Zuletzt angesehen: Danichius, Hilarius - Auf Neujahr.

Danichius, Hilarius - Auf Neujahr.

Danichius, Hilarius - Auf Neujahr.

Jesus, das ist der Name, in welchem allein Heil ist.

Wie gern, meine geliebten Brüder, würde ich über diesen heilbringenden Namen reden, müßte ich nicht fürchten, diesem allerheiligsten Namen mehr Schmach als Lob zu bringen, wenn meine verwegene Zunge sich das anmaßt, was im Himmel unter Anbetung und tiefster Beugung der Engel liebstes Geschäft ist. Ich gedenke des Wortes: „Du sollst den Namen deines Gottes nicht unnützlich führen.“ Fügst du hiezu: „in deinem Munde,“ so kann ich, selbst wenn ich wollte, nicht zweifeln, daß gerade mein Mund gemeint ist; eben darum fürchte ich mich, weil ich ein Mann bin von unreinen Lippen. Wer verdiente nicht, daß ihm jenes Davidswort ins Ohr gesagt würde: „Warum verkündigest du meine Rechte, und nimmt meinen Namen in deinen Mund?“

Wenn aber nichts desto weniger die Lieblichkeit dieses Namens von der einen Seite mich anzieht, so erschreckt mich von der andern seine Majestät, die mir so groß erscheint, daß sie das Sehvermögen meines Geistes blendet, wie hellster Sonnenglanz das Auge der Eule. Je mehr ich mich in Gedanken vertiefe, desto weniger weiß ich, was ich sagen soll. Eins ist gewiß, was ich auch reden möge, auch wenn ich nicht mit Menschen-, sondern mit Engelzungen redete, ich kann nichts reden, das der Majestät dieses hohen Namens würdig wäre. Ich glaube nämlich in der Tiefe des Namens ein verborgenes Wunder und Geheimniß zu schauen, das ich, obschon ich es nicht in Worte zu fassen vermag, doch schweigend verehren möchte, so gut ich kann. O Name, der über alle Namen ist! Du wunderbarer, holdseliger, ehrenreicher, kraftspendender Name. Wollt ihr wissen, wie wunderbar er ist. Eben so wunderbar, als Gott selbst, den du um so weniger zu finden vermagst, je mehr du nach ihm fragst. Einst fragte Jakob nach ihm, in der Meinung, Gott könne, wie ein Mensch, von irgend einem Eigennamen umfaßt werden. So gern er ihn gewußt hätte, er hätte ihn doch nicht aussprechen können, wenn er ihn gewußt hätte. Aber hören wir, was Jakob für eine Antwort bekam auf seine Frage: „Sage doch, wie heißt dein Name?“ „Warum,“ sprach er, „warum fragst du nach meinem Namen, der da wunderbar ist?“ Als hätte er sagen wollen, du fragst vergeblich nach ihm, denn es gibt keinen Ausdruck für ihn. Schaue den Himmel an und zähle die Sterne, ob du es kannst; siehe die Erde an und zähle alle ihre Frucht, ob du auch das kannst. Erforsche die Luft mit Allem, was da fliegt; betrachte das Meer und Alles, was darinnen ist. Das Alles habe ich aus nichts geschaffen und bin bei ihnen Allen. Durch mich und in mir haben sie. Alle das Leben; Ich aber habe es durch niemand anders, als allein durch mich selbst. Das ist mein Name von Ewigkeit her und in Ewigkeit hinein. So laßt uns rufen mit dem Psalmisten: Herr unser Herrscher, wie wunderbar ist dein Name in allen Landen! Ja wahrlich, überaus wunderbar, weil er Allen das Dasein gibt, und es doch von Niemand empfängt; weil er Alles gemacht hat nach Zahl, Maß und Gewicht, und ist doch selbst ohne Zahl, Maß und Gewicht; weil er Alles verändert und wandelt, und bleibt doch selbst allezeit ohne Wechsel und Wandel. Wer hat je von solch einem Namen gehört, den man viel eher bewundern, als aussprechen lernt? Nun aber können wir ihn doch einigermaßen aussprechen, nachdem so hohe Majestät sich nicht nur dem menschlichen Verständniß, sondern auch den menschlichen Sinnen angepaßt hat; nachdem das Wort Fleisch ward und unter uns wohnete; nachdem jener Alte der Tage als Kind uns geboren und ein Sohn uns gegeben ist, der von Ewigkeit her gezeugt ward. „Du sollst einen Namen Jesus heißen!“ Diesen Namen gerade soll jenes Kind empfangen. Sage doch, lieber Engel, sage, was heißt das? Wir verstehen und begreifen diesen Namen nicht; sprich deutlicher. So merke auf! „Denn er wird sein Volk selig machen von ihren Sünden.“ Das ist die Antwort. Nun erkennt ihr, daß Jesus so viel heißt als Seligmacher. Aber nichts desto weniger bleibt es ein wunderbarer Name. Denn wer kann Jemand selig machen von seinen Sünden, außer allein Gott? So ist ersichtlich, daß dieser Name voll göttlicher Majestät, voll göttlicher Kraft ist. Ein Mensch kann zwar von Gott die Macht empfangen, Sünden zu vergeben, loszusprechen von Sünden, aber er kann nicht selig machen von den Sünden. Dies ausgezeichnete und alles überragende Vorrecht hat sich Gott allein vorbehalten und den Menschen nicht mitgetheilt. Da nun dein Name, liebster Jesu, solch ein Name ist, so werde meiner Rechten vergessen, wenn ich einer vergäße, meine Zunge müsse an meinem Gaumen kleben, wenn ich ihn nicht anriefe, wenn ich nicht alle meine Arbeit in ihm begönne. Denn da ich täglich sündige, muß ich täglich ihn anrufen. Herr Jesu, Seligmacher, du kannst und willst mich selig machen; so mach mich selig um deines Namens willen, denn die Wasser gehen mir bis an die Seele. Ich versinke im tiefen Schlamm, da kein Grund ist; ich bin in tiefen Wassern und die Fluth will mich ersäufen. Darum muß ich rufen: Errette mich, Herr Jesu, daß ich nicht untergehe. So viel vom wunderbaren Namen. Warum wohl ists auch ein Sehnsucht erweckender Name, stärkere Sehnsucht erweckend als Gold und Silber, als Honig und Honigseim? „Nach deinem Namen,“ sagt der Prophet, „und nach deinem Gedächtniß verlanget meine Seele.“ Lieben Brüder, was holdselig, was heilsam ist, darnach begehrt man mit heftigem Verlangen. Was aber ist holdseliger, was süßer, was heilsamer, als der Name Jesu? Jesu Name ist holdselig denen, die ihn lieben, süß denen, die ein gedenken, heilbringend denen, die ihn anrufen. Warum sollte ich ihn nicht lieben, der mich so sehr geliebt hat? Warum sollte ich ein nicht gedenken, der mein nimmer vergißt? Liebster Jesu, meine Seele begehrte nach dir in der Nacht der Versuchungen, sie wußte wohl, daß du allein sie könntest herausreißen und erretten; ich trug kein anderes Verlangen im Geiste meines Gemüths, frühe wachte ich zu Dir. Und dann, wie ehrenreich ist dieser Name! Hört, was Paulus sagt: „Im Namen Jesu sollen sich beugen aller derer Kniee, die im Himmel, auf Erden und unter der Erde sind, und alle Zungen sollen bekennen, daß Jesus Christus der Herr sei, zur Ehre Gottes des Vaters.“ O Name über alle Namen! Sobald dieser Name genannt wird, erfüllt seine Kraft den Himmelssaal mit dem Weihrauche der Anbetung, in der sich niederneigen. Alle, die in der Höhe wohnen. Er erfüllt die Erde mit Furcht, die Hölle schlägt er mit Schrecken, er beugt dort den Nacken auch der Stolzen, er beugt sie nieder bis zur Erde, er stößt sie nieder in den Staub. Ja, dieser Name beugt jene stolzen nichtswürdigen Geister so sehr darnieder, daß kraft dieses Namens die niedertreten mag ein schwacher Fuß, der Fuß irgend eines armseligen Menschen, der diesem Namen die Ehre gibt; ganz so, wie einst der kleine David den stolzen Goliath niederstreckte mit einem Stein. Zuletzt endlich, der Name Jesu ist kraftspendend, denn wie das Brot stärkt er des Menschen Herz. Niemand hat in der Noth ihn vergeblich in den Mund genommen, ohne deutlich spürbar irgend eine sonderliche Hilfe aus ihm zu empfangen. Dieser Name hat die Märtyrer in Folterqualen gestärkt; den Bekennern hat er fröhliches Aufthun ihres Mundes verliehen; den Blinden hat er das Gesicht wiedergegeben, den Lahmen gesunde Füße, den Stummen die Wohlthat der Rede, den Tauben das Gehör; die Todten endlich hat er ins Leben zurückgerufen. „Mit diesem Namen gedeckt,“ hat einer gesagt, „fürchte ich mich nicht vor viel hundert Tausenden, die sich umher wider mich legen; wenn sich schon ein Heer wider mich legt, so fürchtet sich dennoch mein Herz nicht.“ Wie sollte sich auch einer fürchten, wenn er solch eine starke Kraft bei sich hat? Selbst an den Pforten der Hölle wird sicher vorübergehen, wer mit diesem Namen gedeckt ist. In Summa: Wer in irgend eine Versuchung oder Gefahr geräth, der fliehe zur Freistatt dieses Namens, der führe diesen Namen im Munde, der bewege diesen Namen im Herzen, der rufe diesen Namen an in aller seiner Noth. Geliebteste Brüder! O daß doch der Name Jesus mit unauslöschlicher Schrift in unseren Herzen geschrieben stünde; o daß er doch nie aus unserer Seele käme; o daß doch unser Herz ein Bethaus wäre, darinnen mit goldenen Buchstaben der Name Jesus eingegraben steht! Diesen Namen wollen wir immer betrachten, ihn wollen wir immer lieben, in ihm ohne Aufhören uns freuen, in ihm endlich nach diesem Leben gewandelt werden von einer Klarheit zur andern, auf daß wir Alle sagen lernen: Jesu, meine Freude, Jesu, meine Krone, Jesu, mein Heil, dich preise ich über Alles. Amen.

Quellen: Kessler, Hermann/ Senf, Friedrich - Fromme Betrachtungen aus alten Tagen. Nach der Ordnung des Kirchenjahres

Cookies helfen bei der Bereitstellung von Inhalten. Diese Website verwendet Cookies. Mit der Nutzung der Website erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies auf Ihrem Computer gespeichert werden. Außerdem bestätigen Sie, dass Sie unsere Datenschutzerklärung gelesen und verstanden haben. Wenn Sie nicht einverstanden sind, verlassen Sie die Website.Weitere Information
autoren/d/danichius/danichius_3.txt · Zuletzt geändert: von 127.0.0.1
Public Domain Falls nicht anders bezeichnet, ist der Inhalt dieses Wikis unter der folgenden Lizenz veröffentlicht: Public Domain