Calvin, Jean - An die Herzogin Renata von Ferrara.

Nr. 435 (C. R. – 2105)

Calvin, Jean - An die Herzogin Renata von Ferrara.

Vgl. 421. Die Herzogin war nach ihrem Abfall aus ihrer Haft befreit und vom Herzog wieder im Palast aufgenommen worden.

Nach ihrem Abfall vom evangelischen Glauben.

Madame, da ich seit der Zeit, da es Gott gefallen hat, Ihren Glauben zu prüfen, von Ihnen nur durch das allgemeine Gerede Nachricht erhielt, so weiß ich wirklich nicht, was ich Ihnen schreiben soll. Doch wollte ich die gute Gelegenheit, die mir durch den Überbringer dieses Briefes geboten wurde, nicht unbenützt vorbeigehen lassen. Ja, es hat mir sehr leid getan, dass kürzlich hier jemand durchreiste, ohne mich zu sprechen, der Ihnen einen Brief hätte sicher übermitteln können. Denn seit der Trübsal, die über Sie gekommen ist, hatte ich niemand, dem ich vertrauen konnte, und obwohl ich, ungewiss über den Ausgang Ihrer Heimsuchung, nicht so genau wusste, was schreiben, wie ich gewollt hätte, so war es mir doch sehr unlieb, Ihnen gar nicht schreiben zu können. Obwohl ich auch heute noch nicht gewiss weiß, wie es um Sie steht, so muss ich Ihnen doch das sagen: Ich nehme an, dass Sie vom rechten Weg gewichen sein müssen, der Welt zulieb. Denn es ist ein schlechtes Zeichen, dass die Leute, die Sie bisher so scharf bekämpft haben, um Sie vom Dienste Gottes abwendig zu machen, Sie jetzt ganz in Frieden lassen. Darüber hat auch tatsächlich der Teufel ein solches Triumphgeschrei erhoben, dass wir seufzen und den Kopf hängen lassen mussten, ohne uns mehr dagegen wehren zu können. Übrigens, Madame, da unser guter Gott stets bereit ist, uns wieder in Gnaden anzunehmen, und uns, wenn wir gefallen sind, doch seine Hand wieder hinhält, dass unser Fall nicht tödlich werde, so bitte ich Sie, fassen Sie wieder Mut. Und wenn der Feind für einmal infolge Ihrer Schwachheit einen Vorteil über Sie errungen hat, so soll er damit ganz und gar noch nicht gesiegt haben, sondern merken, dass die, die Gott wieder aufrichtet, doppelt stark sind, alle Kämpfe auszuhalten. Wenn Sie das wohl bedenken, Madame, dass Gott die Seinen wohl demütigt, aber sie nicht für immer beschämen will, so wird Ihnen das wieder Hoffnung auf ihn geben, so dass Sie umso tapferer werden für die Zukunft. Ich weiß wohl, dieselben Angriffe, die Sie jetzt zum Weichen gebracht haben, werden auch dann wieder unaufhörlich gegen Sie gerichtet werden. Aber ich bitte Sie, denken Sie daran, wie viel Sie dem schuldig sind, der Sie teuer erkauft hat, und der Sie täglich einladet zu seinem Erbteil im Himmel. Das ist kein Herr, in dessen Dienst man zu nichts kommt, besonders wenn wir auf den Ausgang sehen, den alles nimmt, was wir um seines Namens willen an Schmach und Anfechtung erdulden können. Rufen Sie ihn also an, und verlassen Sie sich darauf, dass er stark genug ist, unserer Gebrechlichkeit auszuhelfen, und denken Sie an die schönen Verheißungen, die dazu da sind, uns zu erheben zur Hoffnung auf die himmlische Herrlichkeit. Schon der Vorgeschmack davon soll uns die Welt vergessen und unter unsre Füße treten lassen. Um nun zu zeigen, dass der Wunsch, Gott Ehre zu erweisen, in Ihnen gewachsen, keinesfalls abgestorben ist, so achten Sie, Madame, im Namen Gottes darauf, nicht allein in Ihrer Person Zeugnis abzulegen, sondern auch Ihr Haus so in Ordnung zu halten, dass allen Verleumdern der Mund gestopft wird. Ich denke, Sie werden nicht vergessen haben, was ich früher schon Ihnen darüber sagen musste, zu meinem großen Leidwesen, aber um der Ehrerbietung willen, die ich Ihnen gegenüber hege, und um der Sorge willen, die ich mir um Ihr Seelenheil mache. Freilich, das möchte ich Ihnen auch bemerken, dass ich nie irgendeinem Menschen den Auftrag gab, vor Ihnen darüber ein Wort laut werden zu lassen. Ja noch mehr, ich habe mich wohl gehütet, auch nur im Geringsten zu zeigen, dass ich den Berichten, die ich hören musste, Glauben schenkte. Damit der Mensch, der Sie ohne Anlass aufgeregt hat, nicht mehr dazu komme, weiteres Feuer anzulegen, habe ich, ums Ihnen zu sagen, mir viele Mühe gegeben, seine Torheit zu dämpfen, konnte aber nie damit zu Ende kommen. Vielmehr wurde er zornig über mich, weil ich versucht hatte, seine Torheit zu verhindern. Es ist ein Italiener, Namens Marco. Im Übrigen, Madame, bitte ich Sie, wie es auch sei, wachen Sie sorgfältig darüber, solchen Verleumdungen jeden Grund zu nehmen.

Indem ich mich, Madame, Ihrer Wohlgewogenheit ergebenst empfehle, bitte ich den lieben Gott, Sie in seine Hut zu nehmen, Ihnen seine starke Hand zu bieten, seine Geistesgaben an Ihnen zu mehren und Sie seiner Ehre dienen zu lassen.

Den 2. Februar 1555.
Ihr ganz ergebener Diener
Charles d´ Espeville. 

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