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Calvin, Jean - Psalm 133.

Calvin, Jean - Psalm 133.

Inhaltsangabe:

Der Psalm ist eine Beglückwünschung des Volkes wegen der heiligen Eintracht, deren es sich erfreut, und die von allen Gläubigen wohl gepflegt werden soll.

Ein Stufenlied von David.

1 Siehe, wie fein und lieblich ist's, dass Brüder auch einträchtig beieinander wohnen! 2 Wie der köstliche Balsam ist, der vom Haupt Aarons herabfließt in seinen ganzen Bart, der herabfließt bis an seines Kleides Saum, 3 wie der Tau vom Hermon, der herabfällt auf die Berge Zions. Denn daselbst verheißt der Herr Segen und Leben immer und ewiglich.

V. 1. Siehe, wie fein und lieblich usw. Davids Absicht ist es ohne Zweifel gewesen, mit diesem Psalm für die Wiedervereinigung des ganzen Volks nach der langen, unseligen Zertrennung dem Herrn Dank zu sagen und die Förderung des Friedens jedem einzelnen ans Herz zu legen. Denn die Empfehlung desselben nimmt im Verhältnis zur Kürze des Psalms einen breiten Raum ein. Und es stand ihm wohl an, die Gnade Gottes hoch zu preisen, dass er das jämmerlich zerrissene Volk wieder in eins zusammengebracht hatte. Denn nachdem David zur Herrschaft gelangt war, blieb ihm, der ja lange für einen Feind des Staates gegolten hatte, die Mehrzahl noch abgeneigt; ja es ging ein so verhängnisvoller Riss durch das Volk, dass die Herstellung der Einheit nur von dem Untergang des einen Teils erhofft werden konnte. Mithin war es ein Wunder Gottes und überstieg alle Erwartungen, dass diejenigen, die sich so feindselig und erbittert gegenübergestanden hatten, sich dazu verstanden, wieder eins zu sein und einander lieb zu haben. Dieser Umstand wird mit Unrecht übersehen, wenn man den Psalm bloß im Allgemeinen als ein Lob der Einigkeit unter den Frommen auffasst.

Zunächst hat meines Erachtens schon das Wörtlein „Siehe“ einen starken Nachdruck. Es lässt die Sache vor unsere Augen hintreten und fordert stillschweigend zu einem Vergleich auf zwischen dem verheerenden Bürgerkrieg und dem erfreulichen Friedensstand. Es stellt also die Gnade Gottes recht ins Licht: denn die lange Erfahrung musste die Juden umso besser belehren, was für ein unschätzbares Gut die Einigkeit ist, da sie sich durch die inneren Zwistigkeiten beinahe zugrunde gerichtet hatten. Zur Verstärkung dieses Gedankens dient ferner, was jedoch in der Übersetzung weniger hervortritt, das Wörtchen „auch“. Es ist damit etwa gesagt: Wir, die wir von Natur Brüder sind, waren so auseinander gekommen, dass die einen die anderen mehr hassten als auswärtige Feinde; wie gut ist es deshalb, die brüderliche Einigkeit jetzt auch von Herzen zu pflegen. Es versteht sich indessen von selbst, dass das Lob des heiligen Geistes überhaupt dem brüderlichen Einvernehmen unter den Kindern Gottes gilt, damit jeder sich dasselbe besonders angelegen sein lasse. Wenn Feindschaft uns trennt, wenn Spannungen uns auseinander bringen, so werden wir zwar in Rücksicht auf Gott Brüder bleiben, aber man wird uns nicht für eins halten, weil wir Stücke eines zerrissenen Körpers sind. Gleichwie wir daher in Gott dem Vater und in Christus eins sind, so muss auch unter uns durch Einmütigkeit und brüderliche Liebe die Einheit heilig und unverbrüchlich gehalten werden. Sollte der Herr es einmal geben, dass die Römischen von ihrer Abtrünnigkeit umkehren und ein Herz und eine Seele mit uns werden, so werden wir mit diesen Worten dem Herrn Dank sagen dürfen. Unterdessen wollen wir mit Liebe alle umfassen, die sich still unter Gott stellen. Aber Satan ist unablässig am Werk, unruhige Geister zu erwecken. Dem lasst uns entgegen arbeiten und nach Kräften alle die zurückzuhalten suchen, die für Belehrung noch zugänglich sind. Die Störrigen muss man gehen lassen, mit denen ein brüderliches Zusammengehen nicht möglich ist ohne Verleugnung des höchsten Vaters, welcher der letzte Grund aller Verwandtschaft ist; denn der Friede, den David empfiehlt, muss bei dem rechten Haupt seinen Anfang nehmen. Diese Bemerkungen richten sich gegen die Römischen, die uns böswilliger weise vorwerfen, dass wir Spaltungen und Streitigkeiten hervorrufen. Als wenn von unserer Seite nicht genugsam bezeugt worden wäre, wie wir nichts anderes ersehnen, als dass sie mit uns auf die göttliche Wahrheit sich vereinigen, die das einzige Band der heiligen Einheit ist!

V. 2. Wie der köstliche Balsam ist usw. Dies ist offenbar eine Bestätigung dessen, was ich soeben sagte, dass die wahre Vereinigung der Brüder bei Gott anheben muss, und dass ihr eigentlicher Zweck die gemeinsame, lautere Verehrung und die einmütige Anrufung Gottes ist. Wohin anders zielt nämlich der Vergleich mit dem heiligen Salböl als dahin, dass die Religion jederzeit den ersten Rang einnehmen soll? Es ist damit gesagt: dem Frieden, den die Menschen unter sich pflegen mögen, fehlt die Würze, wenn der Duft der Gottesverehrung nicht darüber ausgegossen ist. Soviel also ist klar: die Menschen werden durch Liebe untereinander vereinigt, damit Gott sie alle miteinander regieren könne. Will etlichen diese Bedingung nicht gefallen, so wird es besser sein, energisch mit ihnen zu kämpfen, als den Frieden unter Nichtachtung Gottes zu erkaufen. Denn dabei wird es bleiben, dass durch die Person Aarons, des Hohenpriesters, angezeigt wird, wie die Einigkeit aus dem wahren und reinen Gottesdienst herkommt. Was weiter von Aarons Bart und seines Kleides Saum gesagt wird, will darauf hindeuten, dass der von dem Haupte Christus ausströmende Friede sich in die Länge und Breite ergießt, soweit die Gemeinde sich erstreckt.

V. 3. Das zweite Gleichnis ist von dem Tau genommen, der sowohl auf den Berg Hermon als auf Zion herabträufelt, und will uns zeigen, dass die heilige Eintracht nicht allein einen lieblichen Duft gibt vor Gott, sondern auch nützliche Früchte hervorbringt; gleichwie der Tau das Erdreich feuchtet und dadurch Saft und Kraft reichlich spendet. Wir wissen, was Mose von dem Lande Israel sagt (5. Mos. 11, 10 f.): es sei nicht wie Ägypten, das der Strom durch sein Austreten fruchtbar macht, sondern es warte täglich auf den Regen vom Himmel. So gibt David uns zu bedenken, dass das Leben der Menschen arm und unfruchtbar, ja unglücklich sein werde, wenn der warme Hauch der brüderlichen Eintracht fehlt. Der Hermon ist bekanntlich ein fettes, furchtbares Bergland gewesen, denn er wird unter den Weideländern rühmlich genannt. Die vorzügliche Fruchtbarkeit der Berge aber rührt von dem Tau des Himmels her, wie das am Berge Zion deutlich genug zu sehen war.

Zum Schluss fügt David noch die Bemerkung an, dass Gott da, wo Friede wohnt, dem Segen gebiete, d. h. durch eine vergnügliche Fülle alles Guten es bezeuge, welchen Gefallen er an dem einträchtigen Zusammenleben der Menschen hat. Es ist derselbe Gedanke, den Paulus (2. Kor. 13, 11; Phil. 4, 9) mit etwas anderen Worten ausspricht: „Seid friedsam, so wird der Gott des Friedens mit euch sein.“ So wollen wir denn beflissen sein, so viel an uns ist, der brüderlichen Eintracht Raum zu geben, damit auch der Segen Gottes bei uns bleibe. Wir wollen gern auch gegen Andersdenkende unsere Arme offen halten, wenn sie sich nur nicht weigern, zur Einheit des Glaubens zurückzukehren. Wer sich sträubt, den lassen wir gehen; denn, wie gesagt, Brüderschaft haben wir nur mit den Kindern Gottes.

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autoren/c/calvin/calvin-psalmen/psalm_133.txt · Zuletzt geändert: von aj
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