Gigas, Johann - Predigt auf den zwanzigsten Sonntag nach Trinitatis über Matth. 22 (1-14.)

Gigas, Johann - Predigt auf den zwanzigsten Sonntag nach Trinitatis über Matth. 22 (1-14.)

(A.a.O. fol. 115.)

Dieweil wir am andern Sonntage nach Trinitatis die Parabel vom grossen, herrlichen Abendmahl, welche mit diesem Gleichniss übereinstimmt, postilliret haben, wollen wir diese Lection einziehen und auf dies halbe Stündlein uns zur Lehre und Warnung drei Stücklein daraus nehmen:

1.
Die selig werden sollen, müssen zur königlichen Hochzeit, das ist, in die christliche Kirche aus Gnade durch’s Evangelium berufen werden; denn extra ecclesiam non est salus; die nicht in Noä Kasten kommen, ersauefen.
2.
Und dass gleichwohl nicht Alle in den Himmel kommen, die zu dieser grossen Hochzeit geladen worden.
3.
Dass gewisslich zeitliche und ewige Strafe folget, wo die Gnadenzeit und Lehre verachtet wird.

Vom ersten Stücklein.

St. Paulus sagt Eph. 5.: Der Ehestand ist ein grosses Geheimniss, welches bedeutet Christum und sein Spons, die Gemeine, wie auch hievon tröstlich geschrieben steht Hoseä 2. und Ps. 45. Denn obwohl nach dem Fall viel Gebrechlichkeit mit unterläuft, jedoch wo eine Ehe ziemlich wohl gerathen ist, da ist ein lieblich Bild und Erinnerung der Liebe Christi, des grossen Bräutigams von Sion gegen seine Spons, die liebe Christenheit, da ist rechte Liebe, wahre Treue, Gemeinschaft aller Güter, Geduld und christlich Vernehmen, wenn nur das Ehebett unbefleckt bleibt, und man nicht mit Anderm buhlet und zuhält.

Dieses grossen Geheimnisses wird auch in dieser Parabel gedacht; denn ist’s nicht rechte und grosse Liebe, die der Sohn Gottes an uns elenden Evä-Kindern beweiset? Er freiet ihm ein armes Mägdlein, das durch Adam’s Sünde und Fall an Leib und Seele jämmerlich verderbt ist, zieret’s und schmücket’s mit seinem eigenen Kleider der Gerechtigkeit und des Heils, Esaiä 61., und sagt ihm zu alle seine Güter und ewige Freude und Herrlichkeit. Wenn eines mächtigen Königs Sohn eines armen Bauern oder Bürgers Tochter zum Weibe nähme, würde männiglich darob verwundern und solche Wohlthat hoch achten, rühmen und preisen; warum achten wir es nicht auch theuer und hoch und sind von Herzen darüber fröhlich, dass der König aller Könige, Jesus Christus, Gottes und Marien Sohn, der Schönste unter allen Menschenkindern, Ps. 45., sich über uns verwundete, beraubte, elende Leute erbarmet und ihm also ein armes Mägdlein auserwählet und erfreiet hat?

Zu dieser königlichen Hochzeit lässet uns der himmlische Vater aus Gnaden einladen und fordern durch die Brautknechte und des Bräutigams Freunde, daraus ja sein Vaterherz reichlich zu spüren ist, und dass er an unserm Verderben kein Gefallen habe. 1. Timoth. 2. Denn zu dieser grossen Köste sind wir treulich geladen worden durch Adam, Seth, Enos, Noah, Abraham, Isaak, Jakob, Joseph, Mosen, Josuam, Samuelem, Davidem, Eliam, Esaiam, Jeremiam, Ezecheliem, Danielem, Haggäum, Zachariam u.s.w. Letztlich von des Herrn Furirer Johannes dem Täufer und vom Herrn Christo selbst und seinen Discipeln und ihren Schülern: Polycarpo, Jerenäo u.s.w., item durch Tertullianum, Cyprianum, Athanasium, Epiphanium, Hilarium, Hieronymum, Augustinum, Bernhardum, Bonaventuram, Johann Huss, Lutherum u.s.w.

Dies ist das erste Stücklein im heutigen Evangelio von Gottes großer, unaussprechlicher Gnade, liebe und Güte gegen das menschliche Geschlecht, dass er uns nicht ewig als die bösen Geister verstossen, sondern mit seinem einigen, wesentlichen, lieben Sohne verehret hat, der freiet um uns, verlobt und verbindet sich mit uns, Hoseä 2., und lässt uns für und für zu solchem Freuden- und Ehrentage durch seine Freunde und Legaten einladen.

Derhalben müssen, die selig werden sollen, berufen werden, wie St. Paulus sagt Röm. 8.: Welche er versehen hat, Die hat er auch berufen, und da werden Christen gezeugt und erhalten; wo Gottes Wort und der rechte Gebrauch der Sacramente ist,, da hat der Herr Feuer und Herd, und da ist gut sein. Esaiä 31. Ps. 84. Da ist Weisheit und Wahrheit, Trost und Leben.

Das wusste der Mann Gottes wohl, darum er auch lieber bei seinen Brüdern, dem Volke Israel, verachtet, arm und elend, denn bei dem abgöttischen Könige in Ägypten reich sein und in Ehren schweben wollte. Hebr. 11.

Derwegen, wo das heilige ministerium und Gottes Wort nicht ist, da ist kein Trost, kein Leben, sondern eitel Elend und Blindheit, da weiss man nicht, was rechts oder links ist. Jon. 4. Da thut man kein gut Werk, da ist kein recht Erkenntniss der Sünden und des rechten Helfers, wie Lutherus fein folgert, da er spricht: Wo nicht Gottes Wort ist, da ist auch nicht Erkenntniss der Sünden; wo nicht ist Erkenntniss der Sünden, da begehret man auch keines Arztes, und da ist keine Gerechtigkeit; wo nicht ist Gerechtigkeit, da ist auch kein Leben; wo nicht Leben ist, da ist der Tod, die Hölle und der Teufel.

Derwegen, Geliebte im Herrn, lasset euch die bethörten Schwenkfelder und andere Enthusiasten und Phantasten nicht berücken und einnehmen, welche das heilige Ministerium verachten und verlachen und auf sonderliche Entzückung und Offenbarung gaffen und warten und thürstiglich sagen, dass sich Gott offenbare, dass er uns erleuchte und bekehre immediate, ohne vorgehend Wort.

Ist Das wahr, warum ist das heilige Ministerium eingesetzt? Wozu dient es? Wahr ist’s, Gott ist agens liberrimum. Er thut auch Alles freiwillig, aber gemeiniglich thut er’s durch ordentliche Mittel, und wenn gleich Etliche sonderlicher Weise erleuchtet und bekehret würden, so bleibt doch die Regel wahr: Singularia et specialia non tollunt generalia. Und wird damit der Ehre Gottes gar Nichts entzogen, wenn man lehret: Der Glaube kommt aus dem Gehör, der heilige Geist wird gegeben durch die Predigt des Evangelii, durch’s Gesetz wird die Sünde erkannt u.s.w. Wir wissen Gott Lob und lehren’s auch, dass unsere Bekehrung und Wiedergeburt allein Gottes Gabe und Werk ist. Aber hiezu gebraucht er seine Diener freiwillig, die das Gesetz und Evangelium predigen, dadurch unsere Herzen durch den Finger Gottes gerührt und geändert werden. Die Prediger lehren äusserlich, streuen den Samen und werfen ihr Netz aus in Christi Namen. Der heilige Geist wirket innerlich, wenn und wo er will, und ist wahr und gewiss, wenn Gott das Gedeihen nicht giebt, so pflanzen und begiesen Paulus und Apollo umsonst. Aber daraus folgt nicht, dass das Ministerium zur Wiedergeburt nicht dienen sollte.

Hie sagen die Spötter: Wie werden eure die kleinen Kinder neugeboren und selig, welche die Predigt nicht hören, noch vernehmen können? Antwort: Auch durch’s Ministerium. Denn bei Gottes Volk werden die Kinder auch im Mutterleibe Christo befohlen, und sobald sie zur Welt geboren, werden sie durch’s Gebet und die heilige Taufe dem Herrn Christo zugetragen, da wirket der heilige Geist in ihnen nach ihrer Maasse, und werden also zu Gottes Kindern und Erben des Himmelreichs um Christi willen angenommen und der heiligen christlichen Kirche eingeleibt. Ach, Gottes Wort und die heiligen Sacramente sind uterus Die in quo gestamur, formamur et alimur per spiritum Christi, wie unser Herr Doctor sagt. Derhalben wir auch zusammen setzen Verbum, Spiritum sanctum et Sacramenta. Denn also wird der Himmel gepflanzt und also versammelt sich in menschlichen Geschlechte der Sohn Gottes ein Häuflein zum Eigenthum und ewigen Leben.

Derwegen wehe Allen, die Gottes Befehl und Ordnung, das heilige ministerium, verächtlich zu machen sich befleissigen.

Zweites Stücklein.

Nun folget die Ursach, warum nicht Alle, die zur königlichen Hochzeit geladen werden, in den Himmel kommen. Nämlich, Etliche sagen bald ab, wollen nicht kommen. Dies sind Epicurer und eyklopische Gesellen, die in Geiz und Wollust dieses Lebens ersoffen sind, bekümmern sich allein um’s Zeitliche und trachten nach solchen Dingen auf Erden. Ambitiosus honos et opes et foeda voluptas sind ihr Gott, wie Mantuanus sagt.

Etliche wollen nicht allein nicht kommen zur Hochzeit, sondern schmähen auch, verfolgen und tödten die Brautknechte als Aufrührer, Landschäden und die ärgsten Leute auf Erden.

Etliche stellen sich ein, kommen zur Köste, aber sie haben nicht das rechte Ehrenkleid an, sind Wasserreben, Heuchler, Scheinchristen, Titelgäste u.s.w.

Etliche kommen willig und gern, erscheinen gehorsamlich und in aller Demuth und Reverenz und haben das rechte, hochzeitliche Kleid an, bringen mit den wahren, lebendigen Glauben, hören und lieben den Bräutigam und sind in Ehren fröhlich, und dies sind die rechten und lieben Gäste. Aber ihrer ist nicht Viel und sind gemeiniglich alberne, arme, elende, verachtete Leute, Weish. 3., Matth. 11., 1. Cor. 1., und gemeiniglich von den Strassen und aus der Heidenschaft berufen.

Also ist’s dem Evangelio Christi ergangen sechstehalb tausend Jahr. Es ergeht ihm auch noch heute also und wird ihm also ergehen bis an den jüngsten Tag. Denn der boshaftige Satan schläft nicht, und die Welt liebt Finsterniss mehr, denn das Licht, und hanget dem Fleische nach, sonderlich nun am Abende der Welt wird die liebe Christenheit sehr dünn werden. Jedoch wird heiliger Same sein und bleiben. Es heisset: Ich gläube eine heilige, christliche Kirche, und Christus, die ewige Wahrheit, sagt selbst: Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie, und sie folgen mir, und ich gebe ihnen das ewige Leben, und sie werden nimmermehr umkommen, und Niemand wird sie aus meiner Hand reissen. Joh. 10. So wisset ihr auch, was geschrieben stehet Esaiä 46., Matth. 16. Der Herr ist alle Zeit mit im Schiff und hilft väterlich aus zu rechter Zeit, ob er sich gleich bisweilen versteckt und sich nicht alle Zeit bald wieder sehen lässt.

Es ist aber wohl zu betrachten, dass im Text vermeldet wird, die Knechte haben Böse und Gute zusammengebracht. Denn hie wird beschrieben und abgemeldet ecclesia visibilis. Wo Gottes Wort, der edle Same, rein ist und der rechte Gebrauch der Sacramente, da ist gewisslich die christliche Kirche, das ist, da sind wahre Christen. Aber unter derselben Versammlung sind auch viel Wasserreben und Scheinchristen, welche den Schalk meisterlich bergen können. Solche Heuchler und heimliche Betrüger werden sein und bleiben, und man muss sie dulden bis zur rechten und letzten Musterung, da ihr fucus und dolus offenbar werden und Alles an’s Taglicht kommen wird. Darum, wie es nicht Alle Jäger sind, die Hörnlein führen, und nicht alle Köche, die Messer tragen, also sind’s nicht Alle rechtschaffene Christen, welche sich Christen nennen lassen und sich der Augsburgischen Confession rühmen, zur Kirche gehen und sich zum heiligen Abendmahle halten. Augustinus sagt: Viele sind auswändig Schafe, aber inwändig Wölfe. Derhalben auch die Kirche einem Netze verglichen wird, das in’s Meer geworfen, und damit allerlei Gattung beschlossen wird. Matth. 13. Chrysostomus spricht: Im Himmel sollen eitel Engel und fromme Leute sein, in der Hölle eitel Teufel und Gottlose, auf Erden sind fromme und böse Menschen durch einander, welches auch durch Noä Kasten soll bedeutet sein, darinnen mancherlei Thiere, fromme Leute und auch Heuchler waren.

Drittes Stücklein.

Wie gefällt’s aber dem grossen Könige, dass die heute zur Hochzeit nicht kommen wollen, ja, dass Etliche die Brautknechte tödten? Er wird zornig, fürnehmlich über die natürlichen Zweige der Juden. Derwegen er auch sein Heer, die Römer, über sie schickt, seinen Befehl auszurichten, die zünden Stadt und Tempel an und verwüsten das ganze Land.

Hie sehen wir, so wahr Gott Gott ist, so wahr ist’s auch, dass er Verachtung seines Wortes und seiner Legaten nicht leiden kann. Wenn man die Gnadenzeit und Lehre verachtet, oder derselben missbraucht, Tyrannei und allen Muthwillen übt, da muss gewiss geistliche und leibliche Strafe folgen, auch ewige, wenn man nicht Busse thut, Blindheit, Lügen, Hunger des Wortes (Amos 8), Veränderung und Verwüstung der Länder, Krieg, Hunger, Pestilenz, wie Solches die biblischen Historien genugsam ausweisen, die Sündfluth, das Feuer über Sodom und Gomorrha, die Zerstörung Jerusalems, und dass noch heute die Juden in der Welt zerstreut sind und das Elend bauen müssen. Item, die grausamen Strafen, die über Asien, Ägypten, Graeciam und andere Länder gegangen sind, welche jetzt unter des Türken Alkoran und Tyrannei stecken.

Meinet ihr, Gott werde uns Deutsche, die Dänemärker, Preussen, Lievländer, Schweden ungestraft lassen? Hat er diesen Ländern in diesen letzten Zeiten nicht recht gütlich gethan? Er hat ihnen des Antichrists Tyrannei, Betrug und Lügen gnädiglich entdeckt und die Wahrheit offenbaret. Wer ist recht dankbar? Und dass ich auch mit euch, meine geliebten Pfarrkinder, rede, ihr wisset, wie väterlich euch Gott daheim gesucht hat, wie Kirche und Schule von Abgötterei und Bacchanterei gereinigt und wohl bestellt worden sind. Aber wie Etliche unter euch dankbar seien, ist am Tage; Viele sind der reinen, einfältigen Lehre überdrüssig, satt und müde worden, Viele führen ein wüstes, wildes, unstetes Leben und Wesen, Etliche gehen sollten zur Kirche und zum heiligen Abendmahl, beten nicht, Etliche verachten und verlachen alle Warnung und Vermahnung der Prediger, welches sehr erschrecklich ist; denn der Herr Christus sagt Luc. 10.: Wer euch höret, Der höret mich, und wer euch verachtet, Der verachtet mich. Derwegen, liebe Christen, wem zu rathen ist, Dem ist auch zu helfen, Der bedenke, was der Herr sagt zu Capernaum, Bethsaida, Chorazim, Matth. 11., und liebe Gottes Wort und lasse die Prediger gute Boten sein, nehme der angenehmen Zeit wahr, stehe ich wahrer Furcht Gottes, sonst wird er zeitlicher und ewiger Strafe müssen gewärtig sein. O wie eine harte, ernste Rede führet hier der Herr am Ende dieser Parabel, da er sagt, dass die Verächter seines Worts und seiner Diener in die Finsterniss sollen geworfen werden, da ewig Heulen und Zähnklappern sein wird und ewige Schande und Schmach, Daniel 12., da ihr heimlicher, fressender Wurm nicht sterben und ihr Feuer nicht ausgelöscht werden soll. Esaiä 66.

Genug von diesen dreien Stücklein. Sollen wir in den Himmel kommen, müssen wir zur königlichen Hochzeit aus Gnaden berufen werden, und werden doch nicht alle Berufenen selig. St. Paulus sagt: Quos elegit, hos et vocarit. Er sagt nicht: Quos vocavit, hos et elegit, und dass gewisse Strafe folgt, wo man Gottes Wort verachtet.

Dieweil denn, Geliebte im Herrn, jetzt der Tag unserer gnädigen Heimsuchung ist und die güldene Pforte offen steht, und wir so väterlich zur königlichen Hochzeit eingeladen und berufen werden, lasset uns des Gnadenlichtes fleissig wahrnehmen, unsern getreuen König und Bräutigam im Glauben empfahen, herzen und küssen, auf dass wir, wenn er uns heimführen wird, mit Ehren und Freuden erscheinen und in’s unvergängliche, unbefleckte und unverwelkliche Erbe mögen eingewiesen werden. Amen.

Quelle: Beste, Wilhelm - Die bedeutendsten Kanzelredner der lutherschen Kirche des Reformationszeitalters

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