Löhe, Wilhelm - David und Salomo - IV.
1. Chron. 12, 20-21; 22-25; Kap. 13, 1. 2.
1.
Unter allen Helden Davids obenan stand Joab. Dann folgen an der Spitze der andern die drei großen Helden, von denen die gestrige Lektion gehandelt hat. Heute nun werden wir bekannt gemacht mit einer zweiten Reihe von gewaltigen Kriegsmännern Davids, die aber doch jene erstgenannten drei großen Helden nicht erreichten. So heißt es von Abisai: Er war unter Dreien berühmt, und war herrlicher als die zwei (anderen) und war ihr Oberster, aber bis an die Drei (nämlich Jasabeam, Eleasar und Samma) kam er nicht. Und Ähnliches ist von Benaja gesagt V. 25. Wir finden also eine Art Rangordnung unter den Helden Davids, aber die Klassifikation ist uns nicht allewege klar. Warum z. B. Abisai hinter Jasabeam zurücksteht, da von beiden doch die gleiche Heldentat berichtet wird, beide mit ihrem Spieß dreihundert Feinde zu Boden legten, können wir nicht fassen.
Wo Menschen klassifizieren, da geht es ohne Neid und Missgunst nicht ab. Sonderlich ist die Klassifikation eine gefährliche Sache, wenn sie über noch Lebende kommt; über Tote mag es eher sein. Kaum wird da einer so demütig sein, dass er sich den Platz gefallen lässt, den ihm das Urteil andrer anweist. Indessen es liegt überhaupt an pur menschlichem Urteil nicht viel, man kann sich durch dasselbe weder sehr gedemütigt, noch auch sehr gehoben fühlen. Aber hier trifft göttliches und menschliches Urteil zusammen, denn diese Rangordnung der Helden Davids ist nicht von Menschen, sondern von dem heiligen Geist aufgestellt. Der HErr wägt die Geister, Sein Urteil ist unfehlbar. Hier zwar ist es selten völlig klar, aber in der Ewigkeit wird es offenbar werden, denn dort wird die Herrlichkeit der Seligen in ihren Stufen und Graden vor aller Augen erscheinen, sowie ein Stern von dem andern übertroffen wird an Klarheit. Dort wird Sünde, Bosheit, Neid von selbst wegfallen, während hier auf Erden der Ehrenpunkt eine Sache ist, die die allergrößten Versuchungen auch für Christen in sich schließt. Der HErr JEsus pflanze in uns Seine schöne Demut, dass wir die Klassifikation der Menschen ertragen können, und lehre uns die Rangordnung Seines Reiches verstehen und lieben, deren Grundgesetz heißt: „Wer da will der Vornehmste sein, der sei aller Knecht.“
2.
Der andere unter den Helden der zweiten Rangordnung ist Benaja, der Löwen- und Riesentöter. Von ihm wird erzählt, dass er nicht bloß zwei moabitische Helden schlug, sondern auch einen Löwen mitten im Brunnen zur Schneezeit erlegte und dass er einem riesenhaften Ägypter, der 5 Ellen groß war und einen Spieß in der Hand hatte wie ein Weberbaum, mit einem Stecken entgegen ging, ihm seinen Spieß entwand und mit seiner eigenen Waffe ihn erschlug. Das ist ohne Zweifel ein Beweis von seiner Trefflichkeit und Stärke. Benaja ist aber nicht bloß ein Starker sondern auch ein Weiser, denn David stellte ihn, wie es V. 25 heißt, an die Spitze seines geheimen Rates. Also nicht bloß stark, sondern auch weise, ja nicht bloß weise, sondern auch gut ist Benaja, weil David ihn eines solchen Vertrauens würdigt. Solche Menschen sind selten. Warum ist Benaja nicht einer von den Allerersten? Wir wissen es nicht, aber vielleicht kann man sagen: Seine Größe ist zurücktretend, seine Güte überstrahlt seine Größe. Wie manches Mal findet man das im Leben, dass der Größte nicht immer auch der Frömmste und Vertrauteste ist. In dieser Welt werden die Gaben betont, und die Größe höher geschätzt als die Güte aber dort wird's nicht so sein, dort wird alles zusammengerechnet, darum verleihe uns der HErr, dass wir nicht begehren, unter denen zu stehen, die die Größten sind, sondern die die Besten sind, die Ihn am meisten lieben und darum auch Seinem göttlichen Herzen am nächsten sind. Wenn wir nur Sein sind, darüber können wir alles andre vergessen.
3.
Es werden uns nun noch die Namen von 46 Helden (30 in den Büchern Samuels) genannt, die aber unsre Lektion übergeht. Die in Kap. 13, V. 1 u. 2 im Allgemeinen erwähnten Helden gehören verschiedenen Stämmen und Gegenden an. Auch sie stellten sich freudig in den Dienst Davids und stärkten seine Hand. Was für ein Kriegsmann ist David gewesen und was für Helden hat er neben und unter sich. Dennoch ist er kein Eroberer, er hat seine Hand nicht ausgestreckt, über die Grenzen seines Reiches hinauszugreifen, er hält sich ganz und gar als theokratischer König. Aber Kriege hat er freilich viele führen müssen und da musste er zuweilen auch selber angreifen, nicht bloß Angriff abwehren. Dazu bedurfte er nicht bloß starke Helden, die Mann gegen Mann zu streiten und im Handgemenge den Feind zu überwältigen verstanden; dazu bedurfte er auch gewandte Leute, zum Fernkampf geeignet, Fernhintreffer mit dem Bogen und der Schleuder. Er selbst ist ja von Jugend auf ein Bogenschütze gewesen und hat die Schleuder meisterlich zu führen vermocht. Wie hat er mit seiner Schleuder auf einen Wurf den Riesen Goliath zu Fall gebracht! Solche gewandte Leute waren auch die Männer, die (nach 1. Chron. 13, 1. 2) sich schon in Ziklag zu David gesellten, gleich geschickt mit der Rechten wie mit der Linken Bogen und Schleuder zu handhaben. Gott meint es gut mit David; er wendet ihm Helfer aller Art zu. Er hat seine Helden, die im Nahkampf unwiderstehlich sind mit Schwert und Spieß, und er hat gewandte Schützen, die den Streit aus der Ferne zu führen, sicher treffende Pfeile und Steine zu schleudern wissen.
So ist es auch im Reich Gottes. Auch da gibt es mancherlei Gaben zu einem Zweck. Sie sind alle zu gebrauchen, keine zu verachten, vielmehr ist der HErr zu preisen, wenn er nicht einseitig da und dort einzelne große Gaben gibt, sondern die Fülle aller möglichen Gaben über Seine Kirche ausschüttet. Jede Gabe hat ihren Wert, jede dient zum Wohl des Ganzen. In der Ewigkeit wird der HErr uns zeigen, wie schön vor Seinen Augen gar viele gewesen sind, die hier im Schatten standen.
Selig sind, die kleine Gaben haben und sie dem HErrn weihen, selig sind, die große Gaben haben, und dasselbe tun. Jede Gabe werde dem HErrn zum Opfer gebracht, in Seinem Dienst und zu Seiner Ehre verwendet. Wenn du das tust, dann wird dir auch geschehen nach jenem Wort: Wer Mich ehret, den will Ich auch ehren (1. Sam. 2, 30). Amen.