Harms, Claus - Am fünften Sonntag nach Epiphanias 1843.

Harms, Claus - Am fünften Sonntag nach Epiphanias 1843.

Ges. 467, 1-6. Versucht und prüft euch selbst, Ob ihr im Glauben stehet.

Lassen wir es an diesen Versen genug sein. Diejenigen fehlen nicht weit, wenn sie überhaupt darin fehlen, daß Lehre, zumal Sittenlehre, eigentlich keinen Gesang geben, kein Gesang werden könne. Blicken wir auf einen zurück, auf 466: Meinen Jesum laß ich nicht. Das ist einer, der für einen Gesang gegolten hat in der ganzen evangelischen Christenheit und auch gültig bleibt, so lange das Christenthum selber gültig bleibt. Allein von der Predigt möchte auch wohl gesagt werden: Lehre, zumal Sittenlehre, sei keine Predigt und sollte eigentlich keine werden, wie sie's auch nicht gewesen ist bis über die Mitte des vorigen Jahrhunderts. Nein, ihr Lieben, bis dahin war der Glaube die Predigt, und selten wurde eine Tugend zu einem Thema genommen, wenn ja, so war diese Tugend dermaßen eng mit dem Glauben verbunden, daß die Hörer, jetzt die Leser, am Ende nicht wohl sagen konnten, was von beiden mehr, ob mehr Glauben oder ob mehr Tugend, gepredigt sei. Es ist gleichzeitig geschehen: als man im Glauben mangelhaft wurde, als der nicht mehr recht zusagen wollte, da bot man den Leuten Lehre, Tugendlehre, Pflichtenlehre, und sie bezeigten sich zu Anfang willig dazu, dankbar dafür; - wie noch bis diesen Tag diejenigen thun, wenn sie einmal eine Predigt hören wollen oder müssen, bei welchen es mit dem Glauben schwach, schlecht stehet. Kommt mir entgegen mit dem Geständnisse: das ist Wahrheit. Was ist's? Was liegt zum Grunde? Das ist's, das liegt zum Grunde: Das Gesetz, auch auf's schärfste vorgetragen, faßt den natürlichen Menschen, den Sünder, sanfter an als das Evangelium, die fröhliche Botschaft, ihn anfaßt; sie mögen Mosen lieber als Christum.

Willfahr' ich? Bisher nicht und werde, wenn Gott mir das Glaubenslicht erhält, in meinem Leben nicht willfahren. Dann und wann werde ich betreten das Tugendgebiet oder, wie es gewöhnlich und in biblischer Sprache genennet wird, das Gebiet der Liebe; jedoch unverbunden mit dem Glauben, getrennt von seinem Bekenntnisse: so nimmermehr. So auch heute nicht, obschon die heutige Epistel wohl einen Prediger veranlassen könnte, die Liebe allein zu predigen und vom Glauben zu schweigen. Hört sie verlesen von mir:

Col. 3, 12-17. So ziehet nun an, als die Auserwählten Gottes, Heilige und Geliebte, herzliches Erbarmen, Freundlichkeit, Demuth, Sanftmuth, Geduld; Und vertrage Einer den Andern, und vergebet euch unter einander, so Jemand Klage hat wider den Andern; gleichwie Christus euch vergeben hat, also auch ihr. Ueber alles aber ziehet an die Liebe, die da ist das Band der Vollkommenheit. Und der Friede Gottes regiere in euren Herzen, zu welchem ihr auch berufen seid in einem Leibe, und seid dankbar. Lasset das Wort Christi unter euch reichlich wohnen, in aller Weisheit; lehret und vermahnet euch selbst mit Psalmen und Lobgesängen und geistlichen lieblichen Liedern, und singet dem Herrn in euren Herzen. Und alles, was ihr thut mit Worten oder mit Werken, das thut alles in dem Namen des Herrn Jesu, und danket Gott und dem Vater durch ihn.

Die Epistel hat aber den Glauben und die Liebe dermaßen genau zusammengefügt, verschlungen, verschmolzen in einander, daß auch kaum eine Veranlassung gegeben wird, von der Liebe allein zu predigen. Der Verlauf des Wortes wird es näher zeigen. Das Thema heiße:

Von dem Glauben und der Liebe, was er ihr und was sie ihm sei.

  1. Er ist ihr: ein Born, ein Sporn und ein Spiegel;
  2. Sie ist ihm: eine Thür, eine Zier und ein Riegel.

1.

Muß es aber wohl zuvor noch gesagt werden, welcher Glaube gemeinet sei, daß nicht was immer für einer gemeint sei? Denn man nennt auch ja den offenbaren Unglauben selbst Glauben, einen Glauben. Hier wird gemeint der Glaube an Jesum Christum, nämlich daß Christus es sei, welchen wir für den Weg, die Wahrheit und das Leben halten und durch den allein wir zum Vater kommen, wie er selber sagt Joh. 14. O, da ist auch das schöne, das tiefe Wort in dem Capitel, aus welchem unser Text genommen ist: Euer Leben ist mit Christo verborgen in Gott. Verborgen in dem Verstande, daß wir sein, Christi, Leben zur Zeit noch schwach, als im Anfang, im Keime nur erst in uns tragen und harren einer Zeit der Offenbarung und Herrlichkeit. Unsre Epistel enthält gleichfalls ein Wörtlein, welches zurückweist, „nun“, so ziehet nun an. Das weist zurück auf den vorhergehenden Vers, nach welchem nicht Grieche, nicht Jude, nicht Scythe einen Unterschied macht, sondern alles und in allen ist Christus. Und aus dem Anfang der Epistel werde gesagt, welchen Glauben wir meinen; diesen meinen wir und wollen es so verstanden haben: wenn wir uns ansehen als von Gott erwählt, als heilig vor ihm und geliebet von ihm, nachdem uns vergeben - hört das große Wort, das Cardinal- das Angelwort des Glaubens „vergeben“, nachdem uns Christus vergeben hat, er, Christus, die Vergebung unsrer Sünde uns zugesprochen hat, eben wie er sie einst dem Gichtbrüchigen und der Maria Magdalene und Andern zugesprochen, dessen wir Zeugniß tragen in unserm Herzen: - das heißt gläubig sein, das ist der Glaube, den wir meinen und den wir heute predigen in seiner Verbundenheit mit der Liebe, was er erstens der Liebe ist.

a.

Er ist zuvörderst ein Born der Liebe d. h. die Liebe kommt von ihm her; wie Eva aus Adams Rippe gebaut wurde, hier ist auch eine Ehe, so kommt die Liebe vom Glauben her, geht daher, verglichen, wie sie über das Leben dahin fleußt, einem wässernden Bache, dessen Born der Glaube ist. Denn die Liebe, die unsre Red' ist und, an vorigen Sonntag erinnert, Gottes Gebot, ist kein zusammen getragenes oder gelaufenes oder aufgefangenes Wasser aus sinnlichen Gefühlen, menschlichen Rücksichten, eigennützigen Trieben, oder was sonst die Erscheinung hervorbringt, der man auch den Namen Liebe zuleget, sondern hat ihren Ursprung an einer Stelle in dem inwendigen Menschen, dahin von dem genannten auch nichts dringet, nämlich in dem Geist des Gemüths, Ephes. 4., da der neue Mensch geboren wird, da der Herr sein Werk hat, sein stilles, verborgenes Werk, und ein wundersames, gleichwie unter der Erde die Adern des Wassers laufen. Wer möcht' es nicht sehn, wie unter der Erde die Wasseradern laufen? Wir sehen sie aber nicht, bis eine als Quelle hervorspringt. So sehen wir auch den Glauben nicht, bis er nach verborgenem Laufe hervorspringt. Der ist der Born der Nächstenliebe. Der Glaube ist ein Brecher der natürlichen Selbstsucht, der mit dem Menschen gebornen Eigenliebe. Er nimmt uns das Selbst, läßt uns kein Eigenes, das wird dargebracht dem, der sich uns darbringet und die Stätte einnimmt, wo zuvor das eigne, eitle, leere Ich. seinen Sitz hatte und Stimme. Nun hat die Stimm' ein Andrer. Jetzt heißt es: Alles für dich, o Christel in dem Verlangen, in der Ungeduld, dem Lebengeber, dem Aufschließe des Himmelreichs, dem Geber solcher Seligkeit doch mit etwas zu dienen und ihm zu vergelten, die Willigkeit wenigstens ihm zu zeigen. Da gehn uns die Augen auf über unsre Nächsten, unsre Mitchristen, von ihm so werth geachtet und gleicher Gnad' gewürdigt, als wir's sind; die müssen es sein, an welchen wir ihm, wenn nicht vergelten, doch zeigen können, daß wir möchten vergelten, was er an uns gethan, und lieben sie. So ist der Glaube der Born der Liebe.

b.

Er ist ihr Born und ihr Sporn. Denn völlig abgelegt wird der alte natürliche Mensch erst, wenn der Leib ins Grab gelegt wird; so lange haben wir zu tragen an ihm, zu kämpfen mit ihm d. h. mit der Sünde, die uns, Hebr. 12., immerdar anklebt und träge macht. In ihren Erweisungen kommt die Bruderliebe bald auf schwere Stellen, über welche hinweg sie soll, als da sind: Unwürdigkeit, Schlechtigkeit, Unerkenntlichkeit, Undankbarkeit und Vergeblichkeit. Da wird der Christ leicht müde. Sein natürlicher Mensch kann über solche Stellen nicht hinweg, und nur zu oft beredet der neue Mensch, der Christ, sich, daß er es auch nicht könne, nicht einmal schuldig sei. Mit Solchen für seine Liebe unempfänglichen Menschen, die seine Gutthat in Wort oder Werk gleichsam mit Füßen treten, versucht es der Christ noch einmal und zweimal, spricht dann: es geht über meine Kräfte. So ist der Glaube sein Antrieb, sein Sporn, sein Sporn, der ihn bis ins Fleisch sticht, daß er's fühlet: Du selber, bist du besser, als jene sind? Und ob du es bist, so bist du es wahrlich nicht allezeit gewesen. Für die Liebe Christi, das hält sein Glaube ihm vor, wie für die Gutthat anderer Gläubigen an dir bist du so lange Zeit unempfindlich und unempfänglich gewesen, und immer noch. Wie würd' es um dich und dein Christenthum bald stehen, wenn du, spricht Christus, mein fortwährend Erbarmen nicht erführest, meine Sanftmuth, meine Freundlichkeit, meine Geduld? Diese sollst du auch für die Brüder anziehen, und beharren in der Liebe. Auf diese Weise ist der Glaube ein Sporn der Liebe.

c.

Drittens, was der Glaube der Liebe sei: er ist ihr Spiegel. Eigen ist's mit der Liebe. Die natürliche Liebe und die Christenliebe, von welcher wir reden, sind sich oftmals so ähnlich, daß man die eine mit der andern verwechseln kann. Es giebt eine feine Selbstliebe, die Andern oft recht große Opfer bringt, und sie räuchert sich doch selbst; die ganz wie eine Selbstverleugnung sich ausnimmt und eine Hingebung, da man doch nimmt und nehmen will im Geben, von dem nehmen will, dem Liebe erwiesen wird, oder von Andern, die es sehn, jetzt schon, oder später es doch erfahren. Man möchte sagen, die Selbsttäuschung ist nirgends größer wie hier. In der Familienliebe wird es besonders häufig wahrgenommen. Ferner: gesetzt, es ist unsre Liebe bei ihrem Ausgehen auch wirklich ganz rein, wahrhaft christlich; - sie gehet aus und thut wohl, äußert sich und wird verstanden, wird erkannt, anerkannt, siehet Erfolg, findet Dank und zur Erwiederung Gegenliebe. Das wirkt zurück, darf es das nicht? Das wirkt zurück und setzt sich auf die christliche Liebe, setzt sich als Rost auf die reine, bringt Flecken auf die weiße, färbt die weiße Ros' in eine rothe um. Was bewahrt die weiße Rose vor dieser Wandlung? Der Spiegel, sag' ich, der Spiegel des Glaubens, wenn vor denselben die Liebe gestellt wird. So thut ein gläubiger Christ alle Tage. Der Glaube fragt uns: War dein Antrieb Christus? war dein Ziel Christus und sein Reich? war dein Lohn er? Und hattest du mehr Freude bei dem Gedanken, daß du ihm gedienet, als bei dem, daß du Menschen gedient und deren Lob dafür einzogest, einsogst? So fragt der Glaube, d. h. er ruft unsere Liebe vor den Spiegel, daß sie ihre Gestalt schaue. Meint ihr nicht, theure Zuhörer, daß, wenn solches geschieht, unsre Liebe, die wir eine christliche heißen, als eine bloß natürliche dasteht, als eine solche, oder, vor diesem Spiegel des Glaubens besehn, als gar keine Liebe? Als was denn? Als lauter Eigennutz, .als pure Selbstsucht. Nehm' Jedermann die erste beste Erweisung seiner Liebe zu einer Probe, hat er sie heute gegeben, hat er sie gestern gegeben, ob sie vor diesem Spiegel als wahre, reine Nächstenliebe erscheine.

2.

Das ist der Glaube für die Liebe: ihr Born, aus dem sie quillt, ihr Sporn, der sie antreibt, ihr Spiegel, darin sie ihre rechte Gestalt siehet. Unsre Predigt ist der Glaube und die Liebe, was sie einander seien, was er ihr und was sie ihm sei. Was sie ihm, davon im andern Theil. Sie ist dem Glauben eine Thür und eine Zier und ein Riegel.

Wird mir gefolgt von allen gegenwärtigen Zuhörern? und wird mir gefolgt? nicht, meine ich, mit dem Interesse daran, wie ich diese Materie behandle; denn das ist mein Begehren nicht, - wenn sich's fände, müßt' ich dieses Interesse mir verbitten -, sondern mit dem Ernst an der Sache selber soll mir gefolgt werden, d. h. mit dem Ernst, der jederzeit im Hause Gottes zu Hause ist, dahin man geht, um in seinem Christenthum belehrt und gefördert zu werden. Kirchgänger, wer du bist, ein sonntäglicher oder ein seltener, es handelt hier sich nicht um irgend welche Ergötzung, sondern um eine Versetzung - das letzte Wort gesprochen nach Col. 1: Und hat uns versetzt in das Reich seines lieben Sohnes -, daß wir Alle miteinander, Versetzte, wenn wir das sind, in diesem Reich bleiben, und die es nicht sind, versetzt werden mögen; denn jeder Sermon ist zugleich eine Mission. Also soll es hier stehen und zugehen.

a.

Die Liebe ist für den Glauben zuerst eine Thür, durch welche er ausgehet. Das bloße Christsein ist nicht genug. Das hat der Apostel beschrieben in den vorhergehenden Worten. Leset sie, besser heut' als morgen, merkt besonders die Ermahnung: Ziehet den alten Menschen mit seinen Werken aus, ein Stück nach dem andern; der heutige Abend finde jedweden von uns hiermit beschäftigt oder doch daran denkend. Hiernach heißt es in der Epistel: Ziehet an herzliches Erbarmen, Freundlichkeit, Demuth, Sanftmuth, Geduld, welche wir zusammenfassen in das Wort Liebe, in der Epistel das vollkommenste Band geheißen. Bist du angezogen, Christ, dann magst du, sollst du ausgehen und nicht zu Hause bleiben. Die Liebe klopft an deine Thür, o, sie ist die Thür selbst, durch welche dein Glaube hinaustritt. Dein Glaube zeigt dir, welche es sind, die du zu lieben Ursach hast, nämlich welche auserwählt sind, heilig gemacht, geliebt und angenehm, sowohl wie du es bist und ebenso sehr, bei denen das Wort Christi so reichlich wie bei dir wohnt, vielleicht noch reichlicher, die auch Psalmen und Lobgesange kennen und geistliche, liebliche Lieder, die sie auch singen. Dies thue und Anderes in dem Namen des Herrn Jesu, - zu diesen tritt, es sind deine Brüder, deine Nächsten, Liebe ist die Thür, da dein Christenthum, dein Glaube ausgeht zu ihnen, sich freut über sie und mit ihnen, über die großen Angelegenheiten unsere ewigen Heils redet mit ihnen, wie über die Tiefen der Erlösung und über die verborgenen Wege der Seelenführungen. Was, gehst du lieber ins Schauspielhaus, da sind sie nicht, als ins Gotteshaus, da du sie unfehlbar antriffst, sie erbauest, schon durch deine Gegenwart? Was, gehst du lieber zu denen hin, mit welchen du über Eisenbahn und Bahnhof plauderst, als daß du frommes Gespräch über die Himmelsbahn mit deinen Nächsten führst und von den Vorhöfen, die der Psalmist lobet, daß ein Tag darin besser sei, denn sonst tausend. Wo Glaube ist, da ist Liebe und die Liebe ist des Glaubens Thür.

b.

Die Liebe ist auch des Glaubens Zier. Nach Pauli Anweisung soll Titus, Cap. 2, die Knechte ermahnen, daß sie die Lehre Gottes unsers Heilandes zieren in allen Stücken, Seht, die Lehre trägt also eine Zier, einen Schmuck, begehrt ihn sogar. Was aber die Knechte thun sollen, mein' ich, liegt uns Allen ob, und eine Zier, ja die beste, das ist die Liebe. Die läßt ein aufgegangenes Herz sehn, die legt über das Angesicht das Licht des hervortretenden, hervorgetretenen Menschen des Herzens mit sanftem und stillem Wesen, der köstlich vor Gott ist, 1. Petr. 3. Die Liebe giebt der Stimme einen besondern, einen angenehmen Ton, der zuweilen als kommend vom Himmel her gehört wird, die Liebe macht willige Hände zum Mitanfassen, offne Hände zum Geben, wo das nöthig ist. Was können die Hände geben oder anfassen? Sie heben den Deckeldruck auf, der hin und wieder schwer auf der gläubigen Seele liegt, davor sie nicht kann, vor der schweren Liebessorg' in Krankheit und Armuth nicht kann die Gedanken auf etwas Höheres richten oder festhalten dabei. Zur Zeit, als es mit den Christen allen noch äußerlich schlimm stand, als sie gedrückt, verfolgt, gemartert wurden von den Ungläubigen, in den ersten Jahrhunderten, da erwarben die Christen sich das Zeugniß bei den Ungläubigen: Wie haben sich die Leute so lieb! Die Umstände haben sich geändert, allein die brüderliche Liebe hat noch immer für Zeugnisse Raum in der Welt, und solche Zeugnisse mögen wir wohl eine Zierde des Glaubens nennen, wenn er sie trägt, e. Die Liebe ist die Thür und die Zier des Glaubens und zuletzt ein Riegel. Das ist einmal so zu verstehen: Werthe Christen, nicht allezeit ist es hell im Geist und die Sonne des Glaubens scheint nicht alle Tage. Ich rede zu Gläubigen und Kundigen. Ist's auch nur selten ganz dunkel, trüb ist's manchmal, Wolken, Nebel verbergen den Schein. Da giebt es nun allerdings manche Vorkehrungen, um die Wolken, den Nebel zu verscheuchen, und manches Mittel, eins besser als das andere, eins für den, eins für den gut, für Alle gut ist Stillsein und Harren. Allein auch die Liebe ist zu preisen, ein Mittel, das auch ja immer zur Hand ist. Hat Jesus sich uns verborgen, hat Gott sich uns verborgen, so haben die Nächsten, die Brüder sich doch nicht verborgen, und wie sie dir erschienen sind in Zeiten, da des Glaubens Licht sie in's Helle vor dir stellete, die haben sich doch nicht geändert, die sind doch nicht mit einmal deiner Liebe unwerth geworden: so wende zu ihnen dich in solcher trüben Zeit oder geh' an eine Arbeit, die du thust um ihretwillen. Sprich: Will mich der Herr nicht erfreuen, so will ich seine Leute erfreuen! Will er sein Angesicht von mir abwenden, ich will meine den Brüdern zuwenden, will ihn bewegen so, daß er sich auch wiederum zu mir kehre. So ist die Liebe ein Riegel für den Glauben, daß derselbe bei uns bleibet. In einem andern Verstande: Von seiner Weltweisheit hat ein griechischer Weiser gesagt, die Menschen seien es nicht werth, daß man sich die Zeit damit verdürbe, sie ihnen annehmlich zu machen, sie befolgten sie doch nimmer, besser sei's, sich hinter die Hecke in den Schatten zu setzen. So ungefähr. Mag's manchen Prediger des Glaubens auch so bedünken, der seine Jahre steht und will die Gemeinde gläubig machen, was hilft's! sie werden es doch nicht, und schreibt seinen Glauben in Bücher hinein, das Predigen aber treibt er obenhin und nebenbei. Und wie er, so thut ein Gläubiger anderes Standes auch, läßt seinen Glauben aus seinem Werk und Leben zurücktreten. Nein nicht! Nein nicht! Die Liebe ist ein Riegel vor dem Glauben, daß der nicht aus dem Leben zurücktritt. Ihr seid doch mit demselben Bande umschlungen, mit welchem ich, tragt dasselbige Siegel der Erwählung zur Seligkeit, welches ich, der Herr hat Geduld mit euch, wie er mit mir sie gehabt hat, und hat euch ebensowohl wie mir vergeben. Wohlan, ich lasse nicht von euch, die Liebe hält mich bei euch; bin ich gewichen, ich komm' wieder zu euch - und die Liebe soll den Riegel vorschieben, daß ich bleibe, da ihr seid. So spricht der Gläubige, so spricht der Glaube, und so wollt' ich den Glauben, der in euch ist, haben sprechen lehren durch meine heutige Predigt, den Glauben so und die Liebe. Gott, segne das Wort. Amen.

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