Harms, Ludwig – Der Hebräerbrief - Das 7. Capitel.

Harms, Ludwig – Der Hebräerbrief - Das 7. Capitel.

Vers 1-10.

Dieser Melchisedek aber war ein König zu Salem, ein Priester Gottes, des Allerhöchsten, der Abraham entgegen ging, da er von der Könige Schlacht wieder kam, und segnete ihn; welchem auch Abraham gab den Zehnten aller Güter. Aufs erste wird er verdolmetschet ein König der Gerechtigkeit; darnach aber ist er auch ein König zu Salem, das ist ein König des Friedens; ohne Vater, ohne Mutter, ohne Geschlecht, und hat weder Anfang der Tage, noch Ende des Lebens; er ist aber verglichen dem Sohne Gottes, und bleibet Priester in Ewigkeit. Schauet aber, wie groß ist der, dem auch Abraham, der Patriarch, den Zehnten giebt von der eroberten Beute. Zwar die Kinder Levis, da sie das Priesterthum empfangen, haben sie ein Gebot, den Zehnten vom Volk, das ist, von ihren Brüdern, zu nehmen, nach dem Gesetz, wiewohl auch dieselben aus den Lenden Abrahams gekommen sind. Aber der, des Geschlecht nicht genannt wird unter ihnen, der nahm den Zehnten von Abraham, und segnete den, der die Verheißung hatte. Nun ist es ohne alles Widersprechen also, daß das Geringere von dem Besseren gesegnet wird. Und hier nehmen den Zehnten die sterbenden Menschen; aber dort bezeugt er, daß er lebe. Und daß ich also sage, es ist auch Levi, der den Zehnten nimmt, verzehntet durch Abraham. Denn er war je noch in den Lenden des Vaters, da ihm Melchisedek entgegen ging.

Der Apostel hat schon im vorigen Capitel zuletzt gesagt, daß Jesus ein Hoherpriester geworden sei in Ewigkeit, nach der Ordnung Melchisedeks. Dies will er nun in diesem Capitel näher begründen und erklären. Schon im alten Testamente z. B. im 110. Psalm ist es bestimmt geweissagt, daß Jesus solle ein Hoherpriester sein nach der Ordnung Melchisedeks. Diese Weissagung will der Apostel uns hier nur näher erklären. Da geht er nun zuerst auf die Person des Melchisedek ein, wer er gewesen ist, und sodann zeigt er, warum Jesus mit ihm verglichen wird. Bekanntlich kommt die Geschichte von Melchisedek im 1. Buch Mose, Cap. 14 vor, wo uns erzählt wird, daß die vier Könige: Amraphel von Sinear, Arisch von Elassar, Kedor-Laomor von Elam und Thideal, König der Heiden kamen und die fünf Könige: den König zu Sodom, den König zu Gomorra, den König von Adama, den König Zeboim und den König von Bela besiegten und die deute sammt aller Habe zu Sodom und Gomorra wegnahmen. Unter diesen Gefangenen war auch Lot mit Frau und Kindern und sämmtlicher Habe. Das hatte Abraham gehört, war ihnen mit dreihundert achtzehn Knechten nachgejagt, hatte sie angegriffen und geschlagen, und brachte nun die Leute sammt ihrer Habe wieder zurück. Als er nun auf dem Heimweg war, kam ihm aus Salem der Priester und König Melchisedek entgegen, ihn zu erquicken mit Brot und Wein und ihn zu segnen; und Abraham gab ihm den Zehnten von seinen Gütern. Von diesem Melchisedek wissen wir nur, daß er in Salem regiert und Priester gewesen ist; daß er Abraham bewirthet hat mit Brot und Wein, ihn gesegnet und von Abraham mit dem Zehnten beschenkt ist. Das ist der Priester Melchisedek, von dem im 110. Psalm gesagt wird, daß Jesus ein Priester sein sollte nach der Ordnung Melchisedeks. Wer war also Melchisedek? Er war König zu Salem, d. i. in Jerusalem. Melchisedek beißt: König der Gerechtigkeit und Salem heißt Frieden. Daher ist er genannt ein König der Gerechtigkeit und des Friedens. Das sind zwei hohe Namen. Warum heißt er König der Gerechtigkeit, ,d. h. ,ein gerechter König? Warum heißt er König von Salem, d. h. ein friedlicher König? Er heißt nicht König der Gerechtigkeit, weil er Gerechtigkeit mittheilt, das kann nur Gott; er heißt nicht König des Friedens, weil er den Frieden bringt, das kann' wiederum nur Gott. Es hat Menschen gegeben, die meinten, es müßte heißen, daß er uns die Gerechtigkeit und den Frieden mittheile. Darum gab es eine Secte, die nannte sich Melchisedekianer - die sahen Melchisedek für Jesum an und sagten: Der Messias sei Abraham erschienen als König der Gerechtigkeit und des I Friedens. Daß der Messias Abraham erscheinen konnte, wissen wir; denn Er ist ihm im Haine Mamre in menschlicher Gestalt erschienen und Abraham hat Ihn bewirthet. Die Möglichkeit ist also da, sonst müßten wir auch die Erscheinung im Haine Mamre leugnen, und es steht zu ausdrücklich da, daß der Eine von den drei Männern der HErr gewesen sei. Wodurch sich diese Melchisedekianer noch bestärken ließen, daß es Jesus gewesen sei, wie das Wort des Apostels: Ohne Vater, ohne Mutter, ohne Geschlecht, und hat weder Anfang der Tage noch Ende des Lebens. Ohne Vater, sagen sie, denn Er hat deinen menschlichen Vater;' ohne Mutter, wohl hat Er eine irdische Mutter, aber keine himmlische, er ist vom Vater in Ewigkeit geboren. Weiter: Er ist ohne Geschlecht. Ja, Gott ist ewig, und darum ohne Anfang der Tage und Ende des Lebens, darum auch ohne Geschlecht. Daraus wollten sie entnehmen, daß Melchisedek der Sohn Gottes sei. Was ihrer Lehre aber vollends den Hals bricht, ist: daß dieser Melchisedek - verglichen - ist dem Sohne Gottes; denn da werden sie offenbar als zwei verschiedene Personen hingestellt. Schon aus dieser Stelle ist es unmöglich zu erklären, daß Melchisedek der Sohn Gottes, der Messias gewesen sei. Diese Secte ist auch nur klein geblieben. Andere sagen: Ist er auch nicht der Sohn Gottes, so ist er doch ein hoher Engel gewesen, der im Namen Gottes zu Salem regiert hat und in priesterlicher Weise Abraham entgegengehen mußte, ihn zu segnen. Damit scheint zu stimmen: Ohne Vater, ohne Mutter, denn sie haben nicht Vater und Mutter, sondern sind von Gott geschaffen. Kein Geschlecht, denn sie haben keine Kinder, da die Engel im Himmel weder freien, noch sich freien lassen. Aber das stimmt nicht: Weder Anfang der Tage, noch Ende des Lebens, denn die Engel sind nicht ewig, sondern geschaffen. Ferner stimmt nicht: Daß er als König regiert hat, denn die Engel regieren nicht, sondern sind Boten Gottes. Luther meinte: Melchisedek sei Sem der Sohn Noahs gewesen, der sich da niedergelassen und Abraham mit Brot und Wein erquickt und gesegnet habe. Der Zeit nach geht das wohl an, denn Sem hat noch fünfhundert Jahre nach der Sündfluth gelebt, also noch zu Abrahams Zeiten. Doch auch dafür kann ich mich nicht entscheiden, denn das Land Kanaan wurde von den Nachkommen Hams bewohnt, wie sollte denn Sem dahin kommen; und wenn auch, dann hätte er doch wohl seinen Stamm mitgenommen. Weil wir also nicht Gewisses weiter von Melchisedek wissen, weil wir nirgend Auskunft über ihn finden, weil er nicht der Sohn Gottes, nicht ein Engel, nicht Sem, der Patriarch sein kann, so müssen wir uns einfach bequemen auf die Frage: Wer Melchisedek gewesen, zu antworten: Ich weiß es nicht. Wir können nur sagen, daß er ein gerechter und friedlicher König gewesen sei, dem Gott das Priesteramt übertragen hat, daß er also als ein geistliches und weltliches Haupt in der Stadt Salem regiert hat. Aber kann denn das behauptet werden, daß er ein bloßer Mensch gewesen sei, da er doch ohne Vater und Mutter, ohne Geschlecht, und weder Anfang der Tage, noch Ende des Lebens hat? Dies soll nicht bedeuten, daß er keinen Vater, keine Mutter und kein Geschlecht gehabt habe, sondern die Bibel erzählt uns nicht von seinem Vater, von seiner Mutter und von seinem Geschlecht; so erzählt sie uns auch nichts von seiner Geburt, noch von seinem Tode, und somit hat er nach der Bibel weder Anfang der Tage noch Ende des Lebens, weil sie uns Nichts davon erzählt. Wenn es aber weiter heißt: Er ist aber verglichen dem Sohne Gottes, so wird damit angezeigt, warum er dem Sohne Gottes verglichen wird, nämlich weil Jesus der rechte und wahre König der Gerechtigkeit und des Friedens ist, der rechte Melchisedek, von dem Melchisedek nur ein Vorbild war. Um des Namens willen ist er also verglichen dem Sohne Gottes. Wenn es aber heißt: Er bleibt Priester in Ewigkeit; so wird damit nicht gesagt, daß er noch ein Priester ist und in Ewigkeit bleibt, denn im Himmel haben wir keine solche Priester nöthig; sondern es soll heißen: Vom Ende als vom Anfang seines Priesterthums wird in der Bibel Nichts erzählt. Jesus aber ist der wahre Priester in Ewigkeit, von dem heißt es mit Recht: Daß weder Anfang noch Ende Seines Priesterthums ist. Wie groß aber Melchisedek gewesen, sehen wir daraus, daß er größer war als Abraham, weil der ihm den Zehnten gab. Nun giebt aber nicht der Herr dem Diener den Zehnten, sondern umgekehrt, der Diener dem Herrn. Wenn also Abraham dem Melchisedek den Zehnten gab, so war er größer. Er ist aber auch größer, weil er das Priesteramt hat, denn das Priesteramt ist über alle Aemter. Dieser Melchisedek war ein Vorbild von Jesu, darum wird er Jesu verglichen. Jesus aber ist und bleibt der wahre König der Gerechtigkeit und des Friedens und bleibt Priester in Ewigkeit. Willst du Gerechtigkeit haben? Suche sie in Jesu; willst du Frieden finden? Suche ihn bei Jesu; willst du ewige Seligkeit haben? Du erlangst sie nirgends als bei Jesu allein. Sehet, darum ist das Priesterthum Christi auch besser und höher als das der Leviten, welches uns dies nicht geben konnte. Das will der Apostel auch daraus beweisen, daß Abraham Melchisedek den Zehnten gab. Zwar die Kinder Levis, da sie das Priesterthum empfangen, haben sie ein Gebot, den Zehnten vom Volk, das ist, von ihren Brüdern zu nehmen, nach dem Gesetz, wiewohl auch dieselben aus den Lenden Abrahams gekommen sind. Als den Israeliten das Priesterthum gegeben wurde und der Stamm Levi, und aus dem Stamm Levi das Haus Aarons für das Priesterthum bestimmt wurde, da wurde im Gesetz ausdrücklich geboten, daß das Volk den Leviten, und diese den Priestern den Zehnten geben sollten, obgleich sie dem Fleische nach ihre Brüder waren; denn sie waren, wie der Apostel sagt, auch aus den Lenden Abrahams gekommen. Die Leviten erhielten bei der Austheilung des Landes Kanaans nur Städte zu bewohnen, aber sie erhielten keine Aecker; darum konnten und sollten sie auch nicht ackern. Aber Gott hatte das Gesetz gegeben: Die am Altar dienen, sollen sich auch vom Altar nähren. Darum mußten die Israeliten den Leviten den Zehnten geben von ihrem Korn, von ihren Gartenfrüchten, ja selbst von ihrem Vieh. Dieser Zehnten ward den Leviten gegeben, und von diesem Gesammtzehnten erhielten die Kinder Aarons wieder den Zehnten von den Leviten. Um des Priesterthums willen tritt der Stamm Levi aus seiner sonstigen Gleichartigkeit mit den Kindern Israel heraus, und um des Priesterthums willen ist er dem Volke Israel übergeordnet, aber nicht um Levis Person willen. Aber der, deß Geschlecht nicht genannt wird unter ihnen, der nahm den Zehnten von Abraham und segnete den, der die Verheißung hatte. Melchisedek gehörte ja nicht zu den Israeliten, sein Geschlecht wird unter ihnen nicht genannt. Aber Abraham, der Vater der Israeliten, giebt ihm den Zehnten und er nimmt ihn an. Dadurch wird Melchisedek Abraham übergeordnet, obgleich er ein großer, mit Gottes Verheißungen begnadigter Mann war, und ließ sich segnen von Melchisedek. Durch zwei Theile ist Melchisedek Abraham übergeordnet: Daß er den Zehnten von ihm nimmt und ihn segnet. Der Niedere wird von dem Höheren gesegnet, dadurch wird Melchisedek Abraham übergeordnet; und der Höhere nimmt von dem Niederen den Zehnten, dadurch wird wiederum Melchisedek dem Abraham übergeordnet. Denn es ist ohne alles Widersprechen also, daß das Geringere von dem Besseren gesegnet wird. Dadurch tritt Melchisedek also weit über Abraham und sein Geschlecht. Hier nehmen den Zehnten die sterbenden Menschen; aber dort bezeugt er, daß er lebe. Und daß ich also sage, es ist auch Levi, der den Zehnten nimmt, verzehntet durch Abraham. Denn er war ja noch in den Lenden des Vaters, da ihm Melchisedek entgegen ging. Hieraus nimmt der Apostel übermal einen Grund, die Erhabenheit des Priesterthums Melchisedeks über das levitische zu zeigen. Das Priesterthum der Leviten ist also ein vergängliches, es sollte nur bleiben bis auf Christum, in dem das ewige Priesterthum erscheinen sollte. Christus ist ein Priester in Ewigkeit nach der Ordnung Melchisedeks, weiches in Christo fortbesteht; darum ist es vortrefflicher, als das vergängliche Priesterthum der Leviten. Abraham gab Melchisedek den Zehnten, denn er konnte ihn Levi noch nicht geben, der ja noch in seinen Lenden war. Hat Abraham Melchisedek aber den Zehnten gegeben, so hat damit das ganze Geschlecht der Israeliten, auch Levi in Abraham Melchisedek den Zehnten gegeben. Dadurch aber wird das Priesterthum Melchisedeks von selbst als höher anerkannt, als das Priesterthum Levis, und das Priesterthum Levis bekennt sich als das geringere, da es Melchisedek den Zehnten giebt. Damit weist der Apostel den Hochmuth der Juden, den sie auf ihr Hohespriesterthum hatten, entschieden zurück und zeigt, daß Jesus Christus der allein wahre Hohepriester ist; freilich nicht als einer aus dem Priestergeschlecht Levis, sondern aus dem Priesterthum Melchisedeks, welcher ist ein König der Gerechtigkeit und des Friedens, der die Gerechtigkeit austheilt und uns den Frieden giebt, welcher höher ist als alle Vernunft. Amen.

Vers 11-28.

Ist nun die Vollkommenheit durch das levitische Priesterthum geschehen, (denn unter demselben hat das Volk das Gesetz empfangen,) was ist dann weiter noth zu sagen, daß ein anderer Priester aufkommen soll, nach der Ordnung Melchisedeks, und nicht nach der Ordnung Aarons? Denn wo das Priesterthum verändert wird, da muß auch das Gesetz verändert werden. Denn von dem solches gesagt ist, der ist aus einem andern Geschlecht, aus welchem nie Keiner des Altars gepflegt hat. Denn es ist ja offenbar, daß von Juda aufgegangen ist unser HErr; zu welchem Geschlecht Moses nichts geredet hat vom Priesterthum. Und es ist noch klärlicher, so nach der Weise Melchisedeks ein anderer Priester aufkommt, welcher nicht nach dem Gesetz des fleischlichen Gebots gemacht ist, sondern nach der Kraft des unendlichen Lebens. Denn er bezeuget: Du bist ein Priester ewiglich, nach der Ordnung Melchisedeks. Denn damit wird das vorige Gesetz aufgehoben, darum, daß es zu schwach, und nicht nütze war, (denn das Gesetz konnte nichts vollkommen machen:) und wird eingeführet eine bessere Hoffnung, durch welche wir zu Gott nahen; und dazu, das viel ist, nicht ohne Eid. Denn Jene sind ohne Eid Priester geworden; dieser aber mit dem Eide, durch den, der zu Ihm spricht: Der HErr hat geschworen und wird Ihn nicht gereuen, Du bist ein Priester in Ewigkeit, nach der Ordnung Melchisedeks. Also gar viel eines bessern Testaments Ausrichter ist Jesus geworden. Und Jener sind viele, die Priester wurden, darum, daß sie der Tod nicht bleiben ließ; Dieser aber darum, daß Er bleibet ewiglich, hat Er ein unvergängliches Priesterthum. Daher Er auch selig machen kann immerdar, die durch Ihn zu Gott kommen, und lebet immerdar, und bittet für sie. Denn einen solchen Hohenpriester sollten wir haben, der da wäre heilig, unschuldig, unbefleckt, von den Sündern abgesondert, und höher denn der Himmel ist; dem nicht täglich noth wäre, wie jenen Hohenpriestern zuerst für eigene Sünde Opfer zu thun, darnach für des Volks Sünde; denn das hat Er gethan einmal, da Er sich selbst opferte. Denn das Gesetz macht Menschen zu Hohenpriestern, die da Schwachheit haben; dies Wort aber des Eides, das nach dem Gesetz gesagt ist, setzt den Sohn ewig und vollkommen.

Bisher hat der Apostel gezeigt, daß das Priesterthum Melchisedeks höher war als das Priesterthum Levis, in diesem Abschnitt will er uns zeigen, daß das levitische Priesterthum auch unvollkommen war und daß das rechte, wahre und vollkommene Priesterthum in Christo ist, welcher ist ein Priester nach der Ordnung Melchisedeks in Ewigkeit. Denn wenn das levitische Priesterthum vollkommen gewesen wäre, so wäre nicht ein anderes Priesterthum nöthig gewesen. Das levitische Priesterthum war gut, denn Gott hatte es gegeben und Mose und Aaron waren dabei thätig gewesen. Aber Gott hatte das Gesetz gegeben, als die Menschen schon Sünder waren, darum konnte es weder vollkommen sein noch die Seligkeit geben, denn das Gesetz kann nicht selig machen, es bringt den Fluch. Weil es aber das vollkommene und unvergängliche Priesterthum nicht sein konnte, so mußte es vergehen und aufhören und dem ewigen und vollkommenen Raum geben. Darum mußte aber auch ein anderer Priester aufkommen, nicht aus dem Geschlechte Aarons oder Levis, sondern nach der Ordnung Melchisedeks. Das ist nun aber in Christo erfüllt; denn der, von dem solches gesagt ist, daß er ein Priester sei nach der Ordnung Melchisedeks, ist Jesus Christus, der nicht aus dem Stamme Levi, sondern aus dem Stamme Juda ist, aus welchem sonst nie Jemand Priester war. Juda war die Heerführung und das Königthum, aber nicht das Priesterthum gegeben. Christus ist der vollkommene Hohepriester, der uns selig macht, nach der Ordnung Melchisedeks. Er ist aus dem Stamme Juda, der König der Gerechtigkeit, denn Er giebt uns die wahre fleckenlose Gerechtigkeit; Er ist der König des Friedens, denn er theilt uns den Frieden mit durch Vergebung der Sünden. Darum ist es ein theuerwerthes Wort, daß Christus Jesus gekommen ist in die Welt, die Sünder selig zu machen. Und es ist in keinem andern Heil, ist auch kein anderer Name den Menschen gegeben, darinnen sie sollen selig werden, als der Name Jesus Christus. Jesus muß der rechte Hoherpriester sein, weil Er ein Hoherpriester ist nicht nach dem levitischen unvollkommenen Priesterthum, sondern nach dem Priesterthum Melchisedeks. Es heißt in der Weissagung nicht bloß: Du bist ein Priester nach der Ordnung Melchisedeks, sondern du bist ein Priester ewiglich nach der Ordnung Melchisedeks. Er ist also ein vollkommener und ewiger Hoherpriester. Wollen wir also wissen,, ob' Jesus Her rechte Hohepriester ist, so müssen wir fragen: Stammt Er aus dem Stamme Levi? Ist dem so, dann ist Er nicht der rechte Hohepriester; Zweitens: Stammt Er als Mensch aus einem andern Stamme? Drittens. Ist Er ein ewiger Hoherpriester? Erst wenn wir diese Fragen der Reihe nach beantwortet haben, können wir wissen, ob Er der rechte Hohepriester ist. Zuerst fragen wir also: Stammt Jesus aus dem Stamm Levi? Nein, Er stammt nicht aus Levi. Ist Er denn aus einem andern Stamme? Ja, Jesus ist aus dem Stamm Juda, Ist Jesus aber ein ewiger Hoherpriester? Auch darauf antwortet unser Text mit Ja. Denn Er ist nicht nach dem Gesetz des fleischlichen Gebots gemacht, sondern nach der Kraft des unendlichen Lebens. Jesus ist nicht geboren nach der Weise, wie sonst die Menschen geboren werden, sondern nach der Kraft des unendlichen Lebens; der heilige Geist hat Ihn gezeugt in Maria. Das war nöthig, weil Er wahrer Gott war und ohne Sünde geboren werden mußte. So stimmen alle Fragen auf Jesum und von dem heißt es: Du bist ein Priester ewiglich nach der Ordnung Melchisedeks. Also Christus ist ein ewiger Hoherpriester, der mittheilen soll Gerechtigkeit und Frieden, wie es Ihm nach Seinem Namen zukommt. Damit wird das vorige Gesetz aufgehoben, darum, daß es zu schwach und nicht nütze war. Das levitische Priesterthum bestand nur so lange als Vorbild, bis die Vollkommenheit in Jesu kam; denn es konnte Vollkommenheit geben. Außer Jesu ist kein Hoherpriester. Darum sagt schon der Prophet Hosen: Sobald die Kinder Israel Ihn verworfen haben, werden sie sein ohne Priester, ohne Leibrock und ohne Tempel. So ist es auch gekommen. Seitdem sie Jesum verworfen, haben sie keinen Priester, keinen Leibrock, kein Opfer, keinen Tempel. Daß aber das Gesetz vom levitischen Priesterthum zu schwach und kein nütze ist, erklärt der Apostel damit, daß es nicht vollkommen machen konnte; denn durch das Gesetz wird Niemand vollkommen. Niemand kann das Gesetz halten und das Thierblut kann keine Sünde wegnehmen. Damit ist aber bewiesen, daß das levitische Priesterthum zu schwach und kein nütze war. Da wir nun aber in Jesu das vollkommene Priesterthum haben, weil wir in Ihm die volle Vergebung der Sünden haben, so können wir auch getrost zu Gott nahen; können als die versöhnten Kinder zu jeder Zeit zu Ihm gehen. Um uns das noch erklärlicher zu machen, sagt Er: Und dazu, das viel ist, nicht ohne Eid. Denn Jene sind ohne Eid Priester geworden. Als Gott das levitische Priesterthum einsetzte, hat Er keinen Eid gethan-, aber Jesum hat Er mit einem Eide eingesetzt. Du bist ein Priester ewiglich nach der Ordnung Melchisedeks. Und vorher heißt es: Gott hat geschworen und wird Ihn nicht gereuen, Du bist ein Priester in Ewigkeit nach der Ordnung Melchisedeks. Während Gott Jene ohne Eid einsetzte, hat er Jesum mit einem Eide eingesetzt. Warum? Daß wir uns durch zwei Stücke: - Sein Wort und Eid - so gewiß und fest auf Ihn und Seine Erlösung verlassen könnten. Hätte Er uns nicht erlöst, so hätte Gott Sein Wort und Seinen Eid gebrochen; und das ist unmöglich. Und jener sind Viele, die Priester wurden, darum, das sie der Tod nicht bleiben ließ. Die Priester mußten einer nach dem andern sterben; der Tod ließ sie nicht bleiben. War das Priesterthum aber so vergänglich, so konnte es unmöglich das wahre und vollkommene sein. Aber Jesu Priesterthum ist ewig und vollkommen, darum, daß Er bleibet ewiglich und Sein Priesterthum ein unvergängliches ist; denn Er ist der Sohn des lebendigen Gottes. Und nachdem Er Sein Erlösungswerk vollbracht, ist Er eingegangen in das Heiligthum und hat sich gesetzt auf den Thron Gottes. Nun hat Er ein ewiges und vollkommenes Priesterthum, daher Er auch selig machen kann immerdar, die durch Ihn zu Gott kommen und lebet immerdar und bittet für sie. Er macht selig, denn Er hat Sich selbst für unsere Sünden geopfert und schenkt uns die Vergebung der Sünden; aber Er ist nicht im Tode geblieben, sondern lebet immerdar und die zu Ihm kommen, die stößt Er nicht hinaus, sondern bittet für sie. Das gehört aber auch zum Priesterthum; nicht allein daß Er opfere, sondern auch für sie bitte. Das gehört aber zum vollkommenen Hohenpriester, daß Er der rechte Opferer und zugleich das Opfer sei und dazu bete. Das finden wir aber auch alles bei Jesu; Er bringt das Opfer dar und ist zugleich Selbst das Opfer und betet. Welche unendliche Schuld der Menschen und welches unendliches Lösegeld, daß Er Selbst das Opfer geworden ist für die Sünden der ganzen Welt! Und nun setzt Er Sein hohenpriesterliches Werk noch immerdar fort und betet. Er betet aber nicht allein, sondern Sein Blut schreiet auch noch stets für uns, besser als das Blut Abels. Abels Blut schreiet um Rache; Sein Blut aber schreiet: Barmherzigkeit! Barmherzigkeit! So vereinigt sich also Sein Mund und Blut und schreiet Gnade! Gnade für die Sünder! Wie könnte Sich Gott solcher Fürbitte entziehen! Denn diese Fürbitte kommt von dem Hohenpriester, der da heilig, unschuldig, unbefleckt, von den Sündern abgesondert und höher, denn der Himmel ist? Da faßt der Apostel in einem Verse kurz zusammen, warum Er der wahre und vollkommene Hohepriester, warum Sein Opfer ein vollkommenes und Seine Fürbitte eine vollkommene ist. Er ist heilig d. h. ohne Sünde, vollkommen gut, durch und durch. Die Heiligkeit bezieht sich auf Sein Wesen und Sein Wesen ist sowohl nach Seiner Gottheit als Menschheit gut. Unschuldig; das kommt aus der Heiligkeit, wie schuldig aus der Schuld kommt. Unbefleckt, das folgt aus der Unschuld. Wer Sünde hat, ist voll Unflath und befleckt, wer unschuldig ist, ist unbefleckt und steht abgesondert von allen Sündern. Christus ist der einzige Reine unter Unreinen, der einzige Unschuldige unter lauter Schuldigen, der einzige Unbefleckte unter lauter Befleckten. Dies würde aber nicht so sein und also auch nicht helfen, wenn Er nicht höher wäre, denn der Himmel ist; das aber kann allein von Gott gesagt werden, Er ist also der wahrhaftige Gott. Daher ist Jesus der vollkommene Hohepriester, das vollkommene Opfer, der vollkommene Fürbitter und der wahre Gott. Nun reicht Sein Opfer und Seine Fürbitte vollkommen aus, der Niemand widerstehen kann. O welch ein himmelweiter Unterschied ist zwischen Ihm und den levitischen Priestern! Diese mußten zuerst für ihre eigene Sünde opfern; Er aber braucht für Seine Sünde nicht zu opfern, denn Er hatte keine, sondern mit Einem Opfer hat Er die Sünde der ganzen Welt weggenommen. Die Menschen , welche nach dem Gesetz zu Hohenpriestern gemacht waren, waren sündige Menschen; denn wir Menschen sind allzumal Sünder, es giebt keine Ausnahme unter uns. Aber das Wort des Eides, damit Gott Seinen Sohn eingesetzt hat, nämlich, daß Er sollte sein ein Priester nach der Ordnung Melchisedeks, setzt Ihn ewig und vollkommen, den vergänglichen und unvollkommenen Priestern gegenüber, so daß wir nun in Ihm haben Leben und volle Genüge und weiter nichts mehr bedürfen. Gott sei Dank, daß das Schattenwesen des levitischen Priesterthums durch den Körper, und das wahre Wesen und Priesterthum in Christo aufgehört hat. Nun brauchen wir kein anderes Opfer mehr für die Sünde, denn Christus hat mit einem Male alle unsere Sünde abgethan, indem Er Sich Selbst Gott opferte und uns frei machte. Wehe dem, der dies Opfer verachtet und nicht annimmt; wohl dem, der es sich im Glauben zueignet, der hat Alles, was uns Gott zu geben vermag, nämlich Sich Selbst und mit Ihm Leben und Seligkeit. Amen.

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