Comenius, Johann Amos - Das wiedergefundene Paradies - Das I. Capitel.

Comenius, Johann Amos - Das wiedergefundene Paradies - Das I. Capitel.

Der Pilgrim kehret aus der Irre wieder zurück in sein Inwendiges.

Als der Wandersmann im Labyrinth der Welt lange genug herum geirret, ist er endlich wieder nach Hause kommen; und da fähret er in seiner Erzehlung folgender massen fort:

Indem ich aufhörte dieses zu reden, so zitterte ich für Furcht und Schrecken; hinter mir aber hörete ich heimlich eine leise Stimme rufen: Kehre wieder! Und da ich mein Haupt aufrichtete, und mich umsahe, wer doch so rufete, und wohin er mir befehle umzukehren, so sahe ich niemand, auch nicht einmal meinen Führer, Erforschalles, als welcher mich auch schon verlassen hatte: bald aber hörete ich die Stimme von neuem erschallen: Kehre wieder! Da ich nun nicht wusste, wohin ich mich kehren, noch wie ich aus dieser Finsternis heraus kommen sollte, fieng ich an zu trauren, und siehe, die Stimme rief zum dritten mal: Kehre wieder dahin, von wannen du ausgegangen bist, nemlich in das Haus deines Herzens, und schleuß die Thür hinter dir zu. So bald ich nun diesen Rath vernahm, folgete ich ihm alsobald, und daran habe ich sehr wohl gethan; doch war auch dieses seine Gabe und Gnadenwerk. Ich sammlete demnach meine Gedanken, so gut als ich nur konnte; die Augen und Ohren, Mund und Nase, und alle äusserliche Sinnen schloß ich zu, und kehrete in das Inwendige meines Herzens ein. Es war aber leider! finster darinne. Doch, da ich etwas herum tappete, und mich hie und da umsahe, wurde ich ein kleines durch die Ritzen schimmerndes Licht gewahr, sahe auch oberhalb an der Decke dieses meines Zimmerleins ein grosses rundes gläsernes, aber sehr unreines und mit allerley Unflat ganz beschmiertes Fenster, daß fast kein Licht durch dasselbe dringen konnte.

Als ich mich nun bey diesem dunkeln und wenigen Lichte hier und da umsahe, erblickte ich an den Wänden einige Bilder, die ehemals von sehr schöner Kunst verfertiget gewesen, wie man es noch an der Arbeit wahrnehmen konnte; daran aber die Farben verblichen, viele Glieder zerbrochen oder abgehauen waren: und da ich näher hinzu trat, bemerkte ich noch einige Ueberschriften an denselben, als: Vorsichtigkeit, Demuth, Gerechtigkeit, Keuschheit, Mäßigkeit, rc. In der Mitte aber des Zimmers wurde ich einige zerworfene Leitern gewahr, die ganz zerbrochen und zerschmettert waren, wie auch zerhackte und verworrene Seile und Stricke; imgleichen Flügel, daran aber die Federn ausgeraufet waren; endlich auch Uhrräder mit zerbrochenen oder zerbogenen Walzen, Zacken und Spindeln, rc. welches alles hin und wieder und unter einander verworfen war.

Hierbey verwunderte ich mich, was doch das für ein jämmerlicher Zustand, und von wem dieses alles so zu nichte gemacht worden sey, und war bekümmert, wie es doch wieder könnte zu rechte gebracht werden: Ob ich nun aber gleich lange darauf sann und dachte, so konnte ich doch nichts erdenken. Indem aber wurde mir Hoffnung gemacht, daß sich derjenige mir noch weiter offenbaren würde, welcher mich mit seiner Stimme aufgerufen, und so weit gebracht hätte, (er möchte derselbe auch seyn, wer er nur immer wollte,) und würde mir weitern Unterricht ertheilen: Denn es fieng mir an zu gefallen, was ich hier sogleich Anfangs gesehen, sowohl deswegen, weil dieses Zimmerlein nicht so stinkend und eckelhaft war, als die Oerter, welche ich vorher in der Welt durchgegangen, als auch darum, weil ich hier kein solch Getös und Gepolter, kein solches Sausen und Brausen, Getümmel und Gewirre, noch solche Gewaltthätigkeit und Unterdrückung, (wovon die Welt voll ist,) gesehen noch wahrgenommen, sondern alles ganz still angetroffen.

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