Calvin, Jean - An Sturm in Straßburg.

Nr. 648 (C. R. – 3293)

Calvin, Jean - An Sturm in Straßburg.

Vgl. Nr. 647. Die Hugenotten äußerten ihre Freude über den Tod des Königs ganz unverhohlen. Mit dem alten Schlaukopf ist vielleicht der Connetable de Montmotency gemeint.

Die Lage nach dem Tode des Königs.

Hast du je etwas Günstigeres gelesen oder gehört, als die Nachricht vom Tode des kleinen Königs? Im größten Unglück schien keine Hilfe zu sein, als plötzlich Gott vom Himmel erschien und, wie er des Vaters Auge getroffen, so durchbohrte er nun des Sohnes Öhrchen. Ich fürchte nur, die Freude gewisser Leute wird allzu deutlich hervortreten und die Hoffnung auf bessere Zustände wieder umwerfen. Denn du glaubst kaum, wie unbedacht viele frohlocken, ja geradezu Späße darüber machen. Sie wollen in einem Augenblick die Welt auf den Kopf stellen, und weil ich ihrer Torheit nicht folge, schelten sie mich träge. Mir genügt es aber vollständig, wenn Gott meinen Eifer billigt und wenn auch billig und maßvoll urteilende Menschen ihn zur Genüge kennen, zwar nur wenige, aber solche, deren stillen Beifall ich dem Geschrei der Menge vorziehe. Sie möchten, ich sollte mit Varanna in aller Eilfertigkeit handeln, als ob er, auch wenn er der Allertapferste und Energischste wäre, es in der Macht hätte, zu leisten, was sie so ganz verkehrt fordern. Ich bin aber solcher Übereilung so abgeneigt, dass es mir keine kleine Freude machte, zu hören, dass sein Bruder sein Gefängnis nicht verlassen wollte. Ich hatte ihnen diesen Rat bereits gegeben, und nun freut es mich umso mehr, dass ihnen von selbst eingefallen ist, was ich für gut gehalten hatte. Tatsächlich wird das das beste Mittel sein, die Feinde zu überwinden, wenn er aus dem Prozess als Sieger hervorgeht; denn wird er freigesprochen, so sind sie notwendig dadurch verurteilt. Dazu werden alle Frommen von diesem Urteil als Präzedenzfall Nutzen haben. Weil nun aber der alte Schlaukopf, der den Evangelischen gar nicht Freund ist, zuzuziehen sein wird, was sich nicht ändern lässt, so wird es zwar langsam vorwärts gehen. Vorerst will man in diesen verwirrten Verhältnissen anfänglich nur das erreichen, dass die von Hause Vertriebenen und ihres Vermögens Beraubten wieder in ihren Besitz gelangen. Dann, dass es allen frommen Verehrern Gottes freistehen soll, sich des papistischen Unwesens zu enthalten und Versammlungen in ihren Häusern halten zu dürfen, um Gott anzurufen. Wenn einmal die Verfolgung ganz aufhört und keine Gefahr mehr zu fürchten ist, wird bald eine wunderbare Bekehrung eintreten. Aber ich kann nicht alle davon überzeugen; denn die Mehrzahl drängt auf stürmisches Vorgehen. Sobald mir Varanna von seinen Plänen berichtet, will ich ihn wie bisher antreiben. Was du meinst, unternehmen zu müssen, dazu ist die Zeit noch nicht da. Lebwohl, hochberühmter, verehrter Mann. Der Herr sei stets mit dir und mache dich reich an Segen aller Art. Alle Freunde lasse ich grüßen.

16. Dezember 1560.

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