hohen Reiche der Himmel.
Gib uns, teurer Herr, die tägliche Notdurft,
deine heilige Hilfe! Erlaß uns, Himmelswart,
alle Übeltat, wie wir es andern tun,
und laß uns nicht leidige Wichte verleiten,
ihren Willen zu wirken, wenn wir des würdig sind,
daß du uns von allem Übel erlösest.
So sollt ihr bitten, wenn ihr zum Gebet euch neigt,
mit würdigen Worten, daß der waltende Gott
das Leid euch erlasse, das ihr den Leuten tatet.
Denn laßt ihr die Leute gerne ledig
der Schuld und der Sünden, die sie selber hier
wider euch wirkten, so erläßt der Waltende,
der allmächtige Vater, auch euch die Frevel,
der Meintaten Menge. Aber wächst euch der Mut,
daß ihr selber ungern andern erlaßt,
was sie wider euch taten, so will auch euch der Waltende
die Schuld nicht schenken, ihr sollt sie entgelten
mit sehr leidigem Lohn auf lange Zeiten,
all das Unrecht, das ihr andern tatet
in dieses Lebens Licht, wenn ihr an den Leuten
die Schuld nicht sühntet, bevor eure Seele
hinwegfährt von dieser Welt.

Auch sag' ich wahrlich noch,
so ihr leben wollt nach meiner Lehre,
so oft ihr hinfort die Fasten halten wollt,
eure Meintat zu mindern, so tut's vor der Menge nicht,
vor den Menschen meidet's: der Allmächtige kennt doch,
der Waltende, euern Willen, wenn in der Welt euch auch
die Leute nicht loben. Den Lohn gibt euch dann
euer heiliger Vater im Himmelreiche,
wenn ihr in Demut ihm dientet auf Erden,
Fromm unterm Volke.

Auf vielen Gewinn geht
nicht aus mit Unrecht: dient auf zu Gott
um Lohn, ihr Leute, das langt länger,
als ob ihr auf Erden im Überfluß lebtet,
an Weltlust gewöhnt. Wollt ihr meinen Worten hören,
so sammelt hier nicht Schätze Silbers und Goldes,
in diesem Mittelkreis Mammonsgüter:
Das rottet und rostet, Räuber stehlen es,
Würmer verwüsten es; das Gewand zerschleißt,
der Goldschatz zergeht. Tut gute Werke,
häufet im Himmel euch größern Hort,
erfreulicheren Vorrat, den kein Feind benehmen mag,
kein Dieb entwenden. Er wartet euer
dort ganz entgegen, wieviel ihr des Guts
hin in das Himmelreich, des Hortes, gesammelt habt
durch eurer Hände Gabe. Dahin kehrt den Sinn,
denn der Menschen Gemüt und Denken ist meist,
sein Herz und Sinn, wo der Hort ihm liegt,
der gesammelte Schatz. So selig ist niemand,
daß er beides erziele in dieser breiten Welt,
auf dieser Erde im Überfluß zu leben
in allen Weltlüsten, und doch dem waltenden Gott
zu Dank zu dienen, sondern unter den Dingen
muß er einem von beiden auf immer entsagen,
den Lüsten des Leibes oder ewigem Leben.

Kümmert euch nicht um Kleidung, vertraut kühnlich dem Herrn,
müht euch im Gemüte nicht, was ihr morgen sollt essen oder trinken oder anlegen
werdet von Gewändern. Es weiß der waltende Gott,
was die bedürfen, die ihm dienen hier,
seinen Befehlen folgen. An den Vögeln mögt ihr das
wahrhaft gewahren, die in der Welt umher
in Federhemden fliegen:
Sie häufen nicht Vorrat,
und Gott gibt ihnen doch jeglichen Tag
wider den Hunger Hilfe. Auch merkt euch im Herzen
des Gewandes wegen, wie ihr Gewächse seht
festlich geschmückt auf dem Felde stehn
und prächtig blühen; nicht mochte der Burgenwart,
Salomon der König, der doch mächtigen Schatz,
köstliche Kleinode wie kein König zuvor
gewann und aller Gewande Auswahl,
doch mocht' er seinem Leibe nicht, dem all das Land gehorchte,
solch Gewand gewinnen, wie Gewächse haben,
die auf dem Felde stehen im festlichen Schmuck,
die Lilie mit lieblichen Blumen. Der Landeswalter kleidet sie,
der Hehre, von der Himmelsau. Und die Helden sind ihm mehr,
die Leute viel lieber, die er ins Land sich schuf,
der Waltende, zu seinem Willen.
Drum dürft ihr um Gewand nicht sorgen,
nicht um den Anzug jammern: für das alles sorgt Gott,
der Helfer von der Himmelsau, wenn ihr um seine Huld nur dient.
Trachtet zuerst nach Gottes Reich und tut gute Werke,
Nach dem Rechten ringt, so will euch der reiche Herr
alle Güter geben, wenn ihr ihm gerne folgt,
wie ich mit wahren Worten euch sage.
Ihr sollt auch selber zu scharf nicht richten,
unbillig urteilen, denn das Urteil kommt wieder
über den Richtenden schnell, und da soll es zur Reue
ihm werden, zu schwerem Weh, wenn sein Wort zu scharf erging
über den andern.

Von euch tue das
keiner, ihr Kinder, bei Kauf oder Tausch,
daß er mit unrechtem Maß dem andern Mann
meinvoll messe, denn so muß es ergehn
auf Erden hier allen: wie er dem andern tut,
ganz so begegnet's ihm, wo er gern nicht wollte
seine Sünden wiedersehn. Auch sag' ich euch noch,
wie ihr euch wahren mögt vor schwerem Verweis,
manches Meinwerks wegen. Wie magst du beschelten
deiner Brüder einen, daß du ihm unter den Brauen sähst
einen Halm in den Augen, da du nicht beherzigst
den bösen Balken, den Baum in deiner Sehe,
den schweren, den du selber hast. Nimm das in den Sinn erst,
wie du dich des erlösest, daß Licht vor dir scheint,
die Augen dir aufgehn: dann immer magst du
auch des Gesippten Gesicht zu bessern suchen,
sein Haupt zu heilen. So heg' im Herzen
mehr in dieser Mittelwelt der Menschen jeglicher,
was er selber Übels in dieser Welt verübte,
als daß er achte auf des andern Manns
Schuld und Sünde, da er doch selber mehr
des Frevels vollführte. Bedenkt er sein Frommen,
so soll er sich selber erst von Sünden erledigen,
von leiden Werken lösen; mit seinen Lehren komm' er dann
den Leuten zu Hilfe, wenn er sich lauter weiß,
von Sünden sicher.

Vor die Schweine sollt ihr nicht
Eure Meerperlen werfen, oder kunstvoll Gewirk,
köstliche Kleinode, denn in Kot treten sie's,
sudeln es im Sande, wissen nicht Bescheid von Zier,
von schönem Schmuck. Solcher sind hier viele,
die euer heilig Wort nicht hören wollen,
Gottes Lehre wirken: sie wissen nicht von Gott.
Viel liebe sind ihnen leere Worte,
unfeine Dinge, als ihres Fürsten und Herrn
Willen und Werke. Unwürdig sind sie so,
euer heilig Wort zu hören: Ihr Herz will es nicht erwägen,
nicht lernen und leisten; so lehrt sie lieber nicht,
damit ihr Gottes Gebot und gute Lehre
nicht verliert an den Leuten, die nicht glauben wollen
den wahren Worten. Auch sollt ihr euch wahren
mit List vor den Leuten, wo ihr in den Landen fahrt,
daß euch lügenhafte Lehrer nicht trügen
mit Worten oder Werken. Sie kommen in schönem Gewand,
im Festschmuck zu euch, und haben doch falschen Sinn.
Ihr mögt sie bald erkennen, wenn ihr sie kommen seht:
sie sprechen weisliche Worte, aber ihre Werke taugen nichts,
der Degen Gedanken. Ihr wißt, daß in Dornen nicht
Weinbeeren wachsen, noch Wertvolles irgend,
erfreuliche Früchte; auch Feigen lest ihr nicht,
ihr Helden, vom Hiefdorn. Das mögt ihr bedenken,
daß euch ein übler Baum, wo er in der Erden steht,
gute Früchte nicht gibt; wie es auch Gott nicht schuf,
daß der gute Baum je den Erdgebornen
bitteres brächte; von jedem Baume kommt nur
solch Gewächs in dieser Welt, wie es aus seiner Wurzel dringt,
süß oder sauer. Auf die Gesinnung zielt das,
auf der Menge Gemüt in der Menschen Geschlecht,
wie ein jeder von uns auch es selber anzeigt,
mit dem Munde meldet, welch Gemüt er habe,
was er im Herzen hege, denn verhehlen kann es niemand.
Von dem üblen Manne kommt arger Rat,
bitterböse Rede, wie er in der Brust sie hat,
in sein Herz geheftet: er kündet hoch und laut
seinen Willen mit den Worten und den Werken nachher.
So kommt von dem guten Mann auch gute Antwort,
weisliche aus seinem Wissen: mit Worten spricht er's aus,
mit dem Munde der Mann, was er im Gemüte trägt,
als Hort im Herzen; von ihm kommt heilige Lehre,
sehr wonnesam Wort: seine Werke sollen
dann dem Volke gedeihen und der Degen männiglich
zur Wohltat werden, wie es der Waltende selbst
guten Männern gegeben hat, Gott der Allmächtige,
der himmlische Herr; denn ohne seine Hilfe mögen sie
mit Worten noch mit Werken Gutes erwirken
in dieser Mittelwelt. Darum sollen der Menschen Söhne
an seine alleinige Kraft allzumal glauben.

Auch will ich euch weisen, wie der Wege zwei
in diesem Lichte liegen, die der Leute Kinder gehen,
alles Volk der Erde. Die eine der Straßen
ist weit und breit: die wandern gar viele,
eine Menge der Menschen, die ihr Mut dazu
verlockt und die Lust der Welt: zur linken Hand
leitet sie die Leute, wo sie verloren gehen,
die Helden in der Hölle: da ist es heiß und schwarz,
fürchterlich innen. Die Fahrt dahin ist leicht
den Erdgebornen; aber das Ende frommt nicht.
Dann liegt ein anderer, bei weitem engerer
Weg auf dieser Welt, den nur wenige wandern,
eine schwache Schar: die Söhne der Menschen
gehen ihn nicht gerne, obgleich er zu Gottes Reich
in das ewige Leben die Edlinge leitet.
Nehmet ihr den engen, denn ob er nicht leicht auch
dem Volk zu fahren ist, er führt doch zum Frommen.
Jeder, der ihn geht, empfängt Vergeltung,
langdauernden Lohn, das ewige Leben,
seliges Entzücken. Darum sollt ihr den Herrn,
den Waltenden, bitten, daß ihr diesen Weg
von vorn an fahren dürft, und fortgehn darauf
bis in Gottes Reich. Er ist immer bereit,
denen Gaben zu geben, die ihn gerne bitten,
fromm zu ihm flehn. Sucht euren Vater droben
in dem ewigen Reiche: Ihr werdet ihn immerdar
zu euerm Frommen finden. Tut eure Fahrt da kund
an des Teuern Türen, so wird euch aufgetan,
die Himmelspforte geöffnet, daß ihr in das heilige Licht
eingehen mögt, in das Gottesreich.
Und des Erbteils achten.

Ich sag' euch überdies
vor diesem weiten Volk ein wahrhaft Gleichnis.
Der Leute männiglich, der meine Lehre will
in seinem Herzen hegen und so im Sinne halten,
daß er sie gerne leistet, der vergleicht sich wohl
einem weisen Manne, der gewitzigt ist
und verständigen Sinn hat, daß er die Stätte seines Hauses
auf festem Felsen wählt, auf dem Felsen vorsichtig
sich die Wohnung wirkt, wo der Wind nicht mag,
Wog' und Wasserstrom dem Werke schaden.
Den Ungewittern widersteht es allen
auf dem Felsen oben, da so fest es ward
auf den Stein gestellt; die Stätte schon erhält es
und wahrt es vor dem Winde, daß es nicht weichen mag.
Doch der Männer männiglich, der nicht auf meine
Lehren lauschen will und nichts davon leisten,
der tut wie der Unweise, der Ungewitzigte,
der im Sand am Wasser ein Wohnhaus zimmern will,
wo es westlicher Wind und der Wogen Strom,
die See zerschlägt. Nicht mag es Sand und Grieß
vor dem Wind wehren, sondern zerworfen wird es,
zerfällt von der Flut, weil es nicht auf fester
Erde gezimmert ist. So soll allen und jedem
ihr Werk gedeihn dafür, daß er mein Wort befolgt,
mein heilig Gebot.“

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