Möhrlen, Christoph - Geschichte der Waldenser - Vorwort an den Leser.

Möhrlen, Christoph - Geschichte der Waldenser - Vorwort an den Leser.

Hier übergeben wir dir, lieber Leser, die Geschichte der Waldenser, welche zu einer Zeit, als noch kein Luther, kein Zwingli, und kein Calvin die frohe Botschaft des Friedens verkündigte, den seligmachenden und weltüberwindenden Glauben unserer teuren, evangelischen Kirche und der heiligen Schrift bekannten, und ihr Leben nicht lieb hatten bis in den Tod. Du lernest aus diesen Blättern, wie jene Wahrheitszeugen eine Stadt auf dem Berge waren, und wie das Wort Jesu bei ihnen in Erfüllung gegangen ist, dass die Pforten der Hölle seine Gemeine nicht überwältigen sollen. Vergiss aber auch nicht, deinem Gott und Heiland in deinem Kämmerlein und im Kreise deiner Familie, den innigen Dank darzubringen, dass er einen Luther und andere Knechte Gottes erweckt hat, welche das Licht auf den Leuchter stellten, dass es nun leuchtet allen denen, die im Hause sind. Der Gott wohlgefällige Dank ist aber derjenige, wenn du selbst im Glauben lebst, im Glauben wandelst, wenn du die Segnungen benutzt, die seit der glorreichen Reformation allen protestantischen Christen gegeben sind, wenn du selber als ein rechter Zeuge Christi in deinem Hause, in deinem Dorfe, in deiner Kirche, in deinem Vaterlande, oder unter Fremden, vielleicht mitten unter Katholiken wirkst. Bedenke, lieber Leser und Mitbruder: „Wem viel gegeben wird, von dem wird viel gefordert.“ Kein Ketzergericht, kein Gefängnis, keine Folter, kein Scheiterhaufen, keine Dragonaden1) - nichts der Art hindert dich mehr am lauteren Bekenntnis der Wahrheit; denn, was ist der Spott der jetzigen Welt im Vergleich mit jenen grausamen Verfolgungen, welche die Waldenser erlitten haben? Lerne aber auch von den Waldensern, wie du in der heiligen Zucht wandeln, wie du als Hausvater deine Kinder in der Zucht und Vermahnung zum HErrn erziehen, wie du Ordnung und Gottesfurcht in deinem Hause pflanzen, wie du, bist du Lehrer, Prediger, Ortsvorsteher, in Schule, Kirche und Staat dahin wirken sollst, dass die Perlen nicht von den Schweinen zertreten, und dass das Heiligtum nicht den Hunden gegeben werde.

Lerne von jenen Glaubenszeugen, die falschen Lehren und den antichristischen Geist der römischen Kirche verabscheuen, und bitte Gott für diejenigen, welche noch in jenem Babel unter Gewissenszwang und Tyrannei schmachten, dass er sie heraus führe, und sie frei mache von papistischen und jesuitischen Schlingen durch den Glauben an das Blut Christi, der da selig macht ohne Verdienst der Werke und habe herzliches Erbarmen mit ihnen. Vor allem aber erbitte dir selber jenen, seligen Glauben; lies fleißig Gottes Wort, stärke dich durch dasselbe zum Kampf gegen Fleisch, Welt und Satan, und wirke so lange es Tag ist; denn es kommt die Nacht, wo niemand mehr wirken kann.

Euch allen, denen Zions Heil, das Wohl unserer lieben, evangelisch-protestantischen Kirche wahrhaft am Herzen liegt, drückt im Geiste die Bruderhand

der Verfasser, Chr. Möhrlen, deutscher Pfarrer in Payerne.

Geschrieben im Augustmonat 1844.

1)
von Ludwig XIV. angeordnete Gewaltmaßnahme zur Bekehrung der französischen Protestanten durch Einquartierung von Dragonern
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