Spurgeon, Charles Haddon - Predigt-Entwürfe - 79. Irrtümliche Ideen über die Buße.
„Ich will die Früchte auf den Bäumen und das Gewächs auf dem Felde mehren, dass euch die Heiden nicht mehr spotten mit der Teuerung. Alsdann werdet ihr an euer böses Wesen gedenken und eures Tuns, das nicht gut war; und wird euch eure Sünde und Abgötterei gereuen.“ Hes. 36,30.31.
Die Zeit der geoffenbarten Barmherzigkeit soll die Zeit der Herzensbuße sein. „Alsdann.“ Wenn Gott dich mit Wohltaten überhäuft, wirst du dich selbst verabscheuen. Der Herr spricht wie einer, der die Macht hat, seinen Willen auf die menschlichen Gemüter einwirken zu Lassen: Alsdann werdet ihr“ rc. Seine Gnadenprozesse führen zu dem von Ihm beabsichtigten Ziel. Er sagt, dass Er überwinden will durch eine so wundervolle Liebe, dass die Gegenstände derselben ihrer Macht notwendig nachgeben und ihren Sinn wie ihr Verhalten ändern müssen.
Die Buße wird durch das Bewusstsein von der göttlichen Liebe im Herzen gewirkt. - Dies stellt die Buße in ihr richtiges Licht, und setzt uns in den Stand, eine Menge von Irrtümern zu widerlegen, welche das Wesen der Buße verdunkelt haben. Viele werden durch Missverständnisse in dieser Sache von Christo und von der Hoffnung fern gehalten. Sie haben
I. Irrige Ideen über das, was Buße ist.
Sie verwechseln sie mit:
- Krankhafter Selbstanklage, die die Frucht einer schlechten Verdauung oder der Schwermut ist. Dies ist eine Schwäche im Gemüt und nicht eine Gnadenwirkung des Heiligen Geistes. Ein Arzt könnte hier mehr ausrichten, als ein Theologe.
- Unglaube, Zweifel, Verzagtheit, Verzweiflung, welche nicht einmal der Buße behilflich sind, sondern mehr dahin neigen, das Herz zu verhärten.
- Furcht vor der Hölle und Gefühl des göttlichen Zornes, welche auch den Teufeln ankommen können und sie doch nicht veranlassen, Buße zu tun. Ein gewisses Maß davon mag die Buße begleiten, aber ist kein Bestandteil derselben.
- Satanische Versuchungen. Diese ähneln nicht im geringsten der Buße, welche eine Frucht des Heiligen Geistes ist.
- Einer vollkommenen Erkenntnis von der Schuld der Sünde, welche selbst vorgeschrittene Heilige noch nicht erlangt haben.
- Gänzlicher Enthaltung von aller Sünde einer Vollkommenheit, die nicht dringend genug erstrebt werden kann, aber keineswegs in Buße eingeschlossen ist.
Buße ist ein Hass gegen die Sünde, ein Gefühl der Scham, ein Verlangen, die Sünde zu meiden gewirkt durch das Gefühl der göttlichen Liebe.
II. Irrige Ideen über die Stellung, welche die Buße einnimmt.
- Manche betrachten sie als eine Grundursache der Gnade, als ob die Buße die Vergebung verdiente; ein furchtbarer Irrtum!
- Andere betrachten sie unrichtigerweise als eine Vorbereitung auf die Gnade. Eine menschliche Güte, die den Grund zur Barmherzigkeit legt; ein Gott auf halbem Wege Entgegenkommen. Dies ist ein tödlicher Irrtum.
- Wieder andere sehen sie als eine Art Befähigung zum Glauben und selbst als Grund des Glaubens an. Das ist alles Gesetzlichkeit und der reinen Wahrheit des Evangeliums entgegen.
- Noch andere behandeln sie als einen Beweisgrund für den Frieden des Herzens. Sie haben viel Buße getan, und nun muss alles in Ordnung sein; das heißt: unser Vertrauen auf einen falschen Grund bauen.
Buße begleitet den Glauben und ist eine köstliche Gabe des Geistes Gottes.
III. Irrige Ideen über die Art und Weise, wie sie in den Herzen gewirkt wird.
Sie wird nicht erzeugt durch einen bestimmten und unmittelbaren Versuch, Buße zu tun; auch nicht durch starke Anregungen in Erweckungsversammlungen, noch durch Nachdenken über Sünde, Tod und Hölle, sondern der Gott aller Gnade bewirkt sie
- Durch seine freie Gnade, welche durch ihre Tätigkeit das Herz erneuert (V. 26).
- Dadurch, dass Er uns seine große Barmherzigkeit vor die Seele führt.
- Dadurch, dass Er uns bereit macht, neue Barmherzigkeit zu empfangen (V. 28-30).
- Dadurch, dass Er sich selbst und seinen Heilsweg offenbart (V. 32).
Jede Wahrheit des Evangeliums nötigt den Wiedergebornen zur Buße: Erwählung, Erlösung, Rechtfertigung, Kindschaft, ewige Liebe rc. sind alles Beweggründe, jeden falschen Weg zu verabscheuen.
Jedes Vorrecht des Evangeliums veranlasst uns, die Sünde zu hassen: Gebet, Lesen der Heiligen Schrift, Gemeinschaft der Heiligen, Abendmahl rc.
Jede Hoffnung des Evangeliums sei es die Hoffnung auf mehr Gnade in dieser Welt oder die auf die Herrlichkeit der zukünftigen Welt hilft uns, von der Sünde los zu kommen.
O, dass wir die Berührung der Liebe fühlten und in Tränen darüber zerflössen, dass wir den Herrn so betrübt haben! Das würde in uns bewirken, dass wir uns an allen unseren Sünden rächten und uns ganz dem heiligen Herrn weihten.
Berichtigungen.
Keine Beweggründe sind so mächtig, als die, welche sich aus der Betrachtung der großen und herrlichen Dinge ergeben, die Christus für dich getan hat; denn was diese nicht erreichen, das wird alles Höllenfeuer nicht zustandebringen, das dir ins Gesicht geschleudert werden könnte. Thomas Brooks.
Die römisch-katholische Definition der Buße ist keine schlechte, obgleich sie schlechte Schlüsse daraus ziehen: „Confessio oris, contritio cordis, satisfactio vitae“, d. h. zur wahren Buße gehört das Bekenntnis mit dem Munde, die Zerknirschung und Reue des Herzens und die Verbesserung der begangenen Fehler, soweit das in unsrem Leben möglich ist. Richard Glover.
Buße: die Träne, die aus dem Auge des Glaubens fließt.
Gottes Güte und Barmherzigkeit wirkt mehr auf den Sünder ein, als seine Gerichte es vermögen. Während der ganzen Zeit, da die Juden in Babylon waren, wurden ihre Herzen nicht so von der Sünde berührt, als nachdem Gott sie wieder in Kanaan eingesetzt und ihnen viel Liebe erwiesen hatte; dann gedachten sie ihrer bösen Wege, um die sie sich vorher nicht kümmerten; dann fingen sie an, sich zu verabscheuen. Die Gnaden in Zion sind wirksamer bei den Sündern, als die Gerichte in Babylon; Gottes Freundlichkeit zerschmelzt harte Herzen eher, als das Feuer seines Zornes; seine Güte durchdringt die Herzen der Sünder eher, als seine Drohungen; sie ist gleich dem feinen, durchdringenden Regen, der bis an die Wurzeln geht, während ein plötzlicher, starker Regen abläuft und nur wenig ausrichtet. Es war Davids Güte, die dem Saul das Herz erweichte (1 Sam. 24), und es ist Gottes Güte, welche die Herzen der Sünder zerbricht. Die Milch und der Honig des Evangeliums erweicht die Herzen der Sünder mehr, als die Galle und der Wermut des Gesetzes. Christus auf dem Berge Zion bringt mehr Menschen zur Buße, als Mose auf dem Berge Sinai. William Greenhill.
Der Dichter Cowper beschreibt in seinen Memoiren von seinem früheren Leben die Zeit, da er über die Notwendigkeit der Buße nachdachte. „Ich wusste, dass die Leute von den Tränen gesprochen hatten, die sie über die Sünden vergossen; aber wenn ich mich fragte, ob die Zeit jemals kommen werde, da ich über meine Sünden weinen könnte, schien es mir, als ob ein Stein es früher tun würde. Da ich nicht wusste, dass Christus erhöht sei, Buße zu geben, verzweifelte ich daran, dass ich sie je erlangen werde.“ Ein Freund kam an sein Krankenbett und verkündigte ihm das Evangelium. Er verweilte bei der allsühnenden Wirksamkeit des Blutes Jesu und betonte, dass seine Gerechtigkeit zu unserer Rechtfertigung da sei. „Da,“ sagt Cowper, „als ich diesen Teil seiner Rede und die Schriftstellen hörte, darauf er sie gründete, fing mein Herz an, in mir zu brennen; meine Seele wurde von dem Gefühl meiner bitteren Undankbarkeit gegen einen so barmherzigen Heiland durchdrungen, und die Tränen, die ich für unmöglich gehalten hatte, flossen reichlich.“
„Manche Leute,“ sagt Philipp Henry, „wünschen nicht viel von Buße zu hören, aber ich halte sie für so notwendig, dass, wenn ich auf der Kanzel sterben sollte, ich zu sterben wünsche, während ich über die Buße predige, und dass, wenn ich außerhalb der Kanzel sterben soll, ich zu sterben wünsche, während ich Buße Jesu.“