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Calvin, Jean - An den Rat in Bern

Calvin, Jean - An den Rat in Bern

Nr. 417 (C. R. – 2020)

Vgl. 416.

Anklage gegen Zebedee, Bolsec und Lange.

Hochedle, mächtige und sehr achtbare Herren, mit ergebenster Empfehlung und Angebot unserer Dienste bitten wir um Entschuldigung, wenn wir zu Ihnen unsere Zuflucht nehmen, um uns über das schmählich maßlose Gerede zu beklagen, das in Ihrem Land gegen uns geführt wird, nicht so sehr, weil wir persönlich verleumdet werden, sondern weil dadurch das Evangelium, ja das ganze Christentum, der Schmach und dem Spott ausgesetzt wird. Sie wissen, gnädige Herren, dass wir Sie bisher nie mit Klagen bedrängt und belästigt haben, nicht sowohl, weil wir nicht oft guten Grund gehabt hätten, Sie auf die zu Unrecht über uns ausgestreuten Verleumdungen aufmerksam zu machen, als weil wir lieber schwiegen, als Ihren gnädigen Herrschaften Mühe und Verdruss zu machen. Nun, da uns die Not zwingt, den Mund aufzutun, hoffen wir umso freundlicheres und leichteres Gehör zu finden, wie auch, dass Ihre Gnaden uns nicht nur willig Ihr Ohr leihen, sondern auch dem Übel steuern, das Ihnen vorzubringen wir für gut befinden.

Es handelt sich hierbei nicht um unsere Personen; denn wären wir unrechter Weise geschmäht worden, so stünden uns wie jedem in Ihrem ganzen Lande die Gerichte offen. Weil aber die Leute, über die wir zu klagen haben, sich ausdrücklich gegen die von uns vertretene Lehre wenden, die ja nicht in weltlichem Prozess und Gerichtsverfahren verhandelt werden darf, so haben wir gedacht, es sei das Beste, zu Ihren Exzellenzen unsere Zuflucht zu nehmen. Es ist ja unnötig, hochedle Herren, Ihnen nachzuweisen, welche Schmach und Schande auf das heilige Evangelium fällt, wenn Prädikanten und andere Untertanen des Standes Bern die Prädikanten von Genf Ketzer schelten, denn Sie sehen das zur Genüge in Ihrer Klugheit. Bestände tatsächlich ein Unterschied in der Lehre, so müsste man im Blick darauf, wie wir von den Feinden des Glaubens belauert und angebellt werden, Vorsicht und Mäßigung walten lassen, um ihnen das Maul zu stopfen. Da uns aber Gott die Gnade erwiesen hat, dass wir, hier wie dort, vereint sind in guter Übereinstimmung, so zeigen die paar Leute, die gegen uns schreien und wettern, nicht nur, dass sie nichts wollen als Verwirrung und Ärgernis, sondern dass sie geradezu Brandstifter sind zur Zerstörung der heiligen Eintracht, die Gott unter uns geweckt hat. Ihre Prädikanten [der Stadt Bern] sind durch Gottes Gnade einig untereinander. Erkundigen Sie sich bei ihnen, wie sie es mit uns sind; denn wenn sie Ihnen nicht erklären, dass eine aufrichtige Bruderliebe und eine so friedliche Übereinstimmung, wie man nur wünschen kann, unter uns herrsche, so wollen wir nicht verlangen, die Gunst Ihrer Exzellenzen zu erhalten. Erklären sie Ihnen aber (und wir sind sicher, sie werden es tun), dass unter uns kein Span noch Widerspruch ist, so kann Ihnen das ein deutlicher Beweis sein, dass unsere Verleumder nicht Ihrer Exzellenzen Ehre, Nutzen und Ruhe suchen. Unsererseits dürfen wir behaupten, dass wir stets gesucht haben, nach der Wahrheit Gottes mit allen Ihren Pfarrern einig zu sein, so dass wir mit der Bitte, unsere Sache in die Hand zu nehmen, nichts fordern, als dass Sie die Ehre Gottes und ebenso Ihre eigene Ehre wahren.

Der Fall, in dem wir Sie einzugreifen bitten, ist folgender. In einer Versammlung der Pfarrklasse von Morges hat einer in Gegenwart vieler Leute unsern Bruder, Mag. Johannes Calvin, so verleumdet, dass ein allgemeines Gerede im Land ist, Calvin sei als Ketzer verurteilt, wie auch dieser Ausdruck damals mehrfach gebraucht wurde. Ferner hat der Prädikant von Nyon, Zebedee, bei Anlass der Doppelhochzeit des Sohns und der Tochter des Herrn de Crans von der Lehre gesprochen, die wir vertreten und bereit sind, mit unserm Blute zu versiegeln, und hat in seiner Predigt gesagt, sie sei eine Ketzerei, schlimmer als das ganze Papsttum; die, die sie predigen, seien Teufel, und es wäre besser, an ihrer Stelle die Messe zu behalten. Unterdessen schilt ein gewisser Jerome [Bolsec], der, wie Sie wissen, seiner Irrlehren wegen aus der Stadt Genf verbannt ist, unsern genannten Bruder Calvin unbedenklich einen Ketzer und Antichristen. Erwägen Sie, hochedle Herren, ob wir solche Dinge mit Stillschweigen übergehen dürfen, ohne Verräter an Gott zu werden, der uns, wie St. Paulus sagt, geboten hat, nicht nur die zu ermahnen, die sich lehren lassen, sondern auch die Widersprecher zu strafen [Tit. 1, 9]. Deshalb hoffen wir, dass Sie als treue, christliche Obrigkeit uns in solcher Sache die Hand bieten und nicht zulassen, dass die Kirche Gottes unter Ihrem Schutz zerstört und das Evangelium darob geschmäht werde. Ja, da wir uns wohl hüteten, Unruhe und Aufregung zu stiften, sondern uns friedlich an Sie wendeten, so wird schon der Blick auf diese Tatsache Sie dazu bringen, dem Übelstand zu abzuhelfen, dass Gott dadurch gepriesen, das Ärgernis gehoben, die Frechheit derer, die nichts wollen als alles durcheinander bringen, unterdrückt wird.

Dann werden wir, durch Ihre Gerechtigkeit und gute Justiz erfreut, uns umso mehr verpflichtet fühlen, für Ihre Wohlfahrt Gott zu bitten, wie wir jetzt schon ihn anflehen, er möge Sie in seiner heiligen Hut halten, Sie leiten durch seinen heiligen Geist in aller Gerechtigkeit und Rechtschaffenheit, so dass die Macht, die er Ihnen gegeben, zu seiner Ehre diene.

Genf, 4. Oktober 1554. Wenn Sie, hochedle Herren, geruhen, zu näherer Erläuterung der Tatsachen Befehl zu geben, so sind wir bereit, alles hier Geschriebene zu beweisen, wiewohl gar keine Untersuchung nötig sein wird, da das Gerücht davon sich überall verbreitet.

Ihre untertänigen Diener, die Diener am Wort Gottes in der Genfer Kirche

Johannes Calvin. Michel Cop.
Abel Poupin. De St.-André.
Francois Bourgoing. Jean Fabri.
Raymond Chauvet.
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