Zinzendorf, Nikolaus von - Andachten

Zinzendorf, Nikolaus von - Andachten

Psalter

Denn ich bin arm und elend, aber der HErr sorgt für mich.
(Ps. 40, 18.)

Hebe an! Zion! heb' am Elend an, An der Armut, an dem Staube, So ist Deine Sach' getan, Habe gar nichts, aber glaube, Dass der HErr, der treue Seelenmann, Helfen kann!
Unsre Tür Für und für Werde Christo aufgetan: Komm, Du Geist der Kraft und Gnade, Und auf Deiner Gassen Bahn Sei kein Mangel und kein Schade, Komm, du Reich der Unbeweglichkeit, In die Zeit.
Du bist HErr, Deine Knechte bleiben wir, Deines Reichs unzählige Weiten, Deiner Kräfte off'ne Tür, Deine ew'gen Herrlichkeiten, Werden uns von auß' und innen klar, Das ist wahr! Amen. (Nik. Graf v. Zinzendorf.)

Jesaja

Du hast Dich meiner Seele herzlich angenommen.
(Jes. 38, 17.)

In einem alten Passionslied heißt es: „Was Er ausgestanden, Das hat verdienet meine Seel.“ Das gibt uns zu der Erinnerung Anlass, dass wir unsere Schlechtigkeit nicht allein in der Unvollkommenheit und Gebrechlichkeit, sondern auch in unserer Seele zu suchen haben. Der Mensch hat eine leichtsinnige Seele. Wenn wir Adam und Eva gewesen wären und zu der Zeit gelebt hätten, wir hättens just so gemacht, wo nicht noch schlechter. Er kennt das arme Gemächte und weiß viele Dinge in der Seele, die, wenn man auch manches andere entschuldigen wollte, doch nicht entschuldigt werden können. Wenn man seiner Seele nachgeht, es tief sucht und ihr genau ist, so wird man zu hundert Dingen den Schlüssel finden und immer Sachen an seiner eigenen Seele gewahr werden, die nicht entschuldigt werden können. Wir sollen also unsere Seele und Leib lieb haben um Seinetwillen, aber niemals für unschuldig halten, sondern immer denken: „Ist etwas Guts am Leben mein, So ist es wahrlich lauter Dein.“ Nun ob wir gleich an Seinem Leiden schuld sind, so hat er uns doch erstaunlich lieb und die nächste Ursache dazu ist Sein Verdienst und Leiden selber! Amen.

Matthäusevangelium

Da antwortete Jesus und sprach zu ihr: O Weib, dein Glaube ist groß! Dir geschehe wie du willst! Und ihre Tochter ward gesund zu derselbigen Stunde.
(Matth. 15, 28.)

In dem heutigen merkwürdigen Evangelio findet sich ein Beispiel vom allerhöchsten Glauben; das kananäische Weiblein hat es gemacht: Ja HErr, aber doch! man kann's nicht kürzer fassen; es ist wirklich die ganze Glaubenslehre beisammen, in den drei, vier Worten. Des Heilands Schwierigkeit, die Er ihr machte, bestand darin: Mein Beistand gehört dir nicht. „Ja HErr,“ sagte sie, „aber doch“; es ist wohl wahr, auf eine Art gehört er mir nicht, aber doch in einem anderen Sinn. Überhaupt schämt und ärgert man sich, wenn man in der gläubigen Christenheit sieht, dass der Heiland ihr die Seligkeit so fruchtlos entgegen trägt, dass Er sie so erstaunlich bitten muss, selig zu werden, und sie besinnt sich noch lange drüber. Und da sieht man eine heidnische Frau, der es der Heiland rund abschlägt und die sich nicht abweisen lassen will; die zwar nicht mit Frechheit ihr Recht behauptet, aber sich für einen Hund und fremd von der Bürgerschaft Israel bekennt, den angebornen Makel auf sich deutet und alles zugibt, „ja HErr;“ aber, tat sie hinzu, „es essen doch auch die Hündlein,“ sie müssen doch auch existieren, sie sind doch auch Kreaturen und gehören zum Hause, es fällt doch immer etwas für sie ab. Nun, ich wünsche, dass eure Herzen ergriffen und angefasst werden mögen, dass die Vorstellung von des Heilands Treue gegen uns uns zu einem Wort werden mag, das wir nicht wieder los werden, zu einer Geschichte, die wir nicht vergessen können. David sagt über den Tempelbau: er werde seinen Kopf nicht eher sanft legen, bis er ihn ausgeführt habe. So sollten wir auch unseren Kopf nicht eher sanft legen, bis wir wissen, dass wir seine Mahnung recht gehört und nun gern mit ihm ausgesöhnt und in Gnaden sein wollen. Sünder sind wir, aber wir wollen gern Kinder werden, angenehm gemacht in dem Geliebten. Und weil Er die Sache selbst an uns bringt: so ist keine Gefahr, wenn wir sie annehmen, ob wir sie auch kriegen. Amen. (Nik. Graf v. Zinzendorf.)

Lukasevangelium

Ich bin kommen, dass Ich ein Feuer anzünde auf Erden; und was wollte Ich lieber, als es brennte schon!
(Luk. 12, 49.)

Das sind die drei Dinge, die wir immer im Gesicht zu behalten haben, nämlich, dass wir verloren, verdammt und erlöst sind. Und das sind wir alles drei zugleich. Nämlich ein jeglicher Mensch, der JEsum noch nicht hat, noch kennt, der ist in den Augen eines Knechts JEsu Christi, der um's Geheimnis weiß, ein verlorener, ein verdammter, aber auch schon erlöster Mensch. Unser Trost ist hie und da eine Seele, die die Kraft des Blutes des Bundes erfährt, zur Vergebung der Sünden kommt, und die, obgleich mit Schmach bei der Welt, mit uns ausruft: Er ist geschlachtet und hat mich erkauft mit Seinem Blut!

Mein Gott, ich wart' auf Deine Stunde,
Die jetzt noch nicht gekommen ist;
Ich habe diesen Trost zum Grunde,
Dass Du voll Rats und Hilfe bist.
Dein Wort wird endlich doch erfüllt,
Die Stunde komme, wann Du will't!

Amen.

Johannesevangelium

Die Ihn aufnahmen, denen gab Er Macht, Gottes Kinder zu werden, die an Seinen Namen glauben.
(Joh. 1,12.)

Das ist freilich das Unglück, dass der Teufel da ist, der sein Werk in den Kindern des Unglaubens hat. Der muss erst auf die Seite geschafft, verworfen, und ihm der Zugang versperrt werden durch eine gänzliche Absage und durch eine herzliche und willige Aufnahme unseres Heilandes. „Rein ab! dem Heiland an! So ist die Sach getan.“ An Beispielen fehlt es uns nicht von Seelen, die Ihn haben, die Ihn angenommen und denen Er Macht gegeben hat, Gottes Kinder zu werden, die ihn nicht gesehen und doch lieb haben, und an Ihn glauben, wiewohl sie Ihn nicht sehen, die sich freuen mit unaussprechlicher Freude, und das Ende ihres Glaubens, der Seelen Seligkeit, bereits so gewiss, sicher und wahrhaftig davon getragen haben, als wenn sie schon mitten im Paradies säßen. (Nik. Graf v. Zinzendorf).

JEsu, meine Freude,
Meines Herzens Weide,
Jesu, meine Zier!
Ach wie lang, ach lange
Ist dem Herzen bange
Und verlangt nach Dir!

Amen.

Abraham ward froh, dass er meinen Tag sehen sollte, und er sah ihn und freute sich.
(Joh. 8,56.)

Wenn wir Ihn endlich einmal haben, o wie reuen uns dann unsere Jahre, Stunden und Augenblicke, die wir ohne Ihn zugebracht haben! wir wünschen, wir wären erst heute geboren und auf die Welt gekommen: weil uns alle die Zeit Schaden zu sein dünkt, die wir ohne Ihn, das ist, ohne Gott gelebt haben; denn ohne den Heiland, sagen Paulus, Johannes und alle Apostel, das wäre ohne Gott leben. Es ist aber besser spät, als nie. Daher ist ein jeder Tag der menschlichen Kreatur so freudenreich, an dem sie mit dem einigen Herzensfreunde, der da tut, als wenn Er sonst keinen Menschen kennte, der Einem nachgeht und 99 stehen lässt, bekannt geworden ist. „Abraham ward froh, dass er Seinen Tag sehen sollte; und er sah ihn und freute sich.“ Wie werdet ihr und ein jedes von euch so herzlich froh werden, wenn es da: zu kommen wird, dass ihr werdet mit JEsu in steter Gemeinschaft, Liebe, Vergebung der Sünden, Frieden und Genuss Seines Verdienstes wallen! (Nik. Graf v. Zinzendorf.)

O JEsu Christ, mein schönstes Licht,
Der Du in Deiner Seelen
So hoch mich liebst, dass ich es nicht
Aussprechen kann noch zählen!
Gib, dass mein Herz Dich wiederum
Mit Lieben und Verlangen
Mög umfangen, Und als Dein Eigentum
Nur einzig an Dir hangen!

Amen.

1. Korintherbrief

Ihr esst oder trinkt, oder was ihr tut, so tut es alles zur Ehre Gottes!
(1 Kor. 10,31.)

Treuer und lieber Heiland! Ich bitte Dich kindlich, Du wollest alle diejenigen, die sich gefallen lassen das Zeugnis von Deiner Herrschaft, von Deinem ewigen Frieden, von Deiner ewigen Liebe, von Deinem Verdienst, und wie gut man es bei Dir habe, anhören, Du wollest sie in Deine Arme nehmen, ihnen allen nahe sein, Du wollest ihnen allen nachgehen, sie alle Deine Herrlichkeit fühlen lassen, damit Du eindringen könnest mit Deinem Geist, damit Du ihnen könnest ihre Sünden vergeben, ihnen allen Tod und Verderben wegnehmen, und sie aufnehmen in Dein Reich! Und all' ihr übriges Leben, alle ihre Umstände wollest Du zu lauter Friede und Freude machen: denn Du bist der gute Heiland, dem die Seelen so lieb, dem sie so wichtig sind; sie sind Dein Lohn und Freude, sie sind die Krone Deines Hauptes: nimm Dich ihrer aller an! Der Vater hat sie Dir übergeben, Du sollst ihr König, ihr Haupt sein, Du sollst in ihnen wohnen und wandeln. Tue es, und fange an, sonderlich unter denen, die hier vor Dir stehen, das Herzensregiment auszuüben, das über allen Verstand und Sinn geht, den Frieden, der über alle Vernunft erhaben, auszuschütten, um Deiner Treue willen! (Nik. Graf von Zinzendorf.)

Getrost sind wir, wo wir auch wallen,
Ob daheim, ob in der Fremde,
Wenn dem HErrn wir wohlgefallen,
Bis genäht das Sterbehemde.

Amen.

2. Korintherbrief

Gott hat Ihn für uns zur Sünde gemacht rc.
(2 Kor. 5, 21.)

Wenn mans hört: „Ich will Mich freuen über Mein Volk,“ so müssen es alle Kinder Gottes, die hin und her zerstreut oder beisammen sind, auch auf sich deuten können. Das ewige, das treueste Herz ist ihnen so nahe als uns, Sein Geist spricht ihrem Geist ebenso tröstlich zu; ihre Türen sind mit eben dem Blut bestrichen, ihr Gewissen ist besprengt, ihre ganze Seligkeit beruht auf eben dem Verdienst und Heiligung des für uns zur Sünde gemachten Lammes Gottes. Das Gebet Joh. 17, dass sie alle Eins seien, gilt für alle Hausgenossen Gottes, die da gekommen sind zur Stadt des lebendigen Gottes, zu dem Mittler des „Neuen Testaments,“ zum Blut der Besprengung, zum Anfänger und Vollender des Glaubens. Kurz, man hat Ein Recht, Einen Himmel, Eine hier und dort bestimmte Seligkeit, Einen Gnadenruf, Ein. Eine Geistesgemeinschaft, Eine Art zu denken. „Wisset ihr nicht, wes Geistes Kinder ihr seid?“ Luk 9, 55. Das ist keine spezielle, sondern allgemeine Frage an Kinder Gottes. Er weiß eine jede Seele aufzufinden, dass Er Abendmahl mit ihr halte und sie mit Ihm! Amen.

1. Petrusbrief

Christus hat im Fleisch für uns gelitten.
(1 Petri 4, 1.)

Wenn unseren Kinder von kleinauf viel vom Schmerzensmann vorgeredet, ihnen das Gewissen über Seinen Tod geschärft und bei Zeiten in ihre eigene Seele hineingeschoben wird: „was JEsus ausgestanden, Das hat verdienet meine Seel,“ so kanns möglich sein, dass, gleichwie sie überhaupt nicht viel ans elende Leben denken, weil Gott ihr Herz erfreut, sie also auch nicht sogleich ans Verderben ihrer Seele denken, weil er sich mit ihnen von der Wiege an in einen Bund eingelassen hat, den Er auf Seiner Seite treulich hält und ihnen zu Hilfe kommt! „Bleibet in Mir, sagt der Heiland, und ich in euch.“ „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wenn ihr in Mir bleibt, so wirds wohl gehn.“ (Joh. 15, 4 u. f.).

Es dient zu meinen Freuden
Und kommt mir herzlich wohl,
Wenn ich in Deinem Leiden,
Mein Heil, mich finden soll.

Ach, möcht ich, o mein Leben,
An Deinem Kreuze hier
Mein Leben von mir geben:
Wie wohl geschähe mir!

Amen.

Hebräerbrief

Lasst uns ablegen die Sünde, die uns immer anklebt und träge macht, und lasst uns aufsehen auf Jesum, den Anfänger und Vollender des Glaubens!
(Ebr. 12,1-2.)

Der Heiland kommt einer jeden Seele einzeln ans Herz heran, und das ist danach ein großer Festtag für sie, das ist der rechte Jahrestag, den eine Seele begehen möchte. Abraham, unser Vater, ward froh, dass er Seinen Tag sehen sollte'; und er sah ihn und freute sich. Wenn einer Seele der Tag erschienen ist, da kann man sagen: „Erschienen ist der herrliche Tag! Also heilig ist der Tag, des sich ein jedes freuen mag!“ Der geht über alle hohen Kirchenfeste der Christenheit; das ist das Fest der Seele: „Heute muss ich zu dem Hause einkehren, heute ist dem Hause Heil widerfahren.“ Manoah hatte so was versäumt. „Ach HErr,“ sagte er, „lass den Mann Gottes wieder kommen!“ und er kam wieder. (Richter 13,8.) Da war Freude. Einen solchen seligen Tag, Morgen und Abend wünsche ich allen denen, die heute noch nicht mit Wahrheit sagen können, dass der Umgang mit dem Schmerzensmann, mit ihrem Schöpfer, der auch ihr Heiland ist, bei ihnen alles ist, was sie machen können, bis Leib und Seele scheiden. Wer das noch als was Zukünftiges vor sich hat, dem kann unsereins, dem's so gut worden ist, Ihn zu finden, nichts Seligeres wünschen, als eine baldige Nachkunft! (Nik. Graf v. Zinzendorf).

Erschienen ist der herrlich' Tag,
D'ran niemand sich g'nug freuen mag,
Christ, unser HErr, heut' triumphiert,
All Sein' Feind' Er gefangen führt.
Halleluja!

Amen.

1. Johannesbrief

JEsus Christus ist die Versöhnung für unsere Sünde.
(1 Joh. 2, 2.)

Wir glauben, dass die schärfste Strafpredigt, die die Menschen zusammenjagen und zu Winkel kriechen machen kann, dass sie sich keinen Rat wissen vor Angst - der Hammer, der die Felsen zerschlägt, wenn alles andere nichts mehr tun will, die Predigt vom Leiden des Heilands ist, da man das: „Wie heftig unsere Sünden den heiligen Gott entzünden“ den Leuten so klar, begreiflich und unwidersprechlich macht, dass sie nichts mehr zu sagen wissen und es machen müssen, wie die Leute, die vom Kreuz weggingen, da alles vorbei und Er entschlafen war: Sie schlugen an ihre Brust!

Sünder, freue dich von Herzen
Über deines Heilands Schmerzen;
Lass bei Seinem Blutvergießen
Stille Freudentränen fließen!

Er hat sich für dich gegeben!
Such in Seinem Tod das Leben;
Nur in Seinem Kreuze quillet,
Was dein Herz auf ewig stillet.

Amen.

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