Calvin, Jean - Apostelgeschichte - Kapitel 19.

Calvin, Jean - Apostelgeschichte - Kapitel 19.

1 Es geschah aber, da Apollos zu Korinth war, dass Paulus durchwandelte die obern Länder, und kam gen Ephesus und fand etliche Jünger; 2 zu denen sprach er: Habt ihr den heiligen Geist empfangen, da ihr gläubig geworden seid? Sie sprachen zu ihm: Wir haben auch nie gehört, ob ein heiliger Geist sei. 3 Und er sprach zu ihnen: Worauf seid ihr denn getauft? Sie sprachen: Auf des Johannes Taufe. 4 Paulus aber sprach: Johannes hat getauft mit der Taufe der Buße und sagte dem Volk, dass sie sollten glauben an den, der nach ihm kommen sollte, das ist, an Jesum, dass der Christus sei. 5 Da sie das höreten, wurden sie getauft auf den Namen des Herrn Jesu. 6 Und da Paulus die Hände auf sie legte, kam der heilige Geist auf sie, und redeten mit Zungen und weissageten. 7 Und aller der Männer waren bei zwölfen.

V. 1. Hier berichtet Lukas, dass durch die Wiederkunft des Paulus die Gemeinde zu Ephesus nicht bloß gestärkt und gemehrt, sondern zugleich durch ein Wunder ausgezeichnet wurde: es wurden daselbst kürzlich gewonnenen und noch in den ersten Anfängen stehenden Jüngern die sichtbaren Gnadengaben des Geistes verliehen. Ob diese Leute Einwohner der Stadt oder soeben erst zugezogen waren, wissen wir nicht; es kommt auch nicht viel darauf an. Ohne Zweifel waren sie aber Juden, da sie die Taufe des Johannes empfangen hatten.

V. 2. Habt ihr den heiligen Geist empfangen? Der Schluss der Geschichte zeigt, dass nicht vom Geist der Wiedergeburt die Rede ist, sondern von den besonderen Gaben, welche Gott in den Anfangszeiten des Evangeliums zur allgemeinen Erbauung der Gemeinde denen mitteilte, welchen er wollte. So geschah es auch hier nicht durch Zufall, sondern durch Gottes Rat, dass gleichzeitig eine ganze Anzahl von Juden, die schon zu den Jüngern, d. h. zur Herde der Gläubigen, gehörten, aber nach ihrem eigenen Geständnis die höchste Zierde des Evangeliums, die sichtbaren geistlichen Gaben, noch nicht kannten, vor die Heiden hingestellt wurden, damit an ihnen der Dienst des Paulus eine Verherrlichung erführe. Als nun Paulus sieht, dass jene zwölf Männer, die natürlich nur einen kleinen Teil der schon viel umfangreicheren, von Apollos gegründeten Gemeinde ausmachen, Christi Namen bekennen, will er sich über ihren Glauben vergewissern, indem er sie fragt, ob sie den heiligen Geist empfangen haben. Denn dass eben dieser Geistesempfang das Zeichen der Gnade Gottes und eine Bekräftigung der Lehre des Glaubens war, können wir den eigenen Worten des Paulus im Galaterbrief (3, 2) entnehmen: „Habt ihr den Geist empfangen durch des Gesetzes Werke oder durch die Predigt vom Glauben?“

Wir haben auch nie gehört, ob ein heiliger Geist sei. Wie konnte es geschehen, dass Juden noch nichts von dem heiligen Geist gehört hatten, von welchem die Propheten allenthalben laut reden, und von dessen Ruhm die Schrift voll ist? Es ergibt dies eben den sicheren Schluss, dass Paulus nicht im Allgemeinen nach dem Geist fragte, und dass jene Leute auf seine Frage lediglich die Antwort geben wollten, dass sie nichts von sichtbaren Gnadengaben wüssten, mit welchen Gott das Reich seines Sohnes geschmückt hätte. Die Frage und ihre Antwort zielte also nicht eigentlich auf den heiligen Geist selbst, sondern auf seine greifbaren Gaben. Hätten jene Leute überhaupt geleugnet, etwas vom Geiste Gottes zu wissen, so wäre dies ein grober, ja ganz verwunderlicher Irrtum gewesen, den Paulus nicht hätte schweigend hingehen lassen. Seine nun folgende Frage: Worauf seid ihr denn getauft? gibt zu verstehen, dass überall da, wo vollständig von Christus gepredigt wurde, sich auch jene leuchtend-sichtbaren Gnadengaben einstellten als ein gemeinsamer Schmuck für alle Gemeinden. So wird es verständlich, dass Paulus sich wundert, wenn Gläubige von jener Herrlichkeit Christi nichts wussten, die nach Gottes Willen damals überall sichtbar werden sollte. Er legt auch die bessernde Hand an und mahnt jene Leute, nicht bei den Anfangsgründen stehen zu bleiben, in denen sie unterwiesen waren, da es ja des Johannes Aufgabe war, dem Herrn Christus Jünger vorzubilden.

V. 4. Johannes hat getauft usw. Paulus will jene Leute von der Mangelhaftigkeit ihres Wissens überzeugen und zu weiterem Fortschritt treiben. Er erklärt, dass Johannes von dem Christus gepredigt habe, der nach ihm kommen sollte. Wenn also diese Jünger fühlen, dass ihnen hier noch etwas fehlt, so sollen sie sich der Überwindung dieses Mangels entgegenstrecken. Alles in allem will Paulus sagen: Bevor Christus verherrlicht ward, war seine Macht in der Welt noch nicht greifbar; erst durch seine Himmelfahrt wollte er sein Reich in diesen blühenden Zustand versetzen. Noch viel weniger also konnte man in einer Zeit, da noch Johannes seinen Beruf ausübte, die Ausgießung der Geistesgaben erwarten, die jetzt zum Zeugnis dienen sollen, dass Christus zur Rechten des Vaters sitzt. Damals hatte er ja sich der Welt noch nicht als Erlöser kundgetan. Ihr sollt also wissen, dass euch ein weiterer Fortschritt verordnet ist, weil ihr noch weit vom Ziel seid. So lehrt Paulus ausdrücklich, dass der Glaube der von Johannes unterwiesenen Frommen auf den künftigen Christus blicken müsse, und dass jene Leute nicht bei den ersten Anfängen stehen bleiben sollten. Im Übrigen werden wir hier auch belehrt, dass die Taufe des Johannes ein Zeichen der Buße und Sündenvergebung war, von welchem sich unsere heutige Taufe nur insofern unterscheidet, als Christus erschienen ist und in seinem Tod und seiner Auferstehung nun unser Heil vollständig beschafft ward. So hat auch die Taufe ihr kräftiges Ziel erreicht, weil eben aus jenem Quell des Todes und der Auferstehung die Buße fließt und unser Glaube auf diese Tatsachen sich richtet, um aus ihnen Gerechtigkeit durch freie Gnade zu schöpfen. Alles in allem zeigt Paulus klar, dass die Taufe des Johannes ganz wie die unsrige eine Taufe der Wiedergeburt und Erneuerung war. Weil aber die Reinigung und Lebenserneuerung allein aus Christus fließt, war die Johannestaufe auf den Glauben an ihn gegründet. So erinnern uns denn diese Worte auch daran, dass die ganze Wirksamkeit der Taufe davon abhängt, dass wir in Christus gläubig ergreifen, was sie anschaulich darstellt. Es kann also keine Rede davon sein, dass das äußere Zeichen der Gnade Christi Abbruch täte.

V. 5. Da sie das höreten, wurden sie getauft. Da bei den Alten die Meinung von einer Verschiedenheit der Johannestaufe und der Taufe Christi herrschte, hielten sie es nicht für ungereimt, dass Leute, welche durch die Johannestaufe nur vorbereitet waren, jetzt von neuem getauft wurden. Aber dieser Glaube an den Unterschied war ein Aberglaube, wie schon daraus hervorgeht, dass die Johannestaufe Unterpfand und Siegel für eben dieselbe Annahme zur Kindschaft und Erneuerung des Lebens war, die wir heute in unserer Taufe ergreifen. Wir lesen darum auch nichts davon, dass Christus solche Leute, die von Johannes zu ihm übergingen, noch einmal getauft habe. Darum verstehen manche Ausleger den Satz, dass die zwölf Johannesjünger getauft wurden auf den Namen Jesu, dahin, dass sie lediglich eine neue Unterweisung empfingen. Aber das ist gezwungen. Andere nehmen an, dass eine wirkliche Taufe stattfand; diese aber sei keine zweite Taufe gewesen, weil die betreffenden Leute vorher von einem törichten Nachahmer des Johannes nicht wirklich und richtig getauft worden waren. Doch spricht für diese Annahme nichts. Vielmehr lassen die Worte des Paulus an wahre und echte Johannesjünger denken, denen auch Lukas den Ehrentitel von Jüngern Christi gibt. So kann ich also auch diese Annahme nicht teilen, leugne indessen ebenfalls, dass die Wassertaufe wiederholt worden sei. Denn die Worte des Lukas wollen nichts anderes besagen, als dass die Betreffenden mit dem Geist getauft wurden. Es ist ja keine unerhörte Redeweise, dass die Mitteilung der Geistesgaben bildlich als eine Taufe bezeichnet wird, wie Christus den Jüngern verhieß (1, 5; vgl. 11, 16): „Ihr sollt mit dem heiligen Geiste getauft werden.“ Der nächste Satz ist also nicht eine neue Mitteilung, sondern eine Erläuterung (V. 6): Da Paulus die Hände auf sie legte, kam der heilige Geist auf sie. In dieser Weise setzt die Schrift öfter eine Aussage kurz voran und erläutert dann, was zuerst dunkler gesagt war, mit ausdrücklichen Worten. Lukas macht also hier klar, dass den Johannesjüngern der heilige Geist eben durch die Handauflegung gegeben wurde. Übrigens gestehe ich zu, dass diese Handauflegung ein Sakrament war; doch war es ein Irrtum und Fehlgriff, eine bleibende Einrichtung daraus zu machen. Wenn jedermann zugibt, dass die Gnadengabe, die mit jenem Zeichen übermittelt ward, nur für eine gewisse Zeit währen sollte, so ist es verkehrt und lächerlich, das Zeichen beizubehalten, wenn die Sache nicht mehr vorhanden ist. Eine andere Bewandtnis hat es mit Taufe und Abendmahl, durch welche der Herr uns die Darbietung von Gütern bezeugt, deren Genuss bis ans Ende der Welt für die Kirche vorhanden sein wird. Sollen also nicht hohle Schaustellungen unter dem Titel eines Sakraments stattfinden, so gilt es, die bleibenden Sakramente ernstlich und klüglich vor den nur zeitweiligen zu unterscheiden. Ich will es nicht verwerfen, wenn die Alten sich der Handauflegung bedienten, um das Bekenntnis des Glaubens bei erwachsenen Menschen zu bekräftigen, nur möge niemand an solche Gebräuche eine besondere Geistesgabe gebunden glauben.

8Er ging aber in die Schule und predigte frei drei Monate lang, lehrte und beredete sie von dem Reich Gottes. 9Da aber etliche verstockt waren und nicht glaubten und übel redeten von dem Wege vor der Menge, wich er von ihnen und sonderte ab die Jünger und redete täglich in der Schule eines, der hieß Tyrannus. 10Und dasselbige geschah zwei Jahre lang, also dass alle, die in Asien wohneten, das Wort des Herrn Jesu höreten, beide Juden und Griechen. 11Und wirkte nicht geringe Krafttaten durch die Hände des Paulus, 12also dass sie auch von seiner Haut die Schweißtüchlein und Binden über die Kranken hielten, und die Seuchen von ihnen wichen, und die bösen Geister von ihnen ausfuhren.

V. 8. Er ging aber in die Schule. Hier ziehen wir den Schluss, dass Paulus bei der Versammlung der Frommen, die schon Bekenner Christi geworden waren, den Anfang machte und sich dann erst in die Synagoge begab, um die übrigen Juden, die noch nichts von Christus wussten oder ihn wenigstens noch nicht angenommen hatten, zu dem einen Leibe der Kirche zu sammeln. Paulus predigte dort frei und unverhüllt; man hörte ihm also nicht nur darum drei Monate lang zu, weil er etwa die Lehre des Evangeliums schlau verdeckt und sich auf dunklen Umwegen eingeschlichen hätte. Wie zuversichtlich und offen er predigte, zeigt auch die Angabe des Lukas, dass er von dem Reich Gottes sprach. Dieser Ausdruck deutet ja oft auf die den Vätern verheißene Wiederherstellung, die mit der Ankunft des Messias wieder eintreten sollte. Diese Herrschaft Gottes, die uns aus dem Abfall in den Gehorsam gegen Gott zurückführt und aus Feinden zu Kindern macht, besteht zuerst in der Vergebung der Sünden aus freier Gnade, kraft deren uns Gott mit sich aussöhnt und in sein Volk aufnimmt, sodann in der Erneuerung des Lebens, durch welche er uns in sein Bild gestaltet. Dass Paulus seine Zuhörer beredete, will besagen, dass er seine Lehre mit einleuchtenden Gründen stützte und den Zuhörern auch den Stachel frommer Ermahnungen eindrückte, damit sie dem Reiche Gottes Zugang gewährten. Denn keine Spitzfindigkeiten werden uns zum Gehorsam gegen Gott bringen, wenn wir uns nicht durch fromme Mahnungen bestimmen lassen.

V. 9. Da aber etliche verstockt waren usw. Niemals lesen wir, dass Paulus von den Juden so freundlich und mit solcher Lernbegier empfangen wurde, wie es bei seiner ersten Anwesenheit zu Ephesus geschah; denn während andere ihn im Aufruhr fortjagten, baten diese ihn, länger zu bleiben (18, 20). Nachdem er aber jetzt drei Monate lang versuchte, das Reich Gottes bei ihnen aufzurichten, verrät sich vieler Unfrömmigkeit und Widerspenstigkeit. Lukas sagt, dass sie verstockt waren; sicherlich hat die himmlische Lehre die Kraft, die Verworfenen wütend oder noch widerspenstiger zu machen. Das liegt gewiss nicht in der Natur dieser Lehre, ergibt sich aber als Nebenwirkung; denn wenn böse Leute von der Wahrheit sich bedrängt fühlen, bricht ihr verborgenes Gift hervor. Lukas fügt hinzu, dass sie übel redeten von dem Wege vor der Menge. Denn endlich kommen die Verächter des Evangeliums so weit, dass sie auch bei andern feindlich angreifen, was sie selbst nicht annehmen wollen – mit keiner andern Absicht, als dass sie womöglich alle andern in ihre Unfrömmigkeit hineinziehen möchten. Als „Weg“ wird bekanntlich jede Sache oder Richtung bezeichnet: hier bezieht sich der Ausdruck auf das Evangelium Christi. Weiter teilt Lukas mit, dass Paulus von den Gegnern wich und die Christen von ihnen absonderte. Dies Beispiel gibt uns die Erinnerung, dass wir unsere Arbeit nicht weiter verschwenden sollen, wenn wir auf verzweifelte und unheilbare Widerspenstigkeit stoßen. Darum ermahnt auch Paulus den Titus (3, 10), er solle einen ketzerischen Menschen nach ein- oder zweimaliger Erinnerung meiden; denn man tut dem Worte Gottes eine unwürdige Schmach an, wenn man es Schweinen und Hunden vorwirft. Auch muss man für die Schwachen Sorge tragen, dass ihr frommer Glaube nicht durch verkehrte Lästerungen und Verleumdungen der gesunden Lehre ins Wanken gebracht werde.

Und redete täglich usw. Diese Stelle zeigt, wie unermüdlich Paulus auf das Lehren bedacht war: Leute, die gar zu schnell der Überdruss am Lernen packt, sind also eigensinnig und genusssüchtig. Sorgte nun der Apostel auch mit besonderem Eifer für die schon gesammelte Herde, so entzog er doch auch seine Hilfe den Draußenstehenden nicht, indem er in immer erneuten Unterredungen versuchte, ob er nicht einige empfängliche Leute fände. Er tat dies in der Schule eines, der hieß Tyrannus, also wohl in einem Hörsaal, der von einem Manne dieses Namens auf eigene Kosten erbaut und der Stadt geschenkt war. In diesem öffentlichen Raum pflegten also die Gläubigen ihre Versammlungen zu halten.

V. 10. Also dass alle, die in Asien wohneten, das Wort höreten. Die Meinung ist nicht, dass man aus ganz Asien dahin zusammengekommen wäre, um den Paulus zu hören, sondern dass der Geruch seiner Predigt durch das ganze Land drang und der Same weit und breit ausgestreut ward, so dass des Apostels Arbeit nicht bloß für die eine Stadt, sondern auch für entfernte Orte Frucht brachte: die Lehre ging von Hand zu Hand, und immer neue Lehrer standen auf. Denn ein einzelner Mensch hätte nicht zugereicht; jeder an seinem Teil musste auf die Ausbreitung des Glaubens bedacht sein.

V. 11. Gott wirkte nicht geringe Krafttaten. So werden in der Schrift häufig die Wunder genannt, die Beweise eines außerordentlichen Kraftwirkens Gottes waren. Lukas berichtet, dass das Apostelamt des Paulus mit solchen Zeichen geschmückt ward, damit das Ansehen seiner Lehre eine desto gewissere Bestätigung empfange. Denn es ist eine gebräuchliche Redeweise, dass die Zeichen durch die Hände eines Menschen geschehen. So wird das Lob dafür allein Gott als dem Urheber zugeschrieben, der Mensch rückt auf die Stufe eines Dieners herab. Zu weiterem Ruhm der Wunder dient auch die Mitteilung, dass man die Schweißtüchlein und Binden des Paulus zu den Kranken trug, welche durch die Berührung damit geheilt wurden. Es ist leicht zu ersehen, zu welchem Zweck dem Apostel solche Kraft gegeben ward: er sollte sich dadurch als wahren Apostel Christi beweisen, dem Evangelium Glauben und seinem Amt kräftiges Ansehen verschaffen. Dabei ist es nützlich, dass wir uns ins Gedächtnis zurückrufen, was früher über den rechtmäßigen Gebrauch der Wunder dargelegt war. Die Heilung, welche Gott den Kranken durch die Schweißtücher des Paulus zuteil werden ließ, zielte darauf, dass Leute, die niemals diesen Menschen gesehen hatten, dennoch die Lehre des Abwesenden mit Ehrfurcht aufnehmen möchten. Umso ungesalzener ist es, wenn die Papisten diese Stelle zum Beweis für ihre Reliquien missbrauchen. Als ob Paulus seine Schweißtüchlein gesandt hätte, damit verehrungssüchtige Menschen sie zu seiner Ehre küssten, wie man im Papsttum die Schuhe und Hosen des Franziskus, den Gürtel der Rosa, den Kamm der heiligen Margarete und ähnlich alberne Dinge verehrt! Vielmehr wählte der Apostel die wertlosesten Dinge, damit nicht etwa aus Preis und Glanz Aberglaube geboren würde. Denn es war seine Absicht, dem Herrn Christus völlige und ungeschmälerte Ehre zu verschaffen.

13Es unterwanden sich aber etliche der umherziehenden Juden, die da Beschwörer waren, den Namen des Herrn Jesu zu nennen über die da böse Geister hatten, und sprachen: Wir beschwören euch bei Jesu, den Paulus prediget. 14Es waren ihrer aber sieben Söhne eines Juden Skevas, den Hohenpriesters, die solches taten. 15Aber der böse Geist antwortete und sprach: Jesum kenne ich wohl, und von Paulus weiß ich wohl: wer seid ihr aber? 16Und der Mensch, in dem der böse Geist war, sprang auf sie und ward ihrer mächtig und warf sie unter sich, also dass sie nacket und verwundet aus demselbigen Hause entflohen. 17Dasselbige aber ward kund allen, die zu Ephesus wohneten, sowohl Juden als Griechen; und fiel eine Furcht über sie alle, und der Name des Herrn Jesu ward hoch gelobet.

V. 13. Lukas will noch deutlicher machen, dass die eben erwähnten Wunder das Apostelamt des Paulus bestätigen mussten. Darum berichtet er jetzt von einer schweren Strafe, die über Leute kam, die sich fälschlich und missbräuchlich des Namens Christi bedienten. Wir entnehmen daraus, dass die Krafttaten durch die Hand des Paulus zu keinem andern Zweck geschahen, als um jedermann eindrücklich zu machen, dass er Christus treulich predige. Wenn nun der Herr nicht zuließ, dass man sein kräftiges Wirken von der reinen Lehre des Evangeliums abtrenne, ja, wenn er eine schwere Rache über Leute kommen ließ, welche verkehrter weise dasselbe auf ihre Teufelsaustreibungen übertragen wollten, so ergibt sich der weitere Schluss, dass alle Wunder, die Christi Namen verdunkeln, satanische Täuschungen sind; und wer wirkliche Gotteswunder zu etwas anderem gebraucht als zur Bekräftigung des reinen Glaubens, ist ein Falschmünzer.

Die da Beschwörer waren. Ohne Zweifel ist diese Tätigkeit aus törichtem Nachahmungstrieb entsprungen. Gott pflegte seine Macht unter den Juden in mancherlei Weise auszuüben und gebrauchte einst auch Propheten als seine Diener zur Vertreibung von Dämonen. Aus diesem Anlass vollzog man dann regelmäßige Teufelsaustreibungen und schuf ohne Gottes Befehl ein Amt dafür. Auch in der Kirche hat man in menschlicher Willkür Exorzisten, d. h. Teufelsaustreiber, angestellt, und noch heute bildet im Papsttum dieser Titel eine der Amtsstufen, über welche jeder Kleriker zum Priesteramt emporsteigen muss. Es kann ja nicht anders sein, als dass man in endlosen Irrtum und Aberglauben gerät, wenn man von Gottes Wort sich entfernt. Was nun jene Leute betrifft, von denen wir hier hören, so waren es offensichtlich umherziehende Gaukler, die ihren Weg hierhin und dorthin lenkten, wo sich gerade eine Gelegenheit zur Täuschung bot.

Wir beschwören euch bei Jesu. Mit dieser Anrufung des Namens Jesu versündigten sie sich in doppelter Weise. Da sie der Lehre des Paulus fern standen und keinen Glauben haben, suchen sie lediglich einen missbräuchlichen Vorwand für abergläubische Beschwörungen. Zum andern maßen sie sich ohne göttlichen Beruf an, was nicht in der Hand von Menschen liegt. Die rechte Anrufung des Namens Gottes und Christi lässt sich dagegen vom Glauben leiten und überspringt nicht die Schranken des Berufs. So mahnt uns dies Beispiel, dass wir nichts unternehmen dürfen, wenn uns nicht Gottes Wort voranleuchtet, wollen wir nicht in eine ähnliche Strafe für Gottesraub fallen. Der Herr selbst mahnt uns zum Beten. Wer also mit Wundergabe nicht ausgestattet ist, halte sich in diesen Schranken! Wenn die Apostel durch ihr Befehlswort unreine Geister ausfahren ließen, konnten sie sich dafür auf Gott berufen und hatten das guten Gewissen, dass sie treulich den aufgetragenen Dienst ausrichteten.

V. 16. Der Mensch sprang auf sie. Dem Menschen wird zugeschrieben, was doch durch ihn der Teufel tat. Denn so viel Gewalt hätte jener Mensch nicht besessen, sieben starke Jünglinge zu verwunden, ihnen die Kleider abzureißen und sie aus dem Hause zu treiben. In welcher Weise aber ein Teufel in einem Menschen wohnt, lässt sich nicht genau sagen; nur durch den Gegensatz zwischen dem Geist Gottes und dem Satan lässt es sich deutlich machen. Denn wie Paulus lehrt, dass wir Tempel Gottes sind, weil Gottes Geist in uns wohnt, so sagt er auf der andern Seite, dass der Satan in allen Ungläubigen sein kräftiges Werk hat. Indessen sollen wir wissen, dass hier von einer besonderen Art der Besessenheit die Rede ist, bei welcher dem Satan derartig der Zügel gelockert wird, dass er den ganzen Menschen mit Beschlag belegt. Im Übrigen wollte Gott dies eigenartige Geschehnis uns vor Augen stellen, um zu zeigen, dass sein Wirken nicht im Klang eines Wortes eingeschlossen ist und man den Namen seines Sohnes nicht abergläubisch missbrauchen darf. Wenn er aber dem Satan erlaubt, uns zu misshandeln, so sollen wir dies als eine schwerere Strafe einschätzen, als wenn er uns am Fleisch verwundete. Denn der trügerische Schein von Wundern ist ein schreckliches Gespenst, das die Ungläubigen in Wahnsinn und tiefere Finsternis stoßen soll, weil sie das Licht Gottes verworfen haben.

V. 17. Und fiel eine Furcht über sie alle. Das ist die Furcht der von Gott verhängten Strafe: jedermann scheute sich, die Lehre zu verachten, für welche Gott durch ein nachdrückliches Zeichen eingetreten war, und man wurde zur Ehrfurcht vor Christus geleitet. Alle Gerichte Gottes wollen die Frucht schaffen, dass sie uns Scheu vor der Sünde einflößen. Dies Strafexempel aber legt den Menschen insbesondere die Herrlichkeit Christi ans Herz und bekräftigt die Autorität des Evangeliums.

18Es kamen auch viel derer, die gläubig geworden waren, und bekannten und verkündigten, was sie getrieben hatten. 19Viele aber, die da vorwitzige Kunst getrieben hatten, brachten die Bücher zusammen und verbrannten sie öffentlich; und überrechneten, was sie wert waren, und fanden des Geldes fünfzigtausend Groschen. 20Also mächtig wuchs das Wort des Herrn und wirkte kräftig. 21Da das ausgerichtet war, setzte sich Paulus vor im Geiste, durch Mazedonien und Achaja zu ziehen und gen Jerusalem zu reisen, und sprach: Nach dem, wenn ich daselbst gewesen bin, muss ich auch Rom sehen. 22Und sandte zwei, die ihm dienten, Timotheus und Erastus, nach Mazedonien; er aber verzog eine Weile in Asien.

V. 18. Es kamen auch viel derer, die gläubig geworden waren usw. Das ist ein besonderes Anzeichen der Furcht, von welcher wir soeben hörten. Diese Leute bezeugten durch die Tat, wie ernst sie von Furcht vor Gott ergriffen waren, indem sie freiwillig die Sünden ihres früheren Lebens bekannten und nicht durch Verschweigen den Zorn Gottes in ihrem Innern weiter brennen lassen wollten. Wir wissen, wie schwer es hält, einem Sünder ein wahres und unumwundenes Geständnis auszupressen; weil den Menschen nichts über die Meinung geht, die andere von ihnen haben, ist ihnen die Scham immer wichtiger als die Wahrheit, und sie möchten, soviel irgend möglich, ihre Schande zudecken. Darum ist dieses freiwillige Bekenntnis ein Zeugnis der Buße und Furcht. Denn nur jemand, der von dem Gefühl des göttlichen Gerichts tief erschüttert ist, unterwirft sich den Vorwürfen und der Schmach vor Menschen; er lässt gern ein irdisches Gericht über sich ergehen, um von der Schuld im Himmel frei zu werden. Übrigens hat diese Geschichte mit der Tyrannei der Ohrenbeichte nichts zu schaffen. Denn hier bekennen die Gläubigen öffentlich, wie jämmerlich sie der Satan irreführte, ehe sie zum Glauben kamen, und legen bestimmte Beweise dafür öffentlich vor. Sie demütigen sich vor der Versammlung der Gläubigen. Dagegen befiehlt der Papst ganz etwas anderes, dass nämlich der Sünder seinem Priester heimlich etwas ins Ohr summen soll.

V. 19. Vorwitzige Kunst sind nicht nur zauberhafte Beschwörungen, sondern überhaupt alles eitle Forschen und Fragen, mit dem sich die meisten Menschen nur zu gern abgeben, wie Sterndeuterei, Ahnungen für die Zukunft usw. Jene Leute verbrannten nun ihre Bücher, um sich und andern für alle Zukunft die Handhabe für solche Irrungen zu nehmen. Dass der hohe Wert von fünfzigtausend Groschen, d. h. wohl Denaren1), sie nicht von der Zerstörung abhielt, ist ein besonders eindrücklicher Beweis frommen Strebens. Zum Bekenntnis der Worte, von dem wir zuerst hörten, gesellt sich also das Bekenntnis der Tat.

V. 20. Also mächtig wuchs das Wort des Herrn. In diesem ungewöhnlichen Wachstum, welches sich wohl auf die tägliche Mehrung der Zahl der Gläubigen bezieht, erscheint ein seltenes Gotteswirken. Aber auch in den Menschen schlug Gottes Wort tiefere Wurzel: es wirkte kräftig, indem es sie im Gehorsam gegen das Evangelium, in der Frömmigkeit und im Glauben förderte.

V. 21. Setzte sich Paulus vor im Geiste usw. Dass Paulus den Plan zu dieser Reise auf Antrieb des Geistes fasste, lässt ersehen, wie er sein ganzes Leben nach Gottes Willen und Wink einrichtete. Dagegen spricht auch nicht der Umstand, von dem wir alsbald hören werden, dass der Apostel bezüglich des mit jener Reise zu erzielenden Erfolgs sich in seiner Hoffnung betrogen sah. Denn oft leitet Gott seine Gläubigen und verbirgt ihnen doch den Ausgang: sie sollen sich so völlig ihm anschließen, dass sie auch in der verwirrtesten Lage mit geschlossenen Augen dem folgen, was er ihnen durch seinen Geist eingab. Des Weiteren sehen wir, wie Paulus ohne Rücksicht auf eigene Bequemlichkeit sich ganz in den Dienst der Gemeinden stellte (V. 22); er wollte lieber seinen besten, treuesten und brauchbarsten Begleiter Timotheus entbehren als die Mazedonier unversorgt lassen.

23Es erhob sich aber um dieselbige Zeit nicht eine kleine Bewegung über diesem Wege. 24Denn einer mit Namen Demetrius, ein Goldschmied, der machte silberne Tempel der Diana, und wandte denen vom Handwerk nicht geringen Gewinst zu. 25Dieselben versammelte er und die Beiarbeiter desselbigen Handwerks und sprach: Lieben Männer, ihr wisset, dass wir großen Gewinn von diesem Gewerbe haben; 26und ihr sehet und höret, dass nicht allein zu Ephesus, sondern auch fast in ganz Asien dieser Paulus viel Volks abfällig machet, überredet und spricht: Es sind nicht Götter, welche von Händen gemacht sind. 27Aber es will nicht allein unserm Handel dahin geraten, dass er nichts gelte, sondern auch der Tempel der großen Göttin Diana wird für nichts geachtet werden, und wird dazu ihre Majestät untergehen, welcher doch ganz Asien und der Weltkreis Gottesdienst erzeiget. 28Als sie das höreten, wurden sie voll Zorns, schrien und sprachen: Groß ist die Diana der Epheser!

V. 23. Es erhob sich nicht eine kleine Bewegung. Der „Weg“ ist, wie wir schon hörten (V. 9), die christliche Religion. Wir sehen nun, wie wunderbar der Herr seinen Knecht geübt hat. Als er zur Reise sich rüstete, hoffte er, die Gemeinde werde bei seinem Weggang Ruhe haben; da erhebt sich plötzlich ein Aufruhr von einer Seite, von der er ihn durchaus nicht fürchtete. Übrigens sieht man an Demetrius, eine wie schädliche Seuche die Habsucht ist: ein einziger Mensch stürzt unbedenklich um seines persönlichen Gewinns willen eine große Stadt in einen Aufruhr. Die Arbeiter aber, die wie von ihm entzündete Fackeln den Brand nach allen Seiten ausbreiten, sind uns ein Beweis dafür, wie leicht man gemeine und dem Bauch ergebene Menschen zu jeder beliebigen Schandtat treiben kann, besonders wenn sie von einem niedrigen Erwerb aus der Hand in den Mund leben und ihnen die Aussicht auf Gewinn entrissen wird. Demetrius und sein Anhang schlagen Lärm, weil mit dem Hinschwinden des Aberglaubens, der ihnen Gewinn zu bringen pflegte, auch ihr Handwerk zusammenbrechen wird. Sie kämpfen also, als ginge es um das Leben, Demetrius für reiche Beute, die andern für das tägliche Brot. Dabei fehlt dem Demetrius nicht ein ehrbarer Schein, indem er den Kultus der Diana zum Vorwand nimmt. Die Sache selbst ist doch ein schreiender Beweis, dass er weniger für den Altar als für den Herd kämpft, nämlich für seine wohl versorgte Küche. Noch heute birgt sich im Papsttum hinter dem Kampf für den katholischen Glauben nur zu oft die Angst vor Schmälerung der Einkünfte. Fromme Lehrer sollen nun aus diesem Beispiel lernen, dass es ihnen an Feinden erst fehlen wird, wenn die ganze Welt sich selbst verleugnet und nunmehr Frieden anbietet, was sicherlich niemals geschehen wird. Weil die Lehre des Paulus dem Demetrius und den Goldarbeitern den Gewinn entreißt, springen sie wütend auf, dieselbe auszutilgen. Werden nicht Leute, die sich durch das Evangelium benachteiligt fühlen, dasselbe tun? So ist niemand, der nicht Anlass zum Kampf besäße; denn alle Regungen des Fleisches sind Feindschaft wider Gott. Unausweichlich werden alle fleischlichen Begierden, die in der Welt herrschen, ebenso viele zum Widerstand gegen Christus gerüstete Feinde. Oft allerdings wird Gott einen Zügel anlegen, dass nicht offene Wut und Aufruhr ausbreche; wer aber nicht innerlich dem Joch Christi sich unterwirft, wird sein Evangelium immer hassen. Es gilt also festzustellen, dass fromme und treue Lehrer allezeit mit einer mannigfachen Schar von Feinden zu tun haben werden, die entweder mit offener Wut auftreten oder mit heimlichen Künsten das Evangelium untergraben, die entweder das Gift ihres Hasses ausspeien oder wenigstens mit Murren und Knirschen ihre Feindschaft verraten.

V. 25. Dass wir großen Gewinn von diesem Gewerbe haben. Hier lässt Demetrius schamlos seine Bosheit sehen. Man darf einigermaßen für persönlichen Vorteil sorgen; aber um seinetwillen den öffentlichen Frieden stören, Recht und Billigkeit umstürzen, zu Gewalttat und Mord herabsinken, ist ein schweres Verbrechen. Den Tatbestand stellt Demetrius so dar, dass Paulus gesagt habe: Es sind nicht Götter, welche von Händen gemacht sind. Ob Paulus recht hat oder nicht, darnach fragt er nicht; die Gewinnsucht verblendet ihn und treibt ihn, die wahre Lehre zu unterdrücken. Eben diese Blindheit stürzt ihn auch in gewaltsame Selbsthilfe. Und weil die Arbeiter für sich Hunger und Mangel fürchten, werden sie in diesen Sturm hineingerissen; denn der Bauch ist taub und blind und weiß von Billigkeit nichts. Umso mehr muss ein jeder von uns, wenn persönlicher Nutzen und Gewinn in Frage steht, gegen sich selbst Verdacht hegen, dass nicht etwa die gleiche Begierde, die jene zur Raserei trieb, allen Unterschied zwischen Recht und Unrecht, zwischen einem schmählichen oder anständigen Verfahren austilge.

V. 27. Aber es will nicht allein unserm Handel usw. Schon das ist verkehrt, dass Demetrius erst in zweiter Linie für die Religion Sorge trägt, da ja nichts abgeschmackter ist, als den Bauch noch vor die Göttin zu stellen. Aber auch was er über die Gefährdung des Kultus der Diana vorschützt, ist leeres Gerede. Denn wenn die Lehre des Paulus ihn nicht geschädigt hätte, wäre er ruhig zu Hause geblieben, hätte sich um die Verehrung der Diana weder selbst geängstigt, noch wäre er andern lästig gefallen. Um aber seine schändliche Handlungsweise zu verdecken, wendet er den einleuchtenden Titel der Religion vor. So stürmen gottlose Leute kühnlich wider Gott an und brauchen ihn doch in ihrer Frechheit als ehrbar scheinenden Vorwand. Aber Gott lässt sich nicht spotten, sondern zieht sie aus ihren Schlupfwinkeln ans Licht.

Welcher ganz Asien und der Weltkreis Gottesdienst erzeiget. Demetrius hält es für unwürdig, dass die Majestät der Diana, welche der ganze Erdkreis anerkennt und anbetet, zunichte werden solle. Sich auf die allgemeine Ansicht der Menge zu stützen, ist überhaupt eine beliebte Zuflucht aller abergläubischen Leute. Wahre Religion bedarf einer festeren Stütze, als sie Menschenmeinung gibt. Auch heute trägt man kein Bedenken, das bloße Wort „Gewohnheit“ kühnlich gegen Gott selbst auszuspielen. Uns aber hat der Herr eine ganz andere Regel vorgeschrieben, dass wir uns nämlich mit seiner Autorität allein zufrieden geben und weder um menschliche Meinungen noch um unsere Gebräuche noch um die Gewohnheit vieler Völker kümmern sollen.

29Und die ganze Stadt war voll Getümmels; sie stürmeten aber einmütiglich zu dem Schauplatz und ergriffen Gajus und Aristarchus aus Mazedonien, des Paulus Gefährten. 30Da aber Paulus wollte unter das Volk gehen, ließen´s ihm die Jünger nicht zu. 31Auch etliche der Obersten in Asien, die des Paulus gute Freunde waren, sandten zu ihm und ermahneten ihn, dass er sich nicht begäbe auf den Schauplatz. 32Etliche schrien so, etliche ein anders, und war die Gemeine irre, und das mehrere Teil wusste nicht, warum sie zusammengekommen waren. 33Etliche aber vom Volk zogen Alexander hervor, da ihn die Juden hervorstießen. Alexander aber winkte mit der Hand und wollte sich vor dem Volk verantworten. 34Da sie aber inne wurden, dass er ein Jude war, erhob sich eine Stimme von allen, und schrien bei zwei Stunden: Groß ist die Diana der Epheser!

V. 29. Hier zeigt uns Lukas die Natur der Volksmasse wie in einem anschaulichen Bilde. Wie eine Feuersbrunst tausend Häuser mit einem Male ergreift, geht in einem Augenblick der Aufruhr durch die ganze Stadt. Wo aber einmal solches Unwetter erregt ward, lässt es sich nicht leicht stillen. Da nun die Knechte Christi diesem Übel nicht ausweichen können, müssen sie sich mit unbesiegter Standhaftigkeit wappnen, Volksgetümmel ohne Furcht über sich ergehen lassen und nicht wie durch ein neues und unerhörtes Ding erschüttert werden, wenn sie das Volk in Aufruhr sehen. So rühmt sich Paulus selbst (2. Kor. 6, 5), das er ungebrochenen Mutes mitten durch den Aufruhr hindurchgehe. Inzwischen hält der Herr die Diener seines Wortes, die zwischen mancherlei Stürmen und Brandungen umgetrieben werden, mit dem besten Trost aufrecht und stützt sie mit der trefflichsten Zuversicht, indem er bezeugt, dass er das Steuer seiner Kirche in der Hand halte, - und nicht nur dies, sondern dass er auch alle Stürme und Fluten lenkt, um sie zu stillen, sobald es ihm gut scheint. Wir sollen also wissen, dass unsere Schifffahrt durch ein stürmisches Meer gehen muss; ja, auch die Schmach werden wir zu tragen haben, dass wir die Stürme selbst erregt hätten. Doch soll uns nichts vom geraden Weg der Pflicht abdrängen. So werden wir bei unserer weiteren Fahrt zwar schwer geschüttelt werden, aber der Herr wird uns nicht im Schiffbruch untergehen lassen. Des Weiteren sehen wir, dass das Volk, so verwirrt der Aufruhr schon ist, doch noch immer tiefer sinkt, wie jetzt die Epheser den Gajus und Aristarchus ergreifen, den Alexander mit unsinnigem Geschrei übertäuben. Es regiert eben in ihnen der Satan, so dass sie sich der bösen Sache annehmen müssen. Auch hat die falsche Anschuldigung ein Vorurteil geschaffen, so dass eine Untersuchung der Sache ausgeschlossen wird.

V. 30. Da aber Paulus wollte usw. Hier kann man sehen, wie sich bei Paulus mit der Standhaftigkeit die Mäßigung paart. Er ist bereit, sich aus freien Stücken der Gefahr entgegen zu werfen, obgleich er in sicherer Verborgenheit hätte bleiben können. Doch weigert er sich nicht, dem Rat derjenigen zu folgen, welche den Stand der Dinge genauer kannten. Hätte man ihn nicht zurückgehalten, so hätte man sein Vorhaben nicht auf Vorwitz zurückführen dürfen. Warum sollte er wider einen Aufruhr, der ohne seine Schuld aufgeflammt war, nicht sein Leben einsetzen, zumal er an einem guten Ausgang noch nicht verzweifeln musste? Da aber sachkundige Brüder und Freunde ihm abraten, ist die Mäßigung, mit welcher er auf seinem Vorhaben nicht hartnäckig besteht, lobenswert.

V. 33. Etliche zogen Alexander hervor usw. Wahrscheinlich haben die Juden diesen Alexander nicht hervorgestoßen, damit er die gemeinsame Sache ihres Volks führe, sondern um ihn dem Volk als Schlachtopfer darzubieten. Indessen hat ihn der jüdische Name so verhasst gemacht, dass sie lärmend von sich stießen, was er für die Sache zu sagen im Begriff war; ja, bei dieser Volkswut war er nicht weit von Todesgefahr entfernt. Ob übrigens dieser Alexander derselbe ist, dessen Paulus anderwärts (1. Tim. 1, 20; 2. Tim. 4, 14) gedenkt, ist ungewiss, dünkt mich aber wahrscheinlich. Nehmen wir es an, so kann dies schreckliche Beispiel uns mahnen, vorsichtig zu wandeln, damit uns nicht der Satan in ähnlichen Abfall hineinreiße. Denn einen Menschen, der dem Martyrium nahe war, sehen wir als treulosen und verbrecherischen Abtrünnigen wieder.

V. 34. Groß ist die Diana der Epheser. Dies Bekenntnis ist zwar geräuschvoll, aber ohne jede Zuverlässigkeit, weil es nicht aus dem Glauben des Herzens floss. Denn woher anders kommt die Gottheit der großen Diana, die sie preisen, als dass sie wie sinnlos einen einmal eingesogenen Irrtum wütend verteidigen? Die Art wahrer Frömmigkeit ist eine andere: da glaubt man mit dem Herzen und wird dadurch gerecht; dann folgt das Bekenntnis des Mundes, welches zum Heil führt. So besteht ein gewaltiger Unterschied zwischen dem maßlosen Geschrei kranker und hartnäckiger Fanatiker und der Standhaftigkeit und dem Eifer der Märtyrer. Und doch sollten wir uns unserer Trägheit schämen, wenn wir weniger freimütig und wacker sind im Bekenntnis des gewissen Glaubens als jene in ihrem schmutzigen Irrtum. Wir hören doch, was Gottes Geist uns durch Davids Mund vorschreibt (Ps. 116, 10): „Ich glaube, darum rede ich.“

35Da aber der Kanzler das Volk gestillet hatte, sprach er: Ihr Männer von Ephesus, welcher Mensch ist, der nicht wisse, dass die Stadt Ephesus sei eine Pflegerin der großen Göttin Diana und des himmlischen Bildes? 36Weil nun das unwidersprechlich ist, so sollt ihr ja stille sein und nichts Unbedächtiges handeln. 37Ihr habt diese Menschen hergeführt, die weder Tempelräuber noch Lästerer eurer Göttin sind. 38Hat aber Demetrius, und die mit ihm sind vom Handwerk, zu jemand einen Anspruch, so hält man Gericht, und sind Landvögte da; lasset sie sich untereinander verklagen. 39Wollt ihr aber etwas anderes handeln, so mag man es ausrichten in einer ordentlichen Gemeine. 40Denn wir stehen in der Gefahr, dass wir um diese heutige Empörung verklagt möchten werden, da doch keine Sache vorhanden ist, damit wir uns solches Aufruhrs entschuldigen möchten. Und da er solches gesaget, ließ er die Gemeine gehen.

V. 35. Hier erzählt Lukas, dass der Aufruhr zwar gestillt ward, aber bei dem unsinnigen Volk der Aberglaube doch die Oberhand behielt und man auf Gottes Wahrheit nicht hörte. Denn dem Kanzler oder Stadtschreiber genügt es, wie dies bei diplomatischen Menschen zu sein pflegt, auf irgendeine Weise nur die Aufregung und Unruhe zu stillen. Dabei kommt es auf den Gegenstand selbst gar nicht an. Der Kanzler durchschaute ohne Zweifel die Bosheit des Demetrius, welcher den Vorwand der Religion zu persönlichem Vorteil missbrauchte und die Stadt in Aufruhr stürzte, rührte aber diese Wunde, die unerfahrenen Leuten verborgen war, nicht an. Um den Tumult zu beschwichtigen, rühmt er dabei die eingebildete Gottheit der Diana und drückt sein Siegel unter ihre abergläubische Verehrung. Wäre jetzt Paulus in der Versammlung gewesen, so hätte er lieber hundertmal dem Tod sich entgegen geworfen als zugelassen, dass er um diesen Preis von der Gefahr befreit werde. Er hätte ja sagen können, dass er den Stadtschreiber nicht geheißen habe, so zu reden; aber das wäre bei einem öffentlichen Zeugen und Herold der himmlischen Lehre eine treulose Verleumdung gewesen. Der Schreiber verkündet, dass das von den Ephesern verehrte Götzenbild vom Himmel gefallen sei, und dass Paulus mit seinen Begleitern nichts Beleidigendes gegen diese Gottheit geredet habe. Durfte der Apostel schweigen und dadurch die ausgedachte Entschuldigung billigen? Damit hätte er dem Götzendienst die Hand gereicht. Darum hat Lukas mit gutem Grunde vorangeschickt, dass Paulus von den Brüdern zurückgehalten wurde, in die Volksversammlung zu gehen.

V. 37. Diese Menschen, die weder Tempelräuber noch Lästerer sind. Diese Rede dient mehr zum Ruhme der fleischlichen Klugheit als der Frömmigkeit des Stadtschreibers. Denn es lag ihm lediglich daran, die Glut des Aufruhrs zu löschen. Darum zieht er endlich den Schluss (V. 38), dass Gerichtshöfe und Obrigkeiten vorhanden seien für den Fall, dass Demetrius einen privaten Rechtsstreit habe. Öffentliche Geschäfte aber solle man nicht in einem auf Antrieb und Laune eines einzigen Menschen zusammengekommenen Volksauflauf behandeln, sondern in einer rechtmäßigen, von der Obrigkeit berufenen Versammlung. Auch durch die Furcht beschwichtigt der Schreiber das Volk (V. 40), weil ja der Prokonsul Gelegenheit bekommen könnte, die Stadt übel zu strafen.

1)
Also gegen 40 000 Mark.
Cookies helfen bei der Bereitstellung von Inhalten. Diese Website verwendet Cookies. Mit der Nutzung der Website erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies auf Ihrem Computer gespeichert werden. Außerdem bestätigen Sie, dass Sie unsere Datenschutzerklärung gelesen und verstanden haben. Wenn Sie nicht einverstanden sind, verlassen Sie die Website.Weitere Information
autoren/c/calvin/calvin-apg/kapitel_19.txt · Zuletzt geändert: von 127.0.0.1
Public Domain Falls nicht anders bezeichnet, ist der Inhalt dieses Wikis unter der folgenden Lizenz veröffentlicht: Public Domain