Gerok, Karl von - Andachten zum Psalter - Psalm 9.
(1) Ein Psalm Davids, von der schönen Jugend vorzusingen. (2) Ich danke dem Herrn von ganzem Herzen und erzähle alle deine Wunder. (3) Ich freue mich und bin fröhlich in dir und lobe deinen Namen, du Allerhöchster, (4) Dass du meine Feinde hinter sich getrieben hast; sie sind gefallen und umgekommen vor dir. (5) Denn du führst mein Recht und Sache aus; du sitzt auf dem Stuhl ein rechter Richter. (6) Du schiltst die Heiden und bringst die Gottlosen um; ihren Namen vertilgst du immer und ewiglich. (7) Die Schwerter des Feindes haben ein Ende; die Städte hast du umgekehrt; ihr Gedächtnis ist umgekommen samt ihnen. (8) Der Herr aber bleibt ewiglich; er hat seinen Stuhl bereitet zum Gericht. (9) Und er wird den Erdboden recht richten und die Leute regieren rechtschaffen. (10) Und der Herr ist des Armen Schutz; ein Schutz in der Not. (11) Darum hoffen auf dich, die deinen Namen kennen; denn du verlässt nicht, die dich, Herr, suchen. (12) Lobt den Herrn, der zu Zion wohnt; verkündigt unter den Leuten sein Tun. (13) Denn er gedenkt und fragt nach ihrem Blut; er vergisst nicht des Schreiens der Armen. (14) Herr, sei mir gnädig, siehe an mein Elend unter den Feinden, der du mich erhebst aus den Toren des Todes, (15) Auf dass ich erzähle allen deinen Preis in den Toren der Tochter Zions, dass ich fröhlich sei über deiner Hilfe. (16) Die Heiden sind versunken in der Grube, die sie zugerichtet hatten; ihr Fuß ist gefangen im Netz, das sie gestellt hatten. (17) So erkennt man, dass der Herr Recht schafft. Der Gottlose ist verstrickt in dem Werk seiner Hände durchs Wort, Sela. (18) Ach dass die Gottlosen müssten zur Hölle gekehrt werden, alle Heiden, die Gottes vergessen! (19) Denn er wird des Armen nicht so ganz vergessen, und die Hoffnung der Elenden wird nicht verloren sein ewiglich. (20) Herr, stehe auf, dass Menschen nicht überhand kriegen; lass alle Heiden vor dir gerichtet werden. (21) Gib ihnen, Herr, einen Meister, dass die Heiden erkennen, dass sie Menschen sind, Sela.
Abermals ein neues Lied in unserem Psalter: ein Danklied. Wir haben den guten König David schon so oft klagen und bitten gehört, dass es uns ganz wohltut, ihn auch einmal aus vollem Herzen danken zu hören. Vor acht Tagen schon freilich haben wir ein fröhlich Loblied aus seinem Munde vernommen, ein Loblied auf Gott, den Schöpfer Himmels und der Erde; aber heute vernehmen wir das erste eigentliche Danklied. Loben und Danken, liebe Freunde, ist nahe verwandt, aber es ist nicht dasselbe. Ich lobe Gott, wenn ich seine Herrlichkeit, seine Wunderwerke und großen Taten anschaue, sei es in der Natur oder in der Menschengeschichte oder in seinem heiligen Wort, so dass ich voll Bewunderung ausrufe: Herr, dir ist niemand zu vergleichen; ich danke Gott oder soll Gott danken, wenn ich seine Wunderwege und Gnadentaten an mir selber erfahre und genieße, so dass ich freudig bekenne: Der Herr hat Großes an mir getan. Denket euch einen schönen Frühlingsmorgen; ein milder blauer Himmel ist ausgespannt über die Welt, die Erde grünt und blüht und knospt an allen Enden und Ecken. Zwei Männer gehen durchs Feld auf demselben Weg. Der eine ist der Landmann, der seinen Acker beschaut; er sieht seine Saaten, wie sie so schön grün stehen, dicht und glänzend wie ein Teppich von grünem Samt; er sieht seine Bäume, wie sie mit Blüten überdeckt sind, schneeweiß und rosenrot nun der Landmann, wenn er so den Segen Gottes sieht, der ihm wieder grünt und blüht, was wird er tun, wenn er ein Christ ist? Er wird aufblicken zum blauen Himmel und wird Gott danken, danken, dass er ihm Feld und Garten so gnädig durch den Winter gebracht, danken, dass er so reichen Segen für den Sommer und Herbst ihm in Aussicht stellt, er wird danken dem gütigen Gott nach dem Spruch: Dankt dem Herrn, denn er ist freundlich und seine Güte währt ewiglich.
Hinter dem Landmann geht desselben Wegs ein anderer Mann, es ist ein Wandersmann; ihm gehört das schöne Feld nicht; er hat überhaupt vielleicht weder Feld noch Garten, kein Stück Scholle, das er sein nennen darf, kein Gräschen, das ihm zu eigen grünt und blüht; nur wie ein Gast geht er über den grünen Rasen und unter den blühenden Bäumen hin; aber auch ihm geht Herz und Mund auf in dieser Frühlingspracht; auch er blickt gen Himmel empor, nicht um Gott zu danken, denn er hat jetzt eben nichts von ihm empfangen, aber um Gott zu loben, um ihn zu loben über seine herrlichen Werke, über die Wunder, die er tut am Himmel und auf Erden nach dem alten Spruch: Herr, wie sind deine Werke so groß und viel; du hast sie alle weislich geordnet und die Erde ist voll deiner Güter.
Das ist der Unterschied von Danken und Loben. Wie steht's da bei uns, meine Lieben? Sind wir auch fleißig zu beidem, zum Loben wie zum Danken? Haben wir Gott auch schon gelobt aus reiner Bewunderung, aus freier uneigennütziger Anbetung? Oder ist unser Herz kalt und unser Mund stumm bei allen Wundern göttlicher Allmacht und Liebe, wenn sie nicht uns gerade einen Nutzen bringen für Haus und Garten, für Küche und Keller?
Seht, das ist eine Probe, daran man edle, uneigennützige, himmlische Seelen unterscheidet von groben, gemeinen, selbstsüchtigen Seelen: Könnt ihr Gott loben? Ja könnt ihr auch nur danken? Manche Seele bringt's ja nicht einmal zum herzlichen, fröhlichen Danken, erhebt sich nicht einmal dann zu Gott, wenn er an ihr seine Gnade gezeigt und seine Wunder getan. Zehn Aussätzige riefen dort: Ach Jesu, du Sohn Davids, erbarme dich unser; aber nur einer von zehn kam wieder, seinem Erbarmer zu danken, als die Not vorüber war. Ist dies nicht ein recht treuer Herzensspiegel auch für uns? Wenn eine Not uns drückt, ja dann flehen wir wohl: Herr erlöse uns von dem Übel; aber wenn die Erlösung gekommen, dann ist mit der Not auch der Not-Helfer vergessen. Wenn wir etwas haben möchten, dann bitten wir wohl zum Geber aller guten Gaben: Herr schenke mir das; aber wenn er's uns geschenkt, meinen wir, das habe müssen so sein; dann sind wieder neue Wünsche da, und über dem, was man haben möchte, vergisst man, was man hat, und über neuen Bitten versäumt man fürs vorige zu danken. So können wir denn eine Lektion im Danken wohl alle noch brauchen, und die bekommen wir denn in
Davids erstem Dankpsalm.
Mit vollen Akkorden greift David gleich V. 2 und 3 in die Harfe des Dankes.
„Ich danke dem Herrn von ganzem Herzen und erzähle alle deine Wunder.“ - Wem dankt er? er dankt dem Herrn. „Ich danke dem Herrn.“ Ein schönes Wort aus dem Mund eines siegreichen, ruhmgekrönten Königs. Nicht die Kraft seines Armes, nicht die Taten seiner Hand preist David, sondern den, dessen Kraft mächtig ist in den Schwachen und mit dessen Hilfe allein auch Helden ihre Taten tun. Wie er einst als Jüngling in seinen ersten Kampf gegen den Riesen ausgezogen war, nicht mit Schwert, Spieß und Schild, sondern im Namen des Herrn Zebaoth, so hat er auch nach dem Streit bei allen Siegen und Heldentaten seines tatenreichen Lebens nicht sich die Ehre gegeben, sondern dem Herrn der Heerscharen.
Ich danke dem Herrn von ganzem Herzen und erzähle alle deine Wunder. Ein frommes, kindlich demütiges und kindlich gläubiges Herz sieht allenthalben Wunder Gottes, wo andere nur Zufall oder nur Natürliches sehen; denn es weiß: Gottes Hand ist's, die alles vollbringt, was aber Gottes Hand vollbringt, das nennen wir ein Wunder; und es sagt sich ferner bei jeder Wohltat, die es empfängt: Das habe ich nicht verdient, das durfte ich nicht erwarten; was aber über unser Erwarten geschieht, das nennen wir Wunder; darum nur ein frommes, ein kindlich gläubiges und kindlich demütiges Herz versteht es und stimmt von Herzen mit ein, wie wir gesungen:
Ermuntert euch und singt mit Schall
Gott, unserm höchsten Gut,
Der seine Wunder überall
Und große Dinge tut!
V. 3. Das ist dann auch ein fröhlicher Dank. „Ich freue mich und bin fröhlich in dir und lobe deinen Namen, du Allerhöchster.“ Das ist die rechte Freude bei jedem Werk, das uns gelungen, bei jedem Glück, das uns widerfahren, wenn wir also Gott die Ehre geben und uns freuen in dem Herrn, im Aufsehen auf ihn, von dem alle gute und alle vollkommene Gabe kommt.
Und nun, wofür dankt David seinem Gott? Das hören wir
V. 4-7. Es ist ein Sieg gegen Feinde, gegen mächtige, übermütige Kriegsheere, zu dem ihm der Schlachtengott verholfen; ihre Heere sind zerstreut, ihre Städte sind zerstört. Es ist ebenso schön als selten, wenn ein Landesherr dem König aller Könige und ein Kriegsheld dem Herrn der himmlischen Heerscharen die Ehre gibt. Es ist viel vom Zufall, vom Ungefähr, vom Kriegsglück die Rede in Kriegsgeschichten und Schlachtberichten; aber für den Christen gibt's keinen Zufall und kein blindes Glück, weder im großen noch im kleinen, weder auf dem Ackerfeld des Landmanns noch auf dem Schlachtfeld des Kriegshelden, sondern nur eine heilige, allwaltende, oft dunkel führende, oft scheinbar ungerechte, aber zuletzt immer gerecht richtende Vorsehung. Ehre dem Helden, der sich dieses Glaubens nicht schämt, der ins Feld zieht im Vertrauen auf den Gott, der die gerechte Sache schützt, und nach dem Sieg dem die Ehre gibt, ohne den alle menschliche Heldenkraft nichts vermag. Als der König von Preußen, Friedrich der Große, im siebenjährigen Krieg, wo er allein gegen eine dreifache Übermacht kämpfte, einmal mit seiner Armee hart ins Gedränge kam und schon sein und seines Reiches Untergang als unvermeidlich vor Augen sah, weshalb er immer Gift in der Tasche trug, um eher zu sterben, als dem Feind in die Hände zu fallen, da tröstete ihn einmal sein nicht minder frommer als tapferer General Ziethen: Eure Majestät, verzagen Sie nicht, wir haben noch einen Alliierten, der lässt uns nicht im Stich. Ja wer wäre das? Das ist unser Herrgott im Himmel! Der König, in allem groß, nur nicht im Christentum, lächelte halb ungläubig. Aber als nach siegreich beendigtem Feldzug der König reich an Segen, Macht und Ruhm aus dem Felde heimkam und mit seinen Generalen das erste Mal wieder in seiner Residenz zu Tische saß, da sagte sein Ziethen zu ihm: Sehen Sie, Majestät, unser Alliierter da droben hat uns doch nicht im Stich gelassen, und der König sagte gerührt: Ziethen, er hat Recht.
Nun, meine Lieben, unsere Feinde stehen nicht im Feld in Reih und Glied, mit Wehr und Waffen. Wir blicken nicht wie jener König und unser David auf besiegte Feindesheere und zerstörte Städte hin. (V. 7.) Aber was auch unsere Feinde sein mögen, seien es Heere von Sorgen und Legionen von Widerwärtigkeiten wir wollen den großen Alliierten im Himmel nicht vergessen; wir wollen ihm vertrauen, wenn's im Kampf heiß hergeht, wir wollen ihm danken, wenn die Not vorüber und er uns zum Sieg verholfen hat, dem danken,
Der uns von Mutterleibe an
Frisch und gesund erhält
Und wo kein Mensch mehr helfen kann,
Sich selbst zum Helfer stellt.
Eine solche Durchhilfe stärkt dann wieder auf lange den Glauben, so bei David.
V. 8-11. „Der Herr aber bleibt ewiglich; er hat seinen Stuhl bereitet zum Gericht. Und er wird den Erdboden recht richten und die Leute regieren rechtschaffen. Und der Herr ist des Armen Schutz; ein Schutz in der Not. Darum hoffen auf dich, die deinen Namen kennen; denn du verlässt nicht, die dich, Herr, suchen.“ Das ist die rechte Frucht der göttlichen Durchhilfe, wenn man nicht nur für diesmal, sondern auch für die Zukunft dadurch beruhigt wird. Ja der Herr bleibt ewiglich, wie diesmal so immer bleibt er ein Beschützer derer, die auf ihn hoffen. (V. 8.) Er wird den Erdboden recht richten; nicht nur da und dort auf einem Schlachtfeld schlägt er seinen Richterstuhl auf, sondern den ganzen Erdboden richtet er mit Gerechtigkeit. (V. 9.) Nicht nur großen Herren, Königen und Gewaltigen steht er bei, er ist auch des armen Mannes Freund, der einsamen Witwe Schutz, der verlassenen Waise Trost, mit einem Wort: er ist ein Gott für alle. Darum
V. 11 hoffen auf ihn alle, die seinen Namen kennen, seinen Vaternamen kennen, nicht aus Büchern bloß, sondern aus der Erfahrung, und keinen verlässt er, der nur ihn sucht, mit herzlichem Gebet ihn anruft, mit kindlicher Demut auf ihn sich verlässt, deshalb soll Davids Danklied auch einen Widerhall finden bei allen, die den Herrn kennen und nennen.
V. 12. 13. Lobt den Herrn, so ruft David allen zu, die mit ihm eines Glaubens sind, so ruft er auch uns zu: Lobt den Herrn, der auch euch schon oft errettet, treulich behütet, väterlich geführt, reichlich gesegnet. Ja gewiss keines, keines ist unter uns, und wär es auch jetzt zum Klagen mehr aufgelegt als zum Lobsingen, zum Bitten mehr als zum Danken, keines, das nicht, wenn es zurückblickt auf die vielen Gnadengaben und Wunderhilfen, die auch ihm der Herr schon erzeigt hat, einstimmen könnte und einstimmen sollte in dieses: Lobt den Herrn!
Lobe den Herren, der sichtbar dein Leben gesegnet,
Der aus dem Himmel mit Strömen der Liebe geregnet,
Denke daran, was der Allmächtige kann,
Der dir mit Liebe begegnet!
Das ist Davids Dank. Aber nun horch! in welch anderen Ton stimmt plötzlich Davids Harfe sich um; ein Danklied, ein triumphierendes Siegeslied haben wir bisher gehört, und siehe nun, in der zweiten Hälfte wird der Psalm wieder ein Bitt- und Klagepsalm.
V. 14. „Herr, sei mir gnädig, siehe an mein Elend unter den Feinden, der du mich erhebst aus den Toren des Todes.“ Man hat sich besonnen, in welcher Lage seines Lebens wohl David diesen merkwürdigen Psalm könne gedichtet haben, in welchem Licht und Schatten, Dank und Bitte, Triumphlied und Klage so schnell aufeinander folgen. Man hat an jene Geschichte gedacht (2. Sam. 8,13 und 10,16), als David im Norden seines Reichs siegreich gegen die Könige von Syrien gestritten und dort sein Reich erweitert hatte, plötzlich aber mitten in der Siegesfreude die Kunde erhielt, von Mittag her seien die räuberischen Edomiter in sein von Truppen entblößtes Land gefallen. Da verwandelte sich denn freilich das Triumphlied wieder in Klage und David hatte alle Ursache, nachdem er kaum Gott gedankt für den Sieg über den ersten Feind, ihn nun auch um Beistand anzuflehen gegen den zweiten.
Aber so geht's ja überhaupt im Leben der Kinder Gottes. Ich frage kecklich jeden Beter: Hast du schon oft ein reines pures Dankgebet vor Gottes Thron gebracht, an das nicht auch wieder allerlei Bitten und Anliegen sich angeschlossen hätten? Hast du je eine Freudenstunde gehabt, in der nicht ein Wölkchen von Sorge sich eingeschlichen hätte? Ach es geht uns auch in unsern glücklichsten Tagen wie hier unserem David: sind die Syrer geschlagen, so stehen die Edomiter auf, ist im Norden der Himmel klar, so steigen im Süden neue Wolken auf, ist ein Gut errungen, so treten neue Wünsche vor die Seele, ist eine Sorge besiegt, so steht eine andere vor der Tür. Da schließt denn auch bei dankbaren und genügsamen Gotteskindern an jeden Dank auch wieder eine Bitte sich an.
Aber froher, gläubiger, getroster werden wir bitten, wenn wir vorher haben danken dürfen für empfangene Wohltaten und erfahrene Hilfe. Erfahrung, sagt der Apostel, bringt Hoffnung. Solche durch Erfahrung gestärkte und gestählte Hoffnung spricht auch aus Davids Bitten in der zweiten Hälfte unseres Psalms. Es sind nicht jene trostlosen, jammervollen Klagen eines um Trost bangen Herzens, wie wir sie sonst schon in den Psalmen gelesen, sondern es sind die zuversichtlichen Bitten einer Seele, die ihren Gott und Erretter kennt.
Solche Zuversicht spricht namentlich aus den Versen 14-17.
V. 14 ruft er zwar Gott an, dass er sehe sein Elend, aber er ruft Gott an als den, der ihn erhebe aus den Toren des Todes, als den, dessen mächtig rettende Hand er aus der Erfahrung schon kennt.
V. 15 freut er sich schon zum voraus, auch von den neuen Gnadentaten Gottes zu rühmen in der Gemeinde zu Zion, öffentlich unter den Toren, wo die Volksversammlungen pflegten gehalten zu werden.
V. 16 sieht er die neuen Feinde schon in ihren eigenen Stricken verstrickt, in ihre eigenen Gruben gefallen und ruht aus in einem fröhlichen Sela. Dies Wort bedeutet wohl einen Ruhepunkt im Gesang, wo die Musik allein fortspielte, wie bei unsern Zwischenspielen auf der Orgel, während der Sänger die Empfindung und den Gedanken gleichsam ruhig austönen lässt und sich sammelt zu einem neuen Aufschwung. Und nun
V. 18-21 noch ein Aufschwung zu kühner, großer Bitte: Der Herr wolle aufstehen und sich aller Armen und Elenden annehmen, und alle Heiden erkennen lassen, dass sie Menschen seien, trotz ihrer Macht und ihrem Trotz nichts als arme, schwache Menschen, die davonstieben wie Spreu, wenn der Hauch des Allmächtigen unter sie hineinfährt. Das ist freilich viel gebeten: Der Herr wolle allem Frevel auf Erden steuern und allem Jammer unter den Menschen abhelfen. Wir wissen wohl, das kann erst dort geschehen, wo fein Tod mehr ist, noch Leid, noch Geschrei, noch Schmerzen, wo Gott alle Tränen abwischen wird von den Augen der Seinen, alle feindlichen Mächte aber gebunden in den Abgrund schleudert. Aber dennoch wollen wir gern unter den Leiden dieser Zeit unsern hoffenden Blick hinüber richten in jene seligen Gefilde der himmlischen Heimat und wollen im Hinblick auf jene Ruhe, die der Herr seinem Volke verheißen hat, alle Tage im Glauben bitten, wie uns unser Heiland gelehrt hat: Erlöse uns von dem Übel; und um unsern Glauben zu stärken, dass der Herr das könne und wolle und endlich tun werde, wollen wir freudig hinzusehen: Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit! Amen.