Camerarius, Philipp - Schicksale in Italien.

Camerarius, Philipp - Schicksale in Italien.

Nachdem ich durch meiner lieben Eltern treue Fürsorge in der Furcht Gottes und guten Sitten auferzogen war, und zu Hause sowohl als auf den berühmten Lehranstalten zu Bautzen und Meißen den nöthigen Schulunterricht empfangen hatte, kam endlich die Zeit, da ich mich für irgend eines der Fakultäts-Studien entscheiden sollte. Ich wählte aus besonderer Vorliebe die Rechtsgelehrsamkeit, und mein Vater, mit dieser Wahl wohl zufrieden, verstand sich willig zu allem Kostenaufwande, den dies Studium machen würde. Ich begann daher meine akademische Laufbahn zu Leipzig, wo er selbst öffentlicher Lehrer (Professor der klassischen Literatur) war, und setzte sie dann auf der hohen Schule zu Tübingen fort. (Hier hatte Joachim Camerarius selbst als Professor gelehrt, ehe er nach Leipzig kam. Daher erklärt sich, was nun folgt.)

Während ich aber hier studirte, fügte es sich, daß mein Vater auch ins Schwabenland reisen mußte, indem er gewisser Angelegenheiten wegen vom Herzoge Christoph von Würtemberg nach Göppingen gerufen wurde. Hier fand er nun damals gerade seinen alten Freund und Gevattermann, den Doctor der Rechte Ludewig Grempius, wieder, und kam mit ihm auf mich und meine Studien zu sprechen. Der Doctor hielt es für rathsam, daß ich von jetzt an lieber in Straßburg weiter studirte und mich hier zugleich auch unter Johann Sturm in der Redekunst übte. Wenn ich dann in Straßburg meine Studien vollendet hätte, so wollte er mir behülflich seyn, daß ich auch in der juristischen Praxis eine gute Anleitung erhielte.

Dieser Gedanke fand den Beifall meines Vaters; ich mußte Tübingen mit Straßburg vertauschen und studirte hier jetzt gegen zwei Jahre. Unter meinen dasigen Lehrern war vorzüglich der berühmte Rechtsgelehrte Franz Ottomann. Er bewies mir viele Freundschaft, und da er ein Franzos war, so drang er wiederholt in mich, daß ich doch auch Frankreich besuchen möchte, sowohl um die schöne Sprache dieses Landes zu erlernen als seine großen Lehrer der Rechtswissenschaft zu benutzen. Dieser Rath stimmte ganz mit meinen eigenen Wünschen überein; auch gab mein Vater seine Zustimmung zu der Reise, aber sie kam nicht zu Stande. Denn gerade, da sie hätte vor sich gehen sollen, wurde ich von einer schweren Krankheit befallen. Außerdem noch wütheten damals in Frankreich einheimische Kriege, die mit Recht besorgen liessen, daß man dort weder sicher noch mit Erfolg den Studien würde leben können, wie denn das auch von meinen Reisegefährten, mit denen ich dahin ziehen wollte, wirklich so befunden wurde.

Indeß gab ich meinen Reiseplan noch keineswegs auf. Von der Krankheit genesen und ins elterliche Haus zurückgekehrt, harrte ich von einer Zeit zur andern auf den Augenblick, da Frankreich wieder ein ruhiger Sitz der Musen würde; aber ich harrte umsonst, bis mir endlich der Gedanke kam, ob nicht lieber Italien das Ausland seyn könnte, wo ich meine Studien beendete? Ich sprach darüber mit meinem Bruder Joachim, der hier mit großem Nutzen Arzneikunde studirt und den Doctorgrad in der Medicin erhalten hatte; er billigte mein Vorhaben und vermochte meine Eltern, auch in diese Reise zu willigen.

So verließ ich in Gesellschaft guter Gefährten am 20. September 1563 das väterliche Haus, zog wegen der in Schwaben, Bayern und in der Grafschaft Tyrol herrschenden Pest durch die Schweiz in die Lombardei und kam glücklich in Padua an; denn hier wollte ich meine Studien fortsetzen. Allein während dem Lauf derselben brachen unglücklicher Weise zwischen den teutschen und polnischen Studenten heftige Streitigkeiten aus, an denen auch die Italiener Antheil nahmen und die mehrmals Todschläge zur Folge hatten. Dadurch wurden denn theils die öffentlichen Vorlesungen zu sehr unterbrochen, theils studirte man auch zu Hause mit zu wenig Ruhe und Sicherheit, als daß ich Padua so lange hätte bleiben können, als ich wohl sonst geblieben wäre. Ich begab mich daher nach Ferrara, und studirte hier ein Jahr lang ungestört. Dann bezog ich noch die hohe Schule zu Bologna, aber nachdem ich einige Monate da gewesen war, dünkte es meinen Eltern Zeit, mich jetzt aus dem Auslande in die Heimath zurückzurufen.

Doch ehe ich ihrem Rufe folgte, unternahm ich noch eine kurze Reise nach Hetrurien, Latinum und Neapel, und kam am 20ten April 1565 in Rom an. Es war gerade in der österlichen Zeit, und so hatte ich Gelegenheit mein Wunder zu sehen, wie diese Festtage von der römischen Bestie, von den Cardinälen und dem Volke mit allerlei Gaukelspielen und wunderlichen Andachten gefeiert wurden. Diese närrischen Fest-Freuden wurden aber den Römern für die gegenwärtigen Ostern ziemlich verdorben; denn alles stand in Furcht und Schrecken vor der großen türkischen Flotte, die auf dem tyrrhenischen Meere ungestört Seeräuberei trieb. War nun schon in ruhigen Zeiten eine Reise von Rom nach Neapel wegen der Menge von Straßen- und auch von Seeräubern unsicher genug, so war sie es noch vielmehr jetzt. Ich mußte daher fast Verzicht darauf thun, dies Land zu sehen; allein jener Schwierigkeiten ohnerachtet fand sich doch eine Gesellschaft zusammen, die, geleitet von einem sogenannten Procatio und auf dessen Lehnpferden, die Reise unternahm, und an diese schloß ich mich an. Glücklich und mit großer Freude, wiewohl nicht ohne Gefahr und bei ziemlich starker Frühlingshitze, kam ich unter Gottes gütiger Fürsorge nach Neapel, und besahe alles, was ich dort Merkwürdiges wußte. Nachdem ich das gethan, kehrte ich nach dem Kirchenstaate zurück, und kam schon am 20sten May wieder in Rom an.

Jetzt nahm ich mir mehr Zeit, als vor meiner Reise nach Neapel möglich gewesen war, um diese berühmte Stadt nebst den umliegenden, historisch-merkwürdigen Ortschaften zu besehen, so ungünstig auch die Umstände waren, unter denen ich meine Wißbegierde befriedigen mußte. Denn die türkische Flotte lag schon am Ufer des römischen Gebiets, die Stadt-Thore und andere Posten waren mit Geschütze bepflanzt, und Bürger wie Soldaten standen unter Waffen, um gegen die Türken, wenn sie den Tiber hinauf bis zur Stadt dringen sollten, beide Ufer des Flusses besetzt zu halten. Allein ungehindert durch diese Hindernisse, überließ ich mich ganz meiner Lust alles zu besehen, und that dies vielleicht nur zu lange. Denn hätte ich Rom früher verlassen, so wäre vielleicht das Unglück gar nicht über mich gekommen, in das ich gerieth, als ich endlich, von der angehenden Sommerhitze gemahnt, die Abreise antreten und nach Ferrara aufbrechen mußte. Denn hier, wo ich ohnlängst so ruhig und bequem gelebt und mir die dortigen Professoren und andere Gelehrte zu Freunden gemacht hatte, dachte ich die übrige Sommerszeit mit meinen zwei Reisegefährten zuzubringen. Sie hießen Peter Rieter und Christoph Schweinfurter, waren Bamberger und meine Vettern. (Denn Joachim Camerarius stammte aus Bamberg und war ein dortiger Edelmann.)

Schon waren die Lehnpferde bestellt und wir zur Abreise ganz fertig, als uns der berühmte Muretus noch ein Hinderniß in den Weg legte. Es war laute Freundschaft und Güte, womit er uns noch einen Tag länger aufhielt, aber es war ein Tag, der für mich und Rieter verhängnißvoll wurde. Dieser große Gelehrte nämlich, den ich einige Male, mit Bewunderung seiner außerordentlichen Beredsamkeit, über die Aristotelische Ethik hatte lesen hören, - der mich auf’s liebreichste empfangen und überall in der Stadt herumgeführt hatte, versprach in den letzten Tagen meines Aufenthalts in Rom, mir an seine Freunde in Ferrara, besonders an Johann Baptist Pigna, des Fürsten erster Rath, Empfehlungsschreiben mitzugeben. Dies Versprechen erfüllte er jetzt, aber hielt uns damit um einen Tag länger in Rom auf; und was half mir jetzt sein Liebesdienst, da ich mit Rietern heute meine Freiheit verlor?

Indem wir nämlich im Gasthofe zum Schwerdte neben dem Palaste des Cardinals Hippolytus, unsere Felleisen und übrigen Habseligkeiten zur Abreise packten, siehe da wurden wir, Rieter und ich – denn Schweinfurter war nicht zugegen – auf einmal und ohne daß wir etwas Uebels besorgten, von den Sbirren überfallen und mit Gewalt in ein Gefängniß geschleppt. Es heißt die sabellische Wacht und hat seinen eigenen Richter, judex curiae Sabellorum genannt, der in Kraft der Bullen des Papstes Sixtus IV. und Julius II. die Missethäter mit dem weltlichen Schwerdte der Kirche zu strafen hat, und außerdem in allerlei Rechtshändeln, jedoch ohne Richterstuhl und Kanzlei, verhört und entscheidet. Bei ebendemselben müssen auch alle Huren der Stadt persönlich erscheinen, und je nachdem sie jünger oder älter, mehr oder minder schön sind, eine größere oder kleinere Huren-Steuer entrichten.

Zwar fragte ich bei unserer Verhaftung mehrmals und ernstlich nach der Ursache derselben, erhielt aber keine Antwort; und als ich dann in der sabellischen Wacht mit mir allein war – denn Rieter kam in ein besonderes Gemach – sann ich hin und her, warum mir dies wohl geschehen seyn möchte, aber kam auf keinen irgend wahrscheinlichen Grund meiner Verhaftung. Denn ich war mir fest bewußt, daß ich z.B. mit Keinem über Religionssachen gehandelt, Keinen mit Wort oder That beleidigt hätte, und daß überhaupt nichts Ungebührliches, was diese Folge haben könnte, von mir geschehen sey. Die Furcht gab mir bald diesen bald jenen ängstigenden Gedanken ein, und ich fragte mich unter andern, ob mir nicht vielleicht der berühmte Name meines Vaters die falsche Anklage eines Feindseligen zugezogen haben könnte?

In der sabellischen Wacht blieben wir indeß nur bis an den Abend dieses Tages; denn nun wurden wir aus unsern unbequemen Gemächern erlöst und von den Zaffi (Stadtknechten) ins Inquisitions-Haus geholt. Dies Gefängniß liegt jenseits der Tiber bei dem sogenannten heiligen Felde, und heißt gemeinhin das Lutheraner-Gefängniß. Es steht an derselben Stelle, wo vor Alters der Schauplatz war, auf dem Nero viele tausend Christen zu seiner Ergötzung den wilden Thieren vorwerfen ließ. Vorher war es der Palast eines Cardinals gewesen und dann zu einem Gefängnisse eingerichtet worden, das nach Art der Klöster lauter kleine Gemächer hat. In diese werden alle diejenigen eingesperrt, die entweder die evangelische Wahrheit wirklich bekennen, oder nur im Verdachte der wahren Rechtgläubigkeit sind. Doch bleiben, so viel ich gesehen habe, die Gefangenen ohne Fesseln, und sind entweder einzeln oder zu zweien und dreien in den kleinen Gemächern. Das Schicksal der letztern hatten auch wir. Rieter wurde, wie er nachher gesagt hatte, zu einem Franziscaner-Mönch gesperrt, mich gesellte man einem Neapolitanischen Edelmanne bei, - dem frommen Pompejus de Montibus, der schon zwei Jahre hier gefangen saß. Er war im Schmalkaldischen Kriege Obrister über etliche Cornets-kayserlich-neapolitanischer Reuter gewesen und hatte bei Augsburg einen gemeinen Soldaten, der sich an ihm vergangen, seinen Frevel mit dem Tode büßen lassen. Dies hatte ihm eine Verhaftung zugezogen, aus der er jedoch bald mit Gelde losgekauft worden war. Hierauf aber war in dem Neapolitanischen Kriege des Obristen Albiano gegen den Papst, das nahe bei Rom gelegene Landgut des Cardinals Saraconus, abgebrannt worden, und weil eben jener von Pompejus ums Leben gebrachte Soldat, dieses Cardinals Verwandter gewesen war, so mußte und sollte nun Pompejus auch der Brandstifter gewesen seyn und wurde unter dem Vorgeben, er wäre ein Ketzer, gefänglich eingezogen, als er mit seinem Bruder Marcus Antonius Columna über die Brücke der Engelsburg ritt. Erst hatte man ihn in das Schloßgefängniß, dann aber als vorgeblichen Ketzer ins Inquisitionshaus gethan, wo ich jetzt sein Leidensgenosse wurde und viel Gutes von ihm empfing. Nimmer aber hätte man mich zu diesem lieben Manne in Ein Gemach gethan, wenn ich nicht auf die Frage: ob ich italienisch spräche? ausgesagt hätte, daß es mir noch nicht geläufig genug wäre. Gleichwohl betrog man sich dennoch, denn man wußte und dachte nicht, daß der Neapolitaner fertig Lateinisch spräche, wir uns also doch mit einander unterhalten könnten. Nach meiner Befreiung aus dem Kerker ist er, wie ich von meinen Freunden erfahren habe, am 27ten Jun. 1566 enthauptet und sein Leichnam auf einem Platze, auf dem viele fromme Christen ihr Leben gelassen haben, öffentlich verbrannt worden, nachdem er sich durch Erlegung von sieben tausend Kronen von der Strafe des lebendigen Verbrennens hatte loskaufen lassen.

Weil nun in das Inquisitionshaus keiner gelegt wird, als wer der sogenannten Lutherischen Ketzerei beschuldigt ist, so konnte ich leicht errathen, warum ich hier wäre. Dies und die Beschreibung meines Neapolitaners von den unmenschlichen Grausamkeiten, die man hier an den Gottesfürchtigen verübt, trieben mich in ein inbrünstiges und ängstiges Gebet zu der ewigen Barmherzigkeit, daß ich in der erkannten Wahrheit fest bleiben, und von keinen Drohungen dieser Feinde erschreckt, selbst Marter und Tod nicht scheuen möchte. Denn in der That war ich auf diese gefaßt und hatte alle Hoffnung aufgegeben, aus den Händen dieser Unmenschen je wieder erlöst zu werden.

Am dritten Tage meiner Gefangenschaft wurde ich zum ersten Verhöre abgeholt, und vor den Inquisitions-Richter, den Doctor Donatus Stampa, gestellt. Inquisitor war Bruder Angelus, ein Geistlicher des Dominikaner-Ordens, da diesem Orden, vermöge eines besondern Privilegiums, die Leitung der Inquisition zu Rom gehört. (Gleich beim Entstehen der Ketzergerichte übertrug Gregor IX. den Dominikanern die Inquisition über die Ketzer in Frankreich. (1233).)

Man redete mich gar schmeichelnd an und hieß mich niedersitzen. Dann fragte mich der Inquisitions-Richter ebenso freundlich nach meinem Namen, und warum ich nach Italien gekommen wäre? Ich antwortete: der Studien halber, besonders wegen des Studiums der Jurisprudenz. Wie lange, fragte er weiter, und wo hast du dich in Italien aufgehalten, ehe du hierher nach Rom gekommen bist? Antwort: Erst war ich eine Zeitlang zu Padua, am längsten aber in Ferrara und zuletzt einige Monate zu Bologna. – Er: Bist du an diesen Orten oder hier in Rom mit Italienern umgegangen? Ich: Nein, außer mit den Gelehrten, die entweder meine Lehrer gewesen sind, oder die ich ihres berühmten Namens wegen besucht habe wie den hiesigen Marcus Antonius Muretus. – Er: Hast du mit diesem oder mit irgend einem andern Italiener je über Religionshändel gesprochen? – Ich: Ganz und gar nicht, denn deswegen bin ich nicht nach Italien gekommen.

Nach dieser Antwort sprach der Inquisitions-Richter mit den Uebrigen etwas Heimliches, und fragte dann, ob ich die drei Teutschen, Sebastian, Caspar und Andreas kennte und wo ich bei ihnen gewesen wäre? Dem Namen nach, sagte ich, sind sie mir schon vorher bekannt gewesen, am längsten Andreas, aber persönlich habe ich sie erst in Ferrara kennen gelernt. – Hast du denn nicht, fragte er weiter, dazu geholfen, als sie einen rechtschaffenen Mann in seinem eigenen Hause zu Ferrara ohne alle Ursache mit Faustschlägen übel zurichteten, vom Papste spöttlich redeten, an verbotenen Tagen Fleisch aßen und dergleichen mehr verübten? Auf das alles konnte ich nicht anders als nein sagen, und verlangte, daß, wenn ich dieser Dinge beschuldigt wäre, mein Ankläger mir unter die Augen gestellt und in meiner Gegenwart verhört werden möchte. Aber sie sagten unumwunden heraus, „das könne nicht geschehen, sie vertreten an einem so heiligen Orte die Person des Klägers und Richters zugleich.“ Sie brachen auch von dieser Sache ab und ließen mich nach einigen Fragen um Nebendinge in mein Gemach zurückbringen.

Dies erste Verhör hätte mir nun hinlängliches Licht über die Ursache unserer Verhaftung geben können; denn sie war folgende:

Jener Andreas, den der Inquisitions-Richter meinte, war der Leipziger Bürger Andreas Griebe, der sich mit seinem Lehrer Gregor Bersmann, einem ältern Bekannten und guten Freunde von mir, zu Ferrara aufhielt, während ich hier die Rechte studirte. Dieser Griebe feierte am Andreastage 1564 seinen Geburtstag mit einem Banquete und lud dazu außer mir mehrere teutsche Edelleute und auch seinen Hauswirth ein, der, wie ich nachher erfuhr, ein getaufter Jude war. Bei dem Gelage leerte er auf italienische Weise etliche große Gläser mit einem Zuge aus, und trank sich damit einen Rausch. Auch der getaufte Jude blieb nicht nüchtern. Nach der Mahlzeit entstanden daher, ich weiß nicht worüber – denn ich spielte gerade mit einem italienischen Edelmanne Siacho ein Spiel – zwischen beiden Betrunkenen ein heftiger Streit, in welchem Griebe seinem Hauswirthe und Gaste eine Ohrfeige gab. Hierüber erhob dieser und seine Frau ein so klägliches Geschrei, daß die übrigen Gäste herbeiliefen und die Streitenden auseinander rissen. Der noch immer tobende Hauswirth wurde in sein Bett geschafft, und ich, ihn dahin begleitend, gab mir alle Mühe ihn mit guten Worten zu besänftigen, was mir auch gelang. Dann verschloß ich die Thür des Schlafzimmers und kehrte zu den Uebrigen zurück, die nun schon aufbrechen wollten. Aber siehe! unversehens drang Griebe, dessen Grimm sich noch immer nicht gelegt hatte, durch eine andere uns als Fremden im Hause unbekannte Thür in die Kammer des schon eingeschlafenen Hauswirths, fiel über ihn her und bedeckte ihn mit Faustschlägen. Der Gemißhandelte und sein Weib schrien um Hülfe; wir eilten herbei, rissen Griebem von ihm weg und suchten den Geschlagenen zu besänftigen. Zwar wurde er stiller auf unser Zureden, aber er legte auf italienische Weise die beiden Zeigefinger kreuzweise über einander, biß hinein, und stiess unter Fluchen und Schwören Rache-Drohungen aus. Am folgenden Tage unterließen wir daher nicht, Grieben und die Uebrigen, die mit ihm Hause des getauften Juden wohnten, vor ihrem racheschnaubenden Hauswirthe zu warnen, und ich meiner Seits mied von dieser Zeit an dies Haus für immer, obgleich ich an der erlittenen Unbilde seines Besitzers so wenig Antheil gehabt hatte, daß ich vielmehr sein Vertheidiger und Beschützer gewesen war.

Der getaufte Jude hielt seinen unchristlichen Schwur treulich, aber wer hätte denken sollen, daß er seine Rache einst an Rietern und mir auslassen würde, die wir doch so unschuldig waren, daß ich ihm, wie gesagt, bei jenem Vorfalle Gutes statt Böses gethan hätte, und Rieter damals gar nicht einmal zu Ferrara, sondern in Siena gewesen war? Wer auch hätte fürchten sollen, daß er gerade in Rom noch würde Rache an uns üben können? Gleichwohl war dem so; denn unsere Gefangennehmung war allein das Werk seiner Rachsucht.

Er war nämlich, seit wir Ferrara verlassen hatten, auch von da weg und nach Rom gekommen. Der Cardinal Alexandrinus war hier sein Patron geworden und hatte ihn in seine Familie aufgenommen, damit er die hebräische Sprache lehrte. Indem wir nun ganz fertig zur Abreise von Rom waren, ich aber noch unweit von unserer Herberge zum Schwerdte einige Kupferstiche gekauft hatte und damit jetzt zurückkehrte, begegnete mir, wie unerwartet! der getaufte Jude auf einem öffentlichen Platze. Er lief auf mich zu, begrüßte mich freundlich, fragte aber gleich, wo Andreas Griebe wäre? denn dieser habe ja auch nach Rom wollen. Griebe, antwortete ich, ist längst wieder in Teutschland. – Was, in Teutschland? Steht er nicht dort bei dir? fragte er und deutete auf Rieter, der ebenfalls noch aus der Herberge gegangen war, um etwas zur Reise nöthiges einzukaufen, und jetzt von dieser Verrichtung zurückkehrte. Nein, sagte ich, der ist nicht Griebe, sondern ein anderer Teutscher. Aber der Jude war nicht davon abzubringen, daß es wirklich sein Feind wäre, und so sehr ich ihm zuredete, sich doch seinen Mann erst recht anzusehen, so hielt er das doch für überflüssig und schied in seinem Irrthume von mir. Doch begreiflich war dieser Wahn allerdings; denn sonderbar gerade! Rieter und Griebe sahen sich wirklich an Gesicht, Gestalt, Größe und Kleidung ziemlich ähnlich. Wohl also konnte ein von Rachsucht so Geblendeter den einen für den andern ansehen.

Voll Begierde, seine Leidenschaft zu befriedigen, eilte der Jude zu seinem Gönner, dem oben genannten Cardinal, und trug ihm seine Lügen vor. Den vermeinten Andreas Griebe gab er als Mörder an, mich aber und zugleich auch ihn als lutherischen Ketzer, wie wir nachher aus den in der Inquisition an uns gestellten Fragen abnahmen und auch von dem kaiserlichen Gesandten erfuhren. Der Cardinal, als ein eifriger Vertheidiger des Papstthums und abgesagter, bitterer Feind aller Evangelischen, betrieb nun sogleich bei den übrigen Cardinälen unsere Verhaftung, und diese willigten darein.

Dies ist die wahre Ursache meiner Gefangennehmung in Rom, über die sich, besonders durch die Briefe eines Kaufmanns, falsche Gerüchte genug in Teutschland verbreiteten. Von einem andern Kaufmanne bekam auch mein Vater bald wahre halb unwahre Nachrichten; sie waren höchst betrübend für ihn, aber sein gottseeliges, in dem Herrn starke und unverzagtes Gemüth vertrauete in andächtigem Flehen mein trauriges Schicksal seinem Gott an, überließ die Sache Ihm allein und sahe sich nach keiner menschlichen Hülfe um. Zwar erfolgten, nachdem meine Gefangenschaft ruchbar geworden war, meinetwegen mehrere Schreiben hoher Personen nach Rom, z.B. vom Kaiser selbst, vom Churfürsten August von Sachsen, vom Churfürsten Albert von Baiern und andern, aber nicht von meinem Vater, sondern bloß von Freunden waren diese Bemühungen, mich zu befreien, veranlaßt worden. Besonders thätig aber ist hierbei mein treuer Bruder Joachim gewesen, wie aus seinen Briefen hervorgeht. Doch ich kehre jetzt zur Geschichte meiner Gefangenschaft zurück.

Wohl überzeugt, daß der Ankläger uns fälschlich beschuldigt hätte, brachte man nun im zweiten Verhöre mit mir, gar die Rede nicht mehr auf den Vorfall in Ferrara, wie man denn schon beim ersten von der Sache ganz abgebrochen hatte. Man wollte jetzt weiter nichts mehr, als zwei Lutheraner, die man einmal in die Hände bekommen hatte, zum Papstthume herüberbringen, (Und welch ein Triumph vollends, wenn sie den Sohn eines so berühmten Abtrünnigen wieder päpstlich machten!) und stellte daher am folgenden Tage keine andere als Fragen über die Religion an mich. Nachdem ich meine Rechte auf das heilige Evangelium hatte legen und versprechen müssen, daß ich die Wahrheit bekennen wolle, fieng der Inquisitions-Richter Stampa aufs aller freundlichste mich zu fragen an, was ich von den Artikeln des christlichen Glaubens hielte, was von der Autorität der römischen Kirche, von der Gewalt des allerheiligsten Papstes, von der Anrufung der Heiligen, von der Messe, den guten Werken, dem Fegfeuer, der Rechtfertigung und zu diesen vielen hinter einander an mich gethanen Fragen wollte der Inquisitor Angelus gar noch andere hinzusetzen, aber der Richter bat sich aus, daß er mich erst jene beantworten lassen möchte.

Ich setzte ihnen nun ganz kurz auseinander, welche Lehre ich von Jugend auf empfangen hätte. Aber da ich wohl sahe, daß ihre Fragen voll teuflischer Arglist und Verfänglichkeit wären, und daß alles was ich sagte, von den Schreibern zu Protokoll genommen wurde, so mußte ich mich vor ihrer Schelmerei sicher stellen und wohl Acht haben, daß mir kein unvorsichtiges Wort entschlüpfte, daß sie mir nachher aufmutzen könnten. Ich sagte daher: es würde nicht schicklich und auch nicht rathsam für mich seyn, wenn ich mit euch, die ich durch tägliche Uebung gar spitzfindige Theologen seyd, über solche Sachen reden wollte. Damit ihr aber doch wisset, was ich denke und glaube, so wisset, daß ich festiglich glaube an alles was in den Schriften der Propheten und Apostel enthalten ist und wovon der Kern in einem eigenen Büchlein verfasset ist, das die meisten Fürsten und Reichsstände auf dem Reichstage zu Augsburg im Jahr 1530 einhällig als der himmlischen Wahrheit gemäß lehrend, dem Kaiser Karl V. vorgelegt haben. Die in diesem Büchlein enthaltene Lehre ist nachher die Augsburgische Confession genannt worden, und sowohl lateinisch als teutsch in Druck erschienen. Sie ist die Summe meines ganzen Glaubens, in dem ich geboren, erzogen und unterrichtet worden bin. Wollet ihr daher über meinen Glauben des Nähern berichtet seyn, so leset das genannte Büchlein, falls ihr’s noch nicht gelesen habt.

Sie stellten sich, als wäre ihnen dies Büchlein ganz unbekannt, sagten aber, sie wollten sehen, daß sie es zu lesen bekämen, und fragten mich nun mit wahren Heuchel- und Schmeichelworten um andere Dinge, z.B. ob meine Eltern noch lebten? weß Standes sie seyen etc.? Nachdem ich das alles nach Wahrheit beantwortet hatte, konnte ich nicht unterlassen, ihnen frei vorzuwerfen, wie hart und ungebührlich sie gegen mich verführen, obgleich ich mir nicht das Geringste hätte zu Schulden kommen lassen, und vermöge der von Kaisern und Päpsten selbst gegebenen Privilegien das Recht hätte, mich in Italien der Studien halber aufzuhalten. Genießen ja, setzte ich hinzu, die Italiener und andere Nationen diese Freiheit auch in Teutschland; wird man hier aber in Zukunft nicht Vergeltung an Italienern üben, wenn man erfährt, wie es ganz unschuldigen Teutschen in Welschland geht?

Hierauf fragte mich der Inquisitor, ob ich denn nicht getauft wäre? Freilich, antwortete ich, bin ich das! Nun so bist du ja, sagte er, unter des Papstes Befehl und Gewalt, denn ihm sind alle Getaufte unterworfen. Mit nichten, versetzte ich, ich bin in einer Kirche und in einem Lande getauft, die beide den Papst nicht als ihren Oberherrn anerkennen und seiner Gewalt achten. Darüber lächelten sie und schwiegen; bald darauf aber sahen sie mich scharf an, und fiengen an mich mit Krokodillenthränen zu ermahnen, daß ich doch von dieser schelmischen Ketzerei lassen und bessern Unterricht annehmen möchte. Bald stellten sie sich als hätten sie ein herzliches Bedauern mit meinem Unglauben, bald beweinten sie meinen elenden Zustand und malten mir die Gefahr, in der ich schwebte, mit schrecklichen Farben vor die Augen, bald boten sie mir ihre Dienste an und hießen mich gutes Muthes seyn; denn sie wollen ja nichts als meine Seele erretten, die sie mit großem Schmerz und Mitleiden den verderblichsten Irrthümern dahin gegeben sähen. Ich möchte daher ihren treu gemeinten Ermahnungen folgen und in den Schoos der Kirche zurückkehren. Thäte ich das, so würde ich nicht nur ungestraft aus den Kerker entlassen werden, sondern auch alles wieder erhalten, was man mir abgenommen hätte. (Denn man hatte sich meines ganzen Reisegeldes, und Reisebedarfs, und meiner Ringe und andern Habseligkeiten bemächtigt.)

Nachdem ich hierauf kurz und gut geantwortet hatte, daß ich von meinem Glauben, den sie nun wohl kannten, auf keine Weise abweichen wollte, sondern den Allmächtigen bitten, mich in seiner Wahrheit zu erhalten, hießen sie mich fleißig bedenken, an welchem Orte ich hier verhaftet wäre, und entließen mich dann für heute.

Am Tage darauf nahm mich der Inquisitor auf Seiten und hielt einen langen Sermon an mich, worin er mir unter andern vorhielt, wie verderblich es wäre, außerhalb der katholischen Kirche in einer so pestilentialischen Ketzerei zu leben. Als ich erwiederte, ich wäre versichert, daß ich ein Glied der wahren Kirche sey und mit Gottes Gnade in dieser verbleiben wolle, so lange ich lebe, fiel er ganz grimmig ein: Ey, wo war denn deine Kirche vor dem Erzketzer Luther (Lateinisch lautete diese leicht zu beantwortende Frage gewöhnlich: ubi fuit religio Protestantium ante Lutherum et Zwinglium?) und seiner giftigen Lehre, die so viele Seelen ins Verderben geführt hat und noch führt? Statt daß wir ununterbrochen von Christi und der Apostel Zeiten an bis jetzt, den Namen und Titel der Kirche behalten und gebraucht haben, ist von euerer falschen, für die wahre und ursprüngliche ausgegebenen, vorher nicht einmal ein Schatten da gewesen. Worauf ich sagte: Es hat von Anfang an fortwährend eine Gemeinde gottesfürchtiger Leute gegeben, welche die Lehre des Herrn Christi und seiner Apostel rein und unverfälscht behalten und gelehrt haben; diese Gottesfürchtigen machten und machen die wahre Kirche aus. Sind sie gleich vor den Augen der Welt etwas unbekannt gewesen, so hat ja auch die allererste Gemeinde aus keinen andern als wenigen und verachteten Christenleuten bestanden, und ist die wahre Kirche gewesen, obgleich die Hohenpriester, Pharisäer und Schriftgelehrten, die in Würden und Ansehen standen, vorgaben, bei ihnen wäre sie. Aber hierauf mußte ich von ihm vernehmen, es könne nicht mehr als eine katholische Kirche und außerhalb derselben keine Erlösung seyn; weil nun die römische Kirche diese sey, so müsse nothwendig die unsrige eine falsche seyn. Ich solle daher seinem treuen Rathe folgen, solle von meiner ketzerischen Meinung abgehen und römisch werden, wenn ich anders auf meiner Seelen Seeligkeit bedacht seyn und nicht noch etwas Schrecklichers erfahren wolle, als bisher. Ich antwortete wie zuvor, und wurde endlich entlassen, nachdem er vorher über Luther, Bucerus und andere schrecklich gelästert hatte.

Einige Tage darauf besuchte mich Peter Canisius, ein Teutscher, und ein Haupt des neu gestifteten Jesuiter-Ordens. (Derselbe, von den der bekannte katholische Katechismus herrührt. Er war besonders gegen die östreichischen Protestanten betriebsam. Seine Glaubensgenossen nannten ihn den zweiten Apostel der Teutschen, die Lutheraner aber hießen ihn, vielleicht mit Anspielung auf seinen Namen Canis, wegen seines Eifers, die verirrten Schafe in den Stall der römischen Kirche zurückzubeißen, den östreichischen Schäferhund.) Er hatte sich, vielleicht weil ihm mein Name bekannt war, von dem Cardinal de Aja Cäli, als dem sogenannten Schutzherrn der teutschen Nation, die Erlaubniß erbeten, uns im Inquisitions-Kerker besuchen zu dürfen, und ließ mich jetzt in einem besondern Kämmerlein vor sich kommen. „Ich bin,“ sagte er unter andern in einer langen lateinischen Anrede, „auch teutscher Abkunft, und habe nicht unterlassen können, Landsleute, die ich in so großer Gefahr wußte, heimzusuchen, um ihnen beizustehen, so viel mir irgend möglich ist, habe daher andere dringende Geschäfte hintenan gesetzt und mir die Mühe nicht gespart, von den zur Inquisition bestellten Cardinälen die Erlaubniß zu erhalten, euch hier zu besuchen“ – und was dergleichen honigsüßen Worte mehr waren. Dann fragte er gleichsam mit Verwunderung, wie wir denn an diesen traurigen Ort gekommen wären? Ferner: welche Speise wir bekämen? – Ob ich nicht das eine und andere nöthig hätte? Ich erzählte ihm, was auf die erste Frage zur Antwort diente, und obgleich ich aus seiner Kleidung erkannte, zu welcher Secte er gehörte, so ließ ich ihn doch die beiden andern nicht umsonst gethan haben, sondern bat ihn, er möchte an mir, aller Hülfe entblößtem Fremdlinge, wirklich und mit der That beweisen, was er mit so freundlichen Worten versprochen hätte. Zugleich fragte ich auch nach seinem Namen, damit ich meinen zukünftigen Wohlthäter doch kennen und nicht vergessen möchte. Man nennt mich Peter, sagte er lächelnd und lenkte das Wort auf etwas Anderes; denn er wollte mit seinem eigentlichen Namen nicht heraus. Jetzt ermahnte er mich, fein zu bedenken, wo ich hier zu Hause wäre? Nicht genug könne er sich verwundern, daß ich mich hier noch zu so gräulichen, längst verworfenen Irrthümern bekannt habe, wie ich gethan etc. Kurz er wiederholte mir das ganze Liedlein, das ich von den Vorigen gehört hatte, nur unter anderm Scheine, mit zierlichern und gleißnerischern Worten. Aber ich antwortete ihm auch nichts anderes, als ich jenen geantwortet hatte. Zuletzt bot er mir seine willigen Dienste noch einmal mit lieblichen Worten an. ich kannte nun aber den schlauen Fuchs, meinte ihn auch im Jahre 1557 zu Worms oftmals gesehen und in der dasigen Pfarrkirche predigen gehört zu haben. Doch glaubte ich eine Bitte um eine geringe Dienstleistung an ihn thun zu dürfen, - die Bitte, mir doch die Psalmen Davids zukommen zu lassen, damit ich in meinem Kerker Trost und Labung daraus schöpfte. Das versprach er auch zu thun und mir sonst noch zu verschaffen, was ich bedürfte; doch erinnerte er dabei, daß ich besser thun würde, das Amt der heiligen Jungfrau Maria fleißig zu lesen, denn die darin stehenden Gebete haben wunderbare Wirkungen gethan, wovon er mir auch erzählte. Aber ich bestand auf den Psalmen, weil mir das Amt der Jungfrau Maria ein unbekanntes Buch sey, worauf er sich auch ganz gutwillig gegen mich stellte und mich verließ. Aber wie hielt er sein Versprechen? Statt der Psalmen schickte er Julius Cäsars Commentarien über den Gallischen Krieg, nebst dem Romane Amadis von Gallien, und etliche Tage darauf auch eine Schrift des polnischen Bischofs Hosius, worin unter andern steht: von der Bibel müsse man sich nicht lehren lassen, sondern von Gott. Die Arbeit, die man auf jene verwende, sey vergeblich, den die Schrift sey eine Creatur und ein dürftiges Element. Würde sie nicht nach der Meinung der römischen Kirche ausgelegt, so sey sie nicht Gottes, sondern des Teufels ausdrückliches Wort, das er durch seine Glieder lehre. (Uebrigens war dieser Hosius bey allen seinen falschen Ansichten ein Mann, der die gewöhnlichen Ränke nicht verstand, sondern offen und ehrlich handelte.) Ich las mit meinem Neapolitaner einige Blätter darin, die vom römischen Gottesdienste handelten und uns leicht errathen ließen, warum es mir von Canisius zugeschickt seyn möchte. Aber dieser verfehlte seinen Zweck; denn wir warfen das Buch in ein Eck unseres Kerkers, wo es ungelesen und mit Staube bedeckt liegen blieb. Statt der verlangten Psalmen aber bekam ich eine ganze lateinische Bibel in die Hände, die mein Neapolitaner heimlich durch seinen Bedienten erhalten hatte und in seinem Bette versteckt hielt. Daraus tröstete ich mich denn und bekam nachher, gleich nach meiner Befreiung, auch das Psalmbuch nach dem ich noch immer ein sehnliches Verlangen hatte. Rieter kaufte es mir auf einem Markte in Rom, ich las es fleißig durch und habe dies Exemplar noch.

Einige Tage nach seinem Besuche schickte mir Canisius bald zwei bald drei seines Ordens zu, worunter auch etliche Teutsche waren, z.B. Christoph Rosenbusch aus Stuttgart, - sämmtlich wunderfreundliche Leute und demüthig von Gebehrden, aber voll böser List im Herzen, und gekommen, mich durch ihre Lügenkünste von dem Wege der Wahrheit abzubringen. Sie sprachen mit mir von der Messe, von der Gewalt der römischen Kirche und der Päpste, von der Anrufung der Heiligen, vom Fegefeuer und andern Artikeln, auf die ihr Antichristenthum wie auf einen Felsen gebauet ist. So spitzfindig und argsinnig manches war, was sie vorbrachten, so war doch das Meiste so ungereimt und abgeschmackt, daß es unsere Schulknaben, wenn sie nur einigen Grund der christlichen Erkenntniß haben, widerlegen könnten. Ich aber ließ mich mit diesen Erzheuchlern und Ottergezüchten (denn so muß ich sie nennen) eben in kein Disputiren ein, sondern antwortete ihnen, wie den Uebrigen, ganz schlicht: ich glaube einfältig und nehme für gewiß an, alles was der Herr Christus, die Propheten und Apostel hinterlassen und aus ihnen in die Augsburgische Confession aufgenommen worden. Das sey mir zu meiner Seligkeit hinreichend, und ich wolle Gott bitten, mich in dieser Einfalt zu erhalten. Sie drangen aber heftiger auf mich ein und suchten unter vielen Schmähungen auf Luther und Andere ihre Götzerei mit nichtigen Gründen aus den Kirchenvätern zu beweisen, und da ich hierauf wieder schlechtweg erklärte, ich gedächte mit Gottes Hülfe bei meiner Meinung zu verbleiben, sahen sie wohl, daß mit mir nichts auszurichten wäre, und gingen grimmig und mit schrecklichen Drohungen hinweg. Einer von ihnen, dessen Namen ich nicht habe erfahren können, hatte ein ganz abscheuliches Gesicht und einen ordentlichen Wolfsrachen, tröstete mich aber durch seinen widrigen Anblick mehr als daß er mich damit erschreckte. Dieser drohete mir zum öftern mit Martern und Feuer, wenn ich bei meiner Ketzerei bleiben würde. Jener Würtemberger, Rosenbusch, war mir bereits aus seiner Druckschrift bekannt. Nachher hat er gegen seinen Landsmann Lucas Osiander (Dies war der ältere Lucas Osiander und Vater des jüngern, der als Canzler der Universität Tübingen starb.) geschrieben und in dieser Schmähschrift auch Rieters und meiner gedacht; aber von allem was er von unserm Schicksale in Rom sagt, ist nichts wahr, als daß wir der Gefangenschaft entlassen worden sind, das Uebrige alles ist Lüge; wogegen später bei der Cammer-Visitation im Jahre 1600 andere Glieder dieses Ordens, ganz gegen Jesuitische Weise, von mir die Wahrheit bezeugt haben.

Zu allen diesen Anfechtungen von außen kamen die weit schwerern der innern Angst und Noth. Wenn ich so für mich nachdachte, wie ich, entfernt von allen Freunden, aller menschlichen Hülfe beraubt, und den grausamsten Feinden Preiß gegeben, da im Kerker schmachtete; wenn ich sehen mußte, wie die allerunschuldigsten Menschen in eben diesem Gefängnisse wegen Bekenntniß der Wahrheit gepeinigt wurden; wenn ich Tag und Nacht ihr Seufzen hörte und jeden Augenblick erwarten mußte, daß solche Martern auch mich treffen würden: dann ward ich von Angst und Schmerzen fast zu Boden gedrückt und erfuhr es jetzt, was die Noth und Trübsal bedeute, über welche die Gottesfürchtigen in ihrem Kreuz und Leiden klagen. Einige Male bemächtigte sich meiner eine solche Angst und Noth, daß mir fast der Athem ausbleiben wollte und meine verdunkelten Augen bei hellem Mittage das Tageslicht nicht sahen. Die Zeit der Ruhe, die jene Diener Satans mir ließen, nahm dieser Versucher selbst ein; ohne Unterlaß bestürmte er mein Gemüth und plagte mich mit allerlei wunderbarlichen Eingebungen. Bald hielt er mir alle meine Sünden, die ich von Jugend auf begangen hatte, wie auf einer Tafel gezeichnet vor, (Vielleicht wird unter meinen Lesern wohl einer seyn, der erfahren hat, was es heißt, wenn einem sein ganzes sündhaftiges Leben in einem kurzen und schnellen Ueberblicke vor die Augen gerückt wird.) und wußte sie mir meisterlich zu vergrößern. Bald malte er mir vor die Augen, wie hier mit den Lutheranern umgegangen wird, wenn man sie im Saale vor der Brücke der Moles Hadriani, als die abscheulichsten Menschen zum Tode verurtheilt, - bald die Schrecknisse des Scheiterhaufens und die Qualen der Tortur. Auf’s reizendste dagegen wurde mir von dem Lügner die Lust dieser Welt dargestellt und das Glück der vergänglichen Güter hoch angepriesen, - eine Versuchung, die mich um so härter anfocht, als sie theils von Drohungen, theils von schmeichelnden Versprechungen begleitet waren.

Doch so elend auch mein Zustand war, so allein ich mit mir dastand, so war ich doch von der Güte und dem kräftigen Beistande meines Gottes nicht verlassen. Gnädiglich hielt Er mich, wenn ich fast niedersank, so aufrecht, daß das zerstoßene Rohr nicht zerbrach und das glimmende Tocht nicht verlöschte; immer richtete mich Kleinmüthigen der Trost seines Geistes wieder auf.

In dieser Zeit der Anfechtung schrieb ich mir auch, um mich zu trösten und zu stärken, das eine und das andere Wort der Erweckung in meinen Kalender, als: am 6ten Junius: „Nicht uns, Herr, nicht uns, sondern deinem Namen gieb Ehr“ und: „Er hat mich ins Dunkele gestellet gleich einem Todten.“ Am 13ten nach der Anfechtung durch Canisius: „Reiße aus der Hand des Hundes meine Seele.“ Am 17ten: „Viele Hunde haben mich umgeben.“ Am 20ten: „Ein zerknirschtes und zerschlagenes Herz wirst du, o Gott, nicht verachten.“ Am 24ten, da ich schreckliche Drohungen hatte hören müssen: „Wird aber Gott seine Auserwählten nicht rächen, die zu ihm schreien Tag und Nacht? Ich sage euch, er wird’s thun.“ Endlich am letzten dieses Monats: „Der Herr ist nahe denen, die zerschlagenen Herzens sind.“

Am dritten Julius endlich kam es zu einem Auftritte, auf den ich durch die genaue Erzählung meines Neapolitaners schon genugsam vorbereitet war. Es ist nemlich gebräuchlich, daß entweder zu Ende oder kurz nach dem Anfange jedes Monats acht Cardinäle nebst dem Bischof-Statthalter im Inquisitions-Hause erscheinen und sich in einem ziemlich geräumigen, prächtig zugerichteten, tapezierten Zimmer versammeln. In der Mitte desselben sitzt der Inquisitor nebst dem Inquisitions-Richter und den Canzley-Schreibern an einem Tische. Der Statthalter aber hat seinen Sitz auf einem besondern Stuhle neben der Thür, umgeben von bewaffneten Trabanten, die den Gefangenen Schrecken einjagen sollen, wenn sie vorgefordert und examinirt werden. Jeder derselben ist einem bestimmten Cardinale überantwortet und anbefohlen, der ihn dann ausfragen muß und für seinen Patron gilt. An diesen darf er sich auch schriftlich wenden und von ihm begehren, was er bedarf. Vor einer solchen Versammlung hatte ich jetzt auch zu erscheinen. Trotz meinem traurigen Gemüthszustande hatte ich mich daher auf eine kleine Rede vorbereitet, die ich an die Versammelten halten wollte, sobald sie eine Frage an mich stellten, wiewohl ich nicht wußte, ob sie auf diese passen würde. Ich wurde vorgeführt und wie ein Missethäter in die Mitte des Zimmers gestellt. Die Cardinäle murmelten unter einander und fragten, (als wüßten sie das nicht) wer ich wäre? Jener Cardinal von Alexandria, der unsere Gefangennehmung bewirkt hatte, antwortete auf italienisch: „Er ist einer von den teutschen Gefangenen“; worauf der Notar wissen wollte, ob ich auch italienisch spräche. Der Cardinal sagte ihm, ich wäre fertig im Lateine, und redete mich in dieser Sprache mit der Frage an: Warum bist du hierher gekommen? Auf diese Frage paßte nun gerade meine ausstudirte Rede vortrefflich, und ich hielt sie mit eben so viel Geläufigkeit als gebührender Ehrerbietung. Ich stellte ihnen darin vor, wie ich hier meine kostbare Zeit und die Kräfte Leibes und der Seele in einer Gefangenschaft aufopfern müßte, in die ich doch so durchaus unschuldig gerathen sey; - mit welchen Schmerzen meine Eltern die Botschaft vernehmen würden oder schon vernommen hätten, daß ich den Kerker gefunden in dem Lande, wo ich Wissenschaft und Künste habe suchen sollen und der Teutsche sie lieber suche als im eignen Vaterlande. Sicher und des verschiedenen Religions-Bekenntnisses wegen unbesorgt, ziehe der Teutsche nach Italiens hohen Schulen; eben so sicher aber lebe der italienische Jüngling und Gelehrte im protestantischen Teutschland seine Studien. Ich dürfe daher wohl hoffen, daß auch ich der Freiheit, die hier dem Studirenden zustehe, nicht länger beraubt seyn und zu den Meinigen ungehindert zurückkehren werde etc.

Alle sahen mich, da ich ausgeredet hatte, gar freundlich und mit Wohlgefallen an, und nun fing der Cardinal Alexandrinus an, mich zu ermahnen, daß ich doch wohl überlegen sollte, in welcher Lage ich wäre. Ich hätte es ja als eine besondere göttliche Schickung anzusehen, daß ich nach Rom gekommen wäre und hier nun veranlaßt würde, von meinen offenbaren Irrthümern und der schelmischen Ketzerei abzukommen. Ich solle also zum wahren, zum römisch-katholischen Glauben übergehen. Wollte ich das, so sollte mir sein und seiner Brüder Cardinäle getreuer Beistand dazu nicht fehlen. – Jetzt erhob sich auch der Cardinal Alciatus ein wenig von seinem Sitze, wiederholte mit gleicher Freundlichkeit dasselbe Anerbieten, und setzte hinzu: „wenn du bei mir leben willst, so will ich machen, daß du dein gutes Fortkommen hast, und du sollst mich zu deiner Beförderung allzeit bereitwillig finden.“

„Solche freundliche Erbietungen,“ antwortete ich, „sind rühmlich und müßten billig von mir mit vielem Danke angenommen werden, wenn dies mit gutem, unverletztem Gewissen von mir geschehen könnte. Aber mein Gewissen erlaubt mir nicht, von der einmal erkannten Wahrheit abzugehen, sondern es dringet mich, bei derselben beständig und ernstlich zu beharren. Ich kann also weiter nichts als wiederholt bitten, daß ihr wohl erwägen möget, wie viel ich hier an meiner kostbaren Zeit und an meiner Gesundheit verliere, und mich aus dieser Haft lassen.“ Aber der Cardinal Alexandrinus begann aufs neue in mich zu dringen und mir ans Herz zu legen, daß ich über den so höchst wichtigen Gegenstand seiner Ermahnungen doch ja reiflich nachdenken möge, um mich dann, wenn ich wieder vorgefordert würde, entschieden darüber erklären zu können, was ich thun und was ich lassen wolle?

Nachdem man mich noch über meine Beköstigung und andere Kleinigkeiten gefragt hatte, führte mich der Kerkermeister Cynthius, ein gar lieber und freundlicher Mensch, in mein Gefängniß zurück, wo ich es nun erst recht einsahe, daß mir die Cardinäle nichts als täuschende, lügenhafte Schmeichelreden vorgebracht hatten, wie mir dann auch der Neapolitaner versicherte, daß das alles nichts als Trug und Heuchelei sey. Darum nahm ich meine Zuflucht wieder zum Gebete um den Beistand des Herrn, als zu meinem einzigen Anker und Troste. In meinen Calender schrieb ich für heute: „Dir ist überlassen der Arme, du wirst des Waisen Helfer seyn.“

Nun gesellte sich zu den beständigen Anfechtungen von außen und innen bald noch ein drittes Leiden; denn nicht lange, so unterlagen auch die Kräfte des Leibes, und ich verfiel in eine ruhrartige Krankheit, die von stetem Fieber begleitet war. Allein gerade in diesem Uebel fand ich einen Trost für meine Leiden, indem ich glaubte, Gott habe mir die Krankheit zugeschickt, um mich aus den grausamen Händen meiner Feinde zu reißen und in Friede und Ruhe aus diesem Leben scheiden zu lassen. Ich suchte daher meinen leiblichen Zustand zu verbergen, so gut ich konnte, und stand, wenn man mir das Essen brachte, aus meinem Bette auf und ging in der Kammer umher, als fehle mir nichts. Unsere Kost war schlecht genug, aber als mich der Inquisitions-Koch besuchte, so hütete ich mich wohl, ihn meine Krankheit merken zu lassen. Zudem hatte ich gar keinen Appetit, und es kam mir auch das zu Gute, daß ich des steten Fiebers ohngeachtet von keinem Durste geplagt wurde. Endlich aber kam man durch den Geruch meiner faulen Exkremente, die täglich in irdenen Gefäßen herausgetragen wurden, von selbst auf den Gedanken, daß ich krank seyn müßte. Man schickte den Inquisitions-Arzt, einen arglistigen, bösen Menschen und abgesagten Feind der Lutheraner. Er fand mich im Bette liegend und griff mir nach dem Pulse; aber ich bewegte meinen Arm so hin und her, daß er aus dem Pulse nichts abnehmen konnte. Das erbitterte ihn; er warf grimmige Blicke auf mich, kehrte mir den Rücken und fragte, mich nur von der Seite ansehend: Wer bist du? – Ein Christ, antwortete ich. – Ein Christ? Nein, ein Erzketzer und lutherischer Schelm bist du, sagte er und ging zur Thür hinaus, um nimmer wieder zu kommen. Nachher hörte ich, daß er den Inquisitoren gesagt hätte, ich sey ein überaus loser Ketzer und stelle mich krank, man solle mir also nicht glauben. – Eine Lüge, womit mir damals gerade gedient war, da ich ja wirklich nicht krank seyn wollte.

Indem ich nun schon in der vollen Hoffnung lebte, daß mich Gott durch diese Krankheit erlösen wolle und werde, siehe! da kam ein neuer Bestürmer der obigen Art über mich, der spanische Bischof Ferdinand von Malaceri. Ich wurde zu ihm in ein hübsches, wohl geputztes Gemach geholt und mußte hier eine wohl gesetzte und gut zugerichtete Rede so voll Sophismen als rhetorischen Figuren anhören, die in einem Langen und Breiten von dem guten Vater, von der Anrufung der Heiligen, vom Fegefeuer, der Gewalt des Papstes und der Kirche etc. handelte. Da er aber sahe, daß ich auf dies Geschwätz wenig achtete und ziemlich schläfrig drein sahe, sprang er ganz entrüstet auf und schrie aus allen Kräften: „dort sehe ich den Teufel neben dir sitzen und dir die Ohren zuhalten, daß du meine heilsamen Vermahnungen nicht hören und zu Herzen fassen sollst.“ Alsobald machte er auch den Exorcisten und rief aus: „Weiche von ihm, du Satan, fahre aus, du unsauberer Geist, denn du hast keine Gewalt an meinem Bruder.“ Aber dies Possen- und Gaukelspiel hatte keine andere Wirkung, als daß ich lachen mußte und heiterer gestimmt wurde, als ich gewesen war. Da er also auch diese Mühe verschwendet sahe, ging er zornmüthig von dannen, versprach jedoch wieder zu kommen und empfahl mir auch, auf mein Heil fleißig bedacht zu seyn. Wirklich stellte er sich bald darauf zum zweiten Male ein, jetzt aber eine ganz andere Figur spielend. Denn jetzt kam er bloß mit zuckersüßen Worten und versprach mir lauter goldene Berge. Ich sollte, hieß es, mit nach Spanien, da sollte ich in seinem Bisthume wie ein Bruder gehalten seyn, zwei schöne neapolitanische Pferde sollten mir werden, ein ansehnlicher Jahrgehalt werde mich in den Stand setzen, wie ein Edelmann vollauf zu leben. Dies und noch mehr solle mein Lohn seyn, wenn ich in den Schoos der römischen Kirche zurückkehren, und zum Zeichen meiner aufrichtigen Sinnes-Aenderung mit ihm in die nächste Capelle gehen wolle, um daselbst seine Fürsprecher, die Heiligen, anzubeten.

In der That machten diese goldenen Versprechungen, vorzüglich die der zwei neapolitanischen Pferde Anfangs einigen Eindruck auf mich; denn ich bin, wie in meinem Namen Philippus, so in der That ein Pferdeliebhaber. Aber ich besann mich bald und erkannte, daß Satan mich bei meiner schwachen Seite fassen wollte. Auch konnte dieser sein Diener in Gebärden und Mienen den Schalk nicht ganz verbergen. Daher sagte ich mit kurzen Worten, ich könne weder durch Versprechungen noch durch Drohen von der Religion abgebracht werden, in der ich auferzogen sey, sie habe tiefe Wurzel in meinem Gemüthe gefaßt und könne nimmer herausgerissen werden. Gott, der Barmherzige, werde mich auch für immer darin erhalten. – „Was,“ sagte er, „du verachtest mich und meine Versprechungen?“ Keineswegs, versetzte ich, sondern ich bedanke mich gar sehr dafür, und könnte ich sie mit gutem Gewissen annehmen, so wäre ich wohl ein Thor, wenn ich’s nicht thäte. weil ich das aber nicht kann, so bitte ich Eure Würdigkeit, mir in diesem meinem Elende und Herzeleid nicht weiter beschwerlich zu seyn, und über mich kommen zu lassen, was über mich kommen will. Denn ich lebe der gewissen Zuversicht, daß ich durch Gottes Beistand jegliche Widerwärtigkeit werde tapfer erdulden können.“ Allein er hörte noch nicht auf, sprach von dem großen Mitleiden und der brüderlichen Liebe, womit er meine klägliche Halsstarrigkeit ansähe, und ergriff dann wieder das Mittel der Drohungen, indem er unter andern sagte: „Willst du denn nicht in den Schoos der Kirche zurück, so wird man dich bald was anders hören lassen. Da wird’s heißen: entweder zur Kirche, oder ins Feuer mit Schmach und Schande.“

Ueber diesem Hin- und Herreden stellte sich mein Fieber-Paroxysmus mit Heftigkeit ein, und ich brach in die Worte aus: „Nun, wenn wir denn so elendiglich sterben müssen, so werden wir doch nicht ungerochen sterben!“ – Mit diesen Worten stand ich auf und wollte gehen. Aber er hielt mich zurück, und sagte mit Heuchel-Thränen: „Wir wollen ja nicht daß du sterbest, sondern daß du dich bekehrest, und dann bei uns in Ehren und Würden lebest!“ „Nein, antwortete ich, ich bleibe bei meinem Glauben unabänderlich,“ und hiermit hatte ich ihn mir für immer vom Leibe geschafft. Fast traurig ging er von dannen, aber ich habe auch bemerkt, daß ihn meine mit Nachdruck gesprochenen Worte: so werden wir doch nicht ungerochen sterben, etwas aus der Fassung gebracht hatten. Denn er muß gedacht haben, mir sey etwas davon zu Ohren gekommen, daß sich die Römischen aus einer Ursache, von der ich unten erzählen will, zu fürchten angefangen haben, wovon ich aber bis jetzt nichts wußte.

Uebrigens war dieser Bischof sowohl als jene Jesuiten lauter ungebetene, ungern gesehene Gäste im Inquisitions-Hause. Denn ich habe es deutlich bemerkt, wie gar unlieb es den Inquisitoren ist, wenn sich andere Partheien in ihre Geschäfte mischen, um ihnen den Ruhm der Ketzer-Bekehrung wegzuschnappen. Diesen Verdienst wollen die Dominikaner allein haben; und besonders groß aber ist ihr Haß und Neid gegen die Jesuiten, wenn sich diese zu den Inquisten drängen. Daher es auch jene Jesuiten nicht ohne Mühe von dem Cardinal de Aja Cäli als Schutzpatron der Teutschen, erhalten hatten, daß er den Inquisitoren befohlen, ihnen den Zugang zu uns Teutschen zu gestatten. Aus eben dieser Eifersucht konnte ich mir erklären, warum einst, da ich zu den Jesuiten geholt wurde und vor dem Gemach der Inquisitoren vorbei mußte, einer von diesen mir den Psalmen-Spruch zurief: „sey getrost und unverzagt und harre des Herrn.“ Sie fürchteten nemlich, es möchte den Jesuiten an mir gelingen, was ihnen bis dahin fehl geschlagen war, und was sie seit den Besuchen der Jesuiten und des spanischen Bischofs nie mehr versuchten. Denn seitdem verfuhren sie immer aufs freundlichste gegen mich, ohne von meiner Bekehrung oder vielmehr Verkehrung ferner ein Wort zu sagen. – Dagegen aber stellten sie mir Netz und Falle:

Eines der gebräuchlichsten Werkzeuge der Hinterlist des Inquisitions-Gerichts sind nemlich die sogenannten Mücken, das ist Menschen, die man unter dem Scheine, als seyen sie Mitgefangene, zu den Eingekerkerten sperrt, damit sie alles, was diese thun und sprechen, ausspähen und auslauschen, um es dann der Inquisition zu hinterbringen. Was nun eine solche Mücke, ist er gleich der verworfenste Mensch, gegen einen Gefangenen aussagt, das gilt mehr als die kräftigsten und glaubwürdigsten Zeugnisse, die für ihn sprechen. Denn diese Söldlinge, um einen geringen Lohn für ihr schändliches Gewerbe gedrungen, gelten als dienende Glieder der sich heilig nennenden Inquisition, und suchen sich durch Verläumdungen in die Gunst ihrer Obern einzuschmeicheln. Ein solcher Elender wurde denn auch zu mir und dem Neapolitaner gesperrt, nachdem ich etwas einen Monat gesessen hatte. Er machte sich ganz vertraulich an uns, und suchte unser Zutrauen zu gewinnen. Dabei wehklagte und schimpfte er über die Inquisition und ihre Härte und Grausamkeit aufs äußerste. Aber Ton und Miene verriethen uns seine Verstellung leicht, und der Neapolitaner, bekannter mit dem Laufe der Dinge in diesem Hause, erkannte bald genug, daß wir es mit einer Inquisitions-Mücke zu thun hätten. Er wies ihn daher mit lauter sauern Gesichtern von sich, und auch gegen mich stellte er sich unfreundlich und fremd. Erst da der Mensch sich hinlegte und in einen tiefen, ruhigen Schlaf fiel, der freilich mit jenem Unmuthe und Wehklagen über sein Schicksal so wenig als der gute Appetit, mit dem er aß, zusammen stimmte, nahete er sich mir und flüsterte mir zu: „der ist eine Mücke, wir wollen uns mit ihm gar nicht abgeben, auch uns alles vertrauten Gesprächs mit einander enthalten, so lange er da ist.“ Diesem Vorsatze blieben wir so getreu, daß er bald sahe, mit uns wäre nichts anzufangen. Man befreiete uns daher von ihm und legte ihn zu andern, vielleicht leichter zu täuschenden Gefangenen.

Mit dem Ende des Julius war wieder die Zeit da, wo die zur Inquisition deputirten Cardinäle die gewöhnliche Visitation zu halten hatten. Ich mußte abermals vor ihnen erscheinen, aber diesmal kam ich kürzer davon. Nachdem sie vom Inquisitor von meiner Beharrlichkeit und zugleich von meinem krankhaften Zustande gehört hatten, sahe mich der Cardinal Alexandrinus lange schweigend und aufmerksam, jedoch freundlich an, und sprach endlich: „Willst du denn noch immer bei deiner Ketzerei bleiben, noch nicht zu uns zurückkehren?“ Was ich immer geantwortete hatte, antwortete ich auch jetzt, so daß der Cardinal nun ganz trocken sagte: „Recht so! denn du wirst bald etwas anderes hören.“ Mit diesen Worten sahe er den Bischof-Statthalter an, und dieser gab ein Zeichen, auf das seine Trabanten, die inner- und außerhalb den Inquisitions-Haufe standen, ein Geräusch mit ihren Waffen machten, als wollten sie hereinbrechen. Aber sie blieben wo sie waren, denn ihr Getümmel war nichts, als ein Theater-Lärm, der mir bloß Angst und Schrecken einjagen sollte. Da aber dieser Zweck verfehlt wurde, so erkundigte sich der Cardinal nur noch nach meiner Gesundheit und Bewirthung, und auch vor ihm stellte ich mich frischer und gesunder als ich war. Jetzt verließen sie mich, jedoch empfahl mit der Cardinal nochmals, fleißiger als bisher nachzudenken, was mir zum Heile und zur Wohlfahrt diente. Dies war die letzte Visitation, die ich hier erlebte, denn nun nahm meine Sache bald eine ganz andere, unerwartete Wendung.

Gestärkter und getrösteter im Gemüthe, obgleich noch immer so matt und abgeschlagen am Leibe, daß ich meinem seligen Hingange entgegen sehen durfte, kehrte ich in meinen Kerker zurück. Hier träumte mir jetzt, ich wäre glücklich und gesund wieder zu den Meinigen gekommen, unterhielte mich in fröhlichem Gespräche mit meinen lieben Eltern und preisete mit ihnen Gott für seine große Barmherzigkeit. Dieser Traum war Balsam und Erquickung für mich. Dagegen plagten mich aber auch von neuem zwei Jesuiten, - Rosenbusch und jenes abscheuliche Wolfsgesicht. Sie ließen mich wegen meines Eigensinnes und der verkehrten Halsstarrigkeit, wie sie es nannten, gar übel an, während ich so schwach war, daß ich kaum sitzen konnte und Mühe hatte, meinen wahren Zustand vor ihnen zu verbergen. Sie fragten, ob ich denn nicht wünschte, daß in ihrem Collegium für mich gebetet würde? O freilich, sagte ich, vereinet nur euer Gebet mit dem meinigen, daß Gott mich in der Wahrheit erhalte. „Nicht doch,“ sprach der hartherzige Wolfskopf, „du mußt bitten, daß Gott dich in der Wahrheit erhalte, wann du erst darin bist, das bist du aber nicht, sondern der allerschändlichste Ketzer bist du. Doch wollen wir für dich bitten, wie es sich geziemet, und morgen wieder kommen und hören, ob du bei deinen Irrthümern bleiben willst.“ Hiermit gingen sie weg, und ich wandte mich mit neuem inbrünstigen Flehen an den Allmächtigen, daß er mir doch einen glücklichen Ausgang aus diesem Jammerthale verleihen möchte.

Meine Krankheit nahm darauf zu, und es schien geschehen zu wollen, um was ich so eben geflehet hatte. ich lag ganz in Schwermuth versunken da, und dieser folgte in der Nacht darauf ein entsetzender Traum. Ich sahe fürchterliche Gespenster-Gestalten, unter ihnen einen Mohren auf einem kohlschwarzen Pferde sitzend und Flammen ausspeiend, die aber verlöschten, ehe sie mich erreichten. (Siehe unten die zweitfolgende Anmerkung am Schlusse.) Gegen Morgen schlummerte ich ein wenig ein und ruhete sanft. Da war es mir, als hörte ich eine überaus liebliche Stimme, die mir sagte: „Siehe zu, daß es dir nicht gehe wie dem Spira!“ Ich erwachte und dachte über diese Worte der Ermahnung nach, von denen ich aber den Namen Spira nicht recht vernommen hatte. Wieder eingeschlummert, hörte ich dieselben Worte von einer noch viel lieblichern Stimme wiederholt, und freuete mich herzlich. Als ich erwachte, fiel mir auf einmal ein, was ich im Sleidanus und Andern von Spira und seiner Widerrufung der Wahrheit gelesen hatte. (Spira war, wie der Verf. in den Schluß-Anmerkungen zu seinem Aufsatze aus einem Buche über die spanische Inquisition bemerkt, nach seinem Widerrufe in die äußerste Schwermuth und Verzweiflung versunken und allem Troste unzugänglich dahin gestorben.) Dies trieb mich zum Danke für Gottes väterliche Fürsorge, die mich so treulich warnte und mir seinen Willen zu meiner Seligkeit an den Tag legte. Nicht mehr mit Furcht wie vorher, sondern fröhlich und unverzagt sahe ich jetzt dem gedroheten Besuche der Jesuiten entgegen. Sie kamen, und fragten, ob ich noch auf meiner Meinung bestehen wollte, und wie ich die Nacht zugebracht hätte? Ich erzählte, was mir widerfahren war, und gab ihnen zu erkennen, wie wunderbar gestärkt in meiner Ueberzeugung, wie erquickt durch den göttlichen Trost ich mich jetzt fühlte. „Wie,“ sprach der Wolfskopf, „du hältst auf nichtige Träume? Was hast du mit Franz Spira und seinen Fabeln zu thun? Soll denn unser Gebet für dich vergebens gewesen seyn? Aber gehe, du halsstarriger Ketzer! Die Strafe, die allen deinesgleichen gebühret, - die Flamme des Feuers ist auch für dich schon bereitet!“ Mit dieser Schmach- und Drohrede verließen sie mich und würdigten mich keines Wortes mehr. Zum Glück aber war dies die letzte Anfechtung der Art, die ich im Gefängnisse erlitt. Ich bezeichnete sie in meinem Kalender mit dem Psalmspruche: „Herr, verziehe nicht, deinetwegen habe ich Schmach erlitten. Ein Schwert ist in ihrem Munde.“

Noch aber wußte ich nicht, daß die Stunde unserer Befreiung nun bald kommen würde, und wünschte mir daher, da Schwermuth und Krankheit mich noch immer gleich niederdrückten, daß ich selig und sanft abscheiden möchte, und zu der Versammlung der Auserwählten kommen, ehe die Feinde ihre Grausamkeit an mir ausließen. Doch daß sie das thun würden, meinte mein Neapolitaner, sey eben nicht zu befürchten. Denn gegen die Teutschen pflegen sie nicht so zu wüthen, besonders gegen diejenigen nicht, die dem spanischen König Philipp, den er nur Philipetius nannte, nicht unterthan wären. In der That muß ich gestehen, daß man mit mir nicht so hart und grausam verfuhr, (Kann vielleicht heißen: „bisher wenigstens nicht verfahren war.“ Auch er würde ohne Zweifel etwas anders erfahren haben, wenn nicht geschehen wäre, was wir unten hören werden.) wie mit andern Inquisitions-Gefangenen, die ich daher zuweilen bei Nacht heulen und wehklagen hörte. Auch war mein Kerker nicht zu enge, hatte einen Kamin und lag gegen Mitternacht, was mir meine peinliche Lage um vieles leichter machte, indem man in den gegen Mittag gelegenen Gemächern von der Hitze so beschwert wird, daß ich einen dalmatischen Bischof von Budoe, der uns gegenüber auf dieser Seite eingekerkert war, beständig seufzen hörte.

Gegen mein Wünschen und Sehnen wollte meine Krankheit nicht zunehmen und mir die baldige Erlösung aus meinem Jammer versprechen. Doch wie es auch kommen möchte, so war ich meiner Seligkeit versichert und blieb immer eingedenk jener warnenden Stimme im Träume und der Worte des Herrn: „Wer mich verleugnet vor den Menschen, den will ich wieder verleugnen vor meinem himmlischen Vater.“

In diesem meinem Zustande kam nun einst kurz nach Mittag der Kerkermeister Cynthius ganz eilend zur Thür herein, setzte ein gläsernes, mit einem Korbe umflochtenes Fläschlein mit Getränke auf den Tisch, und ging so schnell und so schweigend wieder davon, als er gekommen war. Dies Stummseyn, so wie die ungewöhnliche Stunde seines Besuchs und am meisten das Fläschlein machte uns stutzen. Ich schöpfte Argwohn, und dem Neapolitaner war es vollends ganz gewiß, das in dem Fläschlein vergiftetes Getränk wäre. Aber das war ich an ihm schon gewohnt. Er bekam durch seinen Diener an Essen und Trinken, was er durch Briefe begehrte, und wenn er mich dann zum Mitessen einlud, pflegte er wohl zu sagen, er sey gar nicht sicher, daß er nicht einmal eine vergiftete Speise bekäme; denn bei dem Hasse gegen ihn komme er gewiß nicht lebendig oder gesund wieder aus der Inquisition. Ihm zu Liebe versuchte ich dann etwas von dem Essen und hielt ihm die Versicherung vor, daß denen, die Gott fürchten, weder Gift noch sonst etwas schaden könne ohne den Willen Gottes; wornach er dann getroster und fröhlicher aß und trank. So suchte ich auch jetzt seinen Glauben zu stärken und trank einige Schlücklein aus der Flasche. In dem Augenblicke kam Cynthius eilends wieder herein, schrie: laß stehen! laß stehen! und nahm mir das Glas vom Munde und ging wieder. Hierdurch und durch seine Gebärden wurde ich jetzt in meinem Argwohne bestärkt, da überdies das Getränk, ich weiß nicht was für einen süßlichen, aber gar keinen Wein-Geschmack hatte. Doch will ich so wenig behaupten als ich’s verneinen mag, daß es wirklich vergiftet gewesen; nur habe ich nachher so viel erfahren, daß der Arzt, in dessen Kur ich bald hierauf kam, seine Arzneien zugleich gegen Vergiftung eingerichtet hatte. (Mir indeß scheint der ganze Act eine bloße Spiegelfechterei gewesen zu seyn, gleichen Zwecks wie das Lärmmachen der Trabanten des Statthalters. Man wollte nemlich, scheint es, bloß den Gedanken an Vergiftung und durch dieser Furcht vor der Gefahr, von der man an diesem Orte bedroht wäre, in ihm rege machen, damit er vielleicht noch thäte, wozu man ihn nicht hatte bringen können. Wirksamere und strengere Mittel hierzu durfte man bei ihm nicht mehr wagen, weil die Sache eine Richtung genommen hatte, bei der man sich nicht vieles erlauben durfte. – In den Schluß-Bemerkungen stellt es Camerarius auch in Frage, ob nicht jenes nächtliche Gespenst eine Veranstaltung der Jesuiten gewesen seyn möge, da sie Meister in dergleichen Blendwerken seyen.)

Einige Tage nach diesem Vorfalle befand ich mich etwas besser, (Was doch wohl nicht gewesen wäre, wenn er von einem vergifteten Tranke getrunken hätte.) und jetzt endlich schlug auch die Stunde meiner Erlösung. Cynthius brachte mir die Botschaft davon. Voll Freude ins Gemach stürzend, rief er: Die Hand her! die Hand her! und reichte mir die seinige. Was soll das? sagte ich. - Freiheit! Freiheit! rief er jubelnd aus. Aber der Freudige fand einen kalten Zweifler. Denn obgleich ich ihn immer gut gegen mich gesehen hatte, so glaubte ich ihm so etwas doch nicht, da an diesem Orte lauter Arglist, Lug und Trug in der Ordnung sind. Nun, wenn du mir’s nicht glaubst, so wirst du’s bald selbst erfahren, sagte er und ging so lustig weg, als er gekommen war. Denn ich hatte ihm ohnlängst ein Botenlohn für eine solche Nachricht versprochen und so eben mein Versprechen wiederholt.

Nein, Cynthius hatte mich nicht getäuscht, - ich würde wirklich frei, fürerst wenigstens von dieser Gefangenschaft frei! Wie und wodurch so auf einmal? Ein eben so unerwartetes Zusammentreffen von Umständen war es, was mir die Freiheit wieder gab, wie jenes gewesen war, das mich der Freiheit beraubt hatte. Welches? werde ich weiter unten erzählen.

Gleich am folgenden Tage wurde ich vor den Inquisitor, den Inquisitions-Richter, den Kerkermeister und noch eine Person gestellt. Bald nach mir erschien hier auch mein Rieter, den ich seit unserer Verhaftung nicht gesehen hatte, und siehe, da lag alles wieder vor mir auf dem Tische, was man uns in dem sabellischen Gerichtshofe abgenommen hatte, - mein Geld, mein Ring, ein goldenes Kettlein samt einigen Büchern und handschriftlichen Bemerkungen, die ich mir aus Uldarici Zasii commentariis de actionibus gemacht hatte. Dies Buch selbst aber wurde mir vorenthalten, weil es zwar von einem Katholiken geschrieben, aber wie ich es besaß, von einem ketzerischen Buchdrucker in Basel wieder aufgelegt war. Sogar des gelehrten Muretus Empfehlungs-Schreiben an seine Freunde in Ferrara fand ich, obgleich entsiegelt, wieder vor, und schickte sie nachher an den Verfasser zurück. Nur mein Degen, Dolch und Schießgewehr blieben bis zu unserer Abreise von Rom im Sabellischen Hofe aufbewahrt.

Als nun auch Rieter alles Seinige zurückerhalten hatte, ließ uns der Inquisitions-Richter zwei Finger auf das neue Testament legen und versprechen, daß wir ohne Erlaubniß nicht aus Rom gehen wollten, wozu wir uns willig verstanden. Der unfreundliche Inquisitor murrte zwar und meinte, es gehörte zu unserem Eide noch mehr, aber der Richter sagte: es ist genug damit! Ueberhaupt war dieser ein ehrlicher, wohlmeinender Mann; das zeigte er besonders von jetzt an, hatte aber auch schon früher den groben und heftigen Reden des Inquisitors mehrmals gesteuert. (Die zwei Weltlichen, der Richter und der Kerkermeister waren hier also die Menschlichen, die Geistlichen die T….). Auch war er unserm nächsten Bedürfnisse zuvorgekommen und hatte uns in einem großen Gasthofe an der Engelsbrücke zwei schöne, tapezierte Gemächer gemiethet. Selbst für ein Pferd war schon gesorgt, das mich Schwachen und Kranken, der ich zu Fuße unmöglich so weit hätte gehen können, dahin tragen sollte. So verließen wir den Ort unseres Elends, nachdem wir für Kost und Betten das Schuldige bezahlt hatten. Cynthius holte seinen versprochenen Botenlohn, den er im Inquisitions-Hause selbst nicht annehmen wollte, in unserm Gasthofe ab und bedankte sich gar höflich dafür.

Wie schwach und elend immer, so freudig doch darüber, daß ich mit unverletztem Gewissen wieder in Freiheit gekommen war, ritt ich auf meinem mit einer Decke gezierten Rosse zu unserm Gasthofe hin, wo wir Wirth, Wirthin, Betten und alles Uebrige nach Wunsche fanden. Ich schrieb daher heute, den 4ten August, in meinen Kalender die Psalmen-Worte: „Was ist der Mensch, daß du sein gedenkest und des Menschenkind, daß du dich seiner annimmst?“

Allein die schnelle Verwandlung des Leids in Freude hatte den nachtheiligsten Einfluß auf meine Gesundheit; die Krankheit nahm zu und ich mußte mit den Psalmisten beten: Herr heile mich etc. Doch hatte ich so viel Kraft, meinem Bruder Joachim im Bette die freudige Nachricht zu schreiben, daß ich jetzt wieder in Freiheit sey und ein freies Gewissen behalten habe. Zwar war es mir noch nicht ganz gewiß, ob ich nun hiermit völlig erlöset wäre, aber davon versicherte mich nun bald alles, was geschahe.

Kaum nemlich war es ruchbar geworden, - und das ward es sehr schnell – daß wir des Kerkers entlassen wären, als die teutschen Edelleute in Rom mich haufenweis besuchten und mir Glück wünschten, woraus schon abzunehmen war, daß ich mit jedermann frei umgehen könnte. Noch mehr aber, - am folgenden Tage schickte der gewöhnliche kayserliche Gesandte in Rom, Freiherr Prosper de Archa, seine zwei kaiserlichen Hofjunker, Caspar Hirsch aus Oestreich und Berthold a Genth zu mir, gratulirte mir und hieß mich getrost und ohne Sorge seyn, denn wir seyen ganz ledig und frei, und er habe Auftrag von seinem Monarchen und vom Churfürsten August, unserer bestens zu warten und zu pflegen. Wenn wir daher Rath und Hülfe bedürfen, so würden wir ihn willig und bereit finden. Von seinen Junkern solle einer um den andern einen Tag bei uns bleiben und uns behülflich seyn. Auch wolle er mir, da er von meiner Krankheit gehört habe, seinen Arzt schicken.

Wie viel des Guten auf einmal! Innig gerührt und erfreut, dankte ich für diese großmüthigen Anerbietungen des vornehmen Herrn und erkannte in allem die besondere Gnade und Fürsehung Gottes, und daß es demnach sein Wille wäre, mein Leben länger zu fristen und mich gesund den Meinigen wiederzugeben.

Der Arzt des Gesandten, ein fleißiger und frommer Mann, kam am folgenden Tage wirklich. Er untersuchte meinen Zustand, erkundte sich sorgfältig und liebreich nach allem, und sprach mir guten Muth ein. Fieber und Ruh waren auch heute schon nicht mehr so heftig wie im Gefängnisse. Ich mußte auf seine Verordnung täglich zweimal einen gewärmten Saft aus den gestoßenen Knochen von Hennen, deren alle Tage zwei gekauft werden mußten, und dabei einen mit Granatapfel-Körnern angesetzten Wein genießen. Diese Mittel stärkten mich ausnehmend, und die Ruhr sammt der Hitze ließ allmählich nach. Doch dann kehrte das Fieber mit einer solchen Heftigkeit wieder, daß meine Freunde schon am Aufkommen zweifelten und um mein Begräbniß besorgt waren, da in Rom kein Ketzer auf den Kirchhöfen begraben werden darf. Meine Wirthin, eine Griechin von Geburt und römisch-abergläubisch, gab mir daher den wohlgemeinten Rath, einen Geistlichen ihrer Kirche kommen zu lassen, um ein ehrliches Begräbniß zu erhalten. Auch andere, feindlich gegen mich gesinnte Römische äußerten deshalb ihre Besorgnisse, denen ich aber zu verstehen gab, ich wisse gewiß, meine Seele werde an den Ort der heiligen Seelen kommen, und mein Leib, möchte er auch in die Tiber geworden werden oder an einer Landstraße verwesen, die Auferstehung erfahren und mit Klarheit bekleidet werden.

Aber so schlimm als man meinte, stand es um mich nicht; das fühlte ich und das sagte auch der Arzt. Wirklich besserte ich mich auch von Tage zu Tage immer mehr.

Nach einigen Wochen zog auch der Inquisitions-Richter gesundheitshalber in unsern Gasthof, weil da, wo das Inquisitions-Haus steht, die Luft im Sommer wegen zu großer Trockenheit sehr ungesund ist. Er besuchte mich und versicherte, daß nach dem, was er von den Cardinälen gehört habe, hinsichtlich meiner gar nichts mehr zu besorgen sey. Zugleich bot er mir seine Dienstleistungen an, und schickte mir kurz darauf zwei Gefäße mit alten neapolitanischen Rosenzucker, der, wie er sagen ließ, wegen mein Uebel sehr heilsam wäre. Aber, noch immer nicht frei von Argwohn, ließ ich den Rosenzucker stehen, bis mein Arzt heute seinen zweiten Besuch bei mir machte. Dieser benahm mir nicht nur allen Argwohn und versicherte, daß der Inquisitions-Richter ein braver Mann sey, der mich sehr liebte, und seiner Sorgfalt bestens empfohlen hätte, sondern rühmte mir auch diesen köstlichen, selten nach Rom kommenden Rosenzucker als ein sehr dienliches Heilmittel an.

Indem es nun innerlich und äußerlich mit mir wieder besser stand, kam unvermuthet jener schlimme Lutheraner-Feind, - der Inquisitions-Arzt, der meine Krankheit für Verstellung ausgegeben hatte, ganz höflich und freundlich zu mir, wünschte mir alles Gute und trug mir seine ärztliche Hilfe an. Aber da er hörte, daß ich mit meinem jetzigen Arzt sehr zufrieden war, und ich seiner eben nicht achtete, murrte er etwas bei sich und machte sich voll Ingrimm davon.

Einen zweiten Besuch der Art machte mir Rosenbusch mit noch einem andern Jesuiten, aber dieser bekam mir sehr übel. Denn so wie ich sie nur zu Gesichte bekam, machte die Erinnerung an den letzten Auftritt, den ich mit den Jesuiten gehabt hatte, lebhaft in mir auf; ich kam in heftige Gemüthsbewegungen und fühlte augenblicklich einen neuen Anfall von meiner Krankheit. Nach einem kurzen Bescheide auf ihre freundliche Anrede und Versicherung, daß sie es bei ihrer Liebe zu mir nicht hätten unterlassen können, mich wieder zu sehen, kehrte ich mich von ihnen ab nach der Wand zu und ließ sie stumm vor dem Bette da sitzen. Sie merkten, daß sie überflüssig wären, flüsterten noch mit einander und gingen. Gleich darauf kam mein Arzt, und schloß sogleich aus dem Pulse, daß mit mir etwas vorgegangen seyn müßte. Ich erzählte ihm auf sein Befragen, was geschehen war. Gut, sagte er, daß ich das weiß, es soll nicht wieder so kommen! Nun verschrieb er mir neue Arzneien und ging stehenden Fußes zu dem kayserlichen Gesandten. Dieser begab sich unter dem Vorwande anderer Geschäfte zum Papste Pius IV. selbst, und trug ihm gelegentlich vor, was mir widerfahren war. Dies half, denn der Papst ließ sogleich durch den obersten Cardinal der Inquisition den Jesuiten andeuten, daß sie mich nicht ferner beschweren sollten. Das alles erfuhr ich theils durch den Arzt, theils durch Bertholdt de Genth und den Inquisitions-Richter. Letzterer zeigte sich so sehr aufgebracht über diese unverschämte Zudringlichkeit der Jesuiten, und versicherte, daß sie zu dergleichen gar keinen Auftrag von der Inquisition hätten, ja Seiner Heiligkeit selbst sey es äußerst zuwider, daß sie sich in die Inquisitions-Geschäfte und in andere Händel, die sie gar nichts angingen, so zudringlich mischen wollten.

Dem Papste und seinen Dienern war in der That jetzt selbst an meiner Genesung gelegen, - warum? wird unten erhellen. Mein Arzt wußte das nur zu gut, und bald darauf lag er dem kayserlichen Gesandten an, daß ich doch aus meinem jetzigen Logis in ein gesunderes gebracht werden möchte. Denn theils war es bei seiner Lage an der Tiber, wegen der aus dem Flusse aufsteigenden Dünste nachtheilig für meine Gesundheit, theils wegen des Lärms auf der Engelsburg (wo allnächtlich die Schilderhäuser mit einer Glocke oder Trommel besucht werden) für meine Nachtruhe störlich. Auf des Gesandten Veranstaltung wurde ich daher auf dem Jordan-Berge, wo er selbst auch wohnte, bei einem guten alten Manne in ein schön eingerichtetes Zimmer eingemiethet und in seiner eigenen Kutsche, begleitet von Bertholdt de Genth, dahin gebracht. In diesem neuen Logis genas ich nun allmählig wieder so, daß ich am ersten September, wiewohl mit Schwachheit, spazieren gehen konnte. Ehe ich aber erzähle, was nun weiter vorging, muß ich noch nachholen, was mir in der vorigen Wohnung begegnete.

Während ich hier nemlich noch bettlägerig war, kam einst ein alter, wohlgekleideter Mann von ansehnlicher Gestalt, und in Gesicht und Gebärden eher einem Teutschen als einem Italiener ähnlich zu Rieter, und wünschte mit mir allein zu sprechen. Von Rieter zu mir geführt, that er erst einige liebreiche Fragen um mein Befinden und trug mir dann vor, er habe Befehl, mir hundert, zweihundert und noch mehr Kronen auszuzahlen, wenn ich etwa Geld nöthig hätte. An die Wiedererstattung des Vorgestreckten brauche ich für erst nicht zu denken, sondern habe bloß einen Empfang-Schein von mir zu stellen. Ein solcher Antrag, mir, dem in der Inquisition gewesenen Lutheraner, in dieser Stadt gemacht, war mir höchst auffallend. Natürlich also fragte ich vor allen Dingen, wer denn hier mit solcher Liebe an mich dächte? Aber er bat mich, weder nach seinem noch nach des Darleihers Namen zu fragen, sondern das Anerbieten ohne weiteres anzunehmen. Das konnte ich aber nicht, da ich mit Gelde noch hinreichend versehen war, und dankte ihm und dem, der ihn geschickt hatte, herzlich für solche Liebe. Doch behielt ich mir vor, von derselben Gebrauch zu machen, wenn etwa ein unerwarteter langer Aufenthalt in Rom meinen Beutel erschöpfen sollte, besonders da ich dem Arzte und Apotheker ein Ansehnliches zu zahlen haben würde. Auf das hin erbot sich denn der liebe Mann zu seiner Zeit wieder zu kommen, und empfahl mir nur noch, daß ich von diesem mir geschehenen Anerbieten nirgends etwas möchte laut werden lassen.

Er hielt Wort und stellte sich wieder bei mir ein, da wir schon in dem neuen Logis wohnten und ich bereits wieder so wohl auf war, daß ich einige Reise-Anstalten treffen konnte. Dies schien er mit Wohlgefallen zu bemerken und wiederholte nun sein voriges Anerbieten. Aber auch jetzt war ich genugsam mit Gelde versehen, sowohl für meinen fernern Aufenthalt in Rom als für die Reise, da ich so eben 100 Kronen empfangen und einen Wechselbrief auf noch andere 100 in den Händen hatte, nemlich von Schambach in Venedig, der mir, so lange ich in Italien gewesen war, immer das Nöthige hatte zukommen lassen. Der gute Unbekannte bot also seinen Liebesdienst vergebens an, und schied unter freundlichen Danksagungen von meiner und Segens- und Glückwünschen von seiner Seite von mir. Weder Rieter noch ich konnte bei den Wirthen und dem Hausgesinde unserer beiden Herbergen, oder sonst erforschen, wer dieser Mann war. Mir schien indeß, daß er wohl von Peter Victorius in Florenz möchte beauftragt worden seyn. Denn dieser Gelehrte stand mit meinem Vater in sehr vertraulichem Briefwechsel, und scheint durch mehr als die Gemeinschaft der Studien, - nemlich durch eine natürliche Harmonie der Gemüther, so eng mit ihm verbunden gewesen zu seyn; denn ich fand, da ich Victorius persönlich kennen lernte, zwischen ihm und meinem Vater eine ganz auffallende Aehnlichkeit. Daß er wenigstens für meine Befreiung in Rom betriebsam gewesen sey, geht aus seinen Briefen hervor.

Mit meiner Genesung von Ruhr und Fieber war es durch Gottes Beistand und des Arztes Sorgfalt auf’s beste geglückt. Aber jetzt stellte sich dafür ein heftiger, schmerzender Rheumatismus im Rücken, in den Armen und Seiten ein, der mit Geschwulst, besonders in den Gelenken verbunden war. Der Arzt, die Geschwulst besehend, hielt die Mithülfe eines Chirurgen für nöthig und ich gab das, obgleich äußerst ungerne, zu. Es kam einer, aber was war das für ein Wundarzt? „Das ist ein langwieriger Schade,“ sagte er, „der Arm muß durchaus aufgeschnitten werden, damit kein gefährlicheres Uebel dazu schlägt.“ – Der Medicus schwieg still, und ich errieth wohl, wo er mit seiner langen Kur und dem Schneiden hinaus wollte, nemlich mir erst wirklich eine lange Kur machen. Zudem wußte ich, wie es die italienischen Chirurgen mit ihrem Schneiden machen, und hatte selbst ein trauriges Beispiel davon in Ferrara erlebt. Ich erklärte daher diesem Gernschneider, daß ich inwendig gesund, mich von der äußern Geschwulst und den Schmerzen in äußern Gliedern nicht abhalten lassen würde, Rom zu verlassen; ich brauche also seine Dienste nicht. Das vermerkte er gar übel, und kündigte mir weggehend an, daß der Schade gewiß bald so die Ueberhand nehmen werde, daß ich seine Hülfe gleichsam noch fußfällig anflehen müsse. Aber die schlimme Weissagung traf nicht ein; mein Rheumatismus verlor sich ohne Pflaster und alles nach und nach so, daß nun nichts mehr nöthig war, als mich mit dem Arzte und Apotheker abzufinden. Jener that durch Bertholdt von Genth, durch den als seinen vertrauten Freund, ich ihn fragen ließ, die in der That sehr billige Forderung von 30 Kronen; der Apotheker dagegen rechnete mir 50 an. Als ich aber die specificirte Rechnung dem Arzte zeigte, ward dieser äußerst entrüstet über eine solche Forderung, und ging mit der Rechnung zu den Aerzten, die bestellt sind, die Medicamente zu taxiren, damit die Kranken, besonders die ausländischen, nicht zu sehr übernommen werden. Diese setzten die übermäßige Forderung des Apothekers auf die Hälfte herab, und wie sehr er sich auch bei mir dagegen sträubte, so mußte er doch mit den 25 Kronen vorlieb nehmen, und strich sie zornig und drohend ein.

Da auch dies abgethan war, wurde ich mit Ernst auf unsere Abreise bedacht, obgleich mir im linken Knie noch Röthe und Geschwulst geblieben war. (Denn dahin hatte sich das Rheuma zuletzt geworfen.) Nothwendig und unserer eidlichen Angelobung gemäss hatten wir also ganz zuerst um die Erlaubniß, aus der Stadt zu gehen, bei dem Inquisitions-Richter nachzufragen. Von den beiden kayserlichen Hofjunkern und andern Teutschen begleitet, ging ich zu ihm und wurde mit einer, bei seinem Stande und Würden ungewöhnlichen Freundlichkeit empfangen; denn er war mir sehr gewogen. Zuerst von ihm beschenkt, hatte ich ihm mit einem kleinen goldenen Ringe und einer Elenklaue, die gegen allerlei Uebel, besonders gegen den Spasmus diente, ein ihm sehr angenehmes Gegengeschenk gemacht. Jenen trug er beständig am Finger ohne zu fürchten, daß er mit Ketzerei vergiftet würde. Auf unsere Anfrage antwortete er, daß wir ohne Sorgen und in Frieden ziehen könnten und keine weitere Erlaubniß abzuwarten hätten. Nur riethe er uns aus gewissen Ursachen, nicht länger zu säumen. Denn einige spitze und feindselige Gesellen wollen es noch wagen, uns mit arglistigen Anschlägen nachzustellen und unserer Abreise Hindernisse in den Weg zu legen. Eben diesen Rath gab uns der kayserliche Gesandte, von dem wir uns hierauf verabschiedeten. Vom Papste, von den Cardinälen und der Inquisition, sagte er, habt ihr nunmehr nichts mehr zu befürchten, aber es giebt Einige, die noch alles gegen euch aufbieten werden, wenn ihr länger bleibet. Der verfluchte Jude Morarius, setzte er zornig hinzu, der euch mit seinen Lügen in dies Elend gebracht hat! (Er meinte jenen getauften Juden aus Ferrara, von dem ich oben erzählt habe.) Nachdem er uns nun noch seine Dienste, wenn wir Geld oder sonst etwas nöthig hätten, von neuem angeboten hatte, entließ er uns mit der Milde und Freundlichkeit, womit er uns empfangen hatte, und wollte nicht einmal unsern Dank annehmen, weil er ja alles Liebe und Gute, was er uns erwiesen, auf Befehl und Auftrag seines Kaysers, so wie des Churfürsten August und anderer Herrn gethan hätte.

Daß beide, der Inquisitions-Richter und der Gesandte, unter den Leuten, vor denen sie uns warnten, die argen Jesuiter verstanden, erriethen wir leicht und mußten wir auf unserer Reise noch erfahren. Ohne Zweifel auch waren sie die Urheber eines falschen Gerüchts, das über uns in Rom erscholl. Da es mir noch zu Ohren kam, ehe wir die Stadt verließen, so ließ ich einen Aufsatz über die wahre Ursache unserer Verhaftung und Befreiung von den dortigen Teutschen, die mit dem ganzen Hergange der Sache eben so bekannt waren wie wir, mit ihren Namen unterschreiben, damit wir jedem, der unsere Geschichte nach Grunde der Wahrheit wissen wollte, ein Zeugniß unserer Unschuld aufzuweisen hätten.

Nach Bezahlung aller unserer Schulden reisten wir am 27ten September ab, Rieter zu Pferde, ich aber auf einem Maulthiere; denn dies hatte mir der Inquisitions-Richter noch nach unserer Verabschiedung von ihm rathen lassen, weil er mich hatte hinken sehen und ein Maulthier sanfter trägt als das Pferd. Aber dieser freundschaftliche Rath war bloß für die erste Tagereise wohlthätig; denn schon in Castell nuovo, unserm ersten Nachtquartier, fand ich des Morgens nach einem erquicklichen Schlafe allen Geschwulst am Knie verschwunden, und nichts zurückgeblieben als eine schmerzlose Röthe. Ich blieb auch von da an ohne fernere Beschwerden durch mein Bein.

Auf der dritten Tagereise kamen wir bis Spoleto, bis wohin Felix Lameneth von Augsburg, auch ein Hofjunker des kayserlichen Gesandten und Schwester-Sohn von Kayser Ferdinands Vicecanzler Sigmund Seld, unser Begleiter war. Indem wir nun hier Abends beim Kamin-Feuer berathschlagten, wie wir unsere Reise durch Romagna am besten zurücklegten, fiel uns glücklicherweise ein, daß wir in der Mark Ancona die Götzen-Stadt Loretto passieren müßten, und wenn die Jesuiten uns nachstellten, es ihnen an diesem Wohnsitze des Aberglaubens ein Leichtes seyn würde, ihre Bubenstücke an uns auszuüben und uns von neuem in Verlegenheiten zu bringen, die besonders mir, dem eben Genesenen, nicht wohl bekommen möchten. Wir beschlossen daher, lieber die ungewöhnliche aber sicherere Straße durch Hetrutien zu ziehen und hier in Siena einzukehren, wo wir ja teutsche Freunde finden würden, die Rieter noch von seinem mehr als einjährigen Aufenthalte her kannte.

Diesen Gedanken führten wir aus, und wie wohl wir daran gethan, lehrte uns bald ein Schreiben unsers Begleiters Lameneth, der, wie gesagt, von Spoleto nach Rom zurückgekehrt war und uns von hier aus nach Siena folgendes zu wissen that:

Als er auf seiner Rückkehr eben durch Narnia, unser erstes Nachtquartier, gekommen war, begegnete er einer Zahl Jesuiten, die zu Pferde eilig ihrer Straße zogen und ihn fragten, ob er nicht zwei Teutsche gesehen hätte, die nach Spoleto reisten? Ja wohl, sagte er, ich selbst habe sie mit Erlaubniß des kayserlichen Gesandten bis Spoleto begleitet. Sie sind nun von da weggezogen, wollen durch Romagna nach Loretto und von da weiter nach Ravenna. Auf diese willkommene Nachricht beschleunigten sie ihren Ritt, aber waren nach Gebühr angeführt worden.

Mit ihrer gewöhnlichen Arglist müssen sie also vor unserer Abreise ausgekundschaftet haben, wann und welches Weges wir von Rom aus ziehen würden. Wie liebevoll also war Gottes väterliche Fürsorge gewesen, daß er uns in Spoleto jenen Gedanken in den Sinn gegeben hatte, und Lameneth unser Begleiter und Zeuge unseres Gesprächs gewesen war. Denn hätten die Jesuiten auf dessen falsche Nachricht nicht als gewiß geglaubt, daß wir nach Loretto zögen, so würden sie sich gewiß in Spoleto nach uns erkundig und wohl erfahren haben, daß wir einen andern Weg eingeschlagen hätten. Um so größere Ursache also hatten wir, uns mit brünstigem Dankgebete ganz dem fernern göttlichen Schutze zu ergeben.

Auf unserer neuen Reise-Route kamen wir am 3ten October nach Perugia, einer päpstlichen Stadt auf dem Rücken der rauhen Apenninen. Sie war wegen Aufruhr und Zwietracht unter den Vornehmen, in die Gewalt des Papstes gekommen, der hier ein festes Schloß erbauet und mit Soldaten besetzt hat. Ihre Einwohner gelten für tapfere Krieger und heißen des Papstes bestes Schwert (la meglior spada del Papa.) Auch hat sie ein Gymnasium universale, das von 1290 an bis jetzt blühet und den berühmten Bartholet, dessen Grab hier auch zu finden ist, zum Lehrer gehabt hat. Gleich als wir hier ankamen und zu einer Herberge wollten, wurde unserer ein Teutscher ansichtig, der in uns sogleich Landsleute erkannte, und sich zu uns that. Er hieß Lang und war der uneheliche Sohn des Erzbischofs von Salzburg. Diese sein natürlicher Vater hatte ihn durch bedeutende Summen in den Stand gesetzt, sich hier mit seinem Bruder anzukaufen. Beide Brüder lebten hier denn jetzt mit ihren Familien wie die Edelleute und galten auch für solche, - eine Ehre, die sie in Teutschland nicht gefunden hätten und nur in Italien finden konnten, wo man es mit der unehelichen Geburt so genau nicht nimmt. Der ältere dieser Brüder, eben der, von dem wir zuerst angeredet waren, erzeigte uns viele Freundschaft und führte uns überall herum, wo etwas Merkwürdiges zu sehen war, unter andern zu dem schönen Dominicaner-Kloster, das am Fuße des Berges liegt. Hier redete uns ein junger Mönch an, der, wie er sagte, ein Nürnberger war; aber da es uns an dieser Stätte nicht ganz geheuer vorkommen wollte, brachen wir das Gespräch mit ihm ab und kehrten mit unserm Begleiter zur Herberge zurück. Allein noch ehe wir sie erreichten, sprach uns wieder jemand an, - ein Schweizer, der uns als Landsleute begrüßte. Er war einer der hiesigen Stipendiaten in dem für Teutsche gestifteten Hause der Weisheit. Nicht lange hatten wir mit ihm gesprochen, als er mich fragte, ob ich denn den Camerarius nicht kennte, der aus der Inquisition zu Rom los, aber dann einige Monate krank geworden, und wenn er genesen, Willens sey, nach Perugia zu kommen? Bei dieser unerwarteten Frage ward es mir natürlich gar nicht wohl zu Muthe, und nichts Gutes ahnend, bediente ich ihn mit der Antwort: Ja doch, ich kenne ihn wohl, aber er ist ohnlängst von Rom weg. Da nun auch, wie wir wohl merkten, unser Begleiter Lang ungern sahe, daß wir mit diesem Teutschen länger verkehrten, so suchte er sich und uns mit guter Manier von ihm loszumachen und brachte uns wieder in die Herberge. Hier deuchte uns nun, alles ermahne uns, je eher je lieber das päpstliche Gebiet zu verlassen und das sichere Hetrurien zu suchen. Doch war dies erst morgen möglich. Heute ließen wir uns von unserm dienstfertigen Landsmann noch seine hetrurischen Alterthümer zeigen, unter andern einen Marmor, auf dem ein alt-etruscisches Menschen-Opfer abgebildet war. Auch bekamen wir von ihm das Alphabet der etruscischen Schrift, womit diese Alterthümer beschrieben sind. Endlich las er uns Livius Beschreibung von der Schlacht vor, in der Hannibal am See von Perugia über die Römer gesiegt hatte, und ermahnte uns, doch morgen, wenn wir an dem See vorbeikämen, das Vorgelesene mit dem was wir sehen würden, zu vergleichen, um des Geschichtsschreibers große Treue der Darstellung zu bewundern.

Am folgenden Tage schieden wir von ihm. Als Geleitsmann, der unsere Pferde zurückführen sollte, gab er uns seinen eigenen Diener mit; ja, wie wir unterwegs von diesem erfuhren, so hätte der gütige Landsmann uns auch seine Pferde geliehen, ohne welche Gefälligkeit wir noch nicht weiter gekonnt haben würden, weil wegen der Weinlese keine Lehnrosse zu haben waren.

Glücklich und gesund kamen wir am zweiten Tage darauf in Siena an und kehrten Anfangs in dem Gasthofe zu den Sirenen ein. Weil wir aber auf dieser Universität in aller Sicherheit und im Umgange mit studirenden Landsleuten leben konnten, und überdies unsere Gesundheit der Stärkung durch Ruhe und die dasige heilsame Luft bedurfte, so mietheten wir uns bei unsern Landsleuten aus Augsburg ein, die eine eigene schwäbische Köchin hielten und also auch an ihren Tisch nehmen konnten. So blieben wir in dieser fröhlichen Stadt bis zum 17ten October, und setzten dann mit erfrischten Kräften unsere Reise fort. Mit uns reiste der Freiherr Johann Pincerna von Limburg. Es ging über Pisa, Luca, Pistoja nach Florenz, wo wir uns wegen der Vermählung des Prinzen Franz mit Austriaca, der Schwester Maximilians II. vom 24ten bis 29ten aufhielten. Noch länger, nemlich vom 31ten bis Ende des folgenden Monats, mußten wir Unpäßlichkeiten halber in Bologna bleiben, von wo es dann nach Ferrara ging. Von da gingen wir am 14ten December weg und trafen am 16ten in Venedig ein.

Hier ließ ich am letzten December meinen Rieter zurück, um in Gesellschaft eines Schlesiers endlich nach Teutschland zurückzukehren. Nach wohl überstandenem Kampfe mit dem tiefen Schnee und der strengen Kälte der Alpen kamen wir nach Weinspruck, von hier nach Augsburg und endlich nach Nürnberg, wo ich durch einige Tage Aufenthalt bei meinem Bruder Joachim neue Kräfte sammelte. Dann eilte ich nach Leipzig zu meinen lieben Eltern, die sich meiner glücklichen Wiederkunft zum höchsten erfreueten. So hatte alles auf’s beste geendet. Darum sey Lob, Ehr und Preiß dem Herrn Christo Jesu, der mich geführet und alles wohl gemacht hat.

Jetzt bin ich noch schuldig, von der Ursache unserer unerwarteten Loslassung aus dem Inquisitions-Gefängnisse die versprochene Meldung zu thun:

Pius IV., unter dem wir eingekerkert wurden, war an sich nicht so grausam in Verfolgung der Lutheraner, wie sein Nachfolger. Aber er konnte nicht thun was er wollte und mußte auf alle Weise den Schein meiden, als sey er gegen die Ketzer zu milde. Denn der Papst ist in allen, die Ketzerei betreffenden Angelegenheiten den acht zur Inquisition bestellten Cardinälen unterworfen, ja er selbst kann von diesen der Ketzerei angeklagt werden.

Der Aergste unter den damaligen Cardinälen war mein Examinator, der oft genannte große Lutheraner-Feind Alexandrinus. Er setzte sich aus allen Kräften unserer Freilassung entgegen, und gewiß wären wir nicht davon gekommen, hätte er nicht die Stimmen der Uebrigen und diese die eingetretenen, zur Milde gegen uns rathenden Umstände für sich gehabt. Er für seine Person würde selbst diesen wohl nicht nachgegeben haben, da man ihn, wie uns aus Rom geschrieben wurde, nach unserer Entlassung öfter hat sagen hören, daß, wenn er damals Papst gewesen wäre, wir dem Scheiterhaufen nicht entgangen seyn würden; und wie leicht hätte uns dies Schicksal treffen können, wenn unsere Loslassung nur noch etwas verschoben worden wäre! Denn schon während wir auf der Rückreise aus Italien und in Ferrara waren, starb zu Anfange Decembers Pius IV., es sucedirte ihm eben dieser unser grimmiger Feind Alexandrinus als Papst V. und wüthete jetzt gegen die sogenannten Ketzer auf’s grausamste. Er ließ den berühmten Gelehrten Anton Palearius und andere Märtyrer, unser denen Julius Zannelli, Peter Carneseci, als Ketzer verbrennen, und der Graf Anton von Ortenburg entkam nur dadurch seinen mörderischen Händen, daß ihn ein getreuer Mann in einem verdeckten Korbe auf den Achseln durch die Thorwächter hindurch aus der Stadt trug. (Bekanntlich ist es dieser Papst, der die berüchtigte Bulle in Coena Domini erlassen hat. Seine unmenschlichen Grundsätze in Verfolgung der Ketzer auszuüben, scheuete er nichts. Er bediente sich dazu sogar der Empörungen und Verräthereien, hieß alle Gewaltthätigkeiten gut, überließ sein Militär an Frankreich etc. Und einen solchen sprach nachmals Clemens XI. heilig, nachdem ihn Clemens X. bloß selig besprochen hatte. (Daß er letzteres wirklich geworden sey, wollen wir wünschen, daß er aber ersteres gewesen, werden uns seine Biographen schwerlich überreden.) Dieser Papst hieß mit seinem Familien-Namen Michael Gheisleri und war zu Bosco, einem kleinen Landgute bei Alexandria, geboren. Seines Standes war er ein Ziegenhirt, bis ihn einige vorüberkommende Dominikaner-Mönche von seiner Heerde weg mit sich nahmen und in ihr Kloster zu Genua thaten, wo er in den Wissenschaften und im Dienste seines Ordens unterrichtet, durch Fähigkeit und Arglist es nach und nach dahin brachte, daß er endlich Oberhaupt (Generalcommissarius) der Inquisition in Rom wurde. Seit er Papst geworden war, bemüheten sich die Schmeichler, der armen und niedrigen Familie der Gheisler einen edelern Ursprung zu geben. Sie sollte demnach einst in Zeiten der Unruhe aus Bologna vertrieben worden seyn, und zu einem Thore hinausgejagt, das man seitdem verschlossen habe, bis es unter Pius V., wieder geöffnet worden und nach ihm Pia genannt sey. Ein anderes Mährchen der Art bestätigte er selbst als Wahrheit durch ein Dekret.

Allein auch bei den übrigen Cardinälen würde alle Fürsprache hoher Personen, selbst nicht das Schreiben des Rom ergebenen Alberts von Bayern, das an den Papst unmittelbar gerichtet war, nichts für uns gewirkt haben. Wie uns glaubwürdige Personen gesagt haben, ist in ihren Versammlungen mehr als einmal unsere Loslassung der Gegenstand ihrer Berathung gewesen, und in einer derselben kamen sie doch wenigstens dahin überein, daß wir dem päpstlichen Nuncius in Wien durch den kayserlichen Gesandten in Rom wohl verwahrt überantwortet, und von jenem nach Belieben entweder dem Kayser als frei gelassen vorgestellt, oder mit einer Geldstrafe belegt werden sollten, oder daß er sonst etwas mit uns verfügen möchte, was er selbst für gut befände. (Demnach wollte man die Unschuldigen bloß nicht unmittelbar selbst und in Rom frei geben, sondern ihre Freiheit sollte ihnen durch mittelbare Hand und in einem Auslande zu Theil werden, wo der Thron seit Ferdinand I. so äußerst duldsam gewesen und dessen gegenwärtiger Beherrscher sogar als Fürbitter für die Gefangenen geworden war. Auf diese Art hatte es den Schein, als wäre durch den Einfluß weltlicher Milde bewirkt, was geistliche Strenge nie hätte thun können, - als habe man wirklich nicht Schuldlose, bloß um Bekehrungs-Versuche mit ihnen anzustellen, in der Gefangenschaft gehalten, sondern Schuldige, die daher auch wenn ihnen im Ausland Gnade wiederführe, noch immer mit Gelde zu strafen wären. Denn wozu ihnen auf dem Umwege nach Wien die Freiheit geben die man ihnen auf kurzem Wege gleich in Rom schenken konnte?) Weil aber der kayserliche Gesandte sich hierauf nicht einlassen wollte, sondern sagte, er sey zu nichts anderm beauftragt, als um unsere Loslassung zu bitten, so kam es unter ihnen zu mehrerlei andern Vorschlägen, z.B. daß wir bei den Jesuiten oder sonst in einem Kloster so lange verwahrt werden sollten, bis wir unserer Religion absagten und römisch würden. Andere wollten, ich sollte bis zu meiner Genesung in dem nahe bei der Inquisition gelegenen Heiligen Geist-Spitale gehalten werden.

Aber jetzt war es schon nicht Zeit mehr, unsere Entlassung länger aufzuschieben, sondern eben um so eher mußte man sich gedrungen fühlen sie zu beschleunigen, als man nunmehr überzeugt war, daß meine Krankheit eine wirklich und nicht Verstellung wäre, wofür es der Inquisitions-Arzt ausgegeben hatte. Denn wenn ich im Gefängnisse, oder auch nur in einem römischen Spitale starb, so fiel alle Schuld an meinem Tode auf sie, und eine solche Schuld durften sie gegenwärtig nicht tragen. Wir wurden also ohne weiteres so entlassen, wie ich’s oben erzählt habe; und so unerwartet dies uns war, so seltsam und ungewöhnlich kam es allen vor, die gegenwärtig waren oder davon hörten. Meine Eltern und meinen Bruder Joachim machte sogar die unvermuthete Nachricht von unserer Befreiung Anfangs um mich besorgt, als möchte ich etwa deswegen so leicht aus diesen Händen gekommen seyn, weil ich vielleicht im Bekenntnisse der Wahrheit einige Schwäche bewiesen hätte, bis ich ihnen diese Sorge durch meine Briefe von Ferrara aus, ganz benahm.

Was war es denn, was unsere Freiheit bewirkte? Es ging fast wie damals, da es hieß: „ich will ihm einen andern Muth machen, und soll etwas hören, daß er wieder heimziehe“ und da das Gerücht kam von Thirhaka, sagend: siehe er ist ausgezogen wider dich zu streiten. Jes. 37,7,9. Denn was keine Fürbitten der Großen, keine Verwendungen der Freunde gekonnt hatten, das vermochte ein bloßes Gerücht und die Furcht, die es den Päpstlichen einjagte. Die Sache verhielt sich nemlich so:

Zu der Zeit da wir noch im Inquisitions-Gefängnisse saßen, schickte der päpstliche Nuntius in Wien, der Cardinal und Bischof Zacharius Delphicus von Venedig, seinen Canzler Anton Euch, der ein Schweizer und Doctor der Rechte, auch Schriftsteller im Fache des kanonischen Rechts war, an den damaligen Verweser des Bisthums Magdeburg Namens Sigmund. Die bischöflich-magdeburgische Residenz war damals in den Salinia Saxonicis (zu Halle in Sachsen,) wo also sich Anton Euch einige Wochen aufhalten mußte. Nachdem er hier alle seine Geschäfte verrichtet, und zugleich eine große Summe Geldes „aus sonderlichen Ursachen“ zusammengebracht hatte, wollte er durch Meißen, Thüringen, Franken in sein Vaterland, die Schweiz, zurückkehren. Da er nun auf dieser Reise auch durch Leipzig kam, so sprach er als Gelehrter bei einem Gelehrten, bei meinem Vater vor, dem er außerdem einen Credential-Brief von seinem Cardinale, dem päpstlichen Nuntius Zacharias, überreichte. Er überhäufte meinen Vater mit Schmeicheleien wegen seines berühmten Namens und versicherte, er habe deswegen unmöglich unterlassen können ihn zu sprechen, so dringend auch seine eigentlichen Reise-Geschäfte seyen. Noch äußerst betrübt und niedergeschlagen von den Nachrichten, die mein Vater über unser Schicksal zu Rom erhalten hatte, war er eben nicht besonders aufgelegt, sich mit dem freundlichen Heuchler in ein weitläufiges Gespräch einzulassen; doch brachte er natürlich die Rede auf meine Gefangenschaft in Rom. Ich weiß, sagte er, wie still und eingezogen mein Sohn ist, wie unbescholten seine Aufführung, und bin ganz überzeugt, daß er bei seiner Gemüthsart und nach den väterlichen Erinnerungen, die ich ihm zum Abschiede gegeben habe, nichts gethan haben wird, wodurch er sich diese Gefangenschaft hätte zuziehen können. Sein Schicksal ist mir so befremdend, daß ich nicht anders denken kann, als entweder seine Religion oder mein bei den Römischen verhaßter Name die Ursache davon seyn müsse. Wie ist es aber erstere? da es doch sonst den Studiosen, besonders denen der Jurisprudenz, vermöge eigener Privilegien erlaubt ist, überall in Italien und Teutschland, unangefochten ihres Glaubens, den Wissenschaften zu leben, falls sie nur sittlich und eingezogen leben und sich durch eigenes Verschulden keine Ungelegenheiten zuziehen. Ebenso gestatten ja auch wir den Italienern und andern Katholischen, sich in Teutschland aller Orten, wo das Papstthum ausgestoßen und die wahre christliche Religion eingeführt ist, ungefährdet aufzuhalten oder sie zu bereisen, wenn sie nur nichts wider Ordnung und Gesetze thun. Wollen demohngeachtet die Päpstlichen sich beikommen lassen, unschuldige und unbescholtene Teutsche so zu behandeln, wie meinen Sohn, so kann es leicht geschehen, daß man es ihnen wieder so macht. Darum lieber Doctor, sehet wohl zu, daß nicht euch selbst schon unverhofft etwas Widerwärtiges begegnet; denn ihr werdet auf eurer Reise hin und wieder wohl schon vernommen haben, welch Geschrei und Klagen hier und dort über einen so unerhörten Fall ist und wie sehr die Leute überall dadurch aufgebracht sind.

Bei diesen Worten, die er mit aller Milde an Euch richtete, kam letzterer in sichtbare Verlegenheit; sagte aber, - ob nun Wahrheit oder nicht? weiß ich nicht – er wisse von dieser Sache ganz und gar nichts, als was er bei seiner Rückkehr unterwegs gehört habe. Wie es mit meiner Gefangennehmung zugegangen, sey ihm durchaus unbekannt, er wolle aber deshalb an den Nuncius in Wien schreiben und sey versichert, daß die Loslassung der beiden Gefangenen bald erfolgen werde. Somit schied er in Frieden von meinem Vater. Aber wie ging es ihm nun weiter?

Auf seiner fernern Reise kam er zu dem thüringischen Städtchen Cala, (Kahla zwischen Jena und Rudolstadt.) und übernachtete hier auf dem Markte im Gasthofe zum goldenen Stern. Weil er nun unterwegs oft genug selbst Zeuge gewesen war, wie sehr die Gemüther über die unerhörte Grausamkeit der Päpstlichen aufgebracht wären und wie heftig sie sich darüber ausließen, so ward es ihm, obgleich er als Gesandter reiste, jetzt doch ziemlich bange, um seine persönliche Sicherheit. Er bat daher seinen Stern-Wirth, er möchte ihm einen Geleitsmann bis Bamberg mitgeben, von wo er zu Wasser nach Frankfurt und dann nach der Schweiz wollte. Das hörte ein Reiselustiger junger Mensch, der gern fremde Länder gesehen hätte; er bot sich sogleich als Begleiter an, und wurde mit Bewilligung seines Vaters angenommen. Weil nun Euch mit seinen zwei oder drei Leuten die er mitgenommen hatte, nicht zu Wagen, sondern zu Pferde reiste, so that der Geleitsmann unterwegs den Vorschlag, ob man nach Saalfeld nicht lieber den kürzern, zwischen Bergen durchgehenden Weg und die gewöhnliche Landstraße ziehen sollte? Deß war Euch zufrieden, uns so ging es auf die Schabe zu, - ein großes, volkreiches Dorf mit zwei Kirchen. Ehe man aber dahin kam, mußte man über einen hohen, kaum reitbaren Hügel zu einem Walde hin, der die Heide heißt; man stieg daher lieber ab und führte die Pferde an den Zäumen nach. Aber kaum waren die Reisenden hingekommen, wo das Gesträuch und die Bäume angehen, als auf einmal eine Zahl geharnischter Reuter aus dem Dickigt hervorbrach und die Gesellschaft anfiel. Euchs Diener wurden sogleich von den Gewehr-Schüssen der Reuter niedergestreckt; er selbst und der Geleitsmann kamen zwar mit dem Leben davon, aber man ergriff ihn und setzte ihn als Gefangenen auf ein anderes Pferd. Jetzt eilten noch andere, im Hinterhalte gebliebene Reuter herbei, die Beute mit den vorigen zu theilen. Während dies geschahe, und jene, die Euch gefangen genommen hatten, zugleich mti einem Verwundeten aus ihnen beschäftigt waren, nahm der Gefangene seinen Vortheil wahr und rettete sich durch die Flucht. Er sprang eine steile Anhöhe hinan, wo er zwischen dem dichten Gesträuche versteckt, von keinem Reitenden erreicht werden konnte. Zwar folgten ihm die Kugeln der Reuter auf den Fersen nach, aber trafen nur, die eine den Hut, die andere den Mantel des Fliehenden. Dann ließ er sich kriechend den jähen Abschuß herab und entkam glücklich in das Dorf Schade, wo er nun sogleich als Gesandter aus Wien die Hülfe der Bauern in Anspruch nahm. Es wurde auf den Fall, daß die Reuter von neuem und in größerer Anzahl heranrückten, die Sturm-Glocke geläutet, und die hierdurch herbeigezogene Schaar der Bauern zog bewaffnet mit Euch zu dem Orte, wo er angefallen und beraubt war. Aber man fand nichts mehr als die Leichen der Gefallenen und den halb entseelten Geleitsmann Euchs, der nachher nach Cala zurückgebracht, an seinen Wunden starb. Bald darauf kam auch der fürstlich-sächsische Verwalter in der Schade dazu und verschaffte dem Reisenden ein sicheres Geleite bis zu dem Orte, wohin er wollte.

Das Gerücht von diesem Vorfalle verbreitete sich bald weit und breit umher. Es wurde auf Befehl des Fürsten von Sachsen die sorgfältigste Nachforschung angestellt, um den Thätern auf die Spur zu kommen. Aber das Gewisseste, was man herausbrachte, war weiter nichts als daß man einige unbekannte Reuter bemerkt hatte, die den Reisenden von Halle an bis hierher heimlich aufgelauert haben und ihm entweder etwas voran- oder nachgeritten seyn müssen, bis sie in jener Anhöhe den günstigen Ort, ihre That zu vollführen, ersehen haben. Aus Uhlstatt, einem Dorfe an der Schwarzach, das nicht weit von Cala an der Landstraße liegt und von dem aus man gerade diesen Weg über die steile und waldige Anhöhe sehen kann, erhob man die Nachricht, es haben in dem dortigen Wirtshause einige Reuter, die ganz so ausgesehen, als lauerten sie Jemanden auf, zu Mittage gegessen, seyen auf das Zeichen eines Kameraden, der gleichsam Schildwache gestanden, plötzlich aufgebrochen, haben einige Thaler auf den Tisch geworfen und sich in größter Eile davon gemacht; woraus sich ergab, daß diese Reuter bestimmt gewesen seyn müßten, von Uhlstatt aus zu beobachten, ob der Reisende statt der gewöhnlichen Straße, auf der er einem andern Haufen Auflauernder in die Hände fallen sollte, etwa diesen kürzern Weg einschlüge, und daß sie dann, als sie ihn wirklich auf demselben erblickt, an einer ihnen bekannten Stelle durch die Schwarzach geritten seyn müssen, um ihn einzuholen. Uebrigens habe ich, da ich diese Gegend bereiste, den ganzen Schauplatz dieser für mich so wichtig gewordenen Begebenheit selbst in Augenschein genommen.

Euch kam nun zwar unter stetem sichern Geleite an dem Orte seiner Bestimmung an; aber er war aller seiner Habseligkeiten, - und was er am meisten beklagte – aller seiner Papiere, deren er viele im Felleisen gehabt hatte, beraubt. Seinen Unfall meldete er sogleich den Nuncius in Wien, und die Post brachte die Nachricht davon bald auch nach Rom. Allgemein erregte sie Sensation und wurde bald mit meiner und Rieters ebenso bekannten Geschichte in Zusammenhang gebracht; mithin war nun nichts gewisser, als daß Euch nach angelegtem Plane in Teutschland angefallen worden und daß er habe gefangen genommen werden sollen, um als Unterpfand für unsere Loslassung zu dienen. Dem römischen Hofe wurde dies als die gewisseste Wahrheit vorgestellt, und in der Stadt selbst veranlaßte es Pasquille des Inhalts: „Man solle mit den unschuldigen Teutschen nur nach Belieben verfahren, an Vergeltung werde es nicht fehlen.“

Jetzt wurde den Päpstischen bange. Sie sahen in dem, was an dem Canzler des Nuncius geschehen war, nicht die Unthat von Privaten, sondern fürchteten, sie sey mit Theilnahme und Einwilligung protestantischer Fürsten geschehen, die dem päpstlichen Frevel und Uebermuth Einhalt thun wollen. (Man denke sich dazu vollends in jene Zeit der, zwischen den Protestanten und Katholischen herrschenden, Spannung.) Das könne und werde dann weiter gehen, und so werden bald keine päpstlichen Nuncien und sonstige Geschäftsträger mehr sicher zu den Reichstagen oder in andern Angelegenheiten in Teutschland reisen können. (Was ihnen gerade in den gegenwärtigen Augenblicken am ungelegensten seyn mußte, da die Römischen jetzt so eifrig beschäftigt waren, die Beschlüsse des tridentinischen Conciliums in Vollzug zu setzen, und daher erst vor kurzem zu Wien, Cöln, Luzern, Brüssel beständige Nunciaturen errichtet hatten.) bei diesen Vorstellungen mußte ihnen also unsere Loslassung dringend nothwendig dünken, und allein daher erfolgte sie so unerwartet und schnell.

War es ja einige Jahre zuvor mit einem Graubündner ebenso gegangen, wie jetzt mit uns! In eben dem Gemache des Inquisitions-Hauses, das ich mit dem Neapolitaner bewohnte, hatte er eine geraume Zeit seines Religions-Bekenntnisses wegen gefangen gesessen und uns in mehrern Zeichnungen und Sprüchen, die von seiner Hand an der Wand standen, ein Denkmal seiner Anwesenheit in unserm Kerker hinterlassen. Für ihn, wie für uns, waren Fürbitten genug, aber alle vergeblich gethan worden, bis seine Landsleute endlich den Päpstischen gedrohet hatten, sie wollen alle Mönche und andere Römler, die durch ihr Gebiet reisten, gefangen nehmen, und mit ihnen ganz so verfahren, wie man in Rom mit ihrem Landsmanne verführe, bis dieser ungestraft und unverletzt auf freien Fuß gestellt wäre. Das hatte gewirkt, - der Gefangene war ungesäumt und ungekränkt in Freiheit gesetzt worden!

Zu jenen Vorstellungen der römischen Curialen kam aber noch, daß die päpstische Sache unter dem gegenwärtigen Kayser Maximilian II. keineswegs begünstigt war, (Die weisen Maßregeln dieses Kaysers, der seit dem vorigen Jahre regierte, so wie die seines edeln Vorfahren Ferdinands I., erhielten, bei der Spannung zwischen den Protestanten und Katholiken, noch die Ruhe. Er trug große Neigung für den Glauben der Protestanten, diese hofften daher von ihm die Abschaffung des geistlichen Vorbehalts und die freie Religions-Uebung aller mediaten Stände und Unterthanen zu erlangen, und der Papst besorgte sogar, der Kayser möcht sich auf dem Reichstage zu Augsburg ganz zu ihrem Glauben bekennen. Darum schenkte er ihm auf eben dieser Reichs-Versammlung eine große Geld-Summe zur Führung des Türkenkriegs.) ja es verlautete, es solle auf dem für das künftige Jahr ausgeschriebenen Reichstage zu Augsburg, verhandelt werden, wie einer als wahrer römischer Kayser erklärt werden könne und den ihm von Rechtswegen gebührenden römischen Sitz einnehmen möge.

Aber jene Meinung und Sage von der Ursache des Unfalls, den Euch erlitten, war falsch, die Furcht der Päpstler in dieser Hinsicht also ungegründet. Dies zeigte bald darauf der Ausgang der Grumbachischen Unruhen. (Die schon unter Ferdinand I. (1552) angefangen hatten.) Wilhelm von Grumbach nemlich wurde nebst dem Herzoge Johann Friedrich von Gotha, der den Unruhigen bei sich aufgenommen hatte, (Grumbach und der Canzler Brück hatten ihm Aussichten auf Wiedererlangung der unter seinem Vater verlorenen Chur-Würde und Länder, ja auf die Kayserskrone gemacht.) auf eben jenem Reichtstage zu Augsburg in die Acht erklärt. Die Execution ward dem Churfürsten August von Sachsen aufgetragen, (Der ohnedies schon allerlei Feindseligkeiten von Gotha erfahren hatte.) dieser nach das von Friedrich befestigte Gotha sammt dem Grimmensteine ein, und so fiel Grumbach mit seinem ganzen Anhange in des Churfürsten Hände. Man machte sich über die Beute, die Grumbachs Anhänger in der Festung aufgehäuft hatten, und fand nun unter ihr auch jene Papiere, die dem Canzler Euch bei dem Ueberfalle ohnweit der Schade abgenommen worden waren, - der offenbarste Beweis, daß die Reuter, die ihn beraubt hatten, Grumbacher gewesen waren, der räuberische Ueberfall allein dem Schatz gegolten hatte, den Euch aus Halle in Sachsen mitgenommen.

So mußte eine Unthat zum Rettungsmittel für uns Arme werden! Sie ward es durch die Hand des Weisen und Allmächtigen, der selbst aus Uebel und Sünde Heil und Segen bereitet für die, so Ihm vertrauen. Ich hatte Ihm Gelübde gethan, und hielt sie und halte sie noch. Ich brachte Ihm Dank und Lob, und bringe Ihm noch Dank und Lob, mit Gebete Jesu Sirachs, das meine ganze Noth und meine Rettung aus der Noth aussprach: „Ich danke dir Herr König, und lobe dich Gott, meinen Heiland. Ich danke deinem Namen, daß du mein Schutz und Hülfe bist, und meinen Leib aus dem Verderben und vom Strick der falschen Zungen und Lügenmäuler erlöset hast; und hast mir geholfen wider die Feinde, und hast mich errettet nach deiner großen und hochberühmten Barmherzigkeit von dem Brüllen derer, die mich fressen wollten, aus der Hand derer, die mir nach dem Leben stunden, aus vielen Trübsalen, darin ich lag, aus dem Brande, der mich umgeben hatte, mitten aus dem Feuer, daß ich nicht darin verbrannte, aus dem tiefen Rachen der Hölle, von den falschen Kläffern und Lügnern vor dem Könige, und von ungerechtem Urtheil. Ich war dem Tode nahe und mein Leben war schier zur Hölle gesunken, ich war umringet und Niemand half mir. Ich suchte Hülfe bei den Menschen und fand keine. Da gedachte ich, Herr, an deine Barmherzigkeit und wie du allezeit geholfen hast. Denn du rettest alle, die auf dich harren und erlösest sie aus den Händen der Heiden. Ich betete zu Gott wider ihren Grimm, und flehete um Erlösung, und rief an den Herrn, meinen Herrscher, daß er mich nicht ließe in der Noth. Ich lobe deinen Namen ohne Unterlaß, und ich preise und danke dir, denn mein Gebet ist erhöret!

Quelle: Kanne, Johann Arnold - Zwei Beiträge zur Geschichte der Finsterniß in der Reformationszeit

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