Girgensohn, Thomas - Das Trösteramt des heiligen Geistes.

Girgensohn, Thomas - Das Trösteramt des heiligen Geistes.

Die Frucht aber des Geistes ist Liebe, Freude, Friede, Geduld, Freundlichkeit, Gütigkeit, Glaube, Sanftmut, Keuschheit.
(Gal. 5, 22.)

Wenn die Jünger Christi der Mahnung nachkommen wollen: wandelt im Geist, wenn sie danach trachten, ihr Tun und Wirken von dem gnädigen Worte Gottes, durch welches ja der heilige Geist an ihnen wirkt, bestimmen und leiten zu lassen, dann wird der Geist in ihnen die Früchte heranreifen lassen, welche in dem vorstehenden Schriftwort genannt sind. Es wird den Christen damit eine überaus liebliche Verheißung für ihr Leben gegeben, bei deren Erfüllung der heilige Geist sich als der Tröster erweist, wie ihn Jesus zu senden versprochen hat. Herrlich ist das Christenleben schon in der Zeit der irdischen Wallfahrt, wenn wir solche Früchte zu genießen bekommen, solche Gaben empfangen. Wie schön und reich würde das Verhältnis zu Vater und Mutter, zum Ehegemahl, zu den Kindern, zu den Geschwistern, Freunden und überhaupt zu unseren Nächsten gestalten, wenn die aus dem Geist geborene Liebe unser Herz erfüllte! Alle Gottesgaben in der Welt bekämen einen neuen, höheren Wert, wenn die Seele fähig würde der Freude in dem Herrn, die nicht erlischt, wenn alles bricht, die aber auch aus allem irdischen Segen Gottes ihre Nahrung zieht! Leicht wird die Last, sanft wird das Joch der Leiden, wenn der Friede Gottes im Herzen wohnt und mit ihm einkehrt Geduld, die da hilft zu warten und zu hoffen, bis die Hilfe kommt. Wo Freundlichkeit und Gütigkeit in uns walten und im ganzen Wesen sich offenbaren, da bereiten wir den Mitmenschen Freude, aber der Wiederschein solcher Freude fällt in unsere eigene Seelen zurück. Wie viel leichter würden wir die Sünden und Schwächen unseres Nächsten ertragen, wie vielen das Herz verfinsternden Ärger und Zorn vermeiden, wenn Glaube, d. h. Vertrauen darauf, dass Gott auch in dem Nächsten noch sein Werk treibt, und Sanftmut unser Teil wäre; und endlich die Gabe der Keuschheit würde uns bewahren, dass wir beim Leben und Wirken unter den Sündern von ihrer Krankheit nicht angesteckt und mit ins Verderben gerissen würden. Nun, alle diese Gaben sollen wir je mehr und mehr haben, alle diese Früchte sollen wir genießen, der heilige Geist will uns ein Tröster werden in des Erdenlebens Mühsal und Not, so wir im Geist wandeln wollen. Solcher Wandel ist freilich sehr schwer, da mit ihm unzertrennlich verbunden ist ein immerwährender Kampf mit dem Fleisch, wie denn Paulus schreibt Gal. 5, 24: welche aber Christo angehören, die kreuzigen ihr Fleisch samt den Lüsten und Begierden. Aber der heilige Geist kann durch die von ihm gewirkten Früchte gerade auch in diesem Kampfe reichlich trösten, dass die Kämpfenden trotz heißen Ringens zwischen Geist und Fleisch werden bekennen dürfen: Das Los ist mir gefallen aufs Liebliche, mir ist ein schön Erbteil geworden.

R. K. 95. Nr. 36.

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