Comenius, Johann Amos - Das wiedergefundene Paradies - Das 7. Capitel.

Comenius, Johann Amos - Das wiedergefundene Paradies - Das 7. Capitel.

Von der Freyheit Gottergebener Herzen.

Dannenhero erlangen sie dasjenige, was die Weisesten dieser Welt mit ihren Unternehmungen vergeblich suchen, nemlich die vollkommene Freyheit des Gemüths, daß sie keinem Dinge, ohne allein ihrem Gott unterworfen und verbunden seyn dürfen, auch wider ihren Willen nichts schuldig sind zu thun; da ich sonst allenthalben in der Welt lauter Zwang und Widerwillen gesehen, indem einem jeden seine Sachen anders gehen, als er sich wünschet, und ein jeder sich mehr an sich selbst und andere bindet, als sichs gebühret, weil er entweder von der Gewalt seines eigenen oder anderer Willens gezogen wird, und daher immer entweder mit sich selbst oder mit andern zu streiten hat. Hier aber ist alles stille: Denn da ein jeglicher unter ihnen sich Gott gänzlich ergiebet, so achtet er keines andern Dinges, und erkennet niemanden höher über sich als Gott. Derohalben gehorchen sie dem Befehl der Welt nicht, werfen ihre Verheissungen von sich weg, verlachen ihre Bedrohungen, und achten alles Aeusserliche für geringe, weil sie ihres innern Gutes gewiß und versichert sind.

Daher kommts, daß ein Christ, ob er wohl sonst leicht mit sich umgehen läßt, und sich jedem dienstwillig erweiset, doch nach der Freyheit des Herzens und Gewissens niemanden weichet. Er bindet sich weder an Freunde noch Feinde, weder an Herren noch an Könige, weder an Weib noch Kinder, auch nicht an sich selbst, daß er jemanden zu gefallen etwas von seinem Vorsatz Gott zu fürchten ändern sollte; sondern er gehet allenthalben mit graden Schritten einher. Was die Welt immer machet, erzehlet, drohet, verheisset, befiehlet, bittet, räth, nöthiget, das lässet sich niemals bewegen.

Die Welt, wie sie allenthalben verkehrt ist, und anstatt der Wahrheit nur nach dem Schatten greifet; so thut sie auch hier, indem sie die Freyheit darinne setzet, daß derjenige, welcher seine Freyheit besitzt, sich niemanden in einiger Sache sollte verpflichten; womit sie aber entweder Trägheit, oder Hoffart, oder Fleischesgemächtlichkeit an den Tag leget. Aber ein Christ verhält sich weit anders, als welcher nur das Herzewohl verwahret, damit es bey seiner Freyheit Gott ergeben bleibe; alles andere aber wendet er zu des Nächsten Nothdurft an. Daher ich gesehen und erkannt habe, daß über einen Gottergebenen in der Welt nichts, nichts dienstwilligers, ja ich mag wohl sagen, nichts leibeigeners ist, indem er auch in dem allerverächtlichsten Dienst sich ganz willig und mit Freuden ergiebet, dessen sich ein von der Welt bethörter schämen möchte. Wenn dieser aber nur etwas siehet, das dem Nächsten könnte ersprießlich seyn; so bedenckt er sich nicht lange, schiebet es nicht auf, schonet auch seiner selbst nicht dabey, macht die gethane Dienste nicht groß, entziehet sich nicht denselben, und wird niemals müde darinne. Er mag Dank oder Undank dafür bekommen, so dienet er nichts desto weniger immer in der Stille mit Freuden, so gut er nur kann.

O selige Dienstbarkeit der Kinder Gottes! über welche nichts freyers erdacht werden kann; indem sich der Mensch selbst Gott unterwirft, damit er sonst von allem andern möchte frey seyn. Hingegen, o unselige Freyheit der Welt, über welche nichts sclavischers seyn kann! Denn da der Mensch Gott selbst nicht achtet, so läßt er sich von andern Dingen elendiglich zum leibeigenen Sclaven machen, nemlich, wenn er denn Geschöpfen dienet, über welche er herrschen sollte, und Gott widerstrebet, dem er gehorchen sollte. O ihr Sterblichen! wenn wollen wir doch dieses verstehen und beherzigen, daß nur ein Einiger, ich sage, nur ein Einiger der Höchste über uns ist? nemlich der Jehovah, unser Schöpfer und künftiger Richter, welcher, da er allein Macht hat uns zu befehlen, so befiehlet er uns doch nicht als Sclaven, sondern locket uns, wie die Kinder zu seinem Gehorsam, und will uns freywillig und nicht gebunden haben, auch wenn wir gehorchen. Denn gewiß, Christo dienen, ist so viel als herrschen; und ein Unterthan Gottes seyn, ist eine grössere Herrlichkeit, als wenn einer der ganzen Welt Monarche wäre; noch viel was mehrers aber ist, ein Freund und Kind Gottes zu seyn.

Cookies helfen bei der Bereitstellung von Inhalten. Diese Website verwendet Cookies. Mit der Nutzung der Website erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies auf Ihrem Computer gespeichert werden. Außerdem bestätigen Sie, dass Sie unsere Datenschutzerklärung gelesen und verstanden haben. Wenn Sie nicht einverstanden sind, verlassen Sie die Website.Weitere Information
autoren/c/comenius/comenius-das_wiedergefundene_paradies/comenius_paradies_kapitel_7.txt · Zuletzt geändert: von 127.0.0.1
Public Domain Falls nicht anders bezeichnet, ist der Inhalt dieses Wikis unter der folgenden Lizenz veröffentlicht: Public Domain