Calvin, Jean - An Vermigli in Zürich (608)

Nr. 608 (C. R. – 3122)

Calvin, Jean - An Vermigli in Zürich (608)

Louis Bourbon, Prinz de Conde, war der Bruder des Königs von Navarra; seine Schwiegermutter, Madame de Roye, wies die um ihren Gatten trauernde Katharina von Medici auf das Evangelium hin, und als diese wünschte, einen evangelischen Prediger zu hören, suchte Madame de Roye eine heimliche Zusammenkunft mit einem solchen zu vermitteln. Mit Einwilligung der Königin-Mutter kam der Pariser Pfarrer La Roche-Chandieu in die Nähe von Rheims, während dort die Krönung Karls II. gefeiert wurde; doch kam Katharina nicht zu dem verabredeten Gespräch.

Schlimme Nachrichten aus Frankreich.

Es trifft sich gut, dass zwei Tage nach Ankunft deines Briefes, verehrter Bruder, ein Bote abging, dem ich meine Antwort sicher anvertrauen konnte. Freilich habe ich eben nur Trauriges zu melden, und nur ungern ziehe ich dich in meine Sorgen herein; es wäre denn, dass du von vornherein meine Ängste mit mir teilst. Großen Schmerz und nicht weniger Sorge und Furcht macht mir die schlimme Lage unserer Brüder in Frankreich, denen der wahre Glaube am Herzen liegt. In der Hand des Königs von Navarra hätte es gelegen, dieses Unheil abzuwenden, und er hat große Dinge versprochen; aber schon seine Feigheit war das Schändlichste, was man sich denken konnte, und schließlich kam noch Verrat dazu. Die Schwiegermutter des Prinzen de Conde hatte von der Königin-Mutter erwirkt, dass ein Pfarrer der Pariser Gemeinde zu einem Gespräch zugelassen wurde; er wurde berufen, aber mit Schimpf und Schande wieder heimgesandt. Indessen wendet sich alles zu einer fürchterlich blutigen Verfolgung; denn von Überläufern wurden alle verraten, die sich zu Christi Jüngern bekannten und die heimlichen Versammlungen besuchten. Die Lage ist mehr als traurig; doch müssen wir gleichmütig und ruhig abwarten, bis unser Rächer erscheint vom Himmel her, und ich weiß, er wird es tun zur rechten Zeit. Doch müssen wir ihn zugleich bitten, dass er die schwachen Herzen stütze. Ich will dich und deine Kollegen nicht ermahnen, für ihre Rettung zu Gott zu beten, denn ich weiß, Ihr seid dazu von selbst bereit. Lebwohl, hochberühmter Mann, von Herzen verehrter Bruder. Grüße die Freunde. Der Herr erhalte dich samt deiner Frau gesund; er leite und stärke dich und mache dich reich an seinen Gaben.

Genf, 4. Oktober 1559.
Dein
Johannes Calvin.

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