Calvin, Jean - An Viret in Lausanne (391).

Nr. 391 (C. R. – 1903)

Calvin, Jean - An Viret in Lausanne (391).

In Orbe, Virets Vaterstadt, die von Bern und Fribourg abhängig war, standen sich Katholiken und Reformierte ziemlich gleichstark gegenüber, doch überwogen die Katholiken noch um ein Weniges, so dass trotz Virets Bemühungen die Reformation noch nicht zum Sieg gelangt war. Nachdem Berthelier (vgl. 350, 377) an Weihnachten nochmals vergeblich den Zutritt zum Abendmahl verlangt hatte, wurde im Januar vom Rat eine Kommission eingesetzt. Sie brachte eine Aussöhnung Calvins und Perrins zustande, die am 30. Januar mit einem Bankett gefeiert wurde; ohne dass jedoch die Frage, ob der Rat oder das Konsistorium das Bannrecht habe, prinzipiell entschieden worden wäre; weshalb Calvin noch weitere Kämpfe voraussieht. Baudichon de la Maisonneuve war der heftigste politische und persönliche Feind Perrins.

Offizielle Aussöhnung mit Perrin.

Dass der Erfolg, auf den wir so bestimmt hofften, trotz deiner Arbeit ausgeblieben ist, ist sehr schmerzlich. Weil aber die Verzögerung wahrscheinlich nicht von langer Dauer ist, so wollen wir sie geduldig hinnehmen. Dass du von einer Seite, die dir doch einigen Trost bieten sollte, so unbillig belohnst wirst, ist dir ja gar nicht neu. Es muss uns eben genügen, dass der Kampfrichter im Himmel unser Kämpfen billigt; er übt uns in einem Kriegsdienst, der nicht nur hart ist, sondern auch wenig Ehren einbringt, damit wir eben nicht um menschlichen Beifall und Siegeskränze buhlen sollen. Unsere Verhältnisse sind noch durchaus ungeordnet. Ich persönlich bin zwar mit Perrin und Vandel ausgesöhnt worden; aber schon nächsten Montag wird es gelten, wieder in den Kampf zu gehen. Als Syndics sind gewählt Amblard Corne, Pierre Tissot, Claude du Pan und Michel de l´ Arche. In der Ratswahl ist keine Erneuerung eingetreten. Jean Baudichon hat einen neuen Streit. Zwei Tage vor den Wahlen wurde er aufs Rathaus berufen, zur Aussöhnung mit Perrin, ließ sich aber von seiner Streitlust soweit hinreißen, dass er sich grober Beschimpfung nicht enthielt. Gestern wurde die Sache sehr stürmisch verhandelt. Weil in der Person des ersten Syndics die Würde des Rats verletzt war, wurde Baudichon befohlen, er müsse in Gegenwart des Rats der Zweihundert um Verzeihung bitten, doch ohne weitere schimpfliche Bedingung. Da Perrin damit zugestanden wurde, was er wollte, ließ er sich leicht dazu herbei.

Der Überbringer dieses Briefes reist zu dir, um eine Frau zu finden; er sagt, er habe mit Prevots Schwester vom Heiraten gesprochen; sie wolle wohl, aber der Bruder nicht. Ich glaube wohl, dass Prevot guten Grund hat, so zu handeln; damit die Geschichte aber nicht mehr zu lange geht, tust du ein die Mühe lohnendes Werk, wenn du die beiden zu dir rufst. Denn, wenn der frommen, bewährten Frau diese Ehe nicht wohl ansteht, so kannst du bewirken, dass der Freier nicht mehr länger in eitler Hoffnung hingehalten wird, ist aber die Sache entweder schon weiter gediehen, oder scheint es dir gut, rasch zu einem Abschluss zu kommen, so kannst du durch dein Ansehen auch das zustande bringen. Lebwohl, bester, trefflichster Bruder. Grüße Herrn Beza, Jacques und die übrigen Brüder, auch bei dir zu Haus deine Frau und deine Töchterchen. Der Herr behüte Euch alle und segne Euer Wirken.

Genf, 6. Februar 1554.
Dein
Johannes Calvin.

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