Calvin, Jean - Der Prophet Jesaja - Kapitel 31.

Calvin, Jean - Der Prophet Jesaja - Kapitel 31.

V. 1. Weh denen, die hinabziehen gen Ägypten um Hilfe usw. Wieder wendet sich der Prophet gegen die Juden, die in Gefahren zu den Ägyptern anstatt zu Gott ihre Zuflucht zu nehmen pflegten. Weshalb dies dem Herrn so sehr missfällt, sagten wir schon. Es ist, kurz, ein doppelter Grund, weshalb der Prophet diese Sünde so scharf tadelt. Zunächst können wir unmöglich unser Vertrauen zugleich auf die Kreaturen und auf Gott setzen. Denn unsere Augen werden unbedingt von ihm abgezogen, sobald sie auf jene sich richten. Sodann hatte Gott ausdrücklich ein Bündnis mit den Ägyptern verboten. Zu dem falschen Vertrauen kam also noch der schmachvolle Gedanke, sie selbst wollten für ihr Heil sorgen, auch gegen Gottes Willen und mit Verachtung desselben. Wir müssen hier dem Übel auf den Grund gehen, wenn wir in den Sinn des Propheten tiefer eindringen wollen. Der Herr hatte ja seinen besonderen Grund, weshalb die Juden mit den Ägyptern nicht in engen Verkehr treten sollten. Er wollte nicht, dass solch böse Verbindung das Gedächtnis an jene Erlösung aus Ägypten auslöschte und dass die Juden durch das heidnische Wesen und den Götzendienst der Ägypter verdorben würden. Doch hatten diese Gründe bei den Juden kein Gewicht: trotz des Verbotes Gottes eilten sie hilfesuchend zu jenem und meinten, durch deren Macht, wie mit einem Schild, gegen Gottes Hand geschützt zu sein. Der Prophet wendet sich also nicht ohne Grund in so scharfer Weise gegen solchen Wahnwitz. Dass sie zu den Ägyptern ihre Zuflucht nahmen, war schon deshalb, weil es verboten war, einer harten Strafe wert. Schlimmer wurde aber ihre Sünde noch dadurch, dass sie ihrem falschen Vertrauen Gott die Ehre nahmen und sie auf sterbliche Menschen übertragen. Um das deutlicher zum Ausdruck zu bringen, dass Gott auf diese Weise seiner ihm zukommenden Ehre beraubt werde, klagt der Prophet sie nicht nur an, dass sie sich mit den Ägyptern verbunden hätten, sondern wirft ihnen auch vor: sie halten sich nicht zum Heiligen in Israel. Aus diesen Worten erhellt noch klarer, weshalb Jesaja so scharf gegen jene Untreue der Juden vorgeht. Das missbilligt der Herr durchaus nicht, wenn jemand rechtmäßige Mittel zu seinem Schutze gebraucht, wie wir Brot und andere Speise essen, die zu unserm Gebrauch bestimmt sind. Wenn also jemand in Gefahren Schutzmittel benutzt, die nicht verboten sind, so kann dies gewiss nicht getadelt werden; nur dass der Mensch dabei der Ehre und Macht Gottes nichts entziehe! Aber das ist verabscheuens- und verdammenswert, wenn wir dabei nach dem Herrn nicht fragen: dann misstrauen wir seinen Verheißungen und suchen unerlaubte Mittel. Kurz, unser Vertrauen und unser Heil sollen wir auf nichts anderes als auf Gott stellen; seinen Verheißungen sollen wir trauen und dann kühn von ihm erbitten, was wir begehren. Dadurch dass der Prophet Gott den „Heiligen in Israel“ nennt, stellt er die Bosheit und Undankbarkeit des Volkes in ein noch schlimmeres Licht. Denn Gott hatte es in seinen treuen Schutz genommen; das Volk aber verachtet solchen Schutzherrn und solche Stütze seines Heils und lässt sich verlocken und verführen.

Und fragen nichts nach dem Herrn. Durch diesen Zusatz will der Prophet andeuten, dass das Volk weder durch die Macht, noch durch die Güte und die väterliche Gunst des Herrn sich zu seiner Pflicht anhalten ließ. Auch heute noch ladet der Herr uns nicht weniger freundlich zu sich ein. Wenn wir nun anderswohin schauen und nicht in ihm allein unsere Ruhe suchen, tun wir ihm schweres Unrecht.

V. 2. Er aber ist weise. Der Prophet nennt Gott weise. Damit will er die Schlauheit derer treffen, welche über die Maßen klug und weise sein wollten. Im 29. Kapitel hat er von solchen geredet, die vor dem Herrn verborgen sein wollten, die ihr Tun im Finstern hielten und meinten, auf diese Weise entfliehen und Gottes Augen täuschen zu können. Diese Torheit verspottet er in feiner Weise, indem er ihnen vorhält, dass doch auch Gott weise sei. Er will ihnen sagen: Wohin wird es noch zuletzt mit eurer Weisheit kommen? Wollt ihr auch Gott damit betören? Ja, er wird schon eure Torheit aufdecken und wird es durch die Tat beweisen, dass er die Weisen in ihrer Weisheit fängt. Es nützt nichts, wenn man sich hinter seine Schlauheit und hinter verborgene Künste versteckt; höchstens dass man dadurch Gottes Zorn nur noch mehr reizt. Ein böses Gewissen flieht immer vor Gottes Gericht; es sucht geheime Schlupfwinkel, um in ihnen sich zu verstecken. Die Gottlosen kommen auf allerlei Gedanken, um sich gegen Gott zu schirmen und zu schützen. Sie halten sich für weise und umsichtig, auch wenn ihre ganze Weisheit nur ein fadenscheinig Gewand ist. Gott aber ist weise, er versteht schon die Menschen in ihrer Weisheit und in ihrem eitlen Vertrauen zu treffen.

Und bringt Unglück herzu usw. Die Juden waren es nicht wert, dass Gott mit ihnen herumstritt. Darum verkündigt der Prophet, sie würden schon erfahren, dass Gott Mittel bereit habe, um Widerspenstige zu zähmen. Zuerst meinten sie, der Herr sorge in ihrer großen Not nicht genug für sie, dann hielten sie alle Drohungen für leere Schreckschüsse, als ob es in ihrer Macht stünde, sich ganz nach Belieben selber zu schützen. Daher ihre Anstrengungen und ihre kühne Unternehmungslust. Der Prophet kündigt ihnen aber an, Gott werde solche Missetat rächen, er werde seine Drohungen auch ausführen. Durch keine menschlichen Machinationen, Künste und Schliche könne sein Wort hinfällig gemacht werden.

V. 3. Denn Ägypten ist Mensch und nicht Gott. Jesaja scheint hier etwas ganze Selbstverständliches zu sagen. Denn wer hat jemals geglaubt, die Ägypter seien Götter und nicht Menschen? Diese Wahrheit erleidet freilich keinen Widerspruch, das geben alle offen zu. Aber wenn man der Sache auf den Grund geht, dann erkennt man, dass die Menschen jener Wahrheit die Spitze abbrechen und in Dingen ungewiss werden, die ihnen vorher sicher und zweifellos erschienen. So sehr erheben sie sich und so viel bilden sie sich ein, dass sie kaum noch glauben, Menschen zu sein, und nicht daran denken, dass man Gott gehorsam sein muss. Darum mahnt die heilige Schrift so oft, dass man nicht auf Menschen sein Vertrauen setzen soll. Nichts ist ja törichter. „Verflucht ist der Mann, der sich auf Menschen verlässt und hält Fleisch für seinen Arm (Jer. 17, 5).“ Und doch sehen wir, wie Hohe und Geringe allerlei Pläne schmieden und Beschlüsse fassen, als ob sie hundert Jahre alt würden und sicher ausführen könnten, was sie geplant haben, als ob sie Himmel, Meer und Erde sich untertan machen und alles nach ihrem Willen regieren und bestimmen könnten. Wenn wir uns solchen Hochmut und solche Anmaßung von Menschen vorhalten, dann wundern wir uns nicht mehr, dass der Prophet ausruft: Ägypten ist Mensch und nicht Gott. Denn ihnen vertrauten die Juden an, was sie Gott hätten anvertrauen sollen, den Schutz und die Erhaltung seiner Kirche, die Gott für sich allein in Anspruch nimmt und keinem andern überlassen will. Treffend schildert also der Prophet, wie die Juden Gott verachteten, und welch eitles Vertrauen sie erfüllte und aufblähte. Hier tritt der Unterschied zwischen Gott und Menschen zutage. Menschen bedeuten an sich nichts, nur so viel, als der Herr aus ihnen macht. Wir können dem Menschen wohl manch treffliche Gabe zuschreiben, aber er hat sie von Gott empfangen. Gott gegenüber bedeutet er an sich nichts. Denn nichts kann ihm zugeschrieben werden, was er nicht von Gott hat.

Und ihre Rosse sind Fleisch und nicht Geist. Unter Fleisch versteht der Prophet hier Schwachheit und Gebrechlichkeit. Das Fleisch ist dem Verderben unterworfen. Er redet nur von Rossen, aber er meint auch die Ägypter, denen die gleiche Schwachheit anhaftet. Er will sagen: die Ägypter haben mit all ihren Hilfsmitteln keinen dauernden Bestand.

Und der Herr wird seine Hand ausrecken, dass der Helfer strauchele usw. Der Herr wird nicht dulden, dass man die ihm gebührende Ehre ungestraft auf die Kreaturen übertrage, noch dass das Vertrauen, das ihm allein zukommt, auf Menschenhilfe sich richte. Er bedroht sowohl die, welche andern Anlass zu haltlosen Vertrauen bieten und ihnen Hilfe bringen, als auch die, welche deren Hilfe gebrauchen und auf sie ihr Vertrauen setzen. Wenn nun der Herr dies falsche Vertrauen schon nicht dulden kann, wo es sich nur um zeitliches Wohl handelt, wie viel weniger wird er die Leute dulden, die, wo es um die Erlangung des ewigen Heils sich handelt, willkürlich allerlei Hilfsmittel erfinden und des Menschen eigne Kraft so hoch emporschrauben, dass sie dieselbe an Gottes Stelle setzen!

V. 4. Denn so spricht der Herr zu mir: Gleich wie ein Löwe usw. Diesen Vers fügt der Prophet hinzu, damit es nicht den Anschein habe, als wolle der Herr uns notwendiger Hilfsmittel berauben. Denn wenn er uns verhinderte, unser Vertrauen auf die Kreaturen zu setzen, und uns dabei gar keine Hilfe verspräche, könnten wir uns darüber beklagen, dass er uns wohl Ursache zur Verzweiflung gebe, aber keinen Trost. Wir sahen ja oben, dass die Menschen mit übergroßem Eifer sich zu schützen suchen und dass sie sich für töricht halten, wenn sie sich nur mit Gott zufrieden geben und auf verbotene Schutzmittel verzichten. Gott hebt nun jede Entschuldigung auf durch die Verheißung, er werde uns ein treuer Beschützter sein. Denn was können wir noch vorwenden, wenn wir das Heil verachten, das er aus freien Stücken uns darbietet? Der Prophet will den Juden sagen: Der Herr ist da und er wird da sein; er verbietet euch, bei den Ägyptern Hilfe zu suchen. Der Herr gebraucht dabei ein sehr treffendes Bild, um zu zeigen, dass er stark genug ist, uns zu schützen, und dass ihm auch der eifrige Wille dazu nicht fehlt. Er vergleicht sich mit einem Löwen, dem stärksten, beutegierigsten Tiere. Aber noch weit begieriger will Gott uns an sich reißen und, wenn er uns erfasst hat, uns gegen alle Gefahren schirmen und schützen. So wird hier Gottes allmächtige Kraft geschildert, der keine Waffe und keine Macht widerstehen kann. Übrigens können solche Bilder nicht in jedem einzelnen Zuge dem entsprechen, was sie abbilden sollen. Das ist auch nicht nötig. Aber in dem Hauptvergleichspunkt müssen sie zutreffen. Wir sehen also, mit welchem Eifer und mit welcher Liebe der Herr nach uns verlangt. Ist es also nicht mehr als Wahnwitz, wenn wir ihn vernachlässigen und andere Schutzmittel gebrauchen, die für uns nicht nur eitel, sondern sogar verderblich sind?

V. 5. Und der Herr Zebaoth wird Jerusalem beschirmen, wie die Vögel tun mit Flügeln. Ein anderes Bild, durch welches der Prophet zeigen will, wie der Herr um uns sorgt und wie eifrig er darauf bedacht ist, uns zu schützen. Die Vögel zeigen eine wunderbare Sorge um ihre Jungen. Sie reiben sich fast auf und scheuen keine Gefahr, wenn es gilt, sie zu schützen und zu erhalten. Dasselbe Bild gebraucht Mose, um die Undankbarkeit des Volkes zu tadeln (5. Mos. 32, 11): „Wie ein Adler ausführet seine Jungen und über ihnen schwebet, breitete er seine Fittiche aus und nahm ihn und trug ihn auf seinen Flügeln.“ So schilt Christus auch die Stadt Jerusalem (Matth. 23, 37): „Wie oft habe ich deine Kinder versammeln wollen, wie eine Henne versammelt ihre Küchlein unter ihre Flügel, und ihr habt nicht gewollt.“ Der Herr, das ist der Hauptgedanke dieses Verses, ist stark genug, sein Volk, das er in einziger Weise liebt, um das er die größte Sorge hat, zu schützen. Mose sagt, Gott habe das getan; Jesaja verheißt, er werde es immer tun. Niemals wird er die im Stich lassen, die er einmal mit seiner Liebe umschlossen hat. Damit nun niemand meine, das gelte nur von einem einzigen Geschlecht, sagt der Prophet ausdrücklich: der Herr Zebaoth wird „Jerusalem“ beschirmen. Dort auf dem Berge Zion lag der Tempel, in dem Gott angebetet werden wollte. Wo man also den Herrn in rechter Weise anbetet, da wird sicheres Heil sein. Dort kann er nicht vergebens angerufen werden. Wir sollen sein Volk und er will unser Gott sein.

V. 6. Kehret um, ihr Kinder Israel usw. Wie schlimm auch die Untreue der Juden ist, ihrer Rückkehr zu Gott steht doch nichts im Wege, wenn sie nur Buße tun. Wenn sie auch in die tiefsten Tiefen der Gottlosigkeit versunken sind, Gott wird ihnen doch Vergebung gewähren. Diese Ermahnung soll sie zu ernster Trauer und zum Hass wider ihre Freveltaten bewegen; sie sollen nicht oberflächlich und leichtsinnig, wie es oft zu geschehen pflegt, nur halb Buße tun. Sie sollen darauf aufmerksam werden, wie sie sich durch ihren schweren Fall geradezu in die Hölle gestürzt haben. Angesichts der Größe ihrer Sünde sollen sie Missfallen an sich selbst empfinden. Besonders ist auch zu beachten, dass der Prophet die Schuld des Volkes nicht abschwächt. Denn Menschen, die zum Herrn zurückgerufen werden sollen, müssen von dem lebendigen Bewusstsein ihrer Sünde durchdrungen sein. Leute, die in ihren Sünden sich gefallen, sind weit davon entfernt, Vergebung zu erlangen. Soll ein Heilmittel angewandt werden, dann ist es sehr wichtig, erst das Übel in seiner ganzen Gefährlichkeit aufzudecken. Damit nun die Herzen nicht verzweifeln, müssen sie durch den Hinweis auf Gottes Barmherzigkeit aufgerichtet und getröstet werden. Der Satan hat nichts anders im Sinn, als uns die Hoffnung auf Vergebung gänzlich zu nehmen. Darum erinnert der Prophet daran, dass Gott zur Verzeihung bereit ist, wenn sie auch durch ihre Bosheit sich bis in die Hölle gestürzt haben. Der Herr fordert uns ja nicht nur zur Buße auf, er bietet uns auch zugleich Vergebung an. Daher verbindet die Schrift mit solchen Ermahnungen göttliche Gnadenverheißungen. So oft wir zur Buße gerufen werden, sollen wir wissen, dass uns damit zugleich die Hoffnung auf Vergebung geschenkt wird. – „Kinder Israel“ nennt der Prophet die Juden, nicht um sie mit diesem Titel zu ehren, sondern um ihnen ihre Undankbarkeit recht vorzuhalten. Sie waren entartete Kinder, die vom Glauben und Gehorsam der Väter abgefallen waren. Dieser Titel enthält also einen versteckten Tadel. Doch weist der Prophet durch denselben sie zugleich darauf hin, dass der Herr des Bundes, den er mit den Vätern geschlossen hatte, keineswegs vergessen habe, obschon sie in ihrer Untreue von ihm abgewichen waren. Er will sie dennoch als seine Kinder anerkennen und halten, was er dem Abraham und den andern Vätern verheißen hatte, wenn sie nur von Herzen zu ihm sich bekehren.

V. 7. Denn zu der Zeit wird ein jeglicher seine silbernen und güldenen Götzen verwerfen. Der Prophet setzt die im vorigen Verse begonnene Gedankenreihe fort; nur mit dem Unterschiede, dass er dort zur Buße selbst ermahnt hat, hier aber auf die Früchte der Buße hinweist. Die Buße an sich ist zwar verborgen und wurzelt im Herzen, aber sie muss sich offenbaren in ihren Wirkungen und im Tun der Menschen, wie ein Baum seine Güte an den Früchten zeigt. So schildert der Prophet die Buße nach ihren Wirkungen. Wenn er dabei nur von dem Verwerfen der Götzen redet, so erwähnt er eben nur einen Teil dieser Wirkungen. Ohne Zweifel wollte er über die gesamten Wirkungen der Bekehrung eines Menschen sich ergehen. Da das aber zu weit geführt hätte, so schließt er in diese eine alle andern mit ein. Der Anfang der Buße ist die Änderung des Herzens. Von da muss es zu sichtbaren Früchten, d. h. zu guten Werken kommen. Zu beachten ist vor allem, weshalb der Prophet von der Buße redet. Der Herr hatte den Kindern Israel ein nahes Heil verheißen. Damit sie aber dessen teilhaftig werden könnten, ermahnt er sie zur Buße. Wir stehen dem Herrn also mit unserer Bosheit im Wege, wenn wir in der Sünde beharren. Dann hindern wir seine Gnade, uns Hilfe zu bringen. Um also für die göttliche Hilfe Raum zu schaffen, fordert der Prophet Buße von uns. – Er redet dabei von silbernen und güldenen Götzen. Wahrhaft bußfertige Leute sind von einem tiefen Schmerz über ihre Sünde ergriffen. Sie können die Werkzeuge ihrer Abgötterei, mit der Gott aufs Schlimmste geschmäht wird, nicht ohne den tiefsten Abscheu betrachten. Sie scheuen nicht den Verlust von Silber und Gold, um von ihrer Umkehr und ihrem Glauben Zeugnis abzulegen. Wer in Wahrheit auf allen Götzendienst verzichtet hat, der tut alles, um Gott wahrhaftig zu ehren und ihn zu bekennen. Das will der Prophet zum Ausdruck bringen, wenn er von silbernen und güldenen und nicht von hölzernen und steinernen Götzen redet. Glückbringend aber ist der Verlust auch der wertvollsten Sache, wenn wir durch ihn von so schändlichem und sündhaftem Schmutze gereinigt werden. Die in solchem Schmutz beharren, die mögen sich Christen nennen, sie zeigen dennoch, dass sie in götzendienerisches Wesen verstrickt sind. Deren Herzen sind offenbar noch nicht völlig erneuert. Hier gibt es keine Entschuldigungen, wie man sie öfters von Heuchlern hört, die nicht ganz auf alle Abgötterei verzichten mögen, Entschuldigungen wie diese: „Was soll ich tun? Wovon soll ich leben? Ich weiß wohl, dass diese Einnahmequelle, dass dieses Gold, das vom Götzendienst herrührt, vor Gott ein verabscheuenswertes Ding ist, aber man muss doch irgendwie seinen Lebensunterhalt haben.“ Ich sage: Fort mit solchem Geschwätz! Denn bei wahrhaftiger Herzensbekehrung wird alles abgetan, was man nicht, ohne Gott Schimpf und Schande zu bereiten, behalten kann.

Welche euch eure Hände gemacht haben. Der Prophet setzt den Juden scharf zu, um sie zu tieferer Sündenerkenntnis zu bringen. Bei Beschuldigungen pflegen nämlich Menschen die Schuld gern auf andere zu schieben; sie nehmen dieselbe nicht gern auf sich und geben nicht zu, dass sie selbst schuldig sind. Darum werden sie darauf hingewiesen, dass ihre Hände jene Götzen gemacht haben; sie sollen dadurch zu der Erkenntnis kommen, dass sie selbst die Urheber ihrer großen Schuld sind. Von Gott muss alles ferngehalten werden, was wir selbst ersinnen, und keine Gottesverehrung kann gebilligt werden, die wir selbst erdacht haben.

Zur Sünde. So oft ihr, will der Prophet den Juden sagen, die Götzen anschaut, schaut doch eure Sünde an, erkennt doch in ihnen die Zeichen eurer Untreue und eures Abfalls. Ob ihr wahrhaftig zu Gott euch bekehrt habt, - zeigt es durch die Tat, werft eure Götzen und eure Abgötterei fort und sagt ihnen Valet. Das ist die rechte Frucht der Buße.

V. 8. Und Assur soll fallen. Statt „und“ sagen wir besser: „dann“ wird Assur fallen. Wenn ihr euch zum Herrn bekehrt habt und euer Leben wahre Buße bezeugt, dann wird der Feind zusammenbrechen. Vom Herrn waren die Assyrer getrieben worden, die Missetaten der Juden, vor allem ihre Abgötterei, zu strafen. Er verheißt aber, jene wieder fallen zu lassen, sobald sie von ihrer Sünde und Abgötterei ablassen. Unsere Herzenshärtigkeit ist die Ursache, dass der Herr Heimsuchung über Heimsuchung schickt, dass er das Leid mehrt und uns fort und fort zusetzt. Denn immer von neuem geben wir ihm Anlass, dass sein Zorn wider uns mächtiger aufflammt. Wollen wir darum Gottes Zuchtruten mildern, wollen wir, dass die Feinde von uns ablassen und zusammenstürzen, dann müssen wir darnach trachten, durch Buße wieder zu seiner Gnade zu kommen. Dann hört er bald auf zu züchtigen und nimmt den Feinden die Macht, uns zu schaden.

Nicht durch Mannes Schwert usw. Die Befreiung der Kirche ist Gottes eigenstes Werk. Die Juden sollen erkennen, dass, wenn ihnen auch keine menschliche Hilfe erscheint, doch Gott genug Kraft in sich hat, sie zu befreien. Wenn also die Feinde zusammenbrechen und ihrem Wüten Einhalt geboten wird, dann geschieht das vom Herrn. Er allein befreit die Kirche mit eigner Hand. Zwar benutzt der Herr dabei Menschen als Werkzeuge, aber er tut das doch so, dass es wunderbar bleibt, wie er die Seinen erhält. Das konnte man von Anbeginn der Welt an beobachten, und das kann noch heute leicht beobachtet werden, wenn wir nur Augen dafür haben. Dem widerspricht nicht, dass der Herr zur Rettung seiner Kirche seine Diener gebraucht. Er gebraucht sie so, dass dabei seine Hand doch deutlich hervortritt. Diese Weissagung des Jesaja ist in Erfüllung gegangen, als das Heer der Assyrer vernichtet wurde und Sanherib die Flucht ergriff. Nicht durch eines Mannes Hand oder Schwert wurde es vernichtet, vielmehr offenbarte der Herr seine Macht sichtbar, sodass es zutage trat, dass er allein der Retter seiner Kirche ist. In der Art aber, wie Gott damals Jerusalem von der Belagerung befreite, hat er ein Vorbild der geistlichen Erlösung gegeben. Gott allein wird auch alle geistlichen Feinde vernichten. Umsonst ziehen wir andere Hilfs- und Heilmittel heran, umsonst stützen wir uns auf unsere Kraft, die doch nichtig ist. Nur wenn Gott unser Führer und unsere Hilfe ist, gehen wir als Sieger hervor.

Seine junge Mannschaft wird zinsbar werden. Mit solcher Macht wird der Herr gegen die Assyrer vorgehen, dass auch der Mut der Jünglinge, die doch sonst wild und trotzig zu sein pflegen, fast völlig hinschwindet und wie Wachs zerschmilzt. Wenn auch Jünglinge im Vergleich zu den Alten weniger Erfahrung haben, so sind sie doch umso mutiger und kühner. Aber der Herr kann leicht auch solchen kühnen Mut zunichtemachen, wenn er die Seinen von der Hand ihrer Feinde erretten will.

V. 9. Und sein Fels wird vor Furcht wegziehen. Hier redet der Prophet von Sanherib selber. Er nennt ihn Fels. Vor Furcht wird er in schmählicher, schimpflicher Flucht wegziehen. Auch seine Fürsten werden die Flucht geben. Der Führer Amt ist es, die Soldaten anzufeuern. Aber sie werden voller Furcht sein und gar nicht wagen, sich in einen Kampf einzulassen oder einen Zusammenstoß abzuwarten; sie werden vor dem Panier die Flucht geben.

Spricht der Herr. Der Prophet weist hier darauf hin, dass er als Gottes Herold dies verkündige. Die Juden sollen über jenes Ereignis nicht im Zweifel sein oder hinterher solche große Wohltat Gottes vergessen und dieselbe dem Schicksal zuschreiben.

Der zu Zion Feuer und zu Jerusalem einen Herd hat. Wenn wir so lesen, dann ist der Sinn, dass Gott genug feurige Kraft hat, seine Feinde zu verschlingen. Ich glaube jedoch, dass noch besser zu lesen ist: Der ein Feuer „ist“ zu Zion und zu Jerusalem einen Herd hat. Dann wird Gott treffend ein Feuer genannt in Bezug auf die Assyrer, die er verzehrt. Einige Ausleger bringen dies Feuer mit den Opfern in Verbindung, die im Tempel dargebracht wurden. Doch scheint mir diese Auslegung schwach und gezwungen. Ohne Zweifel meint der Prophet entweder, der Herr habe Feuer, um die Assyrer zu verzehren, oder Gott selbst sei ein Feuer, wobei er stillschweigend die Assyrer mit Stroh vergleicht. Der Prophet will also darauf hinweisen, dass die Gottlosen nicht ungestraft die Kirche Gottes verfolgen. Sie werden ihn einst als Richter fühlen und werden erfahren, dass er den Seinen nahe ist, die sie von aller Hilfe verlassen wähnten. Kurz, die Rache an den Gottlosen, welche die Kirche zu bedrücken nicht ablassen, ist nahe. Gott wird nicht nur sein eigner, sondern auch der Seinen Rächer sein. Und ob wir auch von allem entblößt sind und jeglichem Unheil ausgesetzt erscheinen, der Herr wird dennoch für unsere Widersacher ein verzehrend Feuer sein. Des dürfen wir gewiss sein und uns getrösten.

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