Edwards, Jonathan - Die Sünder in den Händen eines zornigen Gottes

Edwards, Jonathan - Die Sünder in den Händen eines zornigen Gottes

“…ihr Fuß wird straucheln zur bestimmten Zeit;“
(5. Mose 32,35)

In diesem Vers wird den gottlosen ungläubigen Israeliten die Vergeltung Gottes angedroht, welche das sichtbare Volk Gottes waren, und die unter den Gnadenmitteln lebten; welche aber - ungeachtet aller wunderbaren Werke Gottes ihnen gegenüber - dennoch blieben (wie in Vers 28 ausgedrückt) „ein Volk, an dem aller Rat verloren ist“ und das keine Einsicht besitzt. Unter all den Kultivierungsbemühungen des Himmels brachten sie „bitteres“ und „giftiges“ Obst hervor, wie es im umstehenden Text heißt.

Der Ausspruch, den ich für meinen Predigttext gewählt habe - „ihr Fuß wird straucheln zur bestimmten Zeit“ -, scheint die nachfolgenden Dinge in Bezug auf die Bestrafung und Vernichtung zu beinhalten, welche diese gottlosen Israeliten erwartete.

  1. Daß sie allezeit der Vernichtung anheimfallen konnten; wie jemand, der auf rutschigen Stellen steht oder läuft, allezeit in Gefahr steht zu fallen. Dies wird durch die Art und Weise ihrer Vernichtung aufgezeigt, die über sie kommt, dargestellt am „Straucheln ihrer Füße“. Dasselbe wird in Psalm 73, 18 ausgedrückt: „Fürwahr, du stellst sie auf schlüpfrigen Boden; du stürzt sie in ihr Verderben.“
  2. Es beinhaltet, daß sie allezeit einer plötzlichen, unerwarteten Vernichtung anheimfallen konnten. Wie der, der auf rutschigen Stellen läuft, jeden Moment stürzen bzw. nicht voraussehen kann, ob er im nächsten Augenblick noch stehen oder demnächst fallen wird; und wenn er fällt, fällt er augenblicklich ohne Warnung. Welches ebenso in Psalm 73, 18.19 ausgedrückt ist: „Fürwahr, du stellst sie auf schlüpfrigen Boden; du stürzt sie in ihr Verderben. Wie sind sie so plötzlich verwüstet worden!“
  3. Es beinhaltet weiter, daß sie ihren Sturz selbst verantworten, ohne Zutun eines anderen. Wie der, der auf schlüpfrigem Grund steht oder läuft, durch nichts anderes als nur seine eigene Schuld zu Fall kommt.
  4. Der einzige Grund, warum sie nicht schon längst gefallen sind und auch jetzt nicht fallen, ist der, daß Gottes festgesetzte Zeit noch nicht gekommen ist. Deshalb heißt es, wenn diese bestimmte bzw. festgesetzte Zeit kommt, „ihr Fuß straucheln wird“. Dann wird ihr Fall ungehindert, und nur von dem Grad ihrer Abweichung und ihrer Schuld bestimmt sein. Gott ist nicht länger gewillt, sie an diesen rutschigen Stellen zu stützen und überläßt sie sich selbst; und dann, in einem Augenblick, fallen sie in ihr Verderben. Wie der, welcher auf solch schlüpfrigem Grund am Rand einer Grube steht, nicht ohne Hilfe stehen kann, wenn er losgelassen wird, so daß er augenblicklich fällt und verlorengeht.

Aus all diesem läßt sich zweifellos feststellen:

Nichts kann die gottlosen Menschen in irgendeinem Augenblick vor der Hölle bewahren als allein der Wille Gottes.

Mit „allein der Wille Gottes“ meine ich jenen souveränen, erhabenen Willen, der durch keine Verpflichtung und durch keine Schwierigkeiten, überhaupt durch nichts gehindert oder zurückgehalten wird als nur durch Sich Selbst; nichts anderes ist im geringsten und in jeder Hinsicht an der Bewahrung der Gottlosen in einem bestimmten Augenblick beteiligt.

Die Wahrheit dieser Behauptung erweist sich aufgrund folgender Überlegungen:

I. Es fehlt Gott nicht an der Macht, die gottlosen Menschen in einem beliebigen Moment in die Hölle zu stoßen. Die Kraft der Menschenhände ist dahin, wenn Gott sich erhebt. Die stärksten Menschen können Ihm nicht widerstehen, und niemand kann aus Seiner Hand befreien.

Gott kann nicht nur die gottlosen Menschen in die Hölle stürzen; es fällt Ihm das dazu noch sehr leicht. Manchmal hat ein Fürst dieser Erde die größte Schwierigkeit, einen Aufrührer zu unterwerfen, wenn es diesem gelungen ist, sich mit einem großen Anhang und damit mit einer gewissen Macht in einer Festung zu halten. Anders bei Gott - keine Festung bietet den geringsten Schutz gegen Seine Macht. Mögen sich die Feinde Gottes die Hände reichen, mögen sie sich in großer Zahl verbünden und einander beistehen - sie werden im Nu zu Scherben zerbrochen. Sie gleichen einem Haufen leichter Spreu vor einem Wirbelwind oder einer Menge dürrer Stoppeln vor einem verzehrenden Feuer. Es erscheint uns leicht, einen Wurm zu zertreten, der am Boden dahinkriecht, oder einen Faden zu durchschneiden oder entzwei zu brennen, an welchem etwas aufgehängt ist; ebenso leicht fällt es Gott, Seine Feinde in die Hölle zu werfen, wenn es Ihm beliebt. Wer sind wir denn eigentlich, daß wir glauben, wir könnten vor Ihm stehen, vor dessen Schelten die Erde erzittert, vor dem die Felsen fallen?

II. Sie verdienen es auch, in die Hölle geworfen zu werden; die Gerechtigkeit Gottes steht dem keineswegs im Wege; sie erhebt durchaus keinen Einspruch, wenn Gott Seine Macht gebraucht, um Gottlose in irgendeinem Augenblick zu verderben. Im Gegenteil: Die Gerechtigkeit ruft laut nach einer schonungslosen Bestrafung ihrer Sünden Die göttliche Gerechtigkeit sagt von dem Baum, der Früchte wie diejenigen Sodoms hervorbringt: „Haue ihn ab! Warum hindert er das Land?“ (Lukas 13, 7). Das Schwert der göttlichen Gerechtigkeit wird jeden Moment über ihren Häuptern geschwungen, und nur Gottes souveräne Gnade und Sein erhabener Wille halten es noch vor dem vernichtenden Schlag zurück.

III. Das Gerichtsurteil, die Verdammnis zur Hölle, ist schon gefällt. Die Gottlosen haben es nicht nur verdient, dorthin zu gelangen; gegen sie steht der Rechtsspruch im Gesetz Gottes, jene ewige und unumstößliche Rechtsordnung, die Gott zwischen sich und der Menschheit aufgestellt hat; schon deshalb sind die Gottlosen jetzt schon für die Hölle bestimmt. Johannes 3, 18: „Wer nicht glaubt, der ist schon verdammt.“ Demnach gehört jeder unbekehrte Mensch jetzt schon der Hölle; dort ist sein Platz; von dorther stammt er ja. Johannes 8, 23: „Ihr seid von unten!“ Und dorthin ist er schon unterwegs nach dem Ort, den die Gerechtigkeit, das Wort Gottes und das Urteil eines unveränderlichen Gesetzes ihm zuweisen.

IV. Auf ihnen lastet jetzt schon derselbe Zorn Gottes, der sich dereinst in den Höllenqualen auswirken wird. Wenn sie nicht im nächsten Moment zur Hölle fahren, so liegt es nicht daran, daß Gott, in dessen Macht sie ja fortwährend stehen, nicht jetzt schon gegen sie erzürnt wäre - ebenso sehr wie gegen so viele unglückliche Geschöpfe, die jetzt in der Hölle gequält werden und dort den grimmigen Zorn Gottes erfahren und tragen müssen. Ja, Gott zürnt den vielen noch mehr, die jetzt noch auf der Erde sind, ohne Zweifel sogar etlichen, die jetzt vielleicht diese Predigt lesen und sich dennoch behaglich fühlen.

Wenn Gott Seine Hand noch zurückhält und sie noch nicht dahinrafft, so liegt es nicht daran, daß Er nicht an ihre Gottlosigkeit dächte und sich nicht darüber entrüsten würde. Gott ist kein Wesen wie sie selbst, obschon sie sich vielleicht einbilden, Er sei es. Gottes Zorn ist gegen sie entbrannt; ihre Verdammnis schlummert nicht. Der Abgrund ist zu ihrem Empfang bereit; das Feuer brennt schon, und der Ofen ist glühend heiß; die Flammen wüten. Das glitzernde Schwert ist geschliffen und gezückt, und der Abgrund unter ihnen sperrt sein Maul weit auf.

V. Der Teufel steht bereit, über sie herzufallen und sie als seine Beute zu ergreifen, sobald Gott es ihm erlauben wird. Sie gehören ihm; denn ihre Seelen sind schon in seinem Besitz und in seiner Gewalt. Die Heilige Schrift zeigt sie uns als seine „Habe“ (Lukas 11, 21). Die Dämonen beobachten sie und sind ihnen fortwährend nahe; zu ihrer Rechten warten sie auf ihre Opfer wie gierige Löwen, die ihre Beute schon vor sich sehen und es erwarten, sie zu bekommen; aber vorläufig werden sie noch zurückgehalten. Wenn Gott die schützende Hand zurückzöge, so würden die bösen Geister im nächsten Augenblick sich auf ihre Opfer stürzen. Die alte Schlange sperrt das Maul auf nach ihnen, und die Hölle hält den Schlund weit offen, um sie aufzufangen; wenn Gott es zuließe, wären sie im Nu verschlungen und verloren.

VI. In den Seelen der Gottlosen herrschen jene höllischen ererbten Anlagen, die ohne Gottes zurückhaltende Hand sich sofort zu Höllenflammen entzünden würden. Der Grund für die Qualen der Hölle ist schon in das Wesen des gottlosen Menschen gelegt. Es sind jene Anlagen, die ihn beherrschen und völlig in ihrer Gewalt halten, die Saaten des höllischen Feuers. Sie wirken sich mit aller Macht aus und sind ihrem ganzen Wesen nach äußerst leidenschaftlich; wäre die zurückhaltende Hand Gottes nicht auch über ihnen, so würden sie bald hervorbrechen; sie würden aufflammen gerade wie die Verderbtheit, die Feindschaft der schon verlorenen Seelen und würden jetzt schon dieselben Qualen bereiten wie den Verlorenen. In der Heiligen Schrift werden die Sünder mit dem sturmgepeitschten, aufgewühlten Meer verglichen (Jesaja 57, 20). Vorläufig hält Gott ihre Bosheit noch zurück wie die Wellen des aufgepeitschten Meeres, indem Er sagt: „Bis hierher sollst du kommen und nicht weiter“ (Hiob 38, 11); aber wenn Gott Seine zähmende Gewalt zurückzöge, so würde alles mit fortgerissen. Die Sünde ist das Verderben und die Not der Seele; sie ruiniert den Sünder; wenn Gott ihr keinen Einhalt geböte, so müßte sie die Seelen ganz und gar ins Unglück bringen. Die Verderbtheit des menschlichen Herzens ist maßlos und ohne Grenzen in seiner Leidenschaft; solange sündige Menschen noch da sind, ist ihr Leben wie ein Feuer, das wegen Gottes Einhalt nicht um sich greifen kann; würde es entfesselt, so würde es die ganze Natur in Brand stecken. Und da nun einmal das menschliche Herz ein Pfuhl der Sünde ist, so würde die Sünde, sobald sie frei gelassen wäre, sofort die Seele in einen heißen Backofen oder in einen mit Feuer und Schwefel gefüllten Schmelzofen verwandeln.

VII. Daß nicht die geringsten Anzeichen vom Sterben sich zeigen, bedeutet für den Sünder in keinem Moment die vorläufige Sicherheit vor seinem Tode. Er mag völlig gesund sein; er sieht auch keine Möglichkeit, wegen eines Unfalls plötzlich aus dieser Welt scheiden zu müssen; er vermag auch in seinen äußeren Verhältnissen nicht die geringste Gefahr für sein Leben zu erblicken, aber all das gewährt ihm durchaus keine Sicherheit. Die mannigfaltigsten und stets sich wiederholenden Erfahrungen auf dieser Welt zeigen vielmehr, daß der Mensch stets am äußersten Rande der Ewigkeit steht und daß schon der nächste Schritt ihn in eine andere Welt führen kann. Zahllos und unerdenklich sind die unsichtbaren und unvorhergesehenen Umstände und Möglichkeiten eines plötzlichen Todes. Die gottlosen Menschen wandeln auf einer morschen Decke über dem Abgrund der Hölle, und in dieser Decke gibt es unzählige schwache und dazu unsichtbare Stellen. Die Pfeile des Todes können ungesehen um die Mittagsstunde daherfliegen; die schärfsten Augen können sie nicht wahrnehmen. Gott hat so viele unerforschliche Mittel und Wege, die Sünder aus dieser Welt herauszunehmen und in die Hölle zu stoßen, daß gar nichts den Anschein erwecken könnte, daß dabei ein Wunder geschehen oder daß Gott vom Weg der Vorsehung abgehen müßte. Wenn ein Mensch ins Verderben stürzt, so stehen dabei all die verschiedenen Möglichkeiten Seines Handelns ganz und gar in Seiner Macht und unter Seinem Willen; es kommt gar nicht darauf an, welche Mittel und Wege im einzelnen Falle gebraucht oder in Betracht gezogen werden.

VIII. Jede Vorsicht und alle Sorgen, die den natürlichen Menschen beseelen, alle ihn umgebenden Sorgen der Mitmenschen bieten ihm nicht die geringste Sicherheit! Sowohl die göttliche Vorsehung als auch die menschlichen Erfahrungen sprechen dagegen. Daß des Menschen eigene Klugheit ihm keine Sicherheit gewährt, ist klar und offenkundig. Wäre es anders, so müßten wir einen Unterschied sehen zwischen den klugen, vorsorglichen und den anderen Weltleuten; sie alle sind aber gleicherweise der Gefahr eines frühen und unerwarteten Todes ausgesetzt. Tatsache ist: „Wie stirbt der Kluge? Wie der Narr.“ (Prediger 2, 16)

IX. Alle Bemühungen und Maßnahmen, welche die Gottlosen sich ausdenken, um der Hölle zu entrinnen, helfen ihnen in keinem Augenblick, solange sie Christus ablehnen und damit gottlos bleiben. Fast jeder natürliche Mensch, der etwas von der Hölle vernimmt, bildet sich ein, daß er ihr entrinnen werde; er vertraut auf sich selbst zu seiner Sicherheit; er schmeichelt sich in seinen Gedanken an das, was er schon geleistet hat, jetzt noch leistet und in Zukunft noch leisten wird; jeder überlegt sich nach seinem eigenen Sinn, wie er der Verdammnis entgehen könne; er verläßt sich darauf, daß es ihm wohl gelinge und daß seine Pläne nicht scheitern können. Zwar hat er schon gehört, daß nur wenige der bis jetzt verstorbenen Menschen errettet wurden, daß also der weitaus größere Teil in die Hölle gelangt sei; aber jeder stellt sich vor, daß seine Pläne und Maßnahmen eben besser seien als diejenigen der schon verlorenen Seelen. Natürlich möchte er nicht an jenen Ort der ewigen Qual gelangen; darum nimmt er sich vor, sein Möglichstes zu tun und sein Leben so zu ordnen, daß es noch ein gutes Ende nehmen müsse.

Aber diese törichten Menschenkinder täuschen sich selbst in ihren Plänen und in ihrem Vertrauen auf die eigene Kraft und Klugheit; sie vertrauen ja nur einem Schatten. Jene vielen, die unter derselben Gnade gelebt hatten und jetzt tot sind, kamen nicht etwa deshalb in die Hölle, weil sie nicht so klug waren wie die jetzt noch Lebenden; auch sie hatten geglaubt, ihr Bestes getan zu haben, um dem Verderben zu entrinnen. Wenn wir mit ihnen reden und sie einen nach dem anderen fragen könnten, ob sie in ihrem Leben je erwartet hätten, einmal in dieses Elend der Hölle zu geraten, von dem sie ja gehört hatten, so würde jeder antworten: „Nein, ich hatte ja nie die Absicht, hierher zu kommen; ich hatte nach meiner Meinung alle Vorsorge getroffen; ich hoffte, ich hätte alles gut vorbedacht, und meine Pläne müßten gelingen. Ich hatte mir vorgenommen, stets das Ende zu bedenken; aber der Tod kam so unerwartet, daß ich auf diesen Moment und auf diese Art und Weise nicht gefaßt war; er kam wie ein Dieb. Der Tod hat mich überlistet; Gottes Zorn war zu schnell für mich. O diese verfluchte Torheit! Ich hatte mir etwas vorgespiegelt; ich hatte mir selbst gefallen in leeren Träumen von meinem Tun im zukünftigen Leben, und als ich sagte: 'Friede und Sicherheit', da brach das Verderben über mich herein.“ (1. Thessalonicher 5, 3)

X. Gott hat sich durch keine Verheißung die Pflicht auferlegt, den gottlosen Menschen auch nur einen Augenblick vor der Hölle zu bewahren. Außerhalb des Gnadenbundes in Christus, in welchem alle Verheißungen Ja und Amen sind, hat Er weder das ewige Leben noch die Erlösung oder die Bewahrung vor dem ewigen Tode zugesagt. Die Gottlosen haben aber kein Anrecht auf Seine Verheißungen, da sie ja nicht Kinder jenes Gnadenbundes sind, indem sie nicht an jene Verheißungen glauben und darum auch kein Interesse haben für den Mittler des Bundes.

Manche stellen sich vor und behaupten, daß die Verheißungen doch demjenigen Menschen gelten, der ernsthaft sucht und anklopft; es ist aber klar und offenbar, daß alle religiösen Bemühungen, alle Gebete des unbekehrten Menschen Gott nicht verpflichten, ihn nur einen Moment vor dem Verderben zu bewahren, bevor er an Christus glaubt.

So hält denn Gott die natürlichen Menschen in Seinen Händen über dem Abgrund der Hölle; denn sie haben ja die brennende Hölle verdient und sind schon dazu verurteilt; sie haben Gott auf furchtbare Weise herausgefordert; Sein Zorn gegen sie ist so heftig wie gegen diejenigen, welche jetzt schon die Vollziehung Seines Grimmes erdulden müssen; sie haben ja nicht das Geringste getan, um diesen Zorn zu besänftigen oder zu beseitigen. Gott ist also nicht durch die geringste Verpflichtung gebunden, sie nur einen Moment in Schutz zu nehmen. Der Teufel wartet auf sie; die Hölle sperrt ihren Rachen auf gegen sie; die Flammen umzüngeln sie miteinander und möchten sie gerne erfassen und verschlingen; das in ihren Herzen nur glimmende Feuer ringt darnach, auszubrechen. Sie haben kein Anrecht auf einen Mittler; nichts in ihrem Bereich kann ihnen irgendwelche Sicherheit bieten. Kurz gesagt: Sie haben keinen Ort der Zuflucht; nichts, woran sie sich halten könnten. Was sie in jedem Augenblick noch bewahrt, ist nur der erhabene Wille Gottes, die unverbindliche, an keine Verpflichtung gebundene Langmut des erzürnten Gottes.

Folgerungen

Möchten doch erweckte, aber noch nicht bekehrte Menschen durch diese Tatsachen sich überzeugen lassen, in welch großer Gefahr sie schweben. Was Du hier vernommen hast, trifft für jeden zu, der noch nicht in Christus ist. Jene Welt des Jammers, der See aus brennendem Schwefel ist auch unter Dir ausgebreitet. Sieh den schrecklichen Abgrund mit den glühenden Flammen des göttlichen Zorns, den weit geöffneten Schlund der Hölle! Du hast nichts Sicheres unter Deinen Füssen, nichts, das Dich halten könnte; zwischen Dir und der Hölle ist nichts als Luft; nur die Kraft Gottes und Sein Wille können Dich schützen.

Wahrscheinlich siehst Du all das noch nicht ein; Du glaubst, Du seist sicher vor der Hölle; aber siehst Du nicht Gottes Hand in alledem? Du schaust auf alles andere, auf das Wohlbefinden Deines Leibes, auf Deine Sorgen um Dein Leben und auf die Mittel, die Du zu Deiner Bewahrung gebrauchst. Aber all das bedeutet in Wirklichkeit nichts, wenn Gott Seine Hand von Dir zurückzieht; es wird ebensowenig Deinen Fall aufhalten wie die Luft, in der Du schwebst.

Deine Sündhaftigkeit macht Dich sozusagen so schwer wie Blei, so daß sie Dich mit ihrem gewaltigen Gewicht und ihrem starken Druck zur Hölle treiben wird. Wenn Gott Dich fallen ließe, würdest Du den Boden unter Dir verlieren, im Nu hinuntersinken und im bodenlosen Abgrund untertauchen. Deine Gesundheit, Deine Sorgfalt und Deine Vorsicht, Deine besten Maßnahmen und Deine eigene Gerechtigkeit wären nicht imstande, Dich zu halten und vor der Hölle zu bewahren, sowenig wie ein Spinngewebe einen stürzenden Felsen aufhalten könnte. Ohne den erhabenen Willen Gottes würde Dich die Erde keinen Moment länger tragen; denn Du bist ihr eine Last. Die ganze Schöpfung seufzt und stöhnt deinetwegen; die Geschöpfe sind nicht aus freiem Willen unter Deine Verderbtheit verknechtet; die Sonne scheint nur gezwungen über Dir, da Du mit ihrem Licht der Sünde und dem Satan dienst; die Erde gibt ihren Ertrag nur ungern her, damit Du Deinen Lüsten frönst; sie ist auch keine Bühne, auf der Deine Sündhaftigkeit ein Schauspiel geben soll; die Luft, die Du einatmest, dient nur widerwillig dazu, Deine Lebensflamme zu unterhalten, während Du Dein Leben im Dienst der Feinde Gottes verbringst. Gottes Schöpfungen sind gut; sie sind aber für den Menschen da, damit er sie im Dienste des Schöpfers gebrauche; sie möchten nicht einem anderen Zwecke dienen und stöhnen deshalb, wenn sie mißbraucht werden für Zwecke, die ihrer Natur und ihrer Bestimmung widersprechen. Die Welt würde Dich ausspeien ohne die allmächtige Hand Gottes, der sie auf Hoffnung hin unterworfen hat. Die mit einem fürchterlichen Sturm und mit Donner geladenen schwarzen Wolken hängen über Deinem Kopfe und würden sich sofort über Dir entladen, wenn nicht Gottes Hand sie zurückhielte. Der erhabene Wille Gottes hält den rauhen Wind auf; sonst würde Er wütend daherbrausen; dann käme Dein Verderben wie ein Wirbelwind und Du wärest gleich der Spreu auf der Dreschtenne im Sommer.

Der Zorn Gottes gleicht den großen Wassern, die vorläufig noch eingedämmt sind, aber stets zunehmen und immer höher steigen, bis sie losgelassen werden. Je länger der Strom eingedämmt bleibt, um so schneller und mächtiger ist sein Lauf, wenn er einmal freigelassen wird. Das Urteil wegen Deiner Missetaten ist zwar bis heute noch nicht vollstreckt worden; die Fluten der Vergeltung sind noch aufgespeichert; aber inzwischen schwillt Deine Schuld beständig an; von Tag zu Tag häufst Du weiter Zorn auf; die Wasser steigen beständig und werden immer stärker; der Wille Gottes hält sie gegen ihren eigenen Willen noch zurück; sie drücken schwer und möchten durchbrochen. Wenn Gott Seine Hand vom Schleusentor zurückzöge, so würde es sich plötzlich öffnen, und die feurigen Fluten des grimmigen Gotteszorns würden mit einer Wut hervorstürzen, die man sich gar nicht vorstellen kann; sie kämen über Dich mit gewaltiger Wucht, und wenn Deine Kraft zehntausendmal größer wäre, als sie es tatsächlich ist, ja zehntausendmal größer als diejenige des frechsten und stärksten Teufels, so wäre sie nicht imstande, dieser Flut zu widerstehen oder sie zu ertragen.

Gottes Hand hält den Bogen gespannt, der Pfeil ist an die Sehne gelegt; die Gerechtigkeit zielt auf Dein Herz; nichts als der Wille Gottes, eines zornigen Gottes, der an keine Verheißung oder Verpflichtung gebunden ist, hält den Pfeil zurück.

Ihr alle, die Ihr die große Wandlung des Herzens noch nicht erlebt habt, welche die gewaltige Kraft des Geistes Gottes in Euren Seelen zu bewirken vermag; Ihr alle, die Ihr also noch nicht zum zweiten Male geboren und damit zu neuen Kreaturen geschaffen wurdet, die Ihr also noch tot seid in Euren Sünden und noch nicht in das neue, bisher noch unbekannte Licht und Leben emporgehoben wurdet, Ihr alle seid noch in den Händen eines zornigen Gottes. Euer Lebenswandel mag sich in vielen Beziehungen noch so sehr gebessert haben; Ihr mögt religiöse Neigungen haben und in Euren Familien wie im Kämmerlein und im Hause Gottes eine gewisse Form der Religion pflegen - es ist dennoch nur Sein bloßer Wille, der Euch in diesem Moment davor bewahrt, vom ewigen Verderben verschlungen zu werden.

Ihr mögt Euch noch so sehr gegen diese Wahrheit sträuben, die Ihr hier vernehmt - bald werdet Ihr dennoch davon überzeugt sein. Diejenigen, die Euch in diesem Zustand vorausgegangen sind, sehen es nun ein, wie es in Tat und Wahrheit um sie bestellt war; das Verderben kam plötzlich über die meisten von ihnen, da sie noch nichts ahnten und sagten: „Friede und Sicherheit“. Jetzt erst erkennen sie, daß all das, wovon sie sich den Frieden und die Sicherheit versprachen, nichts war als dünne Luft und leerer Schein.

Gott, der Euch noch über dem Abgrund der Hölle hält, gerade so, wie etwa eine Spinne oder ein abscheuliches Insekt über dem Feuer gehalten wird, dieser Gott verabscheut Euch und ist schrecklich erzürnt; Sein Zorn gegen Euch brennt wie Feuer; Er betrachtet Euch als Leute, die nichts anderes verdient haben, als in den feurigen Pfuhl geworfen zu werden; Seine Augen sind zu rein, als daß sie Euren Anblick ertragen könnten; Ihr seid in Seinen Augen zehntausendmal scheußlicher als die garstigste Giftschlange in den unsrigen. Ihr habt Ihn unendlich tiefer beleidigt als irgendein widerspenstiger Rebell seinen Herrscher; trotz alledem bewahrt Euch Seine Hand noch jeden Moment vor dem Sturz ins Feuer. Nur dieser Bewahrung in Seinen Händen hast Du es zu verdanken, wenn Du in der letzten Nacht noch nicht zur Hölle gefahren bist, wenn Du heute morgen noch auf dieser Welt erwachen durftest, nachdem Du gestern Abend die Augen zum Schlaf geschlossen hattest; und wenn Du, seit Du heute morgen aufgestanden bist, noch nicht zur Hölle gefahren bist, so liegt es einzig und allein daran, daß Gott Dich noch gehalten hat. Nichts als Sein Erbarmen erlaubt es Dir, jetzt diese Predigt zu lesen; es gibt auch keinen anderen Grund dafür, daß Du nicht gerade in diesem Moment in die Hölle gerätst.

O Sünder, bedenke doch die schreckliche Gefahr, in der Du schwebst! Gottes Hände halten Dich immer noch über dem großen Feuerofen Seines Zorns, über dem weiten und bodenlosen Schlund, der mit Feuer gefüllt ist. Sein Zorn, den Du herausgefordert hast, ist gegen Dich ebenso heftig entbrannt wie gegen die vielen Sünder, die schon in der Hölle sind. Du hängst an einem dünnen Faden, um den die Flammen des göttlichen Zornes züngeln, jeden Moment bereit, ihn entzweizubrennen; dann hast Du keinen Anspruch mehr auf einen Mittler; Du hast nichts mehr, woran Du Dich zu Deiner Errettung halten könntest; nichts kann Dich von den Flammen des Zorns fernhalten; nichts in Dir selbst; nichts von dem, was Du getan hast oder tun kannst, wird Gott dazu bewegen, Dich nur einen Augenblick zu verschonen.

Und nun bedenke noch im besonderen:

Erstens. Wessen Zorn ist es? Es ist der Zorn Gottes, des Unendlichen. Wäre es nur der Zorn eines Menschen und wenn auch des mächtigsten Herrschers, so hätte er verhältnismäßig wenig zu bedeuten. Man fürchtet sich zwar sehr vor dem Zorn der Könige, besonders der unumschränkt regierenden Monarchen, die ganz willkürlich über das Eigentum, ja über das Leben ihrer Untertanen gebieten. Sprüche 20, 2: „Des Königs Schrecken ist wie das Knurren eines jungen Löwen; wer ihn gegen sich aufbringt, verwirkt sein Leben“. Der Untertan eines despotischen Fürsten, der diesen in Wut bringt, steht in Gefahr, die schwersten Qualen zu erleiden, welche ein Mensch nur erfinden und in seiner Macht auferlegen kann. Aber die größten Machthaber dieser Erde sind in ihrer höchsten Majestät und Gewalt, in ihrem höchsten Schrecken nur schwache, verächtliche Würmer im Staub, wenn man sie mit dem großen allmächtigen Schöpfer und König des Himmels und der Erde vergleicht. In ihrer höchsten Wut können sie nur wenig ausrichten, wenn sich ihre Raserei austobt. Vor Gott sind alle Könige der Erde wie Heuschrecken; ja, sie sind weniger als nichts; ihre Gunst und ihr Haß sind gleich verächtlich. Der Zorn des großen Königs der Könige übersteigt den ihrigen ebenso weit wie Seine Majestät über die ihrige erhaben ist. Lukas 12, 4 + 5: „Ich sage aber euch, meinen Freunden: Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, darnach aber nichts weiter zu tun vermögen. Ich will euch aber zeigen, wen ihr fürchten sollt: Fürchtet den, der nach dem Töten Gewalt hat, in die Hölle zu werfen! Ja, sage ich euch, diesen fürchtet!“

Zweitens. Dem Grimm Seines Zornes seid Ihr preisgegeben. Die Heilige Schrift spricht oft von Seinem heftigen Zorn, wie in Jesaja 59, 18: „Nach den Taten wird er vergelten, Grimm seinen Widersachern“. So Jesaja 66, 15: „Denn siehe, Jahwe wird kommen im Feuer, und seine Wagen sind wie ein Wetter, daß er vergelte im Grimm seines Zornes und mit Schelten in Feuerflammen“. Und so noch an vielen anderen Stellen. Wir lesen außerdem von Gottes Grimm. In Offenbarung 19, 15 lesen wir von der „Kelter des Weins des Grimmes Gottes, des Allmächtigen“. Diese Worte sind äußerst schrecklich. Wenn nur gesagt wäre „der Zorn Gottes“, so würden diese Worte schon etwas Furchtbares enthalten; es heißt aber „der grimmige Zorn Gottes“, „die unerbittliche Heftigkeit Gottes“, „der Grimm Jahwes“. O wie schrecklich muß das sein! Wer kann es fassen und ausdrücken, was solche Ausdrücke besagen? Es heißt aber auch „der Grimm und Zorn des allmächtigen Gottes“. Damit soll wohl Seine Allgewalt auch in den vom Grimm Seines Zorns auferlegten Vergeltungen offenbar werden, indem Seine Allmacht zur unerbittlichen Heftigkeit gereizt und durch die Strafe ausgeübt wird, wie etwa die Menschen ihre Kraft in einem grimmigen Zorn gebrauchen. O was werden die Folgen sein? Was soll aus dem armen Wurm werden, der all das erleiden muß? Wessen Hände sind stark genug, dieses Unheil abzuwenden, und wessen Herz vermag all das zu ertragen? In welch unaussprechliche und unfaßbare Tiefe des Elends muß das arme Geschöpf versinken, das dem allem ausgeliefert wird?

Bedenke das, der Du noch nicht wiedergeboren bist! Wenn Gott Seinen grimmigen Zorn ausüben wird, so heißt das, daß Er ihn ohne Erbarmen auferlegt. Wenn Er Deine unbeschreibliche Not und Deine Qualen sieht, die weit über Deine Kräfte gehen, wenn Er sieht, wie Deine Seele zermalmt wird und in unendlicher Dunkelheit versinkt, so wird Er kein Mitleid mit Dir haben; Er wird von der Ausübung Seines Zorns nicht ablassen, noch den Druck Seiner Hand im geringsten erleichtern; Er kennt keine Mäßigung und keine Gnade. Gott wird Seinen rauhen Wind nicht aufhalten und auf Dein Wohlergehen keine Rücksicht nehmen; Er wird höchstens dafür sorgen, daß Du nicht mehr zu erdulden hast, als es die strenge Gerechtigkeit erfordert; aber nichts soll deshalb zurückgehalten werden, weil Du es nicht aushalten kannst. Hesekiel 8, 18: „So will ich auch handeln in meinem Grimm, mein Auge soll nicht schonen, und ich werde mich nicht erbarmen; und rufen sie auch vor meinen Ohren mit lauter Stimme, so werde ich sie doch nicht hören“. Jetzt ist noch die Zeit, da Gott geneigt ist, sich Deiner zu erbarmen; jetzt ist noch der Tag der Gnade; jetzt darfst Du noch schreien mit einiger Zuversicht, Gnade zu erlangen. Aber wenn dereinst die Zeit der Gnade vorüber ist, so werden Deine höchst kläglichen und schmerzlichen Schreie umsonst sein; Du bist gänzlich verloren, von Gott verworfen ohne die geringste Schonung. Gott hat weiter nichts mehr mit Dir zu tun, als daß Er Dich Dein Elend erdulden läßt; Dein Leben hat keinen anderen Zweck, kein anderes Ziel mehr; denn Du bist ein Gefäß des Zornes, nur noch zum Verderben tauglich, nur noch dazu da, bis zum Rande mit dem göttlichen Zorn gefüllt zu werden. Gott ist vom Erbarmen so weit entfernt, daß Er, wenn Du zu Ihm schreien wirst, nur noch „lachen und spotten“ wird, wie es in Sprüche 1, 24 -32 heißt: „Weil ich gerufen und ihr euch geweigert habt, meine Hand ausgestreckt und niemand aufgemerkt hat, so werde ich bei eurem Unglück lachen, werde spotten, wenn euer Schrecken kommt, wie ein Unwetter und euer Unglück hereinbricht, wie ein Sturm, wenn Bedrängnis und Angst über euch kommen. Dann werden sie zu mir rufen, und ich werde nicht antworten; sie werden mich eifrig suchen und mich nicht finden: darum, daß sie Erkenntnis gehaßt und die Furcht Jahwes nicht erwählt, nicht eingewilligt haben in meinen Rat, verschmäht alle meine Zucht. Und sie werden essen von der Frucht ihres Weges und von ihren Ratschlägen sich sättigen. Denn ihre Abtrünnigkeit bringt die Einfältigen um, und die Sorglosigkeit richtet die Toren zugrunde“.

Wie schrecklich sind diese Worte des großen Gottes! Jesaja 63, 3: „Ich habe die Kelter allein getreten, und von den Völkern war niemand bei mir, und ich zertrat sie in meinem Zorn und zerstampfte sie in meinem Grimm, und der Saft spritzte auf meine Kleider, und ich besudelte mein ganzes Gewand“. Es ist wohl unmöglich, Worte zu finden, welche diese drei Tatsachen der Verachtung, des Hasses und der grimmigen Entrüstung noch stärker offenbaren. Du magst noch so laut zu Gott schreien, Er möge sich Deiner erbarmen - Er ist so weit davon entfernt, Dich in Deinem traurigen Falle zu bemitleiden oder Dir die geringste Belohnung oder Gunst zu erweisen, daß Er Dich statt dessen unter Seinen Füßen zertreten wird. Er weiß zwar, daß Du die Schwere Seiner Allgewalt, mit der Er auf Dich tritt, nicht ertragen kannst; dennoch nimmt Er keine Rücksicht, sondern wird Dich unter Seinen Füßen zermalmen, so daß Dein Blut herausspritzt und Sein Kleid besprengt und ganz befleckt. Er wird Dich nicht nur hassen, sondern auch aufs äußerste verachten. Keinen Platz hält Er geeignet für Dich als den unter Seinen Füßen, damit Er auf Dir herumtrete wie auf dem Straßenkot.

Drittens. Das Elend, dem Du preisgegeben bist, will Dir Gott zur Strafe auferlegen, um Dir Seinen Zorn recht deutlich zu zeigen. Es liegt Ihm sehr am Herzen, den Engeln und den Menschen sowohl Seine unendliche Liebe als auch Seinen schrecklichen Zorn zu zeigen. Die Könige dieser Erde sind manchmal geneigt, an denen, die sie herausfordern, in fürchterlichen Strafen ihren Zorn auszulassen. Nebukadnezar, der mächtige und stolze Herrscher über das babylonische Reich, wollte seinen Zorn gegen Sadrach, Mesach und Abed-Nego, die ihn wütend gemacht hatten, beweisen, indem er den Befehl gab, daß der feurige Ofen noch zehnmal heißer gemacht werde als sonst; damit hatte menschliches Vermögen jedenfalls den höchsten Grad des Grimms erreicht. Aber ebensosehr will der große Gott in den furchtbaren Leiden Seiner Feinde Seinen Zorn beweisen und Seine schreckliche Majestät und Seine gewaltige Macht verherrlichen. Römer 9, 22: „Was aber, wenn Gott, willens, seinen Zorn zu erzeigen und seine Macht kund zu tun, mit vieler Langmut ertragen hat die Gefäße seines Zornes, die zubereitet sind zum Verderben?“ Da Er nun einmal Sein Vorhaben auch durchzuführen entschlossen ist, nämlich zu erweisen, wie schrecklich der lautere, ungehemmte Zorn und der Grimm Jahwes sind, so wird Er es auch mit voller Wirkung tun. Es wird sich etwas erfüllen in einem Geschehen, das schon für einen bloßen Augenzeugen schrecklich sein muß. Wenn der große und erzürnte Gott sich erhoben hat und Seine schreckliche Vergeltung am armen Sünder übt, wenn dann der Unglückliche die unermeßliche Wucht Seiner Entrüstung tatsächlich erdulden muß, dann wird Gott das ganze Weltall zusammenrufen, damit es Seine ehrfurchtgebietende Majestät und Seine gewaltige Macht zusehen bekomme, wie sie sich nun an diesem Sünder erzeigen. Jesaja 33, 12-14: „Und die Völker werden zu Kalk verbrennen, wie abgehauene Dornen, die im Feuer verbrannt werden. Höret ihr, die ihr noch fern seid, was ich getan habe, und ihr, die ihr nahe seid, erkennet meine Macht! Die Sünder in Zion sind erschrocken und Beben hat die Heuchler ergriffen. Wer von uns kann weilen bei ewigen Gluten?“

So wird es Euch ergehen, die Ihr noch nicht bekehrt seid und in diesem Zustande verbleibt: Die unendliche Macht und Majestät, die Schrecklichkeit des allmächtigen Gottes wird gerade in der unaussprechlichen Kraft Eurer Qualen zur Verherrlichung gelangen. Ihr werdet in der Gegenwart der heiligen Engel und des Lammes gepeinigt werden, und wenn Ihr in dieser Lage seid, so werden die glorreichen Himmelsbewohner hervortreten und dieses fürchterliche Schauspiel betrachten, damit sie sehen können, was der grimmige Zorn des Allmächtigen vermag, und wenn sie es gesehen haben, so werden sie niederfallen und Seine große Macht und Majestät anbeten. Jesaja 66, 23.24: „Und es wird geschehen, daß an jedem Neumond und an jedem Sabbat alles Fleisch sich einfinden wird, um vor mir anzubeten, spricht der Herr. Und man wird hinausgehen und die Leichname der Leute anschauen, die von mir abgefallen sind; denn ihr Wurm wird nicht sterben und ihr Feuer nicht erlöschen; und sie werden ein Abscheu sein für alles Fleisch.“

Viertens. Es ist der ewige Zorn. Wäre es nicht schon schrecklich, diesen Zorn nur einen Moment erleiden zu müssen? Ihr müßt ihn aber in alle Ewigkeit erdulden. Dieses äußerst schreckliche Elend hat nie ein Ende. Wenn Ihr in die Zukunft schaut, so werdet Ihr auf immer eine lange, endlose Dauer vor Euch sehen, die Eure Gedanken verschlingt, so daß Eure Seelen in Entsetzen geraten; Ihr werdet jede Hoffnung auf Errettung aufgeben, so daß Ihr niemals zur Ruhe kommt; auch wird nicht die geringste Milderung eintreten; Ihr werdet die Gewißheit bekommen, daß Ihr Euch durch lange Zeiten hindurch, ja während Millionen von Millionen von Zeitaltern in vergeblichem Ringen, im Kampf mit dieser erbarmungslosen Vergeltung fortwährend erschöpfen müßt. Wenn das vorüber ist, wenn Ihr tatsächlich viele Zeitalter auf diese Weise verbracht habt, so werdet Ihr erst erkennen, daß all das nur ein Augenblick war im Vergleich zu dem, was noch kommen wird. So wird also Eure Strafe ohne Ende sein. O daß sich der Zustand einer solchen Seele ausdrücken ließe! Alles, was wir überhaupt darüber sagen können, gibt doch nur eine sehr schwache, blasse Vorstellung; die Wirklichkeit läßt sich nicht ausdenken und nicht ausdrücken; denn: „Wer kennt die Macht des Zornes Gottes?“ (Psalm 90, 11)

Wie fürchterlich ist die Lage derer, die täglich und stündlich in der Gefahr dieses großen Zornes und dieses immerwährenden Jammers stehen! So steht es aber mit jeder Seele, die nicht wiedergeboren ist; sie mag sonst noch so tugendhaft und streng sein gegen sich selbst, noch so ehrbar und religiös. O daß Ihr doch das bedenken möchtet, Ihr Jungen und Ihr Alten! Ich befürchte, daß viele, welche gerade jetzt diese Worte lesen oder nachlesen werden, die das Evangelium schon gehört haben, tatsächlich noch diesen endlosen Verderben anheimfallen können. Wir wissen nicht, wer sie sind und was für Gedanken sie nun bewegen. Vielleicht sind sie noch ganz sorglos und vernehmen all das ohne große Beunruhigung; sie bilden sich vielleicht ein, sie gehören nicht zu diesen Leuten, und sind der festen Hoffnung, daß sie der Strafe entrinnen werden. Wenn wir jemanden wüßten, der so denkt und dennoch jenem Elend preisgegeben wäre, wie schrecklich wäre es, nur daran zu denken! Wenn wir ihn uns vorstellen, was für ein furchtbarer Anblick wäre das! Und wäre es nur einer, was für ein jammervolles und bitteres Wehklagen müßte jeder Christ über ihn erheben! Aber, ach! Nicht nur einer, sondern gar viele werden es wahrscheinlich sein, die sich erst in der Hölle an diese furchtbar ernsten Ermahnungen erinnern werden! Einige mögen schon bald dort sein, vielleicht bevor dieses Jahr zu Ende geht. Und es wäre kein Wunder, wenn einige Leser, die sich jetzt gesund und heiter und sicher fühlen, schon vor dem nächsten Morgen dorthin gelangten. Diejenigen von Euch, die endgültig in ihrem angeborenen Zustand beharren und noch am längsten vor der Hölle bewahrt bleiben, werden dennoch innerhalb kurzer Zeit dort sein; Eure Verdammnis schlummert nicht; sie wird schnell und mit aller Wahrscheinlichkeit ganz plötzlich über Euch kommen; Ihr habt allen Grund, Euch zu verwundern, daß Ihr nicht schon in der Hölle seid. So ist es ohne Zweifel schon einigen ergangen, die Ihr persönlich gekannt habt; sie haben die Hölle keineswegs eher verdient als Ihr, und es hatte allen Anschein, sie müßten jetzt noch unter den Lebenden sein wie Ihr. Aber für sie ist alle Hoffnung dahin; sie schreien in höchster Not und Verzweiflung. Ihr aber seid noch am Leben, wohlversehen mit Bibeln, mit Sonntagen, mit Dienern am Wort und habt damit noch die Möglichkeit, Errettung zu erlangen. Was gäben jene armen hoffnungslosen Seelen in ihrer Verdammnis für die Gelegenheit eines einzigen Tages, die Euch noch fortwährend offen steht!

Jetzt habt Ihr noch die nicht wiederkehrende Möglichkeit, einen Tag, da Christus das Tor der Gnade weit geöffnet hält; dort steht Er und ruft mit lauter Stimme diesen Tag aus für die armen Sünder; viele strömen Ihm zu und drängen sich ins Reich Gottes; täglich kommen viele aus Ost und West, aus Nord und Süd; viele, die eben noch in der gleichen elenden Lage waren, wie Ihr es noch seid, sind jetzt glücklich; ihr Herz ist voll Liebe zu Ihm, der sie geliebt und in Seinem Blute gewaschen hat von ihren Sünden; sie freuen sich in der Hoffnung auf die Herrlichkeit Gottes. Wie schrecklich ist es, an jenem Tage zurückbleiben zu müssen, zu sehen, wie so viele andere ein Fest feiern, während Ihr im Verderben schmachtet - diese große Freude zu sehen und den Gesang der jubelnden Herzen zu hören, während Ihr allen Grund habt, vor Herzeleid zu trauern und vor Qual des Geistes zu heulen! Wie könnt Ihr in Eurer Lage nur einen Moment ruhig bleiben? Sind Eure Seelen nicht ebenso kostbar wie diejenigen, die jetzt von Tag zu Tag Christus zuströmen?

Sind nicht viele unter Euch, die schon lange auf dieser Erde gelebt haben und dennoch bis auf den heutigen Tag nicht wiedergeboren und immer noch dem himmlischen Bürgerrecht entfremdet sind, die in ihrem ganzen Leben noch nichts getan haben, außer der Häufung des Zorns auf den Tag der Vergeltung? O Ihr armen Menschen, Eure Lage ist in besonderer Weise außerordentlich gefährlich! Eure Schuld und Herzensverhärtung sind gewaltig groß. Seht Ihr nicht, wie Leute Eures Alters meistens von der Gnade Gottes übergangen und aufgegeben werden? Ihr hättet es besonders nötig, aus Eurem Schlafe gehörig zu erwachen; Ihr werdet den Grimm und den Zorn des unendlichen Gottes nicht ertragen.

Ihr jungen Männer und Frauen, wollt Ihr diese kostbare Zeit versäumen, die Ihr noch genießet, wenn so viele Eures Alters auf alle Eitelkeiten der Jugend verzichten und Jesus zuströmen? Ihr habt noch eine besondere Gelegenheit; wenn Ihr sie aber nicht ausnützet, so wird es Euch ergehen wie all den jungen Leuten, die die kostbaren Tage der Jugend in der Sünde verbrachten und jetzt in eine schreckliche Verhärtung und Verblendung geraten sind.

Und Ihr Kinder, die Ihr noch nicht bekehrt seid, wisset Ihr nicht, daß Ihr auf dem Weg zur Hölle seid, um dort den schrecklichen Zorn dieses Gottes zu erleiden, der Euch Tag und Nacht zürnt? Wollt Ihr Euch damit zufrieden geben, Kinder des Teufels zu sein, während so viele Kinder im Lande herum bekehrt sind und geheiligte und glückliche Kinder des Königs der Könige werden?

Jeder, der noch außerhalb Christus steht und über dem Abgrund der Hölle schwebt - seien es alte Männer und Frauen oder Leute mittleren Alters oder Kinder -, jeder möge auf den lauten Ruf Gottes und Seiner Vorsehung horchen. Dieses „wohlgefällige Jahr des Herrn“, ein Tag der großen Gnade für die einen wird ebensosehr ein Tag der besondern Vergeltung für die anderen sein. Die Herzen der Menschen verhärten sich, und ihre Schuld wächst rasch an in dieser Zeit, da sie ihr Seelenheil versäumen. Noch nie hat es eine Zeit gegeben, da soviel Hilfe angeboten wurde für die Rettung der Seelen, und wenn Ihr sie verschmäht, so werdet Ihr dereinst den Tag Eurer Geburt verfluchen. Auch jetzt noch gelten ohne Zweifel die Worte Johannes des Täufers: „Die Axt ist an die Wurzel der Bäume gelegt, und jeder Baum, der nicht gute Früchte bringt, wird umgehauen und ins Feuer geworfen“.

So möge denn jeder, der noch außerhalb Christus steht, jetzt aufwachen und vor dem kommenden Zorne fliehen. Der Zorn des allmächtigen Gottes ist ohne Zweifel über jeden nicht wiedergeborenen Sünder verhängt. Jeder möge aus Sodom fliehen: „Eile und rette deine Seele! Schaue nicht zurück. Rette dich ins Bergland, damit du nicht weggerafft wirst!“ (1. Mose 19, 17)

Bearbeitung durch Dirk Wunderlich

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