Fehler erkennen - durch Beobachten von Widersprüchen

Fehler erkennen - durch Beobachten von Widersprüchen

Wenn man ein Buch genau liest und sich die darin enthaltenen Aussagen merkt, fallen einem gelegentlich Widersprüche auf. Solche Widersprüche können ein Indiz dafür sein, daß der Autor seine eigene Meinung zuwenig durchdacht hat, oder zumindest dafür, daß er sich mitunter ungeschickt ausdrückt.

Betrachte die folgenden Texte. Fallen dir Widersprüche auf?

Vergleiche 6 und 7:

6 „Das eine oder andere Argument für die Existenz Gottes kann zwar isoliert gesehen in Frage gestellt werden, doch die gemeinsame Kraft der zwingendsten Argumente ist wie das aus vielen Fasern bestehende Tau, das eine Brücke hält. Andererseits verfügt der Atheismus, obgleich er viele Fragen haben mag, über keinerlei Argumente.“

7 „Gläubige, die bestreiten, daß Atheisten stichhaltige Argumente haben können, sollten ihre Unwissenheit nicht offen an den Tag legen. Der Gott … gab Atheisten Raum für Zweifel sowie ganz gute Argumente für ihre Anschauung. Wir lassen diese Argumente gelten.“1)

Vergleiche 8 und 9:

8 „Was ist mit denen, die nie gehört haben? … Jesus sagte: 'Niemand kommt zum Vater außer durch mich' (Joh 14,6). Die einzige Grundlage für die Vergebung der Sünden und ewiges Leben ist der Weg über Jesus. Viele Menschen denken, dies bedeute, daß diejenigen, die niemals von Jesus gehört haben, automatisch verdammt seien. Wir wissen jedoch nicht, ob das der Fall ist.“

9 „Die Bibel nennt das Beispiel eines Mannes, der sich in einer ähnlichen Situation befand, wie viele heute. Sein Name war Cornelius. … Er hatte nicht von Jesus Christus gehört, aber er bat Gott ehrlich, sich ihm zu offenbaren. Gott beantwortete das Gebet des Cornelius und sandte den Apostel Petrus zu ihm, um ihm die ganze Geschichte Jesu zu bringen. … Dieses Beispiel zeigt, daß jeder, der ernsthaft wünscht, Gott zu erkennen, von Jesus hören wird.“2)

Vergleiche zuerst 10 und 11 miteinander, danach 11 und 12, schließlich 12 und 13:

10 „Man muß nämlich in Betracht ziehen, daß die Bibelbücher, von denen Kopien in der Qumransammlung angetroffen wurden, vielleicht schon viele Jahrhunderte zuvor zum ersten Male auf Papier gebracht wurden. Normalerweise liegt eine längere Zeit zwischen der Abfassung eines Buches und seiner allgemeinen Annahme als Heilige Schrift.“

11 „Man sieht, daß die hebräische Bibel neben der Thora und den Propheten noch eine dritte Gruppe, Schriften genannt, enthielt. Dies war eine Sammlung poetischer, beschaulicher und historischer Bücher, die aber von Anfang an genausoviel Autorität wie die übrigen Bücher hatten. Das zeigt sich beispielsweise in der Tatsache, daß ein Psalm Davids (Psalm 18) in 2. Samuel 22 zitiert wird, während 1. Könige 4,32 auf die Sprüche und Lieder Salomos verweist.“3)

12 Buch Autor geschätztes Datum der Vollendung d.B.

  • Richter Samuel? Mitte 11.Jh.
  • Ruth Samuel? Mitte 11.Jh.
  • Samuel (1+2) (Prophet?) 9. Jh.
  • Könige (1+2) hauptsächl. Jeremia? Ende 7. Jh.
  • Hoheslied Salomo Mitte 10. Jh.„4)

13 „wir dürfen annehmen, daß in den Tagen des Königs Salomo auch die Bücher Richter, Ruth und Samuel fertiggestellt wurden.“5)

Vergleiche 14, 15 und 16 miteinander:

14 „Was ist mit den Kindern, die zu früh gestorben sind, um je eine Entscheidung treffen zu können? Was ist mit Abgetriebenen oder Geisteskranken? Sind sie verloren?

… So dürfen wir gewiß sein, daß die vorgenannten Personen nicht der Verdammnis verfallen. Sie selbst tragen keinerlei eigene Schuld an ihrem Schicksal.“

15 „Zugespitzt können wir es auch so formulieren: Der Mensch geht nicht an der Sünde verloren, sondern an seinem Willen, d.h. an seiner Unbußfertigkeit. In Gottes Himmel gibt es einmal nur Freiwillige und keine Zwangseinquartierten.“

16 „Nach dem Zeugnis der Bibel befinden sich seit dem Sündenfall von Natur aus alle Menschen auf dem breiten Weg, der zur Verdammnis führt. … Es ist aber der erklärte Wille Gottes, daß der Mensch aus der verlorenen Situation des Todeszuges in eigener, freier Willensentscheidung aussteigt, durch die enge Pforte gehend in den Lebenszug einsteigt und so zum ewigen Leben gelangt. Diesen Zugwechsel hat JESUS als den alles entscheidenden Durchbruch zum ewigen Leben bezeichnet. Diese Chance wird uns nur in der irdischen Lebensspanne eingeräumt. … einen einfachen, einprägsamen Merksatz ableiten: 'Wenn du nur einmal geboren bist (natürliche Geburt), dann stirbst du zweimal (zunächst leiblicher Tod, dann ewiger Tod); aber wenn du zweimal geboren bist (natürliche Geburt, Wiedergeburt), stirbst du nur einmal (leiblicher Tod)!' … In der Bekehrung wird er von neuem gebroen (Wiedergeburt), d.h. lebendig. Dieser Vorgang im irdischen Leben eines Menschen ist notwendig, um das Heil zu erlangen.“ 6)

Betrachte den folgenden Text, und finde den Widerspruch:

17 „Eigentlich waren es die Päpste des Mittelalters, die diese Einstellung verbreiteten, denn sie glaubten, daß die Bibel ein Weltbild mit der Erde als Scheibe lehre. Deshalb lehnten sie Galilei ab, als er anfing zu vertreten, daß die Erde und die Planeten im leeren Raum mehr einer Kugel ähnlich seien. Es war C. S. Lewis in Oxford, der den Irrtum im Blick auf diese allgemein akzeptierte Meinung aufzeigte. Lewis äußerte sich zu dem modernen Märchen, daß Galilei etwas Neues entdeckt und gelehrt habe, indem er schrieb: 'Es wäre ein Irrtum zu erwidern, daß unsere Vorfahren unwissend waren und deshalb angenehme Illusionen über die Natur hegten, die der Fortschritt der Wissenschaft seitdem beseitigte. Schon seit Jahrhunderten, während Menschen an Gott glauben, war die beängstigende Größe und Leere des Universums bekannt. In einigen Büchern werden Sie lesen, daß die Menschen des Mittelalters die Erde für eine Scheibe und die Sterne für nahe hielten, aber das ist eine Lüge. Ptolemäus lehrte, daß die Erde ein mathematischer Punkt ohne Größe in der Relation zur Entfernung der Fixsterne sei - eine Entfernung, die ein populärer mittelalterlicher Text mit 117 Millionen Meilen veranschlagt. …'“ 7)

Lösungen

1)
6 - 7: Die beiden Texte entstammen demselben Buch; haben die Atheisten nun Argumente oder nicht?
2)
8 - 9: Während in 9 der Leser glauben könnte, die nie gehört haben, gehen verloren (denn hätten sie stark genug gewünscht Gott zu erkennen hätten sie ja von Jesus gehört), klingt es in 8 noch anders.
3)
10 - 11: Liegt zwischen Abfassung und allgemeiner Anerkennung „eine längere Zeit“ (Jahrhunderte?), oder erfolgt die allgemeine Anerkennung sofort?
4)
11 - 12: Zwischen der Vollendung des Hohenliedes (10.Jh.) und jener der Königsbücher (Ende 7. Jh.) liegen mehr als drei Jahrhunderte. Daß 1. Könige auf die Lieder Salomos verweist, kann also kein Hinweis sein darauf, daß diese „von Anfang an“ kanonische Autorität hatten.
5)
12 - 13: In den Tagen Salomos (Mitte 10.Jh.) oder im 11. bzw. im 9.Jh.?
6)
14 - 15 - 16: Wenn Menschen, die zu früh gestorben sind, um eine eigene Entscheidung treffen zu können, automatisch im Himmel landen, kann man nicht sagen, daß sie „freiwillig“ dort sind - außer man rechnet mit der Möglichkeit, daß sie nach dem Tod noch eine Entscheidung treffen können. Diese Möglichkeit wird aber in Text 16 ausdrücklich ausgeschlossen.
7)
17: Zuerst klingt es so, als ob im Mittelalter (die Päpste können da keine bloßen Außenseiter gewesen sein) die Erde für eine Scheibe gehalten wurde und daß Galilei demgegenüber etwas Neues vertreten hätte, danach (im zustimmend angeführten Zitat von Lewis) klingt es nach dem Gegenteil.
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