Funcke, Otto - Erbauliches über die Wunder

Funcke, Otto - Erbauliches über die Wunder

Es ist sehr bezeichnend, daß die Evangelisten die Wunder Jesu als „Zeichen“ hinstellen. Nach dem Bericht über die Verwandlung des Wassers in Wein schreibt Johannes: „Das war das erste Zeichen, das Jesus tat.“ Und immer wieder stoßen wir in den Evangelien auf denselben Ausdruck.

Man kann unmöglich leugnen, daß durch diese Bezeichnung die Wunder Jesu an eine untergeordnete Stelle gerückt werden. Die deutsche Flagge ist nicht die deutsche Macht. Sie ist da, wo sie flattert, nur ein Zeichen, daß hier die deutsche Macht Fuß gefaßt hat. Die erste weiße Blüte, die dir ins Gesicht fliegt, ist nicht der Frühling. Aber sie ist - sogar für den Blinden - eine willkommene Botschaft, daß der Frühling ins Land gekommen ist. - Gut! Also die Wunder waren nicht um ihrer selbst willen da; sie sollten nur auf den hinweisen, der dahinter stand. Sie sollten auf Jesum aufmerksam machen und Zeichen und Zeugnisse seiner Herrlichkeit sein. Die Menschen, die sich mit der Erfahrung des Wunders begnügten - zum Beispiel der Kranke am Teich Bethesda - hatten nicht den geringsten geistlichen Nutzen davon.

Aber - so fragen wir nun weiter - was konnten und können denn die Wunder Jesu dem zeigen und offenbaren, der ein aufgeschlossenes Herz hat? Wir antworten: Sie sind zunächst eine großartige und tatsächliche Weissagung von einer seligen Zukunft. Man hört auch wohlgesinnte Leute oft sagen: Ja, was hat das denn genützt, daß Jesus zu seiner Zeit einige Dutzend oder auch einige Hundert Kranke gesund gemacht und auch meinetwegen hier und da einen Toten auferweckt hat? Ist nicht darum doch alles beim Alten geblieben? Schlugen nicht schon hinter dieser Licht- und Segensgestalt die Wogen des Jammers wieder zusammen und kehrten in ihr altes Bett zurück? Also wozu das alles? - Ja, das gebe ich zu, wenn das die Absicht Jesu gewesen wäre, zu seiner Zeit den äußeren Erdenjammer durch seine Wunder zu tilgen, dann in der Tat waren sie verfehlt; dann war überall sein Leben und Wirken verfehlt. Wir wissen, daß das nicht in der Absicht Jesu lag, so wenig sein Reich von dieser Welt ist.

Aber gewiß ist, daß er mit der erlösten Menschheit auf eine Welt hinauszielt, da Leid und Geschrei und Schmerzen nicht mehr sind, da der Tod nicht mehr ist, da Gott abwischen wird jede Träne von unseren Augen. Dies künden uns alle seine Worte; dies liegt schon in dem Wort „Erlöser“. Die Wunder aber waren die kräftigste Weissagung dieser neuen Welt, denn da wird sie uns sozusagen schon in einem kleinen Vorspiel tatsächlich unter die Augen gerückt. Oder sollte es schwerer sein, tausend und abertausend Millionen aus dem Tode ins Leben zu rufen, als einen einzigen? Das kann kein Vernünftiger glauben. So sollen also die Wunder, die Jesus einst trotz seiner Knechtsgestalt an etlichen tat, ein großes Feuerzeichen sein von den Gnadenwundern, die einst die gesamte Menschheit erneuern werden. Hat Gott ihn nicht im Stich gelassen, wenn er einst seufzend über einem Stummen oder Toten himmlische Kräfte erflehte - wie viel weniger wird dem verherrlichten Christus das versagt sein, was zur Beseligung der Seinen dient?

Quelle: Gärtner - Eine Wochenschrift für Gemeinde und Haus 1907

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