Möhrlen, Christoph - Geschichte der Waldenser - Nachträge.

Möhrlen, Christoph - Geschichte der Waldenser - Nachträge.

Der gegenwärtige Bischof von Vignerol, M. A. Charvaz, ist ein großer Feind der Waldenser, welcher in einem Buch darzutun sucht, die Waldenser stammen von Peter Waldus ab, und welcher in einem katechetischen Werke die Waldenser zu bekehren oder zu widerlegen bemüht ist. Als vor elf Jahren der Pfarrer Mouston in einer Geschichte der Waldenser diese in Schutz nahm, ward er verbannt.

Der preußische Gesandte, Graf von Truchsess, nimmt sich des braven Volkes mit vieler Menschenfreundlichkeit an; auch hat in den Tälern der englische Oberst Beckwith, welcher bei Waterloo ein Bein verloren hat, mehr als zehn Schulen gegründet, und die englischen Christen für die Waldenser interessiert. Eine lateinische Schule entstand durch ihn in Latour (1836) mit fünf Klassen, so wie eine Vorbereitungsanstalt in Pomaret. Viele Schüler kommen täglich einen langen Weg aus den Bergen herunter, oft ohne Strümpfe, fröhlichen Mutes und wohlvorbereitet.

Auf der letzten Synode (1839) wurde eine allgemeine Kirchenagende in kräftigem, evangelischem Geiste verfasst, angenommen und beschlossen, die Geistlichen sollten nicht mehr außerhalb, wie bisher, sondern durch den Moderator, welcher an der Spitze des Kirchenwesens steht und alle fünf Jahre neu gewählt wird, und durch einige ihm beigeordnete Geistliche ordiniert werden.

Die Gemeinden halten darauf, dass sie tüchtige Geistliche bekommen, und erst neuerdings hat eine solche einen unwürdigen Kandidaten abgewiesen.

Alle fünf Jahre tritt die Synode zusammen; alle Geistlichen sind Mitglieder derselben, außerdem noch ein oder zwei Männer aus dem Volk von jedem Ort; ein Abgeordneter von Staats wegen ist anwesend; indessen ist die Kirche vom Staat getrennt. Dem Moderator, dessen Assistenten und dem Sekretär sind einige Laien beigegeben; alle diese werden nach fünf Jahren neu gewählt und niemand von ihnen besoldet. Man nennt diese kirchliche Behörde die Tafel.

Die Geistlichen studieren in Lausanne, Genf, Montauban, Straßburg und Berlin, wo Friedrich Wilhelm III. für zwei Studenten ein Stipendium gestiftet hat. Leider brachten auch einige Studenten schon fremden Unglauben mit sich in die Täler, weswegen eine genauere Aufsicht unentbehrlich ist. In Latour besteht seit sieben Jahren auch eine weibliche Erziehungsanstalt, welche einen gesegneten Fortgang hat, und welcher eine Lehrerin vorsteht.

Die Schullehrer werden neuerdings meist in Lausanne gebildet, und sind taugliche Leute. Die Schule und Kirche werden im Winter fleißiger besucht, als im Sommer, wegen des Viehhütens und der Arbeiten; indessen herrscht viel Eifer und Lernbegierde unter dem Volk. An einzelne Bergorte begibt sich der Prediger im Sommer einige Mal nach den Alpen hinauf, um dort den Hirten unter Gottes freiem Himmel zu predigen.

Die Geistlichen halten auf strenge Sittenzucht, und auf obiger Synode (1839) wurde ein Entwurf genehmigt, nach welchem der Geistliche Unwürdige vom heiligen Abendmahl auszuschließen Recht und Pflicht hat.

In Latour und Pomaret befinden sich vorzüglich eingerichtete Krankenhäuser, welche vor elf Jahren, zum Teil vermittelst reichlicher Liebesgaben aus dem Ausland, eingerichtet worden sind.

Im Juni jeden Jahres ziehen die Schüler von Pomaret und Latour mit ihren Lehrern nach einem, in den Bergen gelegenen Platz, wo einst ihre Väter gekämpft haben. Da wird gesungen, gespielt und von den jungen muntern Alpenbewohnern ein neuer Bund geschlossen. Nicht selten fließen Tränen, wenn Worte an sie gerichtet werden, welche sich auf jene großen und schauerlichen Ereignisse beziehen.

Ehemals hatten die Waldenser einen größeren Raum inne, und man zählte wohl mehrere Hunderttausend; jetzt dürfen sie sich über den Fluss Cluson hinaus nicht ausdehnen.

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